Rede der Hoffnung

Rede der Hoffnung

Die sogenannte Hoffnungsrede für Deutschland, Rede der Hoffnung oder Stuttgarter Rede wurde am 6. September 1946 vom amerikanischen Außenminister James F. Byrnes in Stuttgart gehalten. In dieser Rede verdeutlichte Byrnes die Leitlinien der amerikanischen Deutschlandpolitik, deren wesentlichen Baustein die Bizone bilden sollte.

Inhaltsverzeichnis

Hintergründe

Neben den im Abschlussprotokoll der Konferenz von Potsdam beschlossenen vier Grundprinzipien (Denazifizierung, Demilitarisierung, Demokratisierung, Dezentralisierung) war die weitere Verfahrensweise in der deutschen Frage weiterhin ungeklärt.

In Byrnes’ Rede wurde das erste Mal deutlich, dass für die USA auch eine Lösung denkbar war, die sich nicht auf alle Teile Deutschlands bezog. „Wenn eine völlige Vereinigung nicht erreicht werden kann, werden wir alles tun, was in unseren Kräften steht, um eine größtmögliche Vereinigung zu sichern.“ Neben der „größtmöglichen Vereinigung“, die im Januar 1947 durch den wirtschaftlichen Zusammenschluss der amerikanischen und der britischen Zone zur Bizone verwirklicht wurde, stellt Byrnes Deutschland die Wiedererlangung der staatlichen Souveränität in Aussicht: „Die amerikanische Regierung steht auf dem Standpunkt, dass jetzt dem deutschen Volk innerhalb ganz Deutschlands die Hauptverantwortung für die Behandlung seiner eigenen Angelegenheit bei geeigneten Sicherungen übertragen werden sollte.“ Ausschlaggebend für die in der Byrnes- Rede bereits erkennbare Politik der wirtschaftlichen Unterstützung Deutschland und der Gewährung der weitestgehenden politischen Souveränität waren mehrere Gründe. Zum einen sollte Deutschland vor der Gefahr sowjetischen Einflusses immunisiert werden. Die notwendige Implementierung demokratischer Werte konnte aber nur auf der Basis einer kooperativen Politik gelingen. Darüber hinaus erhofft sich die US-Administration, durch einen raschen Wiederaufbau der europäischen respektive der deutschen Wirtschaft, die eigenen Kosten senken zu können. Nicht zuletzt die Erfahrungen aus der Entwicklung nach dem Versailler Vertrag hatten gezeigt, dass die Sicherung des europäischen Friedens nur auf dem Weg einer beiderseitg akzeptierbaren Politik gelingen konnte.

Wirtschaftsfragen

Byrnes wollte das deutsche Industriepotenzial so wählen, dass Deutschland den europäischen Durchschnittslebensstandard erreicht, nicht jedoch in die Lage versetzt wird eine Aufrüstung zu betreiben. Das überschüssige Industriepotenzials, das entsteht, wollte Byrnes für die Deckung der Importkosten Deutschlands, sowie die Tilgung der Reparationsforderungen durch die Alliierten aufwenden. Die Einschränkung des deutschen Industriepotenzial sollte dabei nicht von dauerhafter Natur sein. Byrnes sah es vor, dass Deutschland die Möglichkeit gegeben werde, auf friedlichem Wege seine Wirtschaft wieder aufzubauen. Als wichtigen Schritt zur Erreichung seines Ziels sah Byrnes die Durchsetzung des Beschlusses der Potsdamer Konferenz, dass die vier Besatzungszonen eine gemeinsame Wirtschaft aufbauen sollten. Dies war bis zum Zeitpunkt der Rede nicht geschehen, obwohl die Potsdamer Beschlüsse schon über ein Jahr alt waren. Über die Potsdamer Beschlüsse hinaus sah Byrnes es als notwendig an, eine gemeinsame Finanzpolitik in Deutschland zu installieren, um einer drohenden Hyperinflation vorzubeugen. Dafür schlug er eine gemeinsame Finanzbehörde vor. Des Weiteren wies Byrnes darauf hin, dass die Potsdamer Beschlüsse auch ein gemeinsames Verkehrs-, Nachrichten- und Postwesen für Deutschland vorsahen. Auch diese war bis zum Zeitpunkt der Rede nicht realisiert. Angesichts der durch die Ausbeutung der Besatzungsmächte entstandenen Nahrungsmittelengpässe in Deutschland schlug Byrnes die Errichtung einer gemeinsamen Verwaltungsstelle für die Landwirtschaft in Deutschland vor. Seine die Wirtschaft betreffenden Vorschläge schloss Byrnes mit dem Vorschlag eine gemeinsame Behörde zu errichten, die sich um den Export von Kohle und Stahl kümmert, ab.

Souveränität

Byrnes zentrale Forderung bezüglich der Selbstverwaltung Deutschlands war es so schnell wie möglich eine deutsche Regierung aufzubauen. Vorher müssen allerdings die Menschenrechte sowie eine freiheitliche demokratische Grundordnung gewährleistet sein. Dass es in diesem Punkt zu einem Konflikt mit der kommunistischen UdSSR kommen musste, war vorprogrammiert. Die neue deutsche Regierung sollte von dem eigenen Volk auf demokratische Weise gewählt werden. Ein neuer deutscher Nationalrat, der aus den Ministerpräsidenten der Länder bestehen sollte, sollte mit der Aufgabe betraut werden eine neue Bundesverfassung für Deutschland zu entwerfen, der die Alliierten zustimmen mussten und die vom deutschen Volk ratifiziert werden musste. Die neue Verfassung sollte die Menschen- und Bürgerrechte in Deutschland sicherstellen, sowie auf der Demokratie basieren. Mit der Rückgabe der Regierungsgewalt an die Deutschen wollte Byrnes erreichen, dass Deutschland nicht zum Vasallenstaat werden konnte oder einer in- oder ausländischen Diktatur unterliegt. Der neue deutsche Staat soll nicht das Gebiet Österreichs beinhalten. Des Weiteren erkennt Byrnes die sowjetische Westverschiebung Polens an, sodass die deutsche Ostgrenze entlang der Oder-Neiße-Linie verlaufen sollte.

Kriegsgefangene

Schlussendlich beschäftigte sich Byrnes in seiner Rede noch mit der Frage nach den deutschen Kriegsgefangenen. Er forderte die zügige Auslieferung aller gefangen genommenen deutschen Soldaten. Die USA selber wollten ihre deutschen Kriegsgefangenen schnell nach Deutschland zurückbringen.

Interpretation der Rede

Das gemeinsame Besatzungsprogramm der Potsdamer Konferenz galt im September 1946 als völlig gescheitert. Strittig ist, ob Byrnes Rede als Rüge an die Sowjetunion interpretiert werden muß oder als Kritik an Frankreich. Ebenfalls strittig ist, ob sie eine Wende in der amerikanischen Deutschlandpolitik markiert, oder ob sie den bereits stillschweigend verfolgten Kurs der Militärregierung in Deutschland sanktioniert. Byrnes betonte mehrmals, an den wesentlichen Potsdamer Vereinbarungen, vor allem an der wirtschaftlichen Einheit Deutschlands festzuhalten. Am 2.Dezember 1946 wurde jedoch das Abkommen über die Zusammenlegung der britischen und der amerikanischen Besatzungszone unterzeichnet, in dem das Ziel definiert wurde, bis Ende 1949 die wirtschaftliche Selbständigkeit dieses Teilgebietes zu erreichen.

Literatur

  • Wolfgang Benz: Von der Besatzungsherrschaft zur Bundesrepublik. Stationen einer Staatsgründung 1946-1949, Frankfurt 1989, ISBN 3-596-24311-4

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