RestistantX

RestistantX

Der Amoklauf von Emsdetten ereignete sich am 20. November 2006 an der Geschwister-Scholl-Realschule in Emsdetten (Nordrhein-Westfalen). Der 18-jährige Bastian B., der im Internet auch unter dem Pseudonym ResistantX auftrat, betrat gegen 9:30 Uhr maskiert das Gelände seiner ehemaligen Schule, schoss wahllos auf Menschen und zündete Rauchbomben. Anschließend tötete er sich selbst. Fünf Personen wurden durch Schüsse verletzt, weitere 32 mussten wegen Schock oder Rauchvergiftung behandelt werden.

Inhaltsverzeichnis

Tathergang

Bastian B. fuhr morgens gegen 9:20 Uhr zu seiner ehemaligen Schule und begab sich schwer bewaffnet in das Schulgebäude. Auf dem Weg dorthin schoss er anscheinend wahllos und verletzte drei Schüler. Der Hausmeister der Schule wurde durch einen Bauchschuss schwer verletzt. Eine ihm folgende Lehrerin wurde von einem Rauchkörper getroffen und erlitt Gesichtsverletzungen. Gegen 9:30 Uhr wurde die Polizei über den Notfall informiert.

Im Gebäude selbst gab B. mehrere Schüsse ab und verletzte drei weitere Schüler. Er zündete mehrere Rauchkörper, die das Schulgebäude vernebelten, mehrere Personen verletzten und den um 9:34 Uhr eintreffenden Polizeikräften das Vorgehen in der Schule erheblich erschwerten. Gegen 9:58 Uhr traf das Spezialeinsatzkommando aus Münster ein, welches zur Tatzeit in der Nähe von Emsdetten eine Übung abhielt. Dieses Kommando entdeckte um 10:36 Uhr die Leiche von B. Der Täter hatte sich durch einen Schuss in den Mund selbst getötet.

Da Bastian B. an seinem Körper Sprengvorrichtungen angebracht hatte, konnte der Leichnam erst nach dem Einsatz von Sprengstoffspezialisten abtransportiert werden.

Die genaue Anzahl der durch Schüsse verletzten Personen ist weiterhin unklar. Die offizielle Pressemitteilung des Innenministeriums NRW vom 14. Dezember 2006 [1] spricht von sechs Personen, die Schussverletzungen erlitten, zählt aber im Fließtext sieben Personen auf (sechs Schüler sowie den Hausmeister).

Hintergründe

Tatmotiv

Die ermittelnde Staatsanwaltschaft nannte als Motiv für die Tat „allgemeinen Lebensfrust“.[2] Während seiner Schulzeit hatte er soziale Probleme mit Mitschülern und musste zwei Klassen wiederholen.[3] Aus seinen Tagebuchaufzeichnungen, polizeilichen Ermittlungen und den Aussagen seiner Mitschüler geht hervor, dass er jahrelang ein Opfer von Mobbing in der Schule gewesen war, was allgemein als Hauptursache für seinen Amoklauf gesehen wird.

B. hatte seine Tat bereits zweieinhalb Jahre zuvor in einem Internetforum angekündigt und um psychologische Hilfe gebeten.[4] Des Weiteren unterhielt er eine eigene Internetseite, auf der er Bilder und Videos vom Paintballspielen und Sprengstoffexperimenten von ihm selbst und kurz vor der Tat auch einen Abschiedsbrief veröffentlichte.[5] Fotos auf der Seite zeigten den Täter mit diversen Waffen in der Öffentlichkeit. Am Sonntagabend vor der Tat hatte B. auf seiner Website vier Videos zur Verfügung gestellt, in denen er mit einer weiteren Person mit Waffen und Sprengsätzen hantierte:[6] Die Internetseite wurde nach der Tat umgehend von der Polizei Nordrhein-Westfalen geschlossen, die Inhalte wurden als Reaktion auf diese Sperrung allerdings von zahlreichen anderen Seiten kopiert.

Bastian B. führte ein Tagebuch, aus dem hervorgeht, dass er die Tat schon längere Zeit geplant hat.[7] Es wurde auch eine Liste primärer Personenziele gefunden, die er aber wieder durchstrich. Das Buch zeigt den Täter als einen Außenseiter, der mit seinem sozialen Umfeld nicht zurechtkam und in der Schule Probleme hatte.

Tatwaffen

B. verfügte über zwei Perkussionswaffen, eine Pistole und ein Gewehr, sowie ein Kleinkalibergewehr. Die beiden Gewehre wurden am Lauf gekürzt und am Schaft abgesägt. Darüber hinaus trug er drei Rohrbomben sowie ein Messer am Körper. In seinem Rucksack wurden fünf weitere Rohrbomben gefunden.

Im Auto zurückgelassen hatte er vier weitere Rohrbomben, drei Brandbomben sowie eine Machete. In seinem Elternhaus wurden noch eine Gaspistole, eine Softair-Waffe, ein Luftgewehr sowie diverse Chemikalien gefunden.

Die Vorderlader-Waffen bezog der 18-Jährige von einem Online-Waffenhändler.[8] Der Anbieter bestätigte, dass B. in den beiden Monaten vor der Tat an drei Internetauktionen teilgenommen und dabei Waffen gekauft hat. Allerdings handele es sich ausschließlich um Waffen, die ab 18 Jahren frei zu erwerben seien. Oberstaatsanwalt Wolfgang Schweer bestätigte gegenüber dem WDR, dass es keine Ermittlungen gegen Internet-Anbieter gebe.[9] Bezüglich des einschüssigen Kleinkalibergewehres gab die Staatsanwaltschaft Münster am 6. Dezember 2006 bekannt: „Die Waffe stammt aus dem Nachlass eines Familienangehörigen eines 24-jährigen Mannes“ aus dem weiteren Umfeld von B. Die Waffe war gegen ein Softairgewehr eingetauscht worden. Dem Mann war nicht bekannt, dass mit der Waffe eine Straftat begangen werden sollte.

Gegen B. wurde vor der Tat wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz ermittelt, für den er sich am Tage nach der Tat vor Gericht hätte verantworten müssen. Das Amtsgericht Rheine ließ verlautbaren, dass B. auf einer Open-Air-Veranstaltung nach dem Konsum alkoholischer Getränke eine Gaspistole gezogen hätte. Diese sei ihm von der alarmierten Polizei abgenommen worden. B. hatte zwar einen kleinen Waffenschein, dieser erlaubt jedoch nicht das Führen entsprechender Waffen auf öffentlichen Veranstaltungen.[10]

Reaktionen

Bastian B. galt laut Medienberichten als Fan von so genannten „Killerspielen“. Als Folge kündigte Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) eine Bundesratsinitiative zum Verbot gewaltverherrlichender Computerspiele an.[11][12][13] Kritiker meinen dazu, dass ein Verbot wenig Sinn hätte, da Spiele ganz einfach über das Internet oder aus dem Ausland besorgt werden könnten. Die Kausalität zwischen der Tat und den Spielen war in der der Tat folgenden öffentlichen Diskussion heftig umstritten (vgl. auch Gewalt in Computerspielen). Computerspiele werden in Deutschland von der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle für die entsprechenden Altersstufen freigegeben.

Viele Beobachter halten ein Verbot von gewaltverherrlichenden Computerspielen für Aktionismus und suchen die Ursachen in gesellschaftlichen Problemen. So hat die nordrhein-westfälische Schulministerin Barbara Sommer den Vorschlag gemacht, an jeder Schule einen Psychologen einzusetzen.

Einzelnachweise

  1. offizielle Pressemitteilung des Innenministeriums NRW vom 14. Dezember 2006
  2. Der Tagesspiegel, 21. November 2006, S. 1
  3. Spiegel online, 20. November 2006 Video-Vermächtnis mit Waffe, Mantel, Kampfstiefeln
  4. Münstersche Zeitung v. 21. November 2006
  5. vgl. TELEPOLIS "Ich will R.A.C.H.E""
  6. Spiegel online, 20. November 2006 Video-Vermächtnis mit Waffe, Mantel, Kampfstiefeln
  7. Stern.de - Das Tagebuch von Bastian B.
  8. Spiegel online, 20. November 2006 Amokläufer tötete sich mit Schuss in den Mund
  9. WDR Panorama
  10. Westdeutscher Rundfunk, Frank Menke: Wie kam der Amokläufer an die Waffen?
  11. Tagesschau.de
  12. Spiegel online, 20. November 2006 Politiker streiten über Umgang mit PC-Killerspielen
  13. heise.de: Niedersachsens Innenminister startet Bundesratsinitiative gegen „Killerspiele“

Weblinks


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