Raúl Castro Ruz

Raúl Castro Ruz
Raúl Castro

Raúl Modesto Castro Ruz (* 3. Juni 1931 in Birán, Provinz Oriente) ist seit 2008 Staats- und Regierungschef Kubas als Nachfolger seines Bruders Fidel, der aus gesundheitlichen Gründen diese Ämter aufgegeben hatte, sowie einer der führenden Köpfe der Kubanischen Revolution.

Castro ist außerdem Präsident des Staatsrates und des Ministerrates sowie Zweiter Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Kubas.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Raúl Castro wurde als Sohn eines Großgrundbesitzers geboren. Seine Eltern waren Ángel Castro Argiz, Sohn armer spanischer Emigranten aus der galicischen Stadt Lugo, und Lina Ruz González, aus einer Bauernfamilie aus der Provinz Pinar del Río. Raúl ist der jüngste der drei Castro-Brüder – neben Ramón (* 1924) und Fidel (* 1926). Er absolvierte die Schulzeit in Santiago de Cuba und Havanna, wo er auch die Universität besuchte. Er studierte Sozialwissenschaften, erreichte allerdings keinen Abschluss, da er zuvor aus Kuba fliehen musste. Während seiner Studienzeit war Raúl als Studentenführer sehr aktiv. So nahm er 1953 an der Internationalen Konferenz zur Verteidigung der Jugendrechte in Wien als Delegierter teil. In Kuba beteiligte er sich am Kampf gegen das Batista-Regime.

Castro war Gründungsmitglied der „Bewegung des 26. Juli“ am 12. Juni 1955 und damit treibende Kraft der Revolution gegen den Diktator Batista auf Kuba. Am 26. Juli 1953 nahm Raúl Castro am Angriff auf die Moncada-Kaserne in Santiago de Cuba teil, der von seinem Bruder Fidel angeführt wurde. Raúl stand an der Spitze einer Gruppe von sieben Männern, die den Justizpalast einnehmen sollte. Der gesamte Versuch scheiterte. Raúl Castro wurde zu 13 Jahren Zuchthaus auf der Isla de Pino (heute Isla de la Juventud) südlich von Havanna verurteilt und kam nach zwei Jahren im Rahmen einer Generalamnestie im Mai 1955 frei.

Nach der kubanischen Revolution war er von 1959 bis 1976 Vize-Premierminister, danach wurde er Vizepräsident des Staatsrates. Raúl Castro galt als ideologischer Hardliner. Mit Che Guevara war Raúl Castro eng befreundet.

Raúl heiratete Vilma Espín, die bis zu ihrem Tod am 18. Juni 2007 Vorsitzende des kubanischen Frauenverbandes war und als überzeugte Kommunistin galt. Mit ihr hat er vier Kinder: Débora, Mariela (* 1963), Nilsa und Alejandro.

Raúl Castro war 1959 daran beteiligt, den populären, aber gegenüber kommunistischen Strömungen sehr skeptischen Guerillaführer Comandante Huber Matos seines Amtes zu entheben und in einem Prozess zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilen zu lassen.

Als Verteidigungsminister kontrollierte Raúl Castro bedeutende Teile der kubanischen Wirtschaft, da wichtige Staatsunternehmen im Tourismus, dem Nickelbergbau und der Zuckerindustrie der Armee gehören. Militärs stehen an den Spitzen des Innenministeriums, des Zuckerministeriums, des Ministeriums für Hochschulerziehung, an der Spitze der Zivilluftfahrtbehörde, des Gesundheitsministeriums, des Hafens von Havanna und anderer wichtiger Institutionen.

Während Fidel Castro zunächst noch das Bindeglied zwischen der Revolution und den bürgerlich-liberalen Bewegungen blieb, forcierte Raúl schon früh zusammen mit Ernesto „Che“ Guevara die Aufnahme von Beziehungen zu den sozialistischen Ländern. Nach dem Zusammenbruch des so genannten real existierenden Sozialismus in Osteuropa soll Raúl Castro zur Abfederung der negativen wirtschaftlichen Auswirkungen auf Kuba zahlreiche, nach westlichem Vorbildung funktionierende Managementmethoden, u. a. unter dem Namen Sistema de Perfeccionamiento Empresarial, eingeführt haben. Unter Leitung eines älteren Dreisternegenerals entstanden landwirtschaftliche Musterbetriebe, in denen moderne Verfahren des Nutzpflanzenanbaus, der Betriebsführung und des Warenabsatzes erprobt wurden. In diesen Musterbetrieben arbeiten junge Soldaten (Ejercito Juvenil de Trabajo) in anderer Weise als in der restlichen kubanischen Wirtschaft, nämlich nicht in einer Mangel- und Schlendrianswirtschaft, so der frühere Botschafter Wulffen.

Übernahme der Regierungsgeschäfte

Raúl Castro empfängt Argentiniens Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner (Januar 2009).

Am 31. Juli 2006 übertrug der Staats- und Regierungschef Fidel Castro, aufgrund einer schweren Erkrankung, vorübergehend die Führung der Partei, den Oberbefehl über die Armee und das Amt des Staatsoberhaupts an seinen Stellvertreter und Bruder Raúl. Fidel musste sich einer komplizierten Darmoperation unterziehen[1], von der er sich bis heute noch nicht wieder vollständig erholt hat.

Beobachter erwarten von Raúl, dass er die wirtschaftlichen Probleme des Landes durch Wirtschaftsreformen lindern kann.[2] Auch hinsichtlich der Meinungsfreiheit sind die Zügel nicht mehr so straff gezogen, wie zur Amtszeit Fidels. So hat Raúl das Volk zu Diskussionen über die zukünftige Entwicklung aufgerufen, in der kubanischen Presse wird die Trägheit der Funktionäre kritisiert und es wird sogar nichts gegen regimekritische Blogs aus Kuba, wie dem von Yoani Sánchez, unternommen.[3][4]

Bei der Wahl zur Nationalversammlung am 20. Januar 2008 erreichte Raúl Castro mit 99,3 Prozent die höchste Stimmenzahl aller Abgeordneten. Sein Bruder Fidel kam mit 98,4 Prozent der Stimmen auf den vierten Platz.[5]

Am 24. Februar 2008 wurde Raúl vom Parlament zum Präsidenten des Staatsrates (Staatsoberhaupt) und Präsidenten des Ministerrates (Regierungschef) gewählt, nachdem sein Bruder Fidel einige Tage zuvor erklärt hatte, nicht mehr für diese Ämter kandidieren zu wollen. Auf seiner Antrittsrede sprach er die Probleme des Landes, wie zum Beispiel das doppelte Währungssystem an, die jedoch sehr komplex und nicht einfach zu lösen seien. Dabei sprach er von einem Prozess der Transition und kündigte an, einige Verbote für die Bevölkerung aufheben zu wollen, ohne jedoch ins Detail zu gehen. Den Weg des Sozialismus wolle er jedoch fortsetzen.[6]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Spiegel-Online – Castro überträgt Amtsgeschäfte an Bruder Raul vom 1. August 2006
  2. Knut Henkel: Gefühlter Wandel – Das politische Klima auf Kuba lockert sich vom 21. Januar 2008
  3. Knut Henkel: Presse in Kuba – Kritik plötzlich erwünscht vom 13. Dezember 2007
  4. Die Zeit: Insel der blinden Passagiere Ausgabe 05 vom 24. Januar 2008
  5. El País: Fidel, sólo cuarto vom 1. Februar 2008
  6. Antrittsrede von Raúl Castro als neuer Präsident vor dem kubanischen Parlament (Spanisch) (Version in Englisch) vom 24. Februar 2008

Literatur

  • Bert Hoffmann: Kuba. C. H. Beck Verlag, München (2. Aufl. 2002), ISBN 3-406-44787-2
  • Bernd Wulffen: Eiszeit in den Tropen. Botschafter bei Fidel Castro. Ch. Links Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-86153406-1
  • Bernd Wulffen: Kuba im Umbruch - Von Fidel zu Raúl Castro. Ch. Links Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3861534860
  • Michael Zeuske: Kleine Geschichte Kubas. Verlag C.H. Beck, München 2000 (240 Seiten, 1 Karte; ISBN 3406459110) (Becksche Reihe, Nr. 1371), 2. Auflage 2002; 3. überarbeitete Auflage 2007 (mit einem neuen Schlusskapitel).

Weblinks


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