Rawa Ruska

Rawa Ruska

Rawa Ruska (ukrainisch Рава-Руська; jiddisch Rave, ראווע; russisch Rawa Russkaja/Рава-Русская) ist eine Stadt im äußersten Westen der Ukraine an der Grenze zu Polen. Sie liegt an dem kleinen Fluss Rata und gehört zum Oblast Lwiw (Lemberg). Rawa Ruska befindet sich ungefähr 60 km nordwestlich von Lwiw (Lemberg) an der Fernstraße M 09.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

1698 trafen sich in Rawa-Ruska August der Starke, König von Polen und der russische Zar Peter der Große und schlossen in Vorbereitung des Nordischen Krieges gegen Schweden ein Bündnis. Bis zur ersten Polnischen Teilung 1772 gehörte die Stadt zu Polen, anschließend bis 1918 zur Habsburgermonarchie.

Schon vor dem 1. Weltkrieg war die Stadt ein wichtiger Bahnknotenpunkt, Linien aus Lemberg, Krakau und Lublin trafen hier zusammen.

Vom 3.-11. September 1914 fand in und um die Stadt die Schlacht von Rawa Ruska zwischen der österreichischen und der russischen Armee statt, die mit dem Sieg der zaristischen Armee endete. Nach dem 1. Weltkrieg gehörte die Stadt zum neu erstandenen polnischen Staat.

Bei Beginn des 2. Weltkriegs wurde Rawa Ruska im September 1939 zunächst von deutschen Truppen, dann nach deren Rückzug hinter die vereinbarte Demarkationslinie von der Roten Armee besetzt und der Ukrainischen Sowjetrepublik eingegliedert. Die Grenze zum deutsch besetzten Teil Polens verlief unmittelbar nordwestlich der Stadt. Aufgrund dieser Grenzlage flohen viele polnische Juden, aber auch andere Verfolgte des Naziregimes nach Rawa Ruska. Ein Teil von ihnen, wie auch Teile der alteingesessenen Bevölkerung, wurden wiederum 1940 und in der ersten Jahreshälfte 1941 vom stalinistischen Regime nach Sibirien deportiert. Dennoch wuchs der jüdische Bevölkerungsanteil zwischen 1939 und 1941 an.

Bereits Ende Juni 1941, beim Beginn des Russlandfeldzugs, wurde die Stadt von den Deutschen erobert und am 1. August 1941 als Teil des östlichen Galizien dem Generalgouvernement angeschlossen und Sitz einer Kreishauptmannschaft. Vom ersten Tag der deutschen Besatzung an wurde die Stadt zum Schauplatz des nationalsozialistischen Massenmords. In einem in der Stadt eingerichteten Kriegsgefangenenlager starben in den Jahren 1941/42 ca. 18.000 sowjetische Soldaten. Im März 1942 richteten die Nationalsozialisten in der Stadt ein Straflager für französische und belgische Kriegsgefangene ein (Stalag 325), die des Fluchtversuchs oder der Arbeitsverweigerung beschuldigt wurden. Der erste Transport traf am 13. April 1942 ein. In der Folge starb ein großer Teil der Insassen aufgrund der grausamen Lebensbedingungen.

Im März 1942 wurden etwa 1.000 Juden, vorwiegend ältere Menschen, vor dem Hauptquartier der Kriminalpolizei zusammengerufen und in das soeben fertiggestellte Vernichtungslager Belzec, das nur 22 km nordwestlich der Stadt gelegen war, deportiert. Am 27. Juli 1942 wurden dann weitere etwa 2.000 Juden nach Belzec deportiert. In den Folgemonaten passierten sehr viele Deportationszüge den Bahnknotenpunkt Rawa Ruska, da Belzec vor allem für die Ermordung der ostgalizischen Juden erbaut worden war. Jeder Zug musste dabei am Bahnhof halten, da von hier aus die Genehmigung eingeholt werden musste, nach Belzec weiterzufahren. Dies konnte nur dann ohne längeren Aufenthalt geschehen, wenn man im Lager nicht noch mit der Ermordung des vorherigen Transports beschäftigt war. Der deutsche Unteroffizier Wilhelm Cornides hat in einem als "Cornides-Bericht" bekannt gewordenen Text beschrieben, wie er beim Umsteigen in Rawa Ruska am 31. August 1942 mehrere Transporte sah und offene Gespräche über das tödliche Schicksal der Deportierten mit anhörte. Einzelnen Juden gelang es bei den teilweise ganztägigen Aufenthalten der Züge in Rawa, aus den Zügen zu fliehen. Wenn sie nicht von den am Bahnhof postierten Wachen erschossen wurden, konnten sie sich zuweilen in der Stadt verstecken. Im September 1942 richteten die Deutschen schließlich ein räumlich eng begrenztes Ghetto mitten im Stadtzentrum ein, in dem nicht nur die verbliebenen Juden von Rawa Ruska eingesperrt wurden, sondern auch Juden aus umliegenden Ortschaften, so dass bald 15.000 Menschen dort leben mussten. In mehreren Aktionen wurde das Ghetto zwischen Dezember 1942 und Juni 1943 von den Deutschen und ukrainischen Helfern geräumt. In ihrer Verzweiflung versteckten die Juden Kranke und Sterbende in Erdlöchern, um sie vor dem Zugriff zu bewahren. Dennoch konnte der SS- und Polizeiführer von Galizien Fritz Katzmann in seinem abschließenden Bericht „Lösung der Judenfrage im Distrikt Galizien“ vom 30. Juni 1943 nach oben melden, dass man 3.000 Menschen aus den Verstecken geholt habe und es damit gelungen sei, die "Pestbeule zu vernichten". Bei den so genannten "Aktionen" wurden viele der im Ghetto lebenden Juden an Ort und Stelle ermordet, weitere nach Belzec oder in das KZ Janowska bei Lemberg deportiert. Schon im September 1943 waren die Verbrechen der Deutschen in Rawa-Ruska durch Berichte von Entkommenen auch im neutralen Ausland bekannt. Beim Internationalen Rot-Kreuz-Komitee wurde damals ein Bericht über die Räumung der Ghettos in Galizien verfasst, in dem auch ein Massaker der Deutschen im Dezember 1942 in Rawa-Ruska behandelt wurde. Nachdem sämtliche Juden deportiert und ermordet waren, wurde das Ghetto abgebrannt und dem Erdboden gleich gemacht. Heute ist die Fläche mit Wohnblocks überbaut.

Ende Juli 1944 wurde die Stadt von der Roten Armee befreit. Nach dem 2. Weltkrieg wurde sie, wie schon 1939-41, Teil der Ukrainischen Sowjetrepublik. Seit 1991 gehört Rawa Ruska zur unabhängigen Republik Ukraine. Im Nordwesten der Stadt befindet sich ein Grenzübergang zu Polen.

Sehenswürdigkeiten

Söhne und Töchter der Stadt

Weblinks


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