- Republikanische Volkspartei (Türkei)
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Cumhuriyet Halk Partisi Vorsitzender Deniz Baykal Generalsekretär Önder Sav Gründungsdatum 1923 und 1992 Gründer Mustafa Kemal Atatürk Politische Ideologie Kemalismus
SozialdemokratieVorherige Vorsitzende Mustafa Kemal Atatürk
İsmet İnönü
Bülent Ecevit
Hikmet ÇetinAbkürzung CHP Internetpräsenz chp.org.tr Die Republikanische Volkspartei (Cumhuriyet Halk Partisi, CHP) ist eine politische Partei in der Republik Türkei.
Sie ist Mitglied der Sozialistischen Internationalen, des globalen Zusammenschlusses der sozialdemokratischen und sozialistischen Parteien, dem auch die deutsche SPD, die schweizerische SP sowie die österreichische SPÖ angehören, und ist assoziiertes Mitglied (Beobachterstatus) der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE).
Die CHP ist zurzeit die größte Oppositionspartei und bildet seit den Wahlen 2002 die größte Oppositionsfraktion. Sie hat 98 der 549 Sitze (Stand: 14. August 2007) in der Nationalversammlung.[1] Ihr Vorsitzender ist Deniz Baykal.
Die sechs Pfeile auf dem Parteilogo repräsentieren die sechs Prinzipien des Kemalismus.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die CHP wurde 1923 von Mustafa Kemal (später Atatürk genannt) gegründet und war bis 1946 die einzige politische Partei in der Türkei. Inhaltlich und personell war sie die Nachfolgerin der bis 1923 im dann aufgelösten Osmanischen Reich aktiven jungtürkischen Partei, deren Führer u. a. von deutschen Sozialdemokraten wie Friedrich Schrader beraten worden waren.
Anfangs hieß die Partei Halk Fırkası und wurde 1924 in Cumhuriyet Halk Fırkası umbenannt. 1927 nahm sie die vier Prinzipien des Republikanismus', Populismus', Nationalismus' und Laizismus' an. 1931 kamen noch die Prinzipien des Etatismus' und des Revolutionismus' hinzu und die Partei änderte ihren Namen in Cumhuriyet Halk Partisi um. Ihr erster Vorsitzender war Mustafa Kemal. Ihm folgte nach seinem Tod 1938 Ismet Inönü nach.
Später, von 1950 bis 1960 war die CHP in der Opposition, nach dem Militärputsch von 1960 war sie 20 Jahre lang neben der Gerechtigkeitspartei (Adalet Partisi, AP) eine der beiden großen türkischen Parteien. Nach dem Militärputsch von 1980 wurde die Partei wie andere auch verboten und geschlossen. Viele der ehemaligen Mitglieder traten der neuen Partei Erdal Inönüs bei, der Sosyaldemokrat Halkçı Parti (SHP).
Erst 1992 wurde wieder eine Partei mit dem Namen Cumhuriyet Halk Partisi gegründet, der 1995 die SHP beitrat. Von 1999 bis 2002 war die Partei aufgrund der Konkurrenz der sich ebenfalls als sozialdemokratisch verstehenden Partei der Demokratischen Linken (DSP) des ehemaligen CHP-Ministerpräsidenten Bülent Ecevit nicht mehr in der Nationalversammlung vertreten (in der Türkei gilt eine 10%-Hürde).
Politische Positionen
Ihre größte Zustimmung findet die CHP bei säkularen Türken, besonders in den säkularen, städtisch geprägten und westlich orientierten Regionen in Thrakien (europäischer Teil der Türkei) und an den Küsten der Ägäis und des Mittelmeeres. Ihre Hochburgen sind Muğla, İzmir, Tekirdağ, Kırklareli und Edirne.
Unter der Führung Baykals wendet sich die Partei zunehmend von der Linken ab und steht dem rechten Lager näher als früher. Der Einsatz für Gewerkschaftsrechte, den demokratischen Ausgleich mit den Minderheiten, Meinungsfreiheit und Mitbestimmung trat zurück. Durch diese Entwicklung der Partei unter der Führung Deniz Baykals hat sich die nationalistische, strukturkonservative Variante des Kemalismus stärker herausgebildet. Baykal ist gegen die Abschaffung des § 301 des türkischen Strafgesetzbuches (Beleidigung des Türkentums, der Republik und der Institutionen und Organe des Staates) und sieht in der Annäherungspolitik der AKP an die EU den Ausverkauf des Landes. Was den Kurdenkonflikt in der Türkei anbelangt, setzt die Partei auf das Militär und unterstützt einen möglichen Einmarsch in den Nordirak.[2]. Ferner sprach sich Baykal damals für einen Einmarsch in den Irak aus.[3]
Kritik am aktuellen Kurs
Jan Marinus Wiersma, der Vizepräsident der Sozialdemokratischen Partei Europas, kritisiert, dass die CHP zwar Mitglied der Sozialistischen Internationale sei, aber in ihrer realen Politik keinen Sozialismus vertrete. Auch fehle laut Wiersma eine Politik für die Beziehung zwischen der zivilen Gesellschaft und dem Militär sowie für Reformen, die das Land nach außen öffnen. Wiersma wirft Baykal vor, er stelle sich wohl eine Demokratie wie in Tunesien vor. In Tunesien dürfen die Frauen in öffentlichen Gebäuden, aber auch auf der Straße kein Kopftuch tragen.[4]
Die Haltung der Partei während der Präsidentschaftswahlen 2007 wird kritisiert. Laut dem liberalen Abgeordneten des Europäischen Parlaments Andrew Duff vermittle die CHP den Eindruck, dass sie eine opportunistische Partei sei; ihr Einsatz für die EU-Reformen sei vage. Es sei verständlich, dass sich die Partei in einer fragilen Situation befinde. Graham Watson, der Führer der Allianz der Liberalen und Demokraten im Europäischen Parlament: „Die CHP muss sich beeilen, um wieder eine richtige sozialdemokratische Partei zu werden. Die letzte Krise kann eine Chance für die Partei sein, sich zu modernisieren.“ Joost Lagendijk, grüner Abgeordneter des Europäischen Parlaments und Vertreter der Europäischen Grünen Partei, äußerte: „Die CHP ist keine linke Partei mehr, sie erscheint als nationalistische Partei, aus diesem Grund konkurriert sie mit der MHP.“ Er sei enttäuscht über die Rolle der CHP in der türkischen Politik. Lagendijk bedauerte, dass die CHP eine Bremse für die EU-Reformen sei.[5]
Parlamentswahlen
Am 18. Mai 2007 beschlossen die CHP und die DSP, sich zu einem Wahlbündnis zusammen zu schließen. Die DSP-Kandidaten sollten auf der CHP-Liste antreten, um dann später im Parlament eine eigene Fraktion zu bilden.[6] Die CHP strebte eine Koalition mit der rechtsextremen MHP an, sofern diese die 10-Prozent-Sperrklausel überwinden würde. Aufgrund des Wahlergebnisses reichte es jedoch trotz Einzugs der MHP ins Parlament nicht für eine Mehrheit einer solchen Koalition. Bei der Wahl 2007 konnte die CHP ihren Stimmenanteil um rund 1,3 Prozentpunkte erhöhen.
Wahlergebnisse
Jahr Stimmen in % 1950 39,9 1954 34,8 1957 40,6 1961 36,7 1965 28,7 1969 27,4 1973 33,3 1977 41,4 1983 30,5 1987 24,1 1991 21,0 1995 10,7 1999 8,7 2002 19,6 2007 20,9 Mitgliedsparteien der Sozialdemokratischen Partei EuropasBelgien: Parti socialiste · Socialistische Partij Anders | Bulgarien: Balgarska Sozialistitscheska Partija | Dänemark: Socialdemokraterne | Deutschland: Sozialdemokratische Partei Deutschlands | Estland: Sotsiaaldemokraatlik Erakond | Finnland: Suomen Sosialidemokraattinen Puolue | Frankreich: Parti socialiste | Griechenland: Panellínio Sosialistikó Kínima | Irland: Labour | Italien: Democratici di Sinistra · Socialisti Democratici Italiani | Lettland: Latvijas Sociāldemokrātiskā Strādnieku Partija | Litauen: Lietuvos socialdemokratų partija | Luxemburg: Lëtzebuerger Sozialistesch Arbechterpartei | Malta: Partit Laburista | Niederlande: Partij van de Arbeid | Norwergen: Arbeiderpartiet | Österreich: Sozialdemokratische Partei Österreichs | Polen: Sojusz Lewicy Demokratycznej · Unia Pracy | Portugal: Partido Socialista | Rumänien: Partidul Social Democrat | Schweden: Socialdemokraterna | Slowenien: Socialni demokrati | Spanien: Partido Socialista Obrero Español | Tschechien: Česká strana sociálně demokratická | Ungarn: Magyar Szocialista Párt · Magyarországi Szociáldemokrata Párt | Vereinigtes Königreich: Labour · Social Democratic and Labour Party | Zypern: Kínima Sosialdimokratón
Assoziierte Parteien
Bulgarien: Partija Balgarski Sozialdemokrati | Kroatien: Socijaldemokratska Partija Hrvatske | Mazedonien: Socijaldemokratski Sojuz na Makedonija | Schweiz: Sozialdemokratische Partei | Türkei: Demokratik Toplum Partisi · Cumhuriyet Halk PartisiParteien mit Beobachterstatus
Andorra: Partit Socialdemòcrata | Bosnien und Herzegowina: Socijaldemokratska partija Bosne i Hercegovine | Island: Samfylkingin | Israel: Meretz-Jachad · Awoda | San Marino: Partito dei Socialisti e dei Democratici | Serbien: Demokratska StrankaLiteratur
- Udo Steinbach, 2000, Geschichte der Türkei: C.H. Beck, München, ISBN 3-406-44743-0
Die politische Situation in der Türkei kurz vor der Gründung der CHP aus der Sicht eines deutschen Sozialdemokraten:
- Friedrich Schrader, Politisches Leben in der Türkei: Die Neue Zeit, 1919, Jahrgang 37, Band 2, S. 460-466
- Friedrich Schrader, Das Jungtürkische Lausanner Programm: Die Neue Zeit, 1920, Jahrgang 38, Band 2, S. 6-11, 31-35
Quellen
- ↑ Abgeordnete der 23.Legislaturperiode, Türkische Große Nationalversammlung, abgerufen am 14. August 2007
- ↑ Auf Stimmenfang mit Erdogans Armbanduhr, derStandard.at, abgerufen am 19. Juli 2007.
- ↑ Chancenlose Linke, Der Standard Online, abgerufen am 15. März 2007
- ↑ Kritik der europäischen Sozialisten: „Baykal will Demokratie wie in Tunesien“, Zaman Online, abgerufen am 28. März 2007
- ↑ MEPs raise concern over CHP’s social democratic credentials, Zaman Online, abgerufen am 5. Mai 2007.
- ↑ Türkische Linksparteien schließen Wahlbündnis, derStandard.at, abgerufen am 19. Mai 2007.
Weblinks
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