Rapperswiler Rathaus

Rapperswiler Rathaus

Das Rathaus der bis 31. Dezember 2006 eigenständigen Rosenstadt steht im Herzen der Altstadt, im Ortsteil Rapperswil der Schweizer Gemeinde Rapperswil-Jona im Kanton St. Gallen.

Ansicht von Süden, mit Sonnenuhr und Teilen der Wappenfolge
Ansicht von Nordosten (Hauptplatz)
Detailansicht Südseite
Supraporta Schloss Rapperswil, um 1500, ausgestellt in der Eingangshalle
«Juliusbanner» von 1512
«Juliusbanner», Detailansicht

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Entstehung

Als Folge der Schlacht am Stoss, in der zahlreiche Rapperswiler Bürger auf Seiten Habsburg-Österreichs ihr Leben liessen, erhielt Rapperswil im Jahr 1406 das Recht, den Schultheissen frei zu wählen und Gerichtsbussen zum baulichen Unterhalt der Stadt zu verwenden.

Das Rathaus am Hauptplatz wurde erstmals 1419 und 1433 als Ratsstube erwähnt und ist heute Eigentum der Ortsgemeinde Rapperswil-Jona.

Spätmittelalter bis Neuzeit

Am 24. Juni 1512 wurde das päpstliche «Juliusbanner» mit goldenen Rosen von Kardinal Schiner verliehen, als Anerkennung für die Solddienste von Rapperswiler Landknechten für Papst Julius II. im sogenannten «Grossen Pavierfeldzug» (Italienische Kriege).[1][2]

Aufgestachelt durch die Stadtzürcher Getreidesperre und Prädikantenpolitik stürmten Anhänger der Reformationswirren im Juli 1531 das Rathaus, vertrieben den Rat, wählten gar den Zürcher Stapfer zum Schultheissen und setzten einen reformierten Pfarrer ein. Mit dem Zweiten Kappeler Landfrieden vom 20. November 1531 wurde die weitere Ausbreitung der Reformation in der deutschen Schweiz beendet, und Rapperswil kehrte zum römisch-katholischen Glauben zurück. Der abgesetzte Schultheiss und die zum reformierten Glauben Konververtierten verliessen das Städtchen. Die vier Schirmorte liessen den Besitz der Umstürzler konfiszieren, verboten weitere Versammlungen und bestraften die Führer der reformierten Partei mit Pranger, Zungenschlitzen und Exekutionen. Rapperswil wurde nun durch eine Innerschweizer Besatzung überwacht und verlor im Gnadenbrief von 1532 einige seiner alten Rechte.

Rat und Ratsherren

Bekannte Ratsgeschlechter sind unter anderem die Landenberger, als Schultheissen und Räte bis ins Jahr 1530. Zu den weiteren prominenten Namen zählen unter vielen die Familien Russinger (Herren von Russikon), Göldlin und Breny.[3]

Brauchtum

Das auch heute noch praktizierte «Eis-Zwei-Geissebei» am Fasnachtsdienstag soll auf die Belagerung und Brandschatzung von Rapperswil am 24. Februar 1350 durch Rudolf Brun zurückgehen. Damals hätten mitleidige Stadtbewohner den hungrigen Kindern Nahrungsmittel aus den Fenstern ihrer Häuser gereicht, woran der heutige Brauch erinnert: Nach dem traditionellen «Herrenessen» im Rathaus mit Ehrengästen und Kabarettprogramm versammeln sich auf dem Hauptplatz hunderte von Kindern. Genau um 15.15 Uhr öffnen sich die Fenster des Ratssaals und eine Fanfare ertönt. Auf die Frage: «Sind alli mini Buebe doo?», ertönt die vielstimmige Antwort: «Joo! Eis - Zwei - Geissebei!» und schon fliegen Würste, Brötchen und Biberli aus den Saalfenstern hinunter zu den Kindern auf dem Hauptplatz.[4]

Gebäude

Der Bau soll auf einen Wachturm der ältesten Stadtanlage zurückgehen, vermutlich auf die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts. Das Gebäude in seiner heutigen Form wurde um 1470 erbaut; Umbauten erfolgten 1866 und 1895. Zum Gebäude gehören die Rathauswirtschaft (erstes Obergeschoss) und der Ratssaal mit «Richterstübli» (zweites Obergeschoss).

Das spätgotische Portal zum Ratssaal mit reichprofilierten, doppelseitigen Kielbogen wurde aus einem einzigen Eichenstamm angefertigt. Ein gusseiserner Renaissanceofen (Jahreszahl 1572) ist repräsentativstes Ausstattungsstück. In der Eingangshalle, im ersten Obergeschoss, befindet sich das päpstliche Juliusbanner» von 1512. Sehenswert sind der Gold- und Silberschatz, der runde Ratstisch von Conrad Lütprand (1618), die Gemälde der Rapperswiler Künstler Felix Maria Diogg und Johann Michael Hunger sowie die wertvollen Bestände an Glasmalerei.[5]

Im Ratssaal tagt das Bezirksgericht See-Gaster, im «Richterstübli» – das auch bei Trauungen verwendet wird – der Ortsverwaltungsrat («Genossengemeinde»). Im Gebäude ist das gleichnamge Restaurant und im ersten Obergeschoss die Kanzlei und das Stadtarchiv untergebracht.[6][7]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Anderes, Kunstdenkmäler des Kantons St. Gallen, S. 368f.
  2. Eidgenössische Soldkrieger des Papstes Julius II. hatten im sogenannten «Grossen Pavierfeldzug» 1512 einen schnellen Sieg über die in der Lombardei eingebrochenen Franzosen errungen. Die mitbeteiligte Mannschaft aus Rapperswil erhielt laut Urkunde vom 24. Juni 1512 von Kardinal Schiner ein Banner mit 'verbessertem' Stadtwappen: Goldene statt rote Rosenbutzen und im Eckquartier Darstellung der Taufe Christi durch Johannes (Bezug auf das Johannes-Patrozinium der Pfarrkirche Rapperswil). Der stark geschädigte, 1895 erstmals restaurierte Seidendamast wurde 1993 auftrags der Ortsgemeinde Rapperswil im Atelier der Abegg-Stiftung Riggisberg BE neu montiert und konserviert. 116 x 122 cm, ausgestellt im 1. Obergeschoss, Beschreibung gemäss Dr. Bernhard Anderes, 1994.
  3. Wappenfolge wird ergänzt.
  4. Website Rapperswil-Jona, Brauchtum und Geschichte
  5. Arbeiten wie zu Grossvaters Zeiten. In: Fachwissen Applica 18/2007
  6. Website Kulturbaukasten Rapperswil-Jona, 36 Museen ohne Dach: Diese und weitere historische Informationen entstammen u.a. auch den 36 Schaukästen in der Altstadt.
  7. Website Tourist Information Rapperswil-Jona: Rathaus

Weblinks

47.2263468.8163777Koordinaten: 47° 13′ 35″ N, 8° 48′ 59″ O; CH1903: (704339 / 231517)


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