Ren’ai ADV

Ren’ai ADV

Japanische Adventures (jap. アドベンチャーゲーム, adobenchā gēmu von engl. adventure game), kurz: AVG oder ADV, ist die spezifisch-japanische Ausprägung von Adventures. Diese werden außerhalb Japans häufig einerseits als Visual Novels (ビジュアルノベル, bijuaru noberu, dt. etwa: „Bildroman“) bezeichnet, die jedoch nur ein Untergenre sind, andererseits aber auch mit den Dating-Sims verwechselt.

Japanische Adventures sind größtenteils Textadventures mit Verwendung von Standbildern und entsprechen damit eher interaktiven Romanen. Diese beinhalten üblicherweise nicht die für westlichen Adventures typischen Rätsel, ein Gegenständeinventar oder ein Verbsystem (z. B. „Benutze x mit y“, „Rede mit z“) und die Handlung besitzt meist einen starken romantischen oder erotischen Aspekt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Das Novel-Genre wurde 1992 mit dem Thriller-/Horror-Spiel Otogirisō (弟切草) von Chunsoft für das Super Famicom begründet. Dieses Spiel war mit 300.000 verkauften Exemplaren so erfolgreich, dass es zum Vorbild für nachfolgende Adventures und dessen Titulierung als Sound Novel (サウンドノベル, saundo noberu, dt. „Tonroman“) zum Namenspaten eines neuen Genres wurde. Eine Besonderheit dieses Spiels war, dass nach dem 1. Durchspielen bei einem Neuanfang neue Entscheidungsmöglichkeiten und damit weitere Szenarien freigeschaltet wurden.[1][2]

Unter den vielen Nachahmern dieses Spiels war auch der für seine Erogē (auch Adult Game genannt) bekannte Spieleentwickler Leaf. Dieser brachte 1996 mit Shizuku () und Kizuato () zwei solche Erogē im Stil, sowohl von der düsteren Grundthematik als auch der Textpräsentation her, von Otogirisō heraus. Um einerseits die Verwendung der geschützten Marke Sound Novel zu vermeiden, als auch zu betonen dass das Hauptaugenmerk auf der Grafik liegt wurde diese Serie Leaf Visual Novel Series genannt. Zwar verkauften sich beide Spiele für Leaf zufriedenstellend, doch konnten sie sich mit ihrer damals für Erogē üblichen Vergewaltigungsthematik nicht vom Rest abheben. Dies änderte sich als 1997 das dritte Spiel dieser Reihe To Heart veröffentlicht wurde. Mit seiner warmherzigen Liebesgeschichte als auch hochwertigen Musik verkaufte es sich sehr erfolgreich. Damit fand es bald viele Nachahmer, die ebenfalls den Begriff Visual Novel verwendeten und damit zu einer Genrebezeichnung machten.

Ebenfalls 1992 erschien mit Dōkyūsei der erste Vertreter der Ren’ai-Adventures (恋愛アドベンチャーゲーム, Ren’ai adobenchā gēmu, dt. „Liebes-Adventurespiel“, kurz: 恋愛ADV) – Spiele in denen eine Liebesbeziehung zu einem oder mehreren anderen Charakteren aufgebaut werden muss. Allerdings war dieses kein reines Adventure, sondern besaß auch Simulationseigenschaften, so dass es gleichzeitig eine Ren’ai-Simulation (恋愛シミュレーションゲーム, ren’ai shimyurēshon gēmu, dt. „Liebes-Simulationsspiel“) ist. Ren’ai-Adventure machen heute den Großteil der japanischen Adventures aus, während in westlichen Adventures eher die thematischen Genre Mystery, Thriller und Horror mit ihren Rätseln vorherrschen.

Unter- und verwandte Genre

Schaubild der unterschiedlichen japanischen Adventuretypen

Auf Grund dieser für westliche Adventures eher ungewöhnlichen Thematik als auch des gemeinsamen Anime-Stils werden sie häufig mit Dating Sims bzw. Ren’ai-Simulationen verwechselt bzw. gleichgesetzt. Der Unterschied liegt darin, dass bei Simulationen der Erfolg von statistischen Werten und bei Adventures von richtigen Antworten an Entscheidungspunkten abhängt. Sowohl Ren’ai-Adventure als auch -Simulation gehören wiederum selbst zum gemeinsamen Genre der Ren’ai-Spiele (恋愛ゲーム, ren’ai gēmu, dt. „Liebesspiel“).

Eine weitere Unterteilung von Adventures wird in Japan anhand der Textpräsentation vorgenommen. Erstreckt sich der ausgegebene Text über den gesamten Bildschirm, wodurch der Romaneindruck noch verstärkt wird, dann handelt es sich um ein Novel-Spiel (ノベルゲーム, noberu gēmu von engl. novel game, dt. „Romanspiel“, kurz: NVL) bzw. Digital Novel (デジタルノベル, dejitaru noberu, dt. „digitaler Roman“). Novel-Spiele werden dann nochmals unterteilt in Sound Novels und Visual Novels. Ob ein Spiel eine Sound oder eine Visual Novel ist hängt nicht vom Ton oder der Grafik ab, sondern in welcher Tradition der Entwickler sein Spiel sieht. Im engeren Sinn bezeichnet Sound Novel nur die Novel-Spiele von Chunsoft und darf als geschützte Marke nicht verwendet werden und Visual Novel nur die von Leaf. Von dem Inhalt derer Werke ausgehend, werden im weiteren Sinn Novel-Spiele erotischen Inhalts (Erogē-Ren’ai-Adventure) als Visual Novels und die restlichen, insbesondere Horror-Spiele, als Sound Novels bezeichnet.

Entgegen der außerhalb Japans weit verbreiteten Meinung sind nur ein geringer Teil der japanischen Adventures (Visual) Novels, da zwar die meisten japanischen Adventures Ren’ai-Adventures sind, die Textausgabe aber sehr häufig auf einen Kasten am unteren Bildschirmrand beschränkt bleibt.

VisualArt’s führte mit Keys Planetarian – Chiisana Hoshi no Yume den Begriff Kinetic Novel für Werke ein, die vollständig linear sind, keine Entscheidungspunkte besitzen und üblicherweise über das Internet verteilt werden.[3]

Spielmechanik

Japanische Adventures unterscheiden sich von anderen Genres durch ihre äußerst minimale Spielmechanik. Da japanische Adventures allgemein und Sound- bzw. Visual Novels im besonderen interaktive Romane sind, beschränkt sich der Großteil der Spielerinteraktion darauf sich durch Drücken der Maus- oder Tastaturtasten die nächsten Sätze anzeigen zu lassen, wobei gelegentlich neue Szenen mit veränderter Musik und Grafik erscheinen. Neuere Spiele besitzen häufig eine Funktion die automatisch in Sprechgeschwindigkeit die neuen Sätze anzeigt oder einen Schnellvorlauf zum nächsten Entscheidungspunkt der selbst diese Interaktion überflüssig macht.

Die Spiele enthalten sporadische Multiple-Choice-Fragen durch die die Handlung gelenkt werden kann. Dadurch besitzen sie mehrere Handlungsstränge und Enden.

Einige japanischen Adventures beschränken sich nicht nur darauf Text-Adventures zu sein, indem sie weitere Elemente einschließen. In Symphonic Rain muss der Spieler ein Musikinstrument spielen und eine hohe Wertung erreichen, um voranzukommen. Solche Elemente sind häufig als handlungsrelevant implementiert.

Kürzere Werke, hauptsächlich Fanspiele (Dōjin Games) oder genannte Kinetic Novels, enthalten häufig überhaupt keine Entscheidungspunkte. Fanspiele erfreuen sich jedoch einer größeren Beliebtheit und einige verkaufen sich auch außergewöhnlich gut, wie z. B. das Visual Novel Tsukihime oder die Sound-Novel-Reihe Higurashi no Naku Koro ni, die sich mehr als 500.000-mal verkaufte[4]. Die Erstellung dieser Fanspiele erfolgt in der Regel mit bestehenden Skriptengines, wie NScripter oder KiriKiri.

Die Grundlegende Struktureinheit ist häufig ein Tag mit formelhaften Aufwachen und zu Bett gehen, anstelle von Kapiteln.

Stil

Viele japanische Adventures besitzen (Synchron-)Sprecher (Seiyū) für die Stimmen der Charaktere. Fast ausschließlich bleibt jedoch der Protagonist unvertont und häufig werden auch nur die weiblichen Charaktere mit Stimmen versehen.

Typisches Erscheinungsbild von japanischen Adventures

In einem typischen japanischen Adventure besteht die Grafik aus einer Menge von allgemein gehaltenen Hintergründen – normalerweise auch nur eine pro Ort – mit überlagerten Charakter-Sprites (立ち絵, tachi-e).

Die Sichtperspektive erfolgt vom Protagonisten aus, der dadurch zusätzlich zur genannten „Stimmlosigkeit“ ebenfalls nicht sichtbar ist.

Bei bestimmten Schlüsselszenen werden Event-CGs (Computergrafik) gezeigt, die detaillierte, filmhafte Kameraeinstellungen und den Protagonisten zeigen können, wenngleich die Augenpartie weiterhin häufig ungezeigt bleibt. Diese Event-CGs werden nach einmaligen Auffinden entsperrt und können im Hauptmenü jederzeit wieder aufgerufen werden. Dadurch entsteht eine zusätzliche Motivation das Spiel mit anderen Entscheidungen nochmal durchzuspielen, da es üblicherweise unmöglich ist beim ersten Mal alle freizuschalten.

Im Gegensatz zu Romanen, erfolgt die Erzählung nur selten in der 3. Person und die Darstellung der Ereignisse findet fast ausschließlich aus der Perspektive der 1. Person statt.

Inhalt und Genre

Viele japanische Adventures haben ein romantisches Grundthema, aber auch Science Fiction, Fantasy und Horror sind nicht unüblich.

Traditionell sind Ren’ai-Adventure Erogē und besitzen damit Hentai-Szenen. In anspruchsvollen Ren’ai-Adventures dienen diese jedoch nur als Belohnung und entsprechen den „obligatorischen Sexszenen“ aus Kino- und Fernsehfilmen. In Konsolenportierungen von diesen Spielen werden diese jedoch entfernt. So gibt es für jedes, ausgenommen eines einzigen, der Spiele von Key eine familienfreundliche Fassung und mehrere sind nur in jugendfreien Fassungen erschienen. In letzterem Fall war am Beispiel Clannad ein Teil der Fans unzufrieden, weil keine Sex-Szenen vorhanden waren, welches mit dem Ableger Tomoyo After – It’s a Wonderful Life nachgeholt wurde.

Verbreitung

Während Adventures außerhalb Japans nur ein Nischendasein fristen, machen allein die Ren’ai-Adventures in Japan knapp 70 % aller PC-Computerspieltitel aus.[5] Der größte Teil der Adventures wird für den PC produziert und Konsolenfassungen sind häufig Portierungen sehr beliebter PC-Adventures, wobei bei Erogē die Sexszenen entfernt werden. Außerhalb Japans wird nur ein kleiner Teil lizenziert, wie z. B. die Ace-Attorney-Reihe oder Hotel Dusk: Room 215; Ren’ai-Adventure – die in Japan den Hauptanteil ausmachen – hauptsächlich in den USA, von denen die meisten dann Erogē sind, mit Ausnahmen wie z. B. der AnimePlay-Reihe.

Zusätzlich zu diesen kommerziellen Übersetzungen existiert eine Fanübersetzungszene, die sowohl freie, wie Narcissu, als auch kommerzielle Versionen – hauptsächlich wiederum ins Englische – übersetzt.

Bekannte Vertreter

Sound Novels

Titel Jahr Entwickler
Otogirisō 1992 Chunsoft
Kamaitachi no Yoru 1994 Chunsoft
Machi 1998 Chunsoft
Higurashi no Naku Koro ni 2002−2006 07th Expansion
Umineko no Naku Koro ni 2007– 07th Expansion

Visual Novels

Titel Jahr Entwickler
Shizuku 1996 Leaf
Kizuato 1996 Leaf
To Heart 1997 Leaf
Kana – Imōto 1999 D.O.
Tsukihime 2000 Type-Moon
Routes 2003 Leaf
To Heart 2 2004 Leaf
Fate/stay night 2004 Type-Moon

Ren’ai-Adventures

Titel Jahr Entwickler
Dōkyūsei (+ Ren’ai-Sim) 1992 élf
Pia Carrot e Yōkoso!! (+ Ren’ai-Sim) 1996 Cocktail Soft
Kono Yo no Hate de Koi o Utau Shōjo YU-NO 1996 élf
One – Kagayaku Kisetsu e 1998 Tactics
Kanon 1999 Key
AIR 2000 Key
Kimi ga Nozomu Eien 2001 Âge
Utawarerumono (+ SRPG) 2002 Leaf
D. C. – Da Capo 2002 Circus
CROSS†CHANNEL 2003 FlyingShine
Clannad 2004 Key
Symphonic Rain 2004 Kōgadō Studio
School Days 2005 0verflow
true tears 2006 Circus

Siehe auch

Quellen

Einzelnachweise

  1. 業界に一石を投じたジャンル“サウンドノベル”を今一度振り返る (1/2). ITmedia, 26. Juli 2006. Abgerufen am 6. Dezember 2008. (Japanisch)
  2. 業界に一石を投じたジャンル“サウンドノベル”を今一度振り返る (2/2). ITmedia, 26. Juli 2006. Abgerufen am 6. Dezember 2008. (Japanisch)
  3. キネティックノベルについて. Visual Art’s. Abgerufen am 8. Dezember 2008. (japanisch)
  4. http://www.nikkansports.com/entertainment/cinema/f-et-tp1-20070813-240910.html
  5. http://www.animenewsnetwork.com/pressrelease.php?id=1510 (Zugriff am 1. Dezember 2006)

Weblinks


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