Recyclen

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Mit dem Begriff Recycling [ɹɪˈsaɪklɪŋ] bzw. Rezyklierung wird der Vorgang bezeichnet, bei dem aus Abfall ein Sekundärrohstoff wird. Der Begriff wird in Deutschland nicht gesetzlich geregelt. Statt dessen wird im KrW-/AbfG Gesetz der Begriff der Verwertung eingeführt.

Inhaltsverzeichnis

Abfallgeschichte

Müllcontainer in Leipzig, 1990

Bereits in der europäischen Antike war die gesellschaftliche Bedeutung der Müllverwertung bekannt und in den Wirtschaftskreislauf integriert. In der damals größten Stadt der Welt, in Rom, wurden die Exkremente eingesammelt und den Bauern im Umland verkauft: „Geld stinkt nicht“, war die Erkenntnis des Kaisers Vespasian. In größeren Städten gehörten Kloaken zum Lebensstandard.

Später waren es Lumpensammler und Händler, die sich um das Einsammeln, Sortieren und Weiterleiten von Abfällen kümmerten. Im Mittelalter verfiel diese Organisation größtenteils - Exkremente wurden teilweise einfach nur auf die Straße gekippt. Auch Leonardo da Vinci erkannte die Notwendigkeit einer sauberen Stadt und organisierte in Mailand eine Müllabfuhr und ließ Kanäle für Transportkähne zur Abfallbeseitigung bauen. Vor der Industrialisierung bestand der Müll hauptsächlich aus den Exkrementen von Menschen und Tieren, aus Lebensmittelabfällen, Ton- oder Glasscherben und wahrscheinlich auch Asche von den Feuerstellen. Die „Wegwerf-Mentalität“ der Industriezeit existierte aufgrund des Mangels an Gütern wie leeren Flaschen, gebrauchten Holz- oder Metallgegenständen und ähnlichen nicht. Es war selbstverständlich, diese Gegenstände weiter zu verwerten. Aus Lebensmittelabfall wurde Haustierfutter, aus Knochen und Haaren wurden nützliche Dinge. Holz- und Papierabfälle verheizte man und Metallteile wurden sowieso eingeschmolzen oder umgeschmiedet.

Mit der Industrialisierung veränderte sich auch Menge und Zusammenstellung des Mülls, so dass in London erste „Kehrichtöfen“ entstanden, später auch die ersten Deponien. Als die Menschen nach den Weltkriegen zu immer mehr Wohlstand gelangten und sich auch Luxusgütern leisten konnten, zu denen auch eine aufwendigere Verpackung gehörte (Flaschen, Alufolie, Frischhaltebeutel, Blechdosen, Kunststoffflaschen), standen die Industrieländer vor einem akuten Müllnotstand. Ein normaler Haushalt, der vor 150 Jahren mit etwa 150 Dingen auskam, benötigte nun mehr als 20.000 Gegenstände, vom Zahnstocher bis zum Haarfestiger, vom Kleiderschrank bis zur Heftzwecke und produzierte in der Bundesrepublik in den 70er Jahren (statistisch) 30 kg Müll am Tag, ca. 40 Tonnen pro Jahr und Kopf.

Entwicklung des Recyclingsystems

Im ersten Schritt wurde im Jahre 1961 in der Bundesrepublik mit der Gründung des Bundesverbandes der Deutschen Entsorgungswirtschaft (BDE) und in der DDR durch Gründung der SERO das Sammeln von Abfällen besser organisiert. Es entstanden Dienstleister wie Sulo, Trienekens, Rethmann, Edelhoff und andere, die später mit Hilfe des Gesetzgebers den Recyclinggedanken industriell umsetzten.

Umweltschutz und Abfallvermeidung wurden zum offiziellen Aufgabengebiet des Staates erklärt. Im Jahre 1971 gab es in Deutschland das erste Abfallbeseitigungsgesetz, später die Altölverordnung, Verpackungsverordnung und 1996 das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG)[1]. In diesem Gesetz und den zugehörigen Verordnungen stehen detaillierte Vorschriften zur Vermeidung, Verwertung und Ablagerung von Abfall. Es folgte der Europäische Abfallkatalog und das Duale System Deutschland (Grüner Punkt).

Prinzipiell ging es nicht mehr um Kapazitätsfragen von Deponien, sondern darum, ob es nicht sinnvoller ist, Müll zu vermeiden, wenn nicht möglich, ihn zu verwerten (recyceln), und erst wenn dies nicht möglich ist, ihn zu deponieren. So steht es in § 4 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes Deutschlands.

Im Laufe dieser Jahrzehnte wurden in allen Industrieländern Ministerien für Umweltschutz etabliert, zu deren Aufgabenbereich zumeist auch die staatliche Aufsicht über das Abfallsystem gehört. 1994 wurde die Direktive des Umweltschutzes im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland aufgenommen, wo es in Artikel 20a heißt:

Der Staat schützt auch in Verantwortung für die zukünftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsgemäßen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.

Auch in der Schweiz und anderen Ländern in Europa wurde die Verwertung der menschlichen Abfallprodukte auf die politische Agenda gesetzt. So steht in der Bundesverfassung der Schweiz:

Bund und Kantone streben ein auf Dauer ausgewogenes Verhältnis zwischen der Natur und ihrer Erneuerungsfähigkeit einerseits und ihrer Beanspruchung durch den Menschen anderseits an. Der Bund erlässt Vorschriften über den Schutz des Menschen und seiner natürlichen Umwelt vor schädlichen oder lästigen Einwirkungen.

Die Schweiz erreicht heute sowohl im Investitions- wie im Konsumgüterbereich beachtliche Recycling-Quoten. So gilt das Land beim Rücklauf von Alu-Dosen mit einer Quote deutlich über 90 % als „Weltmeister“. Möglich macht dies eine optimierte logistische Organisation. In einzelnen Bereichen wie der Papier-Wiederverwertung gibt es zwar gute Rücklauf-Quoten, jedoch bleibt die Verwendung von Recycling-Papier (auch in Form einer Beimengung zu neuen Zellstoff-Fasern) hinter dem Rücklauf zurück.

Politische Ziele des Recycling

EU-weit heute politisch gewollt sind grundsätzlich folgende nach Prioritäten gelisteten Ziele:

  1. Abfallvermeidung: hierzu gehört unter anderem auch das Verbot von umweltgefährdenden Stoffen wie z. B. PCB, FCKW etc.
  2. Wiederverwendung: das heißt eine erneute Nutzung des Guts wie z. B. Pfandflasche, Second-Hand-Use etc.
  3. Recycling durch stoffliche Verwertung: definierte Abfallstoffströme oder Teile davon werden aufbereitet, um vermarktungsfähige Sekundärrohstoffe wieder zu gewinnen. Dazu werden großtechnisch heute überwiegend mechanische oder biologische Verfahren verwendet.
  4. Recycling durch energetische Verwertung: die Stoffe werden verbrannt oder vergast, jedoch mit dem alleinigen Ziel der Energiegewinnung.
  5. Andere Formen der Verwertung.
  6. Deponieren.

Recycling beinhaltet demnach die Punkte 3) und 4) dieser Liste.

Mülltrennung und Sammelsysteme in Deutschland

Öffentliche Glas- und Papiercontainer
Getrennte Müllsammelbehälter im hinteren Pitztal/Tirol
Maschinelle Trennung von Abfällen in einer Recyclinganlage
Mülltrennung bei einem Kirschblütenfest in Tokio
ausgediente Haushaltsgeräte für Elektroschrottrecycling

Zurzeit ist jeder deutsche Bundesbürger aufgefordert seinen Müll bereits beim Wegwerfen zu sortieren. Je nach der Abfallpolitik und den vorhandenen Wiederverwertungen wird die Auftrennung regional unterschiedlich durchgeführt.

Am häufigsten gesammelt werden Altpapier, Altglas (zum Teil unterteilt in Weiß- und Buntglas) und Verpackungen durch die Duales System Deutschland GmbH. Gut funktioniert ebenfalls das Sammeln und Kompostieren von Bioabfall, das Batterierecycling und das Recycling von Altautos auf dem Autofriedhof.

Zur Wiederverwertung von Siedlungsabfällen war bisher eine möglichst sortenreine Trennung des Abfalls nach Stoffgruppen erforderlich. Inzwischen existieren ausgereifte automatisierte technische Sortieranlagen, die auch gemischte Siedlungsabfälle (teilweise) sortenrein trennen können. Das in den vergangenen Jahren bekannte Bild der öffentlichen Sammelcontainer könnte sich damit zukünftig ändern.

Da Abfälle nicht nur beim Verbraucher anfallen, sondern auch in der Wirtschaft, gibt es auch dort die Notwendigkeit, Abfälle zu erfassen. So fallen z. B. große Mengen Bauschutt, Holzreste, Kunststoffreste und Metallreste an.

Um beim Sammeln von Müll, betriebsintern oder in Form überregionaler Sammelsysteme, den Sortieraufwand zu reduzieren, ist es Pflicht den hierfür notwendigen Arbeitsaufwand durch Vorsortierung zu reduzieren (nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz ist die Mülltrennung vorgeschrieben).

§ 11 benennt die Abfallarten: Papier, Glas, Kunststoffe, organische Abfälle, Metalle, Elektrogeräte, Sperrmüll. Soweit hierfür jeweils gesonderte Müllsammelbehälter aufgestellt sind, muss man seinen Müll entsprechend getrennt darin entsorgen. Eine andere Frage ist, ob die Entsorgungskosten ohne weiteres über die Betriebskosten umlagefähig sind, was beispielsweise hinsichtlich des Sperrmülls dann ausgeschlossen ist, wenn der Verursacher bekannt ist oder die Kosten nur einmalig anfallen.

Eine Systematik wurde durch den Recyclingcode eingeführt, den man im Wesentlichen auf Produkten aus Kunststoff, aber auch auf anderen Gegenständen finden kann.

Als Wiederverwertung sollte in erster Linie eine Wieder-/Weiterverwendung ('Second Hand') verstanden werden, auch wenn sich dies in der einschlägigen Gesetzgebung nicht in dieser Form wiederfindet. Direkte Wiederverwendung von gebrauchten Gegenständen und Stoffen ist die am wenigsten energie- und damit am wenigsten CO2-aufwendige Weiternutzung von Ressourcen.

Downcycling und Upcycling

Ein möglicher Nachteil von beispielsweise Kunststoff, Glas oder Stahl ist, dass – bei vertretbarem Aufwand – das Material nicht mehr die ursprüngliche Qualität bzw. Verarbeitbarkeit erreicht wie bei der Primärherstellung vor dem Recyclingprozess. Diese Abwertung wird auch als Downcycling bezeichnet, während beim Upcycling aus Abfallstoffen eines Prozesses hochwertigere Produkte hergestellt werden können. Reststoffe, die während des Recyclingvorganges bestimmter organischer Materialien anfallen, werden Spuckstoffe genannt.

Daneben ist auch zu beachten, dass die Wiederverwendung von Gegenständen dem Recycling vorzuziehen ist, da der Energieaufwand geringer ist.

Die Neigung eines Polymers bzw. eines Kunststoffes bei der Wiederverarbeitung zu degradieren hängt ab vom gewählten Aufbereitungsverfahren und vom jeweiligen Grundpolymertyp sowie dem Gehalt an Additiven, die den thermisch-oxidativen Abbau der Molekülketten bei der Verarbeitung stark herabsetzen können. In einigen Fällen erreicht der verwertete Kunststoff durchaus das Eigenschaftsniveau der Originalware. Es kommt hierbei auf die Qualität und Sortenreinheit der gesammelten Altteile und den Aufbereitungsprozess und die Nachadditivierung an. Auch der Gesamtenergieverbrauch bei der Wiederaufbereitung wird vielfach überschätzt. Mit nicht mehr als rund 10 bis 15 MJ/kg Polymer (Thermoplast) ist bei Teilen, die eine Einzelmasse von mehr als 100 g besitzen, die komplette Aufbereitung durchführbar (in diesem Zusammenhang wird auf Originalliteratur aus den Jahren 1990 bis 1997 sowie auf die Quellen [1][2][3][4][5] verwiesen).

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. H. Kindler, A. Nikles, München 1980.
  2. Johannes Brandrup, Michaeli, München 1995.
  3. VDI Gesellschaft Entwicklung Konstruktion und Vertrieb, Düsseldorf 1991.
  4. K. Grefermann, K. Halk, K.-D. Knörndel, München 1998.
  5. ecological manufacturing. TU Berlin SFB CRC. 281.2003.

Literatur

  • Heiko Doedens, Heinz-Josef Dornbusch: Entwicklungen bei den Systemen der getrennten Sammlung. in: Müll und Abfall. Fachzeitschrift für Behandlung und Beseitigung von Abfällen. Schmidt, München 37.2005,6, S. 301–308, ISSN 0027-2957

Weblinks


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