Richard Gotti

Richard Gotti

Bei der Gambino-Familie (engl. Gambino Family oder Gambino Crime Family) handelt es sich um eine der sogenannten Fünf Familien der Cosa Nostra New Yorks. Sie stellt damit eine der fünf Gruppen dar, aus der die Mafia in New York besteht.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Von der Camorra zur Mafia

Die Vorläufer der Familie lassen sich bis zurück auf Enrico Alfano, der 1907 nach Italien abgeschoben wurde, und seinem Nachfolger Pellegrino Morano führen: Morano begann als Anführer der Camorra in Brooklyn 1914 einen Krieg mit der sizilianischen Mafia. So legte er sich insbesondere mit der Morello-Familie an, die als Vorläufer der Genovese-Familie gelten kann. Diese stellte mit Giuseppe Morello so etwas wie den ersten „Capo di tutti Capi“ (italienisch: Boss aller Bosse) in New York City. Allerdings musste dieser 1910 mit seinem Schwager Ignazio Saietta von der Black Hand Gang eine Gefängnisstrafe wegen der Verbreitung von Falschgeld antreten. Offenbar hoffte Morano mit der Beseitigung von Nicholas Morello, der die Nachfolge seines einsitzenden Bruders übernommen hatte, die Auseinandersetzung gegen die Sizilianer zu gewinnen.

Als Nicholas Morello und sein Bodyguard Charles Ubriaco am 6. November 1916 auf dem Weg zu einer friedlichen Einigung im Navy St. Cafe waren, wurden sie vor dem Straßencafe von fünf Personen angegriffen und getötet. Die Gegend wurde von der Navy St. Gang beherrscht, deren Boss Alessandro Vollero und ein wichtiger Unterführer von Morano war. Das Navy St. Cafe fungierte gleichzeitig als Hauptquartier der Navy St. Gang. Morano und Vollero fühlten sich vollständig sicher, wurden dann aber für diese Tat tagelang in Haft genommen, da einer der fünf Schützen offenbar vor der Polizei ausgesagt hatte. 1917 wurde Morano verurteilt und 1919 nach Italien abgeschoben. Dadurch schwand der Einfluss der Camorra, die Gruppe von Morano wurde von dem Sizilianer Salvatore „Toto D'Aquila“ übernommen, der damit als erstes eigentliches Oberhaupt der später als Gambino-Familie bezeichneten Mafia-Clans gelten kann.

Die Auseinandersetzung zwischen Sizilianer und Nichtsizilianern sollte später immer wieder eine Rolle in den internen Auseinandersetzungen spielen, siehe insbesondere die spätere Öffnung der Unione Siciliana für Nicht-Sizilianer. Andererseits verfügte die US-amerikanische Mafia und andere italienische Gruppen im Gegensatz zur Heimat nicht über das illegale Gewaltmonopol, sondern standen in Konkurrenz mit anderen ethnischen Gruppen, insbesondere den Iren und den Angehörigen der Kosher Nostra; aus diesem Grund wurde die Mitgliedschaft nicht nur nach Herkunft geprägt, wie etwa in Italien oder auf Sizilien, sondern war taktisch bestimmt.

Toto D'Aquila war bereits auf Sizilien Mitglied der ursprünglichen Mafia gewesen, bevor er in die USA ausgewandert war, und galt damit als ein so genannter Mustache Pete, da er neben italienischen Käse, Olivenöl etc. eben auch die Methoden der sizilianischen Mafia in die USA einführte. Bereits aus den Jahren 1906 und 1909 existierten polizeiliche Erkenntnisse über seine Aktivitäten. Am 28. Oktober 1928 wurde er von den Killern Joe Masserias erschossen.

Alfred Mineo und der „Krieg von Castellammare“

Joe Masseria hatte sich in der Morello-Familie durchgesetzt, der 1919 entlassene Peter Morello (alias Giuseppe Morello) galt als sein Capo und auch andere Mitglieder des Morello-Terranova Clans wie z.B. Ciro Terranova ordneten sich unter, so dass Masseria durchaus als Oberboss der gesamten US-amerikanischen Cosa Nostra in New York City zum damaligen Zeitpunkt angesehen werden kann.

Nachfolger von D'Aquila wurde zunächst Alfred Mineo; aber D'Aquila sollte nicht der einzige Tote bleiben. Durch den Faschismus in Italien hatte die Mafia auf Sizilien Probleme bekommen. Das stillschweigende Bündnis mit dem Staat, das von Duldung bis Korruption reichte, funktionierte nicht mehr ohne weiteres. Das Unrechtssystem des Faschismus stand der Skrupellosigkeit und Brutalität der Mafia in nichts nach. So wurde z.B. später der Mafioso Don Vito Cascio Ferro 1943 einfach in seiner Zelle zurückgelassen, als die Alliierten ihre Landung auf Sizilien durchführten, in der er verschmachtete.[1] Don Ferro mit erstklassigen Kontakten z.B. zur Morello-Familie und Black Hand Gang war vermutlich für die Entsendung von Salvatore Maranzano nach New York City verantwortlich.

Das war geradezu eine Flucht von Mafia-Mitgliedern u.a. nach New York City (US-amerikanische Quellen beziffern eine Zahl von 500)[2] und möglicherweise plante der Don Ferro selbst seine erneute Emigration, die 1909 durch seine Ausweisung nach Italien gescheitert war. Maranazano, ob nun im Auftrag für seinen Don oder im eigenen Interesse, begann nun den Kampf gegen Joe Masseria; der als Krieg von Castellammare bezeichnet wird, da Maranzano gebürtige Sizilianer aus Castellammare del Golfo um sich sammelte. In dieser Auseinandersetzung versuchte er sich 1930-1931 als „Boss aller Bosse“ durchzusetzen, was ihnen allerdings letztendlich - trotz der Ermordung von Joe Masseria am 15. April 1931 - misslang und zur Bildung des National Crime Syndicate führte.

Im Zuge dieser Auseinandersetzung wurde Mineo am 5. November 1930 erschossen. Diese Ermordung gilt als einer der Auftakte im „Krieg von Castellammare“, die faktisch mit der Ermordung von „Peter the Clutch Hand“ Morello am 15. August 1930 begonnen hatte. Der Nachfolger von Mineo wurde nun der mit Maranzano verbündete Frank Scalise. Da allerdings Maranzano selbst am 10. September 1931 ermordet wurde, musste er abtreten und Vincent Mangano übernahm die Gruppe, da er zur nun siegreichen Gruppe um Lucky Luciano gehörte.

Konflikt zwischen Vincent Mangano und Albert Anastasia

Manganos Geschäftsidee bezog sich auf die Kontrolle von Docks und Häfen. Er erhob im Prinzip Schutzgeld auf Waren von Speditionen und Schifffahrtsgesellschaften, welche diese verschiffen oder anlanden wollten. Außerdem verlangten sie eine Tagesgebühr von jedem Hafenarbeiter, der in den Docks arbeitete; dadurch wusste Mangano immer, wann welche Ladung mit welchem Schiff eintraf und konnte entscheiden, ob es nicht sogar lohnend war, sie zu stehlen. Auf diese Weise wurde auch erheblicher Einfluss auf die Gewerkschaften der Dockarbeiter ausgeübt. Hierin lag auch eine der Wurzeln, die direkt in die Gewerkschaftskorruption der Teamsters unter Jimmy Hoffa führte, denn als Gegenleistung der Dienste durch die Gewerkschafter wurde im Prinzip nur noch die Beschäftigung von Gewerkschaftsmitgliedern geduldet.

Zusammen mit dem Vizepräsidenten der International Longshoremen's Association Emil Camarda gründete Mangano als vordergründiges Aushängeschild den City Democratic Club, der amerikanischen Interessen dienen sollte. Im Hintergrund gingen sie dann allerdings ihren illegalen Aktivitäten nach; insbesondere fanden regelmäßige Treffen der Mitglieder der Murder, Inc. statt, einer speziellen Gruppierung die von 1931 bis etwa 1941 gegen Bezahlung die Mordaufträge der Mafia erledigte. Philip Mangano, der Bruder von Mangano, war ebenso häufig anwesend in diesem 'Club' wie sein Bruder oder der Unterboss Albert Anastasia.

Die Zusammenarbeit zwischen Mangano mit Anastasia war nicht konfliktfrei, da diesem der 'Arbeitsstil' anderer Größen wie Lucky Luciano, Frank Costello und Louis Buchalter näher lag, als die 'Old School' des Vincent Mangano, der noch den klassischen Mafiaregeln anhing. Anastasias Zusammenarbeit mit den anderen Familien hätte eigentlich der Erlaubnis von Mangano bedurft und dieser Umstand legte den Grundstein für einen jahrelangen schwelenden Konflikt zwischen den beiden.

Am 19. April 1951 wurde Manganos Bruder Philip nahe Sheepshead Bay in Brooklyn ermordet aufgefunden. Vincent Mangano selbst Verschwand spurlos. Die Motivlage ist etwas unklar; Anastasia überzeugte jedenfalls (laut Frank Costello) die Oberhäupter der anderen Fünf Familien von New York City davon, dass er nur seiner eigenen Ermordung zuvorgekommen sei.

Neuordnung der Familien

Albert Anastasia war verbündet mit Frank Costello, dem Boss der später als Genovese-Familie bekannt gewordenen Mafia-Clans, der zugleich als Nachfolger von Lucky Lucianos als Oberhaupt der Kommission des National Crime Syndicate fungierte, da Luciano 1945 nach Italien abgeschoben worden war. Vito Genovese schickte sich nun an, diesen zu verdrängen. Insgeheim war Genovese mit dem Stellvertreter Anastasias, Carlo Gambino und Joe Profaci, dem Boss der als Colombo-Familie bekannt gewordenen Mafia-Familie, verbündet. Am 2. Mai 1957 erfolgte ein Attentat auf Costello, in dessen Folge Costello zurücktrat und Genovese seine Funktionen übernahm. Am 25. Oktober 1957 wurde Anastasia während eines Friseurbesuches vermutlich von Mitgliedern von Profacis Gruppe ermordet und Gambino übernahm die Leitung der Familie, die heute nach ihm benannt ist.

Carlo Gambino ernannte nach seiner Machtübernahme Aniello Dellacroce zu seinem Unterboss. Dieser war lange ein enger Mitarbeiter Anastasias in der Nachfolgeorganisation von Murder Inc. gewesen und konnte so einer Opposition von Anhängern Anastasias entgegenwirken. Gambino und Dellacroce bauten das Geschäft der Familie erheblich aus und konnten ihren Einfluss durch politisch geschickte Schachzüge schließlich auch auf zwei der anderen Mafia-Familien ausdehnen.

Ausgehend vom traditionellen Einfluss auf die Docks engagierte sich die Familie im Rauschgiftschmuggel. Ausgebaut wurde dieser Einfluss durch den Capo Anthony Scotto der Familie, der erheblichen Einfluss in der International Longshoremen's Association aufbauen konnte. Gemeinsam mit der Lucchese-Familie verdrängten sie andere Gruppen von illegalen Aktivitäten um den John F. Kennedy International Airport und dehnten ihren Einfluss auf die Müllabfuhr New Yorks und im Garment District aus. Die Unterwanderung wurde von James Squillante, der zu den Killern von Albert Anastasia gehört hatte, betrieben. Er wurde als „king of the garbage collection racket“ (engl.: Schlägerkönig der Müllwerker) bekannt. Die Infiltration der Müllwerker durch die Mafia in New York City verlief parallel zu der Entwicklung bei der Teamsters-Gewerkschaft insgesamt - zu der die Müllwerker gehörten - und begann bereits 1955, als sich die Müllwerker über das „Local 813“ der Gewerkschaft organisierten.

Neben den illegalen Aktivitäten beteiligte sich Carlo Gambino an Pizzerien, Nachtclubs, Textil- Bau- und Transportunternehmen. Das gute Verhältnis zur Lucchese-Familie wurde untermauert, indem Gambinos Sohn Thomas Gambino 1962 Franca Lucchese heiratete, die Tochter des Bosses Tommy Lucchese.

Als Joseph Bonanno und der Boss der späteren Colombo-Familie Joseph Magliocco in den frühen 1960er-Jahren mit dem Versuch scheiterten, die Macht in der Kommission zu übernehmen, indem sie Carlo Gambino, Tommy Lucchese und die Mafia-Bosse von Buffalo und Los Angeles beseitigten, wurde die Angelegenheit vor die Kommission der amerikanischen Mafia gebracht. In der Folge mussten Bonanno und Magliocco abtreten. Maglioccos Nachfolger Joe Colombo war weitestgehend abhängig von Gambino, da er aus eigener Kraft seine Familie nicht in den Griff bekam. Nachdem 1967 Lucchese sich zurückzog, unterstützte Gambino auch dessen Nachfolger Carmine Tramunti, der allerdings im Wesentlichen nur formell das Oberhaupt der Lucchese-Familie war.

Die Spaltung der Familie unter Paul Castellano und Aniello Dellacroce

In den 1970er Jahren verschlechterte sich Gambinos Gesundheit und er baute seinen Schwager und Cousin Paul Castellano als Nachfolger gegen den aus Sicht der Traditionalisten der Familie geeigneteren Aniello Dellacroce auf. Zum Zeitpunkt des Todes Gambinos war die Familie daher gespalten. Es standen sich eine Brooklyn- und eine Manhattan-Fraktion gegenüber. Während die Brooklyn-Fraktion zu Castellano neigte, hing die Manhattan-Fraktion Dellacroce an. Beide Teile vertraten auch eine unterschiedliche Strategie. Während die Brooklyn-Fraktion eher zu Delikten der Wirtschaftskriminalität neigte, verfolgte Delacroces Fraktion die üblichen kriminellen Betätigungen. Castellanos Strategie war letztlich die bereits von Gambino betriebene Methode, illegales Geld in legale Geschäftsfelder zu investieren.

Der Rückhalt bei der Manhattan-Fraktion schwand mehr und mehr. Problematisch wurde schließlich das Verbot Castellanos, sich am Drogenhandel zu beteiligen. Verstöße sollten nach einer Rücksprache mit dem Boss der Genovese-Familie Vincent Gigante durch Mitglieder dieser Familie durchgeführt werden. Castellano hatte dieses Verbot erlassen, da er eine erhöhte Aufmerksamkeit der staatlichen Stellen und Behinderungen bei sonstigen Aktivitäten befürchtete. Allerdings waren Mitglieder der Manhattan-Fraktion auch entgegen Castellanos ausdrücklichen Verbots im Drogengeschäft tätig. Als Abhörmaßnahmen des FBI 1983 dreizehn Mitglieder der Gambino-Familie mit Rauschgiftgeschäften in Verbindung brachten, spitzte sich das Problem zu. Das FBI hatte unter anderem Telefonate von Angelo Ruggiero abgehört, die auch den Capo John Gotti und dessen Bruder Gene Gotti belasteten. Castellano drängte darauf, Einsicht in die Mitschnitte zu erhalten, um sein Verbot gegebenenfalls durchzusetzen. Versuche Ruggieros und John Gottis, über Dellacroce Castellano hiervon abzubringen, gelangen 1984 und 1985, scheiterten aber schließlich an Dellacroces fortgeschrittener Krebserkrankung. Nachdem Dellacroce am 2. Dezember 1985 verstarb, standen die Gottis endgültig vor der Alternative, entweder selbst getötet zu werden oder Castellano zu beseitigen. Am 16. Dezember wurde Castellano zusammen mit seinem neuen Underboss Thomas Bilotti vor einem Steak-Restaurant in Manhattan von vier Männern erschossen. Das gesamte Team, welches an diesem Attentat beteiligt war, bestand vermutlich aus 11 Männern (inklusive dem Hauptauftraggeber John Gotti), wobei Gravano und Gotti die Tat von einem Auto aus beobachteten.

Der Gotti-Clan

Nach dem Tod Castellanos übernahm John Gotti, auf den das Attentat zurückging, die Leitung der Gambino-Familie. Seine Zeit als Boss der Familie sollte von großer öffentlicher Aufmerksamkeit geprägt sein. Gotti war gerne in der Presse präsent, was traditionellere Mafiosi, wie etwa Vincent Gigante, ablehnten. Gotti leitete seine Geschäfte vor allem aus dem Hinterzimmer des „Ravenite Club“ in Little Italy und hielt dort regelrecht Hof.

Gottis Machtübernahme war in anderen Mafia-Familien auf Ablehnung gestoßen, mit denen er den Coup nicht abgesprochen hatte. Am 13. April 1986 kam es zu einem Bombenattentat, dass Gotti gegolten hatte, bei dem aber nur sein „Underboss“ Frank DeCicco getötet wurde. Dieses Attentat wurde vermutlich durch Anthony Casso geplant, der für diese Vendetta engagiert wurde.

Den Ruf als „Teflon-Don“ erlangte Gotti, nachdem diverse Gerichtsverfahren gegen ihn mit Freisprüchen endeten. Gründe hierfür waren ein bestochener Geschworener und ein bezahlter Spitzel Gottis bei der New Yorker Polizei. Allerdings ermittelte das FBI gegen Gotti bewusst unabhängig von Polizei und Staatsanwaltschaft. Hierzu bediente sich das FBI umfangreichen Abhörmaßnahmen und einiger Informanten. Als Gotti seinem „Underboss“ Sammy Gravano mehr und mehr Misstrauen entgegenbrachte − er betrachtete ihn unter anderem als zu gierig − und deshalb den Gedanken der Ermordung äußerte, konfrontierte das FBI Gravano hiermit und mit Ermittlungsergebnissen gegen ihn. Gravano sagte daraufhin gegen Gotti aus. Am 2. April 1992 wurde Gotti daraufhin zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe ohne Aussicht auf Bewährung verurteilt.

Nachdem John Gotti inhaftiert wurde leitete er die Familie von seiner Zelle aus, indem er Nachrichten über seine Brüder und seinen Sohn John A. Gotti, genannt „Junior“ weitergab. Das tägliche Geschäft wurde indessen im Wesentlichen von den Capos John D'Amico und Nicholas Corozzo übernommen, letzterer soll auf Drängen von John Gottis jüngeren Bruder Gene Gotti die Position eines „Acting-Boss“ übernommen haben. Kurz vor Weihnachten 1996 wurde Corozzo allerdings bereits verhaftet und zu einer achtjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Die Leitung der Familie wurde daraufhin vom Sohn John Gottis übernommen, bevor auch er 1998 zu einer Freiheitsstrafe von 77 Monaten verurteilt wurde. Als John Gotti am 10. Juni 2002 im Gefängnis starb wurde sein Bruder Peter Gotti zum Boss. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Gambino-Familie erheblich an Größe und Bedeutung verloren. Von einer Stärke von etwa 250 Vollmitgliedern war die Familie auf eine Stärke von 150 Vollmitgliedern abgesunken. Von den 21 im Jahre 1991 für die Familie tätigen Capos waren nur noch fünf aktiv und dreizehn der ehemaligen Capos entweder in Haft oder bereits verstorben.

Neuerlich in die Schlagzeilen geriet die Gambino-Familie als am 8. Februar 2008 im Rahmen einer gemeinsamen Aktion US-amerikanischer und italienischer Ermittlungsbehörden gegen das organisierte Verbrechen viele Mitglieder und Assoziierte der Familie, unter ihnen der derzeitige Anführer John D'Amico festgenommen wurden. Auslöser für die Aktion, bei der in den USA und auf Sizilien insgesamt 81 Mitglieder und Assoziierte diverser Mafiafamilien inhaftiert wurden, war unter anderem der Verdacht, dass sizilianische Mafiosi aus dem Umfeld von Salvatore Lo Piccolo in letzter Zeit versuchten, engere Beziehungen zum organisierten Verbrechen von New York herzustellen und so die Pizza Connection wiederzubeleben[3].

Organisation

Die Organisation wurde Mitte bis Ende der 1980er Jahre vom FBI auf circa 3.000 Mitglieder geschätzt. Diese waren entsprechend der damaligen Hierarchie wie folgt organisiert: An der Spitze der Boss, dem ein Underboss als Vertreter und rechte Hand sowie ein Consigliere als Berater zugeordnet war. Unter diesen befanden sich etwa zwanzig Hauptleute (oder Capo, Capodecina), die jeweils eine Gruppe (decina von italienisch „zehn“) befehligte. Diese Gruppen bestanden aus zehn bis fünfzehn initiierten Mitgliedern. Jedem der Mitglieder waren seinerseits zehn bis fünfzehn Gefolgsleute zuzurechnen, die zwar für die Familie arbeiteten, dieser aber nicht vollwertig angehörten.[4]

Nicht immer ist das Oberhaupt einer Mafia-Familie so eindeutig zu identifizieren; insbesondere wenn durch eine Haftstrafe ein anderes Familienmitglied in den Vordergrund rückt. Die Betrachtung von außen macht es nicht immer einfach, ein neues Oberhaupt als solches zu erkennen bzw. dessen genaue Amtszeit festzustellen. Außerdem scheint sich gewissermaßen ein Präsidialsystem durchzusetzen; d.h. das Oberhaupt verlagert seine Macht mehr auf einen so genannten „acting boss“ und /oder „street boss“, die ihrerseits wiederum das Oberhaupt als solches weiter anerkennen, auch wenn es z.B. in Haft sitzen sollte.

Eine andere Variante ist in jüngster Zeit die Bildung einer Führungsgruppe, bei der von außen die internen Verhältnisse nur schwer eingeordnet werden können. Auffällig bei der Gambino-Familie ist die höhere gewaltsame Todesrate der Bosse, insbesondere im Gegensatz zur Genovese-Familie oder etwa zum Chicago Outfit.


Oberhaupt der Gambino-Familie

Zeitraum Oberhaupt der
Gambino-Familie
Lebenszeit Spitzname Todesursache Anmerkung
????-1907 Enrico Alfano unbekannt US-Amerikanische Camorra, 1907 abgeschoben
1907-1919 Pellegrino Morano unbekannt Don Grino US-Amerikanische Camorra, 1919 abgeschoben
1916-1928 Salvatore D’Aquila 1878-1930 Toto D'Aquila erschossen
1928-1930 Alfred Mineo ????-1930 Al erschossen alias Alfed Manfredi
1930-1931 Francesco Scalice 1893-1957 Frank erschossen Cousin von John Scalise
1931-1951 Vincent Mangano 1888-1951 spurlos verschwunden
1951-1957 Albert Anastasia 1902-1957 erschossen Boss der Murder, Inc.
1957-1976 Carlo Gambino 1902-1976 natürlicher Tod
1976-1985 Paul Castellano 1915-1985 erschossen
1985-2002 John Gotti 1940-2002 Teflon-Don natürlicher Tod starb in Haft
2002-2006 John D'Amico 1937-heute Jackie Nose
2006-heute Nicholas Corozzo 1940-heute

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Arrigo Petacco: Joe Petrosino. L'uomo che sfidò per primo la mafia. Mondadori 2001, ISBN 88-0449390-9
  2. John Dickie: Cosa Nostra. Die Geschichte der Mafis. Fischer Verlag Frankfurt a.M. 2006; ISBN 978-3-596-17106-4; S.236
  3. FAZ-Artikel; Großeinsatz der Polizei: 81 Mafiosi gefasst
  4. Howard Blum, Gangland - Die Jagd auf den Paten John Gotti, Knaur 1996, ISBN 3-426-77232-9, S. 49.

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