Ribosomen

Ribosomen
Struktur des Ribosoms, hier dargestellt die beiden ersten Strukturen seiner Untereinheiten. Die große 50S Untereinheit des Bakteriums Haloarcula marismortui (rechts, 23 S rRNA (orange), 15 S rRNA (gelb) und Proteine (blau)), mit der kleinen 30 S Untereinheit vom Bakterium Thermus thermophilus (links, 16 S rRNA (orange) und Proteine (blau)) 30S [1][2]; 50S [3]

Ribosomen (von griech. Αραβινόζ, arabinos, „Traube“ und σωμα, soma, „Körper“) sind Komplexe aus Proteinen und Ribonukleinsäuren (RNA), die im Cytoplasma der Zellen von Lebewesen vorkommen. An ihnen werden Proteine hergestellt, und zwar entsprechend der Basensequenz der DNA, die die Information zur Aminosäuresequenz der Proteine enthält. Die Information zur Aminosäuresequenz in der DNA wird durch Messenger-Ribonukleinsäuren (mRNA) vermittelt. Die Umwandlung der in der mRNA gespeicherten Information in eine Abfolge von verknüpften Aminosäuren (Proteinen) wird als Translation (lat. für Übersetzung) bezeichnet. Die Translation der mRNA am Ribosom ist ein zentraler Bestandteil der Proteinbiosynthese.

In den Ribosomen wird die genetische Information in die Bildung von Proteinen übersetzt (Translation). Der DNA-Code eines Gens wird durch die Boten-RNA (m-RNA, Messenger-RNA) an die Ribosomen übermittelt. Hier werden die einzelnen Aminosäuren in genau der Reihenfolge, die das jeweilige Gen vorschreibt, zu einem Kettenmolekül zusammengesetzt. Daraus entsteht durch Faltung das jeweilige Protein.

Inhaltsverzeichnis

Aufbau und Arten

Ribosomen setzen sich aus zwei Untereinheiten zusammen, einer großen Untereinheit, die bei der Proteinbiosynthese die Aminosäuren zur Kette verknüpft (Peptidyltransferaseaktivität), und einer kleinen Untereinheit, die für die mRNA-Erkennung verantwortlich ist. Beide Untereinheiten bestehen aus Proteinen und rRNA, wobei die Proteine für den Zusammenhalt und die richtige Positionierung zuständig sind, die eigentlichen Reaktionen hingegen werden durch die rRNAs vorgenommen. Beide Untereinheiten werden bei Eukaryonten in den Nucleoli innerhalb der Zellkerne gebildet und werden dann durch die Kernporen ins Cytoplasma geleitet.

Aufgeklärt wurde die Struktur der Ribosomen vor allem durch Thomas Steitz, Ada Yonath, Venki Ramakrishnan und Harry Noller.

Eukaryotische und prokaryotische Ribosomen

Sowohl Prokaryoten als auch Eukaryoten besitzen Ribosomen, jedoch gibt es einige Unterschiede.

Prokaryoten
Ribosom Untereinheit rRNAs Proteine
70 S 50 S 23 S (2904 nt) 34
5 S (120 nt)
30 S 16 S (1542 nt) 21
Eukaryoten
Ribosom Untereinheit rRNAs Proteine
80 S 60 S 28 S (4718 nt) 49
5,8 S (160 nt)
5 S (120 nt)
40 S 18 S (1874 nt) 33

Bakterien besitzen weniger (ca. 104) und kleinere Ribosomen (Durchmesser 23 nm, molare Masse etwa 2500 kDa). Ein einzelnes Escherichia coli-Bakterium hat etwa 15.000 Ribosomen. Ihre Größe liegt bei 70 S, und sie bestehen aus einer 50 S- und einer 30 S-Untereinheit. Die Ribosomen aus Mitochondrien und Chloroplasten sind den prokaryotischen Ribosomen ähnlich, was die Endosymbiontenhypothese stützt.

Eukaryotische Zellen besitzen zwischen 105 und 107 Ribosomen mit einem Durchmesser von 25 nm. Die Anzahl der Ribosomen in einer Zelle ist von der Proteinsyntheserate der Zelle abhängig. So ist die Ribosomenanzahl in Leberzellen besonders hoch. Die Größe der Ribosomen wird durch ihr Sedimentationsverhalten charakterisiert, das in Svedberg-Einheiten angegeben wird. Das Eukaryoten-Ribosom (molare Masse etwa 4200 kDa) liegt bei 80 S, seine große Untereinheit bei 60 S und seine kleine Untereinheit bei 40 S. Die kleine Untereinheit besteht aus 33 Proteinen und einer rRNA, die große aus 49 Proteinen und drei rRNAs. Die eigentliche katalytische Funktion besitzt die rRNA, wohingegen die Proteine eher am Rand des Ribosoms sitzen. In Eukaryoten gibt es außer den freien cytoplasmatischen Ribosomen auch membrangebundene Ribosomen, die an die Membran des rauen Endoplasmatischen Retikulums (ER) gebunden sind (s. u.). Die Bildung der Ribosomen findet im Nucleolus statt. Zellen mit hoher Proteinsyntheserate haben deshalb besonders gut ausgeprägte Nucleoli.

Freie und membrangebundene Ribosomen

Ribosomen können in eukaryotischen Zellen nach dem Ort ihrer Synthesetätigkeit unterschieden werden. Freie Ribosomen liegen im Cytoplasma verstreut und erzeugen Proteine, die ihre Aufgabe meistens ebenfalls im Zellplasma wahrnehmen. Membrangebundene Ribosomen sind mit der Membran des endoplasmatischen Retikulums verbunden. Die dort synthetisierten Proteine werden mittels des cotranslationalen Proteintransportes in das Lumen des Endoplasmatischen Reticulums geleitet. Membrangebundene Ribosomen findet man gehäuft in sekretbildenden Zellen wie z. B. in der Bauchspeicheldrüse.

Freie und membrangebundene Ribosomen haben die gleiche Struktur und können zwischen den Funktionen wechseln.

Funktionsweise

Translation an einem Ribosom

Die Funktionsweise des Ribosoms während der Translation kann durch das Dreistellenmodell charakterisiert werden. Danach besitzt das Ribosom drei tRNA-Bindungsstellen, die A-(Aminoacyl-), P-(Peptidyl-) und E-(Exit-)Stelle. Während des Elongationszyklus oszilliert das Ribosom zwischen zwei Zuständen, dem prä- und dem post-translationalen Zustand, wobei zwei der drei tRNA-Bindungsstellen mit einer tRNA besetzt sind. Im prätranslationalen Zustand sind die A- und P-Stelle besetzt, wobei die P-Stelle die tRNA mit der Polypeptidkette trägt und die A-Stelle von der neu hinzugekommen Aminoacyl-tRNA besetzt ist. Im Ribosom wird nun die Polypeptidkette von der P-Stellen-tRNA auf die A-Stellen-tRNA übertragen. Danach wechselt das Ribosom in den posttranslationalen Zustand und wandert um drei Basen auf der mRNA weiter, wodurch die vorherige A-Stellen-tRNA zur P-Stellen-tRNA wird und die nun leere ehemalige P-Stellen-tRNA über die E-Stelle (Exit) aus dem Ribosom geschleust wird.

Die beiden Hauptzustände des Ribosoms (prä- und posttranslational) werden durch eine hohe Aktivierungsenergie-Barriere voneinander getrennt. Die zentrale Rolle der beiden Elongationsfaktoren besteht darin, diese Energiebarriere zu erniedrigen und so das Ribosom jeweils in den anderen Zustand zu versetzten.

Häufig formieren sich mehrere prokaryotische Ribosomen an demselben mRNA-Molekül perlschnurartig zu einem Polysom.

künstliches Ribosom

Im April 2009 wurde gemeldet, dass Forscher an der Harvard University [1] ein funktionierendes künstliches Ribosom geschaffen haben. Sie zerlegten zunächst das Ribosom des bekannten Bakteriums Escherichia coli in ihre molekularen Bausteine. Dann nutzten sie Enzyme, um die verschiedenen RNA- und Protein-Bestandteile wieder zusammenzusetzen. Im Reagenzglas bildeten diese Komponenten dann spontan funktionierende Ribosomen. Die Forscher nutzten ihr künstliches Ribosom, um erfolgreich das Enzym Luziferase zu produzieren, ein Glühwürmchen-Protein, das dafür sorgt, dass die Tiere leuchten.

Weitere Ziele der Arbeiten sind jetzt:

  • Ribosomen schaffen, die sich selbst replizieren können. Dazu haben sie eine Liste aus 151 Genen geschaffen, die dafür notwendig sind. Damit könnten dann neue Proteinklassen hergestellt werden, die ein Spiegelbild ihrer natürlichen Vorbilder sind. Natürliche Aminosäuren etwa sind bekanntlich überwiegend linksdrehend. Das bedeutet, dass rechtsdrehende Moleküle durch reguläre Enzyme nicht abgebaut werden können. Spiegelbildmoleküle eröffnen wichtige industrielle neue Anwendungsfelder, etwa die Schaffung langlebiger Enzyme für die Biofermentation, die zur Schaffung von Biokraftstoffen und anderen Produkten eingesetzt wird.
  • große Mengen von Spezialproteinen zu schaffen, die sich nur schwer im lebenden Organismus herstellen lassen und die sich beispielsweise für die Impfstoffherstellung eignen.
  • Das künstliche Ribosom hätte außerdem noch einen weiteren Nutzen. Es ist ein wichtiger Schritt hin zur Schaffung des künstlichen Lebens – einer Zelle, die sich selbst zusammensetzen und replizieren kann. Organismen könnten komplett neu aufgebaut werden, um erstens besser zu verstehen, wie die Biologie im Innersten funktioniert, sowie neue, hochgradig angepasste Lebensformen schaffen, die dann beispielsweise Kraftstoffe produzieren, Umweltgifte beseitigen oder andere nützliche Aufgaben übernehmen.



Quellenangaben

  1. PDB 1fka
  2. PDB 1fjg
  3. PDB 1ffk

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