Radschputen

Radschputen

Die Rajputen (राज्पुत, wörtl.: "Königssöhne") waren bzw. sind eine Volksgruppe in dem heutigen indischen Bundesstaat Rajasthan (früher: Rajputana). Im Mittelalter und der beginnenden Neuzeit verfügten sie über einigen Einfluss auf die Geschichte und Kultur Indiens. Auch heute unterscheiden sie sich kulturell noch deutlich von allen anderen Volksgruppen des Landes und bilden eine eigene Kaste. Man schätzt sie auf 12 Millionen Menschen. Sie sind fast ausnahmslos Hindus.

Inhaltsverzeichnis

Geschichtliches

Die Herkunft der Rajputen ist bis heute umstritten. Wahrscheinlich ist, dass sich unter den Rajputen mehrere Stämme vereinigten, die mit den Hunnen nach Indien gekommen waren. Sie vermischten sich mit den bereits in Rajasthan und Gujarat ansässigen Stämmen, die gleichfalls wenig hinduisiert waren. 747 soll der Überlieferung zufolge eine große Feuerzeremonie stattgefunden haben, durch die die Rajputenclane rituell gereinigt und als Kshatriyas anerkannt wurden. Ihr Aufstieg in Rajasthan schien mit dem Ausbau der künstlichen Bewässerung und der Erweiterung der Landwirtschaft zusammenzuhängen.

Das Kennzeichen der Rajputen waren die besondere Beachtung der rituellen Reinheit (Feueropfer), ihr kriegerischer Lebensstil und die ritterliche Hofhaltung, die in weiten Teilen Indiens nachgeahmt wurden. Sie gliederten sich in mehrere Clans mit exogamen Untergruppen und waren über komplizierte (Heirats-)geflechte miteinander verwandt. Einem ihrer Clans wird die Gründung Delhis im Jahr 736 zugeschrieben.

Die vier bekanntesten Rajputen-Clans sind die Pratiharas, Chauhans, Solankis (Caulukyas) und Paramaras. Am Ende des 8. Jh. herrschte die Pratihara-Dynastie, die damals Anspruch auf die alte Hauptstadt Kannauj am Ganges erhob und auch gegen die Araber in Sindh kämpfte. Der Pratihara-Staat ging Ende des 10. Jh. zugrunde und die Rajputen tauchten unter diesem Namen in der Geschichte auf. Der Kunstgeschmack ihrer Fürsten prägte auch die mittelalterliche Tempelarchitektur und Plastik.

Mit den Eroberungen durch Mahmud von Ghazni und später Muhammed von Ghur änderte sich die Lage. Die Rajputen unterlagen mit ihrem Kampfesstil den massiven Reiterangriffen aus Zentralasien. Die Kriegsführung war die Aufgabe bestimmter Kasten, die ihre Gefolgschaft rekrutierten. Diesen Söldnertruppen fehlte jedoch der innere Zusammenhalt, so dass sie der Kavallerie der Eroberer nicht standhalten konnten.

Unter dem Fürsten Prithviraja III. (von Delhi) traten die vereinigten Rajputenheere 1191/92 den Ghuriden bei Tarain im Raum Delhi gegenüber. Die Schlacht ging schließlich verloren, Prithviraja starb und die Moslems eroberten innerhalb weniger Jahre das gesamte Nordindien.

Alle islamischen Herrscher, die Sultane von Delhi genauso wie die Großmoguln mussten die Fürsten und Festungen der Rajputen (z.B. Chitor in Mewar 1303, 1568) besiegen, wenn sie im Land regieren wollten. Diese Kämpfe wurden immer wieder mit großer Grausamkeit geführt. Stand eine Festung vor dem Fall, so verbrannten die Rajputen erst ihre Frauen, bevor sie selbst mit der Waffe in der Hand fielen. Nach der Niederlage der Rajputen-Konföderation gegen den Mogul Babur in der Schlacht von Khanua (März 1527) stiegen die Rajputen jedoch nie wieder zu einer überregionalen Macht in Indien auf.

Der Großmogul Akbar (reg. 1556–1605) machte nach seinem Sieg von Chitor 1568 die Rajputenclans zu seinen Verbündeten, indem er Eheschließungen mit den Rajputenprinzessinnen initiierte und ihre Vertreter in höchste Staatsämter (Minister, Generäle, Gouverneure) aufsteigen ließ. Dazu traten seine religiöse Toleranz und die Abschaffung der religiösen Steuern, so dass er ein wirksames Gegengewicht zum muslimischen Hochadel hatte. Als der streng religiöse Moslem Aurangzeb diese Politik wieder aufgab, beschleunigte er den Machtverfall seiner Dynastie erheblich. Er versuchte, die Fürstentümer aufzusplittern und zum Islam konvertierte Prinzen als Fürsten einzusetzen, was die Rajputen jedoch gegen ihn aufbrachte.

Im frühen 19. Jahrhundert unterstellten sich die Rajputen der britischen Oberhoheit und ihre Fürstenstaaten blieben selbständig.

Heute haben die Rajputen nicht mehr die Stellung wie in früheren Jahrhunderten. Im Bereich Militär und Kriegshandwerk haben sie erhebliche Konkurrenz durch die Sikhs bekommen.

Siehe auch

Weblinks

Literatur

  • Hermann Kulke/Dietmar Rothermund: Geschichte Indiens, Stuttgart 1982

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