Raufbold

Raufbold

Hooligans (Englisch, eigentliche Bedeutung: Raufbolde) sind Personen, die vor allem im Rahmen bestimmter Sportereignisse wie beispielsweise Fußballspielen durch aggressives Verhalten auffallen.

Inhaltsverzeichnis

Nähere Bestimmung

Hooligans treten häufig in größeren Gruppen auf und zeigen eine hohe Gewaltbereitschaft, was allerdings nicht auf das alltägliche Leben eines Hooligans zutreffen muss, da es recht unterschiedliche Charaktere unter den Hooligans gibt. In der Regel sind sie auch fanatische Anhänger eines Sportvereins, unterscheiden sich aber von den normalen Anhängern. Vor allem bei und im Umfeld von Fußballbegegnungen treffen sie auf ebenso aggressive Hooligans des gegnerischen Vereins. Bei der Konfrontation der miteinander verfeindeten Fangruppen kommt es häufig zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Hooligans sind nicht nur von gewöhnlichen Fans und Ultras, sondern auch von anderen Gruppierungen, Szenen und Einzelpersonen zu unterscheiden, da sie eine bestimmte, charakteristische Art von Gewalt kultivieren. Abweichend davon wird der Begriff Hooligan von Außenstehenden oft für alle Randalierer und Schläger in und um die Stadien benutzt.

Etymologie des Begriffes

Der Begriff Hooligan geht angeblich auf eine irische Familie namens O‘Hoolihan zurück, die sich im 19. Jahrhundert vor allem wegen heftiger Prügeleien einen derart üblen Ruf erworben hatte, dass sie später sogar in einem Trinklied besungen wurde.

Nach einer anderen Theorie geht die Bezeichnung auf den Iren Patrick Hooligan zurück, der 1898 in London in einem Polizei-Bericht als Randalierer und Anführer einer Jugendbande auftaucht. Das Wort entstammt sonach dem Londoner Polizeijargon und ist zurückzuführen auf den Bandenführer mit dem Spitznamen Hooley, der die Bevölkerung des Londoner Stadtteiles Islington geraume Zeit terrorisierte. Das Wort „hooley“ stammt aus dem Irischen und bedeutet „wild“.

In der deutschen Sprache soll das Wort „Hooligan“ erstmalig 1906 von Arthur Pfungst verwendet worden sein.

Herkunft und Verbreitung

Meistens sieht man Hooligans bei Fußballspielen, aber es gab sie auch bei anderen Sportarten und in anderen Lebensbereichen. Die Hooligan-Bewegung stammt ursprünglich aus England und hat sich sehr schnell weltweit ausgebreitet. In den 1950er und 1960er Jahren war Hooliganismus in Großbritannien auch bei Tanzveranstaltungen in Großstädten weit verbreitet. Die ersten Vorfälle von Hooligans gehen bis ans Ende des 19. Jahrhundert zurück.

Hooligan-Philosophie und Hooligan-Kultur

Das Zelebrieren von Gewaltritualen und das Kultivieren einer Ästhetik der Aggressivität sind bestimmende Elemente der Hooligan-Kultur. Hooligans behaupten, der Beweggrund für ihr Handeln sei der Kick, den sie daraus zögen, mit physischer Gewalt zu zeigen, dass man stärker sei als der Gegner. Auch der Zusammenhalt in der Gruppe der "harten Männer" sei für viele der Grund, einer Hooliganbande beizutreten und sie auch nicht wieder zu verlassen.

Unter Hooligans gibt es so etwas wie einen Ehrenkodex: Es werden im Normalfall keine anderen Zuschauer der Veranstaltungen, sondern nur gegnerische Hooligangruppen angegriffen. Personen, die auf dem Boden liegen, dürfen nicht weiter geschlagen werden, und der Gebrauch von Waffen und Gegenständen (Flaschen und Dosen, Steine, Stöcke) ist nicht die Regel. Beide Gruppierungen sollten zahlenmäßig in etwa gleich stark sein. Geschilderte Fälle normaler Sportveranstaltungsbesucher belegen jedoch z.T. das Gegenteil. Besonders in Ost- und Südeuropa, aber auch in Deutschland werden in letzter Zeit die Grenzen des angeblichen "Ehrenkodex" missachtet, und so kommt es teilweise zu blinder Gewalt mit vereinzeltem Einsatz von Hieb- und Stichwaffen.

Oft verabreden sich Hooligans mit anderen Hooligangruppen außerhalb des Stadions oder suchen den Konflikt in dessen Umfeld. Dies ist vor allem aus dem Grund entstanden, dass rund um die Stadien der Bundesliga eine umfassende Videoüberwachung und erhöhter Polizeieinsatz zur Routine geworden sind. Dies hat das Hooliganproblem jedoch nicht behoben, sondern nur verdrängt. Auch das Ausweichen auf untere Ligen und neutrale Plätze gehört deshalb (wegen weniger polizeilicher Überwachung und Präsenz) mittlerweile zum Alltag.

Wie zwischen den Fanklubs der Vereine gibt es auch zwischen den Hooligans Freund- und Feindschaften. Hooligans sind selten politisch motiviert. Die Gruppierungen können somit auch kaum einem politisch „rechten“ oder „linken“ Umfeld zugeordnet werden, da sich unter Hooligans Personen mit vielerlei Gesinnungen finden. Anhand der Namen der Hooligangruppierungen kann man in einigen Fällen erkennen, ob sie politisch motiviert sind oder nicht.

Hooligans stammen aus unterschiedlichen sozialen Schichten. Von Arbeitern über Angestellte bis hin zu Akademikern ist alles vertreten. Die Altersgrenzen reichen von etwa 14 Jahren bis Mitte/Ende 40.

Der klassische Hooligan ist als solcher im Stadion nicht so einfach zuzuordnen wie der traditionelle Fan, da er - im Gegensatz zum Fan einer Mannschaft - nicht die Devotionalien seines Vereins trägt, sondern eher unauffällige, aber prestige-trächtige Markenbekleidung bevorzugt, allerdings in der Regel in einem charakteristischen Stil. Bevorzugt werden meist weite, bauschige Schnitte: Blousons und schenkelweite Hosen. In den frühen neunziger Jahren etablierte sich ein relativ einheitlicher Stil aus z.B. Sweatshirts, Windbreakern oder Pullovern der Marken Best Company, Tesco, Fred Perry, carhartt, Adidas Equipment oder Iceberg, College-Jacken von Chevignon oder Replay, Nylon-Jacken im Jeansjackenstil von Blue System, Diesel oder Replay, sowie bananenförmige Jeans von Diesel (Modell "Saddle", oft auch in Cord) und teure Anzüge von Armani. Bis heute ist dieser Stil präsent, wird allerdings ergänzt durch Designerkleidung von Burberry, Stone Island, Henri Lloyd, Ralph Lauren, Carlo Colucci, Lacoste und anderen bekannten Modeschöpfern, sowie durch Hosen oder Jeans der Marken Jet Lag und Pepe. Auch Streetwear- und Sport-Marken wie Lonsdale, Everlast, Cordon, Pit Bull, Umbro oder New Balance Adidas Cushion/Equipment/Samba/Torsion (Schuhe) wurden und werden getragen. Hooligans bevorzugen oft nicht nur den beschriebenen Stil und bestimmte Marken, sondern auch ganz bestimmte Kleidungsstücke mit Kult-Status - die stereotyp von vielen getragen werden. Teilweise sind das "legendäre" Kleidungsstücke aus der Hooligan-Geschichte, die nicht mehr hergestellt werden und deshalb zu einer Ikone der Szene, zum begehrten Klassiker und zum raren Sammelobjekt mutieren (z.B. Best Company-Sweatshirts und Burberry Basecaps). In Hooligan-Kreisen ist ein plakatives Zur-Schau-Stellen von Marken in Form großer Logos sehr verbreitet. Mit diesem Stil und dieser Haltung haben die Hooligans auch die jugendliche Massenmode in den letzten 15 Jahren nachhaltig beeinflusst.

Einer großen Öffentlichkeit wurde das schon lange vorhandene Hooligan-Phänomen anlässlich des Fußball-Europapokalendspiels zwischen Juventus Turin und dem FC Liverpool im Brüsseler Heysel-Stadion am 29. Mai 1985 bekannt, bei dem 39 Menschen starben. Viele Hooligans distanzieren sich allerdings von diesem Ereignis und behaupten, dass solche Taten nicht von "wahren" Hooligans begangen würden.

Der Fall Nivel

Das in Deutschland wohl bekannteste Opfer randalierender Fußballhooligans ist der französische Gendarm Daniel Nivel. Am 21. Juni 1998 kam es im nordfranzösischen Lens nach dem Spiel Deutschland gegen Jugoslawien bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1998 zu Straßenschlachten zwischen deutschen Hooligans und der Polizei. Nivel erlitt damals schwerste Kopfverletzungen, fiel sechs Wochen ins Koma und ist seitdem schwerbehindert. Die Bilder der Prügelszene gingen um die ganze Welt.

Großveranstaltungen

Für die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 wurde eine besondere Schwere der Gewalttaten befürchtet, die aufgrund des großen Polizeiaufgebotes und der allgemein positiven Euphorie der Fans jedoch größtenteils ausblieb. Allerdings wurden bei Aufeinandertreffen von Hooligans aus Deutschland, England und Polen in mehreren deutschen Städten (v.a. Dortmund, Stuttgart, Frankfurt am Main) mehrere hundert Personen festgenommen. Die größten Ausschreitungen gab es am Rande des Spieles Deutschland gegen Polen. In dessen Verlauf wurden in der Dortmunder Innenstadt 429 Fans festgenommen. Jedoch fand dies in der deutschen Presse wenig Beachtung, womöglich um die positive Stimmung im Land nicht zu trüben und die Illusion einer friedlichen Weltmeisterschaft zu wahren.

Während der Fußball-Europameisterschaft 2008 wurden noch vor dem ersten Spiel der deutschen Nationalmannschaft knapp 150 Hooligans verhaftet und Österreichs verwiesen, nachdem sie versucht hatten Schlägereien mit polnischen Fans anzuzetteln. Es gab jedoch keine Anzeigen.

Die meisten Hooligan-Gruppierungen veranstalten ihre Aufeinandertreffen heute nur noch selten an bestimmten Spieltagen, sondern immer öfter bei Wald-und-Wiesen-Treffen fernab von den Begegnungen. Hierzu verabreden und treffen sich die verschiedenen Gruppierungen zur selbstinszenierten "dritten Halbzeit" an ruhigen und verlassenen Orten, in Wäldern, auf Feldern oder auch in Gewerbegebieten. Dieses deviante Verhalten führt in der Regel zu Ermittlungsverfahren und Verurteilungen wegen Landfriedensbruchs und gefährlicher Körperverletzung.

Sicherheitsvorkehrungen gegen Hooligans

Die Polizei agiert in Deutschland mit szenekundigen Beamten in Zivil, die besonders gewaltbereite Personen an Spieltagen verstärkt beobachten bzw. mit Meldeauflagen belegen.

Zur Gewaltprävention werden vielfältige Maßnahmen angesetzt, durch die sich Hooligans und normale Zuschauer besser identifizieren und überwachen lassen. Dabei werden die Hooligans mitunter als Begründung für die Notwendigkeit neuer Sicherheitsmaßnahmen herangezogen, wie z.B. die Videoüberwachung in den Städten anlässlich der Fußball-WM 2006.

1992 wurde die Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) beim Landeskriminalamt Düsseldorf eingerichtet. Die ZIS registriert und beobachtet bundesweit Fußball-Gewalttäter im Rahmen der Kartei und steht mit anderen Ländern über den internationalen Datenaustausch in Verbindung, um den Einlass von Hooligans in Stadien zu verhindern.

Insbesondere aus dem Umfeld der Ultras wird das Vorgehen der Polizei oft als repressiv und unverhältnismäßig kritisiert sowie eine mangelnde Trennschärfe zwischen Hooligans, Ultras und "normalen" Fußballfans bemängelt. Polizei, Kommunen und Vereine kritisieren hingegen, dass sich die Ultras nicht ausreichend an der Identifizierung von Tätern beteiligen und die Arbeit der Polizei durch Provokationen und mangelnde Kooperation erschweren. Ein gängiger Schlachtruf der Ultras lautet all cops are bastards (A.C.A.B.)

Bevorzugte Musik der Hooliganszene

Der Musikstil ist stark von Punkrock, Oi! und artverwandten Formen der Rockmusik geprägt. Die Texte handeln häufig von Kampfgeist, Stärke, Durchhaltevermögen, Freundschaft und dem Unverständnis Außenstehender. Im deutschen Raum ist eine der bekanntesten Hooligan-Bands die Bremer Band Kategorie C - Hungrige Wölfe.

Literatur

  • Braun, Robert/Vliegenthart, Rens: The Contentious Fans. The Impact of Repression, Media Coverage, Grievances and Aggressive Play on Supporters' Violence, in: International Sociology, 2008, Jg. 23, H. 6, S. 796-818, ISSN 0268-5809
  • Buford, Bill: Geil auf Gewalt, Carl Hanser, München 2001, ISBN 3-446-17160-6
  • Farin, Klaus: Die dritte Halbzeit, Thomas Tilsner Verlag, Bad Tölz 2002, ISBN 3-910079-49-0
  • King, Martin: Hooligan, Trolsen Communicate, Hamburg 2003, ISBN 3-9809064-0-X
  • Schneider, Thomas u. a.: Fußballrandale: Hooligans in Deutschland, Klartext-Verlag, Essen 1998, ISBN 3-88474-448-8

Filme

Siehe auch

Weblinks


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