Repressalmaßnahme

Repressalmaßnahme

Unter Repressalie (aus mittellateinisch reprensalia, das Sich-zurück-Nehmen von etwas Weggenommenem, später an pressen angelehnt) wird eine an sich völkerrechtswidrige Zwangsmaßnahme verstanden, die ein Staat gegen einen anderen Staat ergreift, um diesen zur Aufgabe eines Völkerrechtsverstoßes und zur Rückkehr zum völkerrechtskonformen Verhalten zu bewegen. Dementsprechend müssen Repressalien nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Bezug zu dem Rechtsverstoß stehen, gegen den sie gerichtet sind. Repressalien dienen damit der staatlichen Selbsthilfe zur Durchsetzung des Völkerrechts, wo andere Instrumente versagt haben oder nicht greifen. Nur unter dieser Voraussetzung stellt eine Repressalie keine Rechtsverletzung dar, und sind Gegenrepressalien unzulässig.[1] Zusammen mit den Retorsionen werden Repressalien als Gegenmaßnahmen bezeichnet.

Die seit Mitte des 20. Jh. betriebene Schaffung einer internationalen Rechtsordnung hat unter anderem das Ziel, die vermeintliche Notwendigkeit zur Selbsthilfe zu beschränken. Da mit der Notwendigkeit auch die Zulässigkeit entfällt, führt dies zu einer Abnahme der Bedeutung von Repressalien zugunsten von Sanktionen internationaler Organisationen, insbesondere auch des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen.

Inhaltsverzeichnis

Friedensrepressalien

In Friedenszeiten dienen aufgrund des geltenden Gewaltverbots im Völkerrecht vor allem gewaltfreie Repressalien zur Durchsetzung des Völkerrechts. Typische Repressalien in diesem Bereich sind z.B. Strafzölle und die Verweigerung von Zahlungen oder anderen Verpflichtungen. Aber auch die Besetzung fremden Staatsgebietes kann angewandt werden, wie z.B. im Fall der Ruhrbesetzung 1923.

Kriegsrepressalien

Bei Verstößen gegen das Kriegsvölkerrecht wurde das Repressalienrecht weitestgehend eingeschränkt. Ursächlich war hierbei die völkerrechtswidrige Praxis, Kriegsgefangene und die Zivilbevölkerung in besetztem Gebiet zum Ziel von Repressalien zu machen.

Aufgrund der Erfahrungen im Ersten Weltkrieg wurden deshalb im Genfer Abkommen über die Behandlung von Kriegsgefangenen 1929 Repressalien gegen Kriegsgefangene ausdrücklich verboten.

Der Schutz der Zivilbevölkerung, der bereits in den Haager Abkommen von 1899 und 1907 ansatzweise geregelt war, wurde im Genfer Abkommen über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten 1949 festgeschrieben. Ausschlaggebend war der exzessive Gebrauch von Gewaltmaßnahmen gegen die Zivilbevölkerung in den deutsch-besetzten Gebieten Europas, insbesondere aber die Geiselnahme und -tötung. Diese Maßnahmen stellen jedoch keine Repressalien im völkerrechtlichen Sinne dar, da sie sich nicht gegen ein Völkerrechtssubjekt richteten.

Literatur

  • Johannes Hebenstreit: Repressalien im humanitären Völkerrecht. Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2004. ISBN 3-8329-0655-x

Umgangssprachliche Verwendung

Einzelnachweise

  1. Hans-Jürgen Schlochauer (Hrsg.): Wörterbuch des Völkerrechts. 2., völlig neu bearb. Aufl. de Gruyter, Berlin 1961 (Bd. 3: Rapallo-Vertrag bis Zypern), ISBN 978-3-11-001031-2.

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