- Rally-Cross
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Ein Rallycross (laut Duden auch Rallyecross oder Rallye-Cross) ist ein Autorennen für geschlossene Fahrzeuge auf einer permanenten Rennstrecke mit wechselndem Streckenbelag, der fast immer aus Asphalt und Schotter besteht. Als Abkürzung hat sich das englische RX (X = cross) etabliert, um eine Verwechslung mit Radio or Remote Controlled Cars (RC) zu vermeiden.
Inhaltsverzeichnis
Reglement und Grundsätzliches
Im Gegensatz zur klassischen Rallye fahren beim Rallycross kleine Gruppen von Rennwagen Sprintrennen im direkten Vergleich gegeneinander. Die relativ kurzen Rundkurse (sie müssen laut Reglement zwischen 950 und 1400 Meter lang sein und dabei über einen Asphalt- und/oder Beton-Anteil von 35 bis 60 Prozent verfügen), zumeist mit Stadion-Charakter, sind fast immer gut überschaubar und damit Zuschauer- und Fernseh-freundlich. In Deutschland sind entgegen des oben erwähnten internationalen FIA-Reglements Rallycross-Rennen mit dem Segen des deutschen Verbands DMSB ausnahmsweise auch auf Autocross-Strecken (loser Fahrbahnbelag) möglich, wenn dort zumindest der Startplatz (engl. Grid respektive Starting grid) asphaltiert wurde (Beispiel: „Matschenberg Offroad Arena“). Darüber hinaus erlaubt der DMSB aber auch Rallycross-Rennen auf vollständig asphaltierten Strecken (Beispiel: Gründautalring).
Im Gegensatz zu wilden Autocross-Rennen und diversen Stoppelfeld-, Kiesgruben- und Car-Crash-Wettbewerben, deren Veranstalter den Begriff Rallycross gerne „adoptieren“, ist Rallycross als eigenständige Autosportart von der FIA anerkannt, die jährlich drei verschiedene Europameistertitel für RX-Fahrer ausschreibt. Das europäische Rallycross hat so gut wie keine Ähnlichkeiten mit dem US-amerikanischen RallyCross und den verschiedenen Cross-Country-Veranstaltungen wie Rallye Raid, Rallye Dakar oder Baja 1000 und weist auch nur wenige Gemeinsamkeiten mit dem von der FIA und dem DMSB sanktionierten Autocross auf (dort offene und geschlossene Rennwagen, temporäre oder permanente Rennstrecken mit losem Belag).
Fahrzeugkategorien
Rallycross-EM (laut FIA-Reglement)
- Division 1: Tourenwagen, die in den Gruppen A und ST (für Supertouring) homologiert sind (das Hubraum-Maximum für Benzinmotoren mit Turboladern ist 2058 cm³ )
- Division 1A: Tourenwagen mit Frontantrieb, die in den Gruppen A und ST homologiert sind und deren Motoren über maximal 1600 cm³ Hubraum verfügen
- Division 2: Tourenwagen mit Heckantrieb. Die betreffenden Fahrzeuge dürfen einzig Saugmotoren mit maximal 2000 cm³ Hubraum haben und müssen nötigenfalls von Frontantrieb auf Heckantrieb umgerüstet werden. Dies trifft für die meisten Marken und Modelle (eine Ausnahme stellen beispielsweise Autos von BMW dar) zu.
Ablauf eines Rallycross-Wettbewerbs
Rallycross-Rennen sind mit einer Distanz zwischen 3000 und 8000 m relativ kurz. Da die meisten Strecken etwa 1000 m lang sind, gehen die Sprints über drei bis acht Runden. Auf einigen Rallycross-Strecken wird seit einiger Zeit auch eine sogenannte Joker Lap ausgefahren. Dabei muss jeder Fahrer einmal pro Rennen einer mindestens 2 Sekunden langsameren Alternativroute folgen, darf aber selbst entscheiden, in welcher Runde. Nach der technischen Abnahme der Fahrzeuge dürfen ihre Fahrer am freien Training teilnehmen, anschließend geht es ins Pflichttraining. Abschließend stehen drei Qualifikationsläufe auf dem Programm. In diesen Vorläufen müssen die Teilnehmer mindestens zweimal das Ziel erreichen und dabei zwei schnelle Zeiten vorlegen, um sich für die abschließenden Finalrennen zu qualifizieren. Nur die 20 besten Fahrer jeder Division (Fahrzeugkategorie) dürfen jeweils im D-, C-, B- oder A-Finale erneut antreten. Während in den Vorläufen drei, vier oder fünf Piloten von einer gemeinsamen Linie aus starten, erfolgt der Start der sechs Teilnehmer in den Finalrennen aus drei jeweils versetzt hintereinander aufgestellten Startreihen. Die beiden Erstplatzierten des D-Finales sind automatisch als letzte Starter für das C-Finale zugelassen, der Sieger des C-Finales steigt in das B-Finale auf und der Gewinner des B-Finales qualifiziert sich in gleicher Weise für den letzten Startplatz des A-Final-Grids.
In den Finals sind die gefahrenen Zeiten nicht mehr entscheidend, sondern nur noch die Platzierung, also die endgültige Reihenfolge der 20 Besten des Wettbewerbs. Da sich der Gesamtsieger der betreffenden Division erst im jeweils letzten Rennen des Tages ermitteln lässt, wird die Spannung kontinuierlich gesteigert und es kommt am Ende des Rennwochenendes zum Showdown. Die Top-Autos der FIA Rallycross-EM, die RX-Specials, sind Prototypen die optisch weitgehend den World Rally Cars ähneln, verfügen mit gut 550 PS jedoch über eine weitaus höhere Motorleistung als der WRC-Nominalwert von 300 PS. Wie bei vielen Sprint-Wettbewerben ist ein guter Start eminent wichtig, da der Starter, der als Erster die erste Kurve erreicht, sich die bestmögliche Ausgangsposition für den erhofften Gesamtsieg sichert. Die allradgetriebenen Rennwagen erreichen dank sehr kurzen Getriebeübersetzungen und extrem weichen Reifenmischungen, die hohe Traktionswerte garantieren, die 100-km/h-Marke in 2 bis 2,5 Sekunden.
Geschichte
1967 für das ITV in England erfunden
Die Wurzeln des Rallycross kommen nachweislich aus dem Rallyesport. Am 4. Februar 1967 ließ man auf der speziell dafür präparierten Rennstrecke Lydden Circuit (zwischen Dover und Canterbury in Kent, England) ausnahmslos eingeladene Rallyefahrer erstmals in Vierergruppen bei kurzen Sprintrennen für eine Fernsehproduktion im direkten Vergleich gegeneinander antreten. Gesamtsieger wurde der spätere Formel-1-Fahrer und Rallye-Monte-Carlo-Gewinner (1968) Vic Elford auf einem Porsche 911. Dadurch hoben die Veranstalter einen gänzlich neuen Motorsport aus der Taufe, in dem aber schon bald darauf die Rallye-Werkspiloten von nun schnell heranwachsenden echten Rallycross-Spezialisten abgelöst wurden. Die wahren Erfinder des Rallycross waren der für das ITV (ABC – World of Sport) tätige Fernsehproduzent Robert Reed und der rührige Rennveranstalter Bud Smith († 1994), während Streckenbetreiber Bill Chesson († 1999) Lydden Circuit für diesen Zweck erweiterte und zur Verfügung stellte. Den Namen Rallycross aber dachte sich der bekannte Journalist, Rallyefahrer und Rennkommentator John Sprinzel aus, den man zusammen mit seinem Presse-Kollegen Barrie Gill (The Sun) als „Geburtshelfer“ der neuen Rennsport-Disziplin betrachten kann.
Nach zwei weiteren Rallycross-Testrennen (am 11. März und am 29. Juli) für ITV wurde am 23. September in Lydden mit dem ersten von insgesamt sechs Wertungsläufen (drei Läufe in Lydden und drei in Croft) die erste nationale Britische Rallycross-Meisterschaft namens World of Sport Rallycross Championship 1967/68 gestartet, die mit einem Sieg beim Endlauf am 6. April 1968 in Lydden an den Engländer Tony Chappell in einem Ford Escort TwinCam ging.
Am 25. November 1967 wurde, ebenfalls in Lydden, das erste internationale Rallycross-Rennen ausgetragen. Die dafür zum Start angemeldeten ausländischen Rallyefahrer machten sich jedoch schon vorzeitig wieder auf die Heimreise, weil die eine Woche zuvor terminierte RAC-Rallye 1967 gewissermaßen um fünf vor zwölf wegen der gerade auf der Insel grassierenden Maul- und Klauenseuche hatte abgesagt werden müssen. Als Sieger aus diesem „national-internationalen“ Wettbewerb ging Rootes-Rallye-Werkspilot Andrew Cowan mit seinem kleinen aber feinen Sunbeam Imp in die Rallycross-Geschichte ein. Dieses als ABC Television Rallycross deklarierte Rennen und seine genannten Begleitumstände werden bis auf den heutigen Tag gerne und häufig aber dennoch fälschlich mit der Geburtsstunde des Rallycross (siehe weiter oben) in einen unmittelbaren Zusammenhang gebracht, obwohl es fast zehn Monate nach dem tatsächlichen Debütrennen stattfand. Darüber hinaus wird zumeist die BBC als die Rallycross-„Mutter“ bezeichnet, was ebenfalls nicht richtig ist. Die BBC sprang erst viele Monate später mit ihrem Grandstand-Programm auf den längst fahrenden Zug auf.
1969 für die AVRO aufs Festland importiert
Das erste Rallycross-Rennen des europäischen Festlandes wurde am 7. Juni 1969 auf einem Militärgelände in der Heide nahe der niederländischen Stadt Venlo ausgefahren und von Hans Kok mit seinem NSU 1200 TT gewonnen. Als kontinentaler Entdecker des neuen Funsports darf der niederländische Fernsehregisseur Rob Herzet (AVRO) angesehen werden, der gegen Ende der 1980er in Deutschland auch für so bekannte ZDF-Fernsehserien wie Die Wicherts von nebenan, Wartesaal zum kleinen Glück oder Wie gut, dass es Maria gibt! viel Anerkennung fand. Mit dem Eurocircuit in Valkenswaard bei Eindhoven, das mit einem Rennen am 17. April 1971 eröffnet wurde, welches Jan de Rooy in seinem DAF 555 Coupé 4WD gewann, bauten die Niederländer auch die erste Rennstrecke der Welt, die einzig für den Rallycross-Sport konzipiert wurde.
1969 auch in Australien etabliert
Rallycross nach britischem Vorbild wurde ab 1969 auch für etwa ein Dutzend Jahre in Australien gefahren. Nachdem man in Leppington (New South Wales) ein Testrennen organisiert hatte, fand der junge Motorsport bis in die Mitte der 1970er mit dem Calder Park Raceway in Melbourne einen vielbesuchten Austragungsort. Von 1972 bis Anfang der 1980er wurden auch im Catalina Park von Katoomba (New South Wales) Rallycross-Rennen organisiert. Zwei weitere Schauplätze für Rallycross-Läufe waren Towac bei Orange (New South Wales) und Tailem Bend (South Australia). Der australische Autosportler, der auch heutzutage noch am ehesten mit Rallycross in Verbindung gebracht wird, ist der 2006 bei einer Rallye tödlich verunglückte Allround-Rennfahrer Peter Brock, der mit seinem „The Beast“ genannten Holden Torana GTR für mehrere Jahre auch in dieser Disziplin sehr erfolgreich war.
Erste Rallycross-Rennen in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Anfang der 1970er wurde der noch junge Autosport von Bernd Ziskofen und seinem Automobilclub Niederelbe auch nach Buxtehude importiert und erlebte seine Deutschland-Premiere am 21. Mai 1972 auf dem Estering mit einem Gesamtsieg von Jan de Rooy im DAF 555 Coupé 4WD. Bis zum Herbst 2007 wurden auf der Anlage vor den Toren der Stadt Buxtehude genau 108 RX-Rennen veranstaltet, wegen Streitigkeiten mit Anwohnern hatten 1982 und 1983 insgesamt 5 geplante Veranstaltungen abgesagt werden müssen. Ebenfalls von Ziskofen und dem ACN initiiert, und in Zusammenarbeit mit dem britischen Thames Estuary Automobile Club (TEAC) gegen Ende 1972 auf den Weg gebracht, gibt es seit 1973 auch eine Rallycross-Europameisterschaft, die in den ersten drei Jahren ihres Bestehens von der FIA testweise „nur“ toleriert und dann endgültig adoptiert wurde.
Die österreichische Rallycross-Geschichte begann mit einer wahren Gewaltaktion: Innerhalb von nur fünf Wochen wurde auf der sogenannten „Stiftswiesn“ bei Pöverding oberhalb der Stadt Melk der damalige Leruring regelrecht aus dem Boden gestampft. Das erste nationale Rallycross fand am Ostersonntag, dem 22. April 1973 statt (Gesamtsieger war Harald Neger [A] auf Renault Alpine A110). Nur wenige Tage später, am Maifeiertag, organisierte man hier das erste internationale RX (Gesamtsieger war Franz Wurz [A] auf VW 1302S) und knapp zwei Wochen danach, am 13. Mai 1973, erlebte der Leruring unter der Führung des Veranstalters RRC 13 Wien den Premierenlauf der damaligen Embassy European Rallycross Championship (Gesamtsieger war John Taylor [GB] auf Ford Escort RS1600). Seit Ende der 1990er heißt die inzwischen vollständig umgebaute Rennstrecke Wachauring und ist heute Teil des gleichnamigen ÖAMTC-Fahrsicherheitszentrums.
Auch in der Schweiz hat es bereits Rallycross-Rennen gegeben, die allerdings an den Fingern einer Hand abgezählt werden können. Am 23. September 1984 erlebte die kleine Rennstrecke von Lignières, oberhalb des Bielersees gelegen, das 1. Internationale Rallycross der Schweiz um die Marlboro-Trophy 84, bei dem sich auch Formel-1-Pilot Marc Surer mit einem Renault 5 Turbo an der durch ständige Regenfälle äußerst rutschigen Piste mit Asphalt- (60 %) und Schotterpassagen (40 %) versuchte. Gewonnen wurde das Rennen von dem Belgier Luc Noyen auf einem Talbot Matra Murena. Der Circuit Lignières wird heutzutage nicht mehr als Rennstrecke sondern ausschließlich als Testgelände für u. a. Fahrerlehrgänge auf Schnee und Eis genutzt.
Rallycross – ein vom Allradantrieb geprägter Rennsport
Die erste Generation der Allradautos
Seit Franz Wurz am 3. Oktober 1982 mit einem Audi quattro den ersten FIA-Titel für das Ingolstädter Automobilwerk errang, ist der Rallycross-Sport bis heute untrennbar mit allradgetriebenen Rennwagen verbunden. Allerdings – seine erste und auch sehr erfolgreiche Generation 4x4-Fahrzeuge kannte der neue Sport bereits lange vor Audi und deren quattro, nämlich schon Ende der 1960er. Am 8. Februar 1969 hatten die beiden britischen Firmen Ford und BMC – zwar am selben Tag, jedoch auf verschiedenen Rennstrecken – jeweils ein 4WD-Rallycross-Fahrzeug an den Start gebracht. Während der etwa 130 PS starke Triumph 1300 4WD unter BMC-Werksfahrer Brian Culcheth seinen Wettbewerb in Lydden gewann, in der Folge aber nur noch höchstselten vom Hersteller reaktiviert wurde, bekam Ford-Werksfahrer Roger Clark den gleichfalls errungenen Sieg in Croft (bei Darlington) noch abends wieder aberkannt, weil sein Capri 3000GT 4WD damals „nicht dem gültigen Reglement entsprach“. Ford ließ sich dadurch aber nicht entmutigen und setzte bis zum Herbst 1971 unter den Brüdern Roger und Stan Clark zwei dieser am Ende gut 250 PS starken Allrad-Capris mit ZF-Getriebe und Ferguson-Antriebseinheit ein, mit ständig wachsendem Erfolg. Den technisch weitgehend identischen Semi-Werks-Capri von Rod Chapman galt es allerdings auch noch in der Britischen Rallycross-Winter-Serie 1971/72 zu schlagen.
Die medienwirksamen Triumphe der Briten animierten auch die niederländische Firma DAF, die für 1971 und 1972 insgesamt drei DAF 555 (die dritte 5 stand für die Gruppe 5 nach FIA-Reglement) Coupé 4WD baute, die von den beiden Brüdern Jan de Rooy und Harry de Rooy zu einer Vielzahl von Rallycross-Gesamtsiegen gefahren wurden, obwohl sie häufig erst 5 oder 10 Sekunden (4WD penalty) hinter ihren Konkurrenten starten durften. Bei den gerne als „Rentner- und Hausfrauenwägelchen“ belächelten DAF-55-Modellen realisierte man – geradezu genial-einfach – den Allradantrieb durch eine Sportvariomatic, die ursprünglich für die Formel 3 entwickelt worden war. Jeweils ein Antriebsriemen versorgte die Kardanwellen für die Vorder- und Hinterachse stufenlos mit Kraftfluss, die dort in selbstsperrenden Differenzialen vom BMW 2002 mündeten. Traktion war permanent vorhanden, ohne ein normales Getriebe schalten zu müssen hatten die De-Rooy-Brüder eminente Vorteile, und die rund 200 PS starken BDA-Motoren von Ford trugen ebenfalls dazu bei, dass die leichten DAF-Mobile den Autos der Gegner immer wieder einfach auf und davon fuhren. Doch weil die Initiatoren der ersten Rallycross-Europameisterschaft auf eine baldige Anerkennung ihrer Sportart durch die FIA hofften, wurde Ende 1972 die erste RX-Allrad-Generation eingemottet.
Die Rückkehr der Allradautos
Nachdem ein neues Reglement ab 1982 wieder Allradautos legitimierte und Wurz auf Anhieb mit einem Ex-Mikkola-quattro erfolgreich war, ging im Rallycross spätestens ab Mitte der 1980er nichts mehr ohne Vierradantrieb. Vom Allrad-VW-Käfer mit rund 250 PS, über den BMW M3 Turbo 4WD mit gut 600 PS starkem IMSA-Motor, bis hin zum über 750 PS starken Porsche 911 BiTurbo 4x4 reichte die Palette der meist von Privatleuten und ohne Werksunterstützung realisierten Prototypen. Besonders hervorzuheben daraus ist die wichtigste technische Innovation, die das Rallycross je hervorbrachte und die später selbst die Rallye-Weltmeisterschaft und die Formel 1 beeinflusste. Der Norweger Martin Schanche initiierte und finanzierte 1983 das sogenannte Xtrac-System. Mit seiner Idee, von einem variablen Allradantrieb für seinen neuen Ford Escort XR3 T16 4x4, war er bei den Briten Mike Endean und Chris Goddard an der richtigen Adresse. Sie realisierten Schanches Wünsche und schufen mit ihm zusammen den ersten Xtrac-Allradantrieb, der, über eine während der Fahrt manuell zu beeinflussende Hydraulik, die Leistung des 560 PS starken Zakspeed-Motors stufenlos von 28:72 (VA:HA) bis 50:50 Prozent an die Vorder- und Hinterachse weiterleitete. Nachdem Schanche 1984 damit auf Anhieb Rallycross-Europameister geworden war, animierte der damalige Opel-Sport-Chef Karl Heinz Goldstein den vormaligen Hewland-Techniker Mike Endean zur Gründung seiner eigenen Firma Xtrac und zur Kooperation mit der Sportabteilung des deutschen Autowerkes. Opel baute dann mit Hilfe des Engländers zwei Kadett-Prototypen (für die bald darauf von der FIA wieder verworfene Gruppe S), die bei der Rallye Paris-Dakar 1986 wegen einer Unmenge defekter Stoßdämpfer ein totales Fiasko erlebten. Später verwendeten auch andere Rallye-Werksteams das weiter verbesserte und nun halbautomatisierte Xtrac-System und selbst in der Formel 1 vertrauten einige wichtige Teams über viele Jahre hinweg ausschließlich auf die diversen Antriebselemente der Firma Xtrac.
Nachdem die FIA die Autos der äußerst umstrittenen Gruppe B nach einigen tragischen Unfällen zur Mitte der 1980er ab Ende 1986 aus der Rallye-Weltmeisterschaft verbannt hatte, fanden diese „Saurier“ ihr letztes internationales Betätigungsfeld im Rallycross-Sport. Von Anfang 1987 bis Ende 1992 prägten die zum Teil weit über 600 PS starken Boliden vom Typ Peugeot 205 Turbo 16 E2, Ford RS200 E2, Audi Sport quattro S1, MG Metro 6R4 BiTurbo und Lancia Delta S4 hier das Geschehen, zumal sie bei einigen EM-Läufen in derartig großen Stückzahlen auftauchten, wie sie zuvor kein einziger Rallye-WM-Lauf je in Aktion erlebt hatte. Ab 1993 trat dann ein ganz neues Reglement in Kraft, das im Großen und Ganzen bis auf den heutigen Tag Bestand hat und die „Königsklasse“ dieser Disziplin prägt, indem es ihr, von der optischen Kopie der World Rally Cars (WRC) (Citroën C4, Citroën Xsara, Ford Focus, Peugeot 206, Škoda Fabia usw.) bis hin zum selbst entwickelten Prototypen (Saab 9-3 Aero SportSedan T16 4x4, VW Golf IV T20 4x4, Ford Fiesta ST T16 4x4, Opel Astra G T16 4x4 usw.), eine Vielfalt von interessanten Rennwagen beschert.
Einige wichtige Rallycross-Fahrer
Als ersten Rallycross-Europameister (1973) betrachtet die Motorsport-Szene den Schotten John Taylor (Ford Escort RS 1600 BDA) und der erste RX-Eurochamp mit dem Segen der FIA wurde 1976 der Österreicher Franz Wurz (Lancia Stratos HF 2.4 24V), der Vater von Ex-F1-Pilot Alexander Wurz. Während in den Anfangsjahren der paneuropäischen Rennserie die Briten, Österreicher und Niederländer diesen Sport dominierten, übernahmen spätestens ab Ende der 1970er die Skandinavier das Sagen.
Der erfolgreichste Rallycrosser der Geschichte ist (mit bisher 14 EM-Titeln) der Schwede „His Kennyness“ Kenneth Hansen aus Götene und der einzige Deutsche, der bis dato EM-Gold erringen konnte, ist der Niedersachse Sven Seeliger (EM-Titel der 1400er-Klasse in den Jahren 2000 und 2001) aus Rethem. Weitere Fahrer, die dem Rallycross ihren Stempel aufgedrückt haben, sind der Finne Matti Alamäki (5-facher Europameister), der Schwede Olle Arnesson (4-facher Europameister), der Norweger Eivind Opland (4-facher Europameister) und Schwedens Anders Norstedt (3-facher Eurochamp).
Als bekanntester Repräsentant dieser Disziplin aber gilt Norwegens Martin Schanche (sprich: Skanke), der in den 25 Jahren seiner EM-Karriere sechs Europameistertitel sammelte und als „Mister Rallycross“ weltweite Berühmtheit erlangte. Und Schanche-Landsmann und -Freund Petter Solberg ist eben jener „verlorene Sohn“, der es nach seinen Lehrjahren in der nationalen norwegischen Rallycross-Szene bis zum Gewinn der Rallye-Weltmeisterschaft des Jahres 2003 gebracht hat.
Wikipedialinks
- Liste aller Rallycross-Europameister (1973 bis 2008)
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