- Ries-Impakt
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Beim Ries-Ereignis (auch Ries-Impakt) handelt es sich um einen Meteoriteneinschlag, der sich vor etwa 15 Millionen Jahren im heutigen Süddeutschland ereignet hat. Noch heute zeugt das Nördlinger Ries, ein Einschlagkrater mit etwa 24 Kilometern Durchmesser, von den gewaltigen Energien, die bei diesem Ereignis freigesetzt wurden. Gleichzeitig mit dem Ries entstanden vermutlich das Steinheimer Becken sowie möglicherweise auch eine Anzahl kleiner Krater auf der Fränkischen Alb und im Gebiet des Bodensees.
Inhaltsverzeichnis
Ablauf des Ries-Impakts
Das Nördlinger Ries (48° 53′ 17,5″ N, 10° 32′ 9,2″ O48.88819777098210.535888671875Koordinaten: 48° 53′ 17,5″ N, 10° 32′ 9,2″ O) zählt zu den am besten erforschten Einschlagskratern der Erde. Seitdem im Jahr 1960 nachgewiesen werden konnte, dass die Entstehung des Rieskraters auf den Einschlag eines Asteroiden zurückzuführen ist (Lit.: Shoemaker und Chao, 1961), wurde von der Wissenschaft eine recht detaillierte Vorstellung von den Ereignissen bei seiner Entstehung vor 15,0 ± 0,1 Millionen Jahren (im Erdzeitalter des Miozäns) entwickelt. (Lit.: Pohl und Gall, 1977; Hüttner und Schmidt-Kaler, 1999; Stöffler, Artemieva, und Pierazzo, 2002; Baier 2007)
Meteor
In nur wenigen Sekunden durchquerte der Asteroid mit einem Durchmesser von etwa 1.500 Metern bei einer Geschwindigkeit von 20 Kilometern pro Sekunde (72.000 km/h) die Erdatmosphäre. Als Meteor, dessen scheinbare Helligkeit selbst die der Sonne übertraf, hatte er sich von Südwesten kommend beinahe ungebremst der Erdoberfläche genähert. Vermutlich handelte es sich bei dem Himmelskörper um einen Asteroiden, der von mindestens einem weiteren Körper begleitet wurde, welcher deutlich kleiner war. Ein Zerbrechen in der Erdatmosphäre kann ausgeschlossen werden, weil der Abstand der Bruchstücke dabei nicht auf die Distanz zwischen dem Ries und dem Steinheimer Becken (ca. 40 km) hätte anwachsen können.
Die folgende Beschreibung des Impakts bezieht sich auf das größte Stück, dessen Einschlag zur Bildung des Rieskraters geführt hat.
Aufschlag
Sekundenbruchteile bevor der Himmelskörper die Erdoberfläche im Winkel von etwa 30° traf, wurde die zwischen dem Meteoriten und der Erdoberfläche befindliche Luft zusammengepresst und erhitzt, der oberflächlich aufliegende Erdboden, Sand und Geröll verdampften schlagartig und wurden zusammen mit der komprimierten Luft seitlich unter dem Meteoriten herausgedrückt. Der Auswurf erfolgte mit einer Geschwindigkeit, die jene des Meteoriten noch um ein Vielfaches übertraf. Dieser Vorgang wird daher als Jetting bezeichnet. Aufgeschmolzenes Oberflächenmaterial wurde mit hohen Geschwindigkeiten bis zu 450 km weit geschleudert. Zu kleinen Glastropfen erstarrt, gingen die aufgeschmolzenen Sande in einem eng umgrenzten Gebiet im heutigen Böhmen und Mähren nieder. Dort werden diese Schmelztropfen noch heute gefunden und als Moldavite bezeichnet.
Kompression
Der Impaktor durchschlug das Deckgebirge aus mesozoischen Sedimentgesteinen und drang bis in eine Tiefe von etwa einem Kilometer in das Grundgebirge ein. Sowohl der Meteorit als auch das umgebende Gestein wurden auf weniger als die Hälfte ihres ursprünglichen Volumens komprimiert. Bei Drücken von einigen Millionen Bar und Temperaturen von bis zu 30.000 °C verdampften der Meteorit sowie das umgebende Gestein schlagartig nur Sekundenbruchteile nach dem Auftreffen. Bei der Explosion, welche die Energie von mehreren 100.000 gleichzeitig gezündeten Hiroshima-Bomben freisetzte, wurde ein Krater mit einem Durchmesser von 8 km und einer Tiefe von 4 km ausgesprengt.
Die Stoßwelle breitete sich im Gestein um den Einschlagsort mit Überschallgeschwindigkeit aus. Mit zunehmendem Abstand ließ die Beanspruchung der Gesteine durch Druck und Temperatur nach, sie wurden nur noch teilweise aufgeschmolzen bzw. unter hohem Druck und hoher Temperatur umgewandelt. Durch die so genannte Stoßwellen-Metamorphose wurde Quarz in Coesit oder Stishovit umgewandelt, es kam auch zur Bildung von diaplektischen Gläsern. Kilometerweit um den Einschlagspunkt wurde das Gestein deformiert und unter dem Druck verflüssigt.
Auswurf
Etwa zwei Sekunden nach dem Aufschlag begann die Hauptauswurfphase: Nach dem Durchlauf der Schockwelle federte das Gestein zurück, der neue Kraterboden hob sich, und im Zentrum bildete sich ein Zentralberg. Trümmer aus dem Inneren des Kraters wurden in Form einer kegelförmigen Front (Auswurfvorhang) heraus geschleudert (ballistischer Auswurf), in der Randzone des Kraters wurden größere Blöcke über die Oberfläche geschoben (Roll-Gleit-Mechanismus). Beim Auswurf wurden Gesteine aus den unterschiedlichsten stratigraphischen Lagen durchmischt und bildeten bis zu einer Entfernung von 40 Kilometern um den Krater eine geschlossene Auswurfdecke, die zunächst bis zu 100 Metern mächtig war. Heute werden diese Auswurfmassen in der Umgebung des Rieskraters als Bunte Trümmermassen bezeichnet.
Der Feuerball der Explosion hob sich aufgrund der Konvektion aus dem Krater und riss zermahlenes und teilweise aufgeschmolzenes Gestein mit. Die so entstehende Wolke, ähnlich einem „Atompilz“, stieg bis zu 30 km hoch in die Atmosphäre auf.
Kraterwachstum
Der entstandene Primärkrater war nicht stabil: Entlang seiner steilen Außenwände glitten teils Kilometer große Gesteinsschollen in Richtung des Zentrums und erweiterten den Durchmesser des Kraters auf rund 24 km. Auch der Zentralberg war nicht stabil, er sank wieder ab. Im Gegenzug wurde Material weiter außen hochgedrückt und bildete so den Inneren Ring: Diese konzentrische, um die Mitte des Kraters laufende Hügelkette ist noch heute erkennbar. Hier stehen oberflächlich magmatische Gesteine des Grundgebirges an, die bei ungestörter Lagerung außerhalb des Kraters erst 300 bis 400 Meter tiefer anzutreffen sind.
Nach etwa drei Minuten war das Kraterwachstum beendet. Einige Minuten später kollabierte auch die über dem Krater stehende Glutwolke: Die zurückfallende heiße Masse aus zermahlenem Gestein und erstarrten Schmelzen füllten den nun etwa 500 m tiefen Krater bis zu 400 m hoch auf. Auch die um den Krater liegende Auswurfdecke wurde großflächig von dem heißen Ascheregen bedeckt. Das verfestigte Material aus der Glutwolke bildet heute ein für das Nördlinger Ries typisches Impaktgestein, den Suevit. Man schätzt, dass die mächtige Suevitschicht im Krater rund 2000 Jahre benötigte, um sich von 600 °C auf 100 °C abzukühlen.
Auswirkungen
Am Ende waren der Impaktor und 3 Kubikkilometer irdisches Gestein verdampft, etwa 150 Kubikkilometer Gestein wurden aus dem Krater ausgeworfen, etwa 1.000 Kubikkilometer wurden bewegt. Der Einschlag verursachte ein Erdbeben, dessen Stärke den Wert 8 auf der Richterskala erreichte. Um den Krater herum wurde eine Fläche von etwa 5.000 km² meterhoch unter den ausgeworfenen Trümmermassen begraben.
Etwa zehn Kilometer östlich des Kraterrandes flossen Ur-Main und Ur-Altmühl in Richtung Süden. Ihre Flussläufe wurden von den Auswurfmassen unterbrochen, das Wasser staute sich im Nordosten des Rieskraters zu einem See auf. Dieser erreichte eine Ausdehnung von bis zu 500 km² und erstreckte sich im Norden etwa bis zum heutigen Nürnberg.
Noch hundert Kilometer vom Einschlagsort entfernt erschien der aus dem Krater aufsteigende Feuerball etwa 30 mal größer und 70 mal heller als die Sonne. Die von ihm ausgehende thermische Strahlung versengte Fell, Gefieder und Haut von Tieren; Gras und Laub fingen sofort Feuer. Etwa fünf Minuten nach dem Einschlag traf die atmosphärische Schockwelle mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 600 km/h und einem Überdruck von bis zu 100 Kilopascal (1 Bar) ein. Sämtliches Leben im Umkreis von hundert Kilometern wurde so schlagartig ausgelöscht.
In zweihundert Kilometern Entfernung erschien der Feuerball etwa zehnmal so groß und hell wie die Sonne. Die Druckwelle des Einschlags, die etwa zehn Minuten benötigte, um diese Entfernung zurückzulegen, brachte mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 200 km/h rund ein Drittel aller Bäume zu Fall. Etwa 300 Kilometer südöstlich des Impakts, nahe dem heutigen Liezen, verschüttete ein möglicherweise durch das Ries-Ereignis ausgelöster Bergsturz den nach Norden gerichteten Lauf der Ur-Enns, so dass diese nach Süden, ins Grazer Becken, umgelenkt wurde. (Lit.: Lemcke, 1984)
Selbst in 500 Kilometern Entfernung war das durch den Impakt ausgelöste Erdbeben noch deutlich zu spüren (Stufe 4 bis 5 auf der Mercalliskala). Die Druckwelle traf nach knapp 30 Minuten ein, die Windgeschwindigkeit erreichte mit etwa 50 km/h immerhin noch Stufe sechs auf der Beaufortskala.
Mit Schallgeschwindigkeit verlief die Druckwelle in der Atmosphäre um die ganze Erde: In 20.000 Kilometer Entfernung, am Antipodenpunkt des Einschlags, traf sie nach etwa 17 Stunden ein. Die Schallintensität erreichte dort noch 40 Dezibel – damit war der Einschlag praktisch auf der ganzen Erde hörbar. (Lit.: Collins, Melosh, Marcus, 2005; [1])
Heutiger Zustand
In der Zeit nach dem Einschlag füllte sich der Krater mit Wasser, und ein 400 km² großer See entstand, der also nahezu das Ausmaß des Bodensees erreichte. Nach rund zwei Millionen Jahren verlandete der See. Erst während der Eiszeiten wurde der heutige Rieskessel durch Erosion freigelegt.
Eine Beschreibung der geologischen Situation, wie sie sich heute zeigt, sowie der Gesteine, die aus dem Impakt hervorgegangen sind, ist im Artikel Nördlinger Ries zu finden.
Energie und Größe des Impaktors
Aus der Größe eines Impaktkraters, der Messung der Schwereanomalie im Krater, der Lagerung der ausgeworfenen und den Zerstörungen in den umgebenden Gesteinen kann die für die Bildung des Kraters notwendige Energie abgeschätzt werden. Für den Rieskrater wird die beim Einschlag freigesetzte Energie zwischen 1019 und 1020 Joule abgeschätzt (Lit.: Stöffler und Ostertag, 1983). Ersteres entspricht ungefähr der Energie von 250.000 gleichzeitig gezündeten Hiroshima-Bomben (5,6·1013 Joule). Letzteres entspricht etwa der Energie von 1,8 Millionen Hiroshima-Bomben, der 1.850-fachen Energie der Eruption des Mount St. Helens im Jahr 1980 (5,4·1016 Joule) oder der 90-fachen Energie, die beim Seebeben im Indischen Ozean 2004 freigesetzt wurde (1,1·1018 Joule).
Als weiterer Vergleich mag der zivile Kernwaffentest Storax Sedan dienen, der 1962 als Test zur friedlichen Nutzung von Atomwaffen für Erdbewegungsarbeiten durchgeführt wurde. Die Explosion bewegte etwa 3 Kubikkilometer Gestein und hinterließ einen Explosionskrater von 390 m Durchmesser und 97 m Tiefe. Beim Ries-Ereignis wurde rund 225.000-mal mehr Energie umgesetzt als bei diesem Test mit einer Sprengkraft von 104 Kilotonnen (~4,5·1014 Joule).
Da in den Gesteinen des Rieskraters keine meteoritischen Spuren des Impaktors nachgewiesen werden konnten, lassen sich keine Aussagen ableiten, um welche Asteroidenart es sich gehandelt hat (Lit.: Schmidt & Pernicka 1994). Hierdurch lassen sich auch keine Aussagen zur Größe des kosmischen Körpers ableiten (Lit.: Baier 2007).
Modellrechnungen legen nahe, dass ein Steinmeteorit von etwa 1,5 Kilometer Durchmesser, von Südwesten kommend, wahrscheinlich im Winkel von 30 bis 50 Grad gegen die Horizontale geneigt mit einer Geschwindigkeit von 20 km/s einschlug. Simulationen mit diesen Parametern konnten die Verteilung der beim Impakt ausgeschleuderten Moldavite recht genau wiedergeben. (Lit.: Stöffler, Artemieva, und Pierazzo, 2002)
Weitere Krater
Steinheimer Becken
Etwa 40 Kilometer südwestlich des Nördlinger Rieses liegt das Steinheimer Becken (48° 41′ 12″ N, 10° 3′ 54″ O48.68666666666710.065 ), ein weiterer Einschlagskrater, der ebenfalls rund 15 Millionen Jahre alt ist und gleichzeitig mit dem Ries entstanden sein dürfte. Dass die beiden benachbarten Krater unabhängig voneinander etwa zur gleichen Zeit entstanden sind, ist unwahrscheinlich. (Lit.: Heizmann und Reiff, 2002) Vermutlich handelte es sich bei den kosmischen Körpern, deren Einschlag die beiden Krater hinterließ, um einen Asteroiden, der von einem deutlich kleineren begleitet wurde. Schon vor dem Eindringen in die Erdatmosphäre dürfte ihr Abstand etwa der heutigen Distanz zwischen dem Ries und dem Steinheimer Becken entsprochen haben.
Beim Einschlag des etwa 150 m großen Meteoriten, durch den das Steinheimer Becken entstand, wurde nur etwa ein Prozent der Energie freigesetzt, die bei der Entstehung des Rieskraters frei wurde. Etwa zwei Kubikkilometer Gestein wurden bewegt. Es entstand ein Krater mit rund 3,5 Kilometern Durchmesser, einer Tiefe von ursprünglich etwa 200 Metern und einem deutlich ausgeprägten Zentralberg. (Lit.: Mattmüller, 1994)
Krater auf der Fränkischen Alb
Bereits 1969 – also wenige Jahre, nachdem die Entstehung des Rieskraters und des Steinheimer Beckens durch Meteoriteneinschläge nachgewiesen werden konnte – wurde das etwa 60 Kilometer östlich des Rieses gelegene Becken von Pfahldorf bei Kipfenberg (48° 57′ 42″ N, 11° 19′ 54″ O48.96166666666711.331666666667 ) als weiterer möglicher Meteoritenkrater mit einem Durchmesser von 2,5 Kilometer in die Diskussion gebracht (Lit.: Illies, 1969). Im Jahr 1971 wurde die 30 Kilometer nordöstlich des Rieses gelegene Stopfenheimer Kuppel bei Ellingen (49° 4′ 18″ N, 10° 53′ 24″ O49.07166666666710.89 ) mit 8 Kilometern Durchmesser als möglicher Krater gedeutet. (Lit.: Storzer, Gentner und Steinbunn, 1971) Der Würzburger Geologe Erwin Rutte führte die Entstehung einer Anzahl weiterer rundlicher Strukturen auf der Fränkischen Alb, bis zu 90 Kilometer östlich des Rieskraters, auf Einschläge von Meteoriten, die parallel zum Ries-Impakt erfolgten, zurück. Zu den fraglichen Kratern zählen unter anderem die Wipfelsfurt beim Donaudurchbruch Weltenburg (48° 54′ 12″ N, 11° 50′ 36″ O48.90333333333311.843333333333 , 850 Meter Durchmesser), eine längliche Senke nahe Sausthal bei Ihrlerstein (48° 58′ 0″ N, 11° 49′ 36″ O48.96666666666711.826666666667 , Abmessungen 850 × 620 Meter), das Becken von Mendorf bei Altmannstein (48° 52′ 30″ N, 11° 36′ 6″ O48.87511.601666666667 , 2,5 Kilometer Durchmesser) und die Rundstruktur von Laaber (49° 4′ 48″ N, 11° 53′ 54″ O49.0811.898333333333 , 4,5 Kilometer Durchmesser). (Lit.: Rutte, 1971 und 1974)
Die Deutung dieser Strukturen als Impaktkrater ist allerdings umstritten. (Lit.: Schmidt-Kaler, 1974; Hüttner und Reiff, 1977) Eindeutige Beweise für einen Meteoriteneinschlag, wie diaplektische Gläser oder Hochdruckminerale (Coesit, Stishovit), konnten bisher nicht nachgewiesen werden. Die aus der Wipfelsfurt beschriebenen Strahlenkegel (Lit.: Classen, 1979) sind nur undeutlich ausgeprägt, so dass auch ihre Interpretation als Indikator für einen Impakt unsicher ist. So wird die Wipfelsfurt überwiegend als Auswaschung der Donau angesehen, die anderen Rundstrukturen haben ihren Ursprung vermutlich als Doline oder tektonische Geländeform.
Meteoriteneinschlag am Bodensee
Im Schweizer Alpenvorland um St. Gallen werden Jura-Kalksteinblöcke in jüngeren Gesteinen der Molasse gefunden, deren Herkunft ungewiss ist. Aufgrund Ihrer Ähnlichkeit mit den Reuterschen Blöcken – Kalksteinbrocken, die bis zu 70 Kilometer weit aus dem Ries ausgeschleudert wurden – wurde auch hier die Wirkung eines Meteoriteneinschlags, der möglicherweise gleichzeitig mit dem Ries-Ereignis stattgefunden haben könnte, diskutiert. Gestützt werden diese Überlegungen durch Funde von Strahlenkegeln. (Lit.: Hofmann, 1973 und 1978) Bisher konnte allerdings noch keine entsprechende Kraterstruktur nachgewiesen werden. Möglicherweise erfolgte der Einschlag in lockere Sande der Molasse, so dass sich ein dort entstandener Krater nicht halten konnte, oder der Krater ist vom Bodensee überschwemmt worden. Detaillierte Untersuchungen, etwa durch Forschungsbohrungen, stehen noch aus.
Hypothese von Rutte
Nach Erwin Rutte sind die Spuren des Impakts nicht nur auf die Region um den Rieskrater beschränkt. Er postuliert den Einschlag von Abermillionen teils großer, teils kleiner Festkörper vorwiegend aus Stein und Eisen, Staub, Gasen und Eis, der neben den Kratern auf der Alb auch Spuren in einem Landstrich hinterlassen hat, der sich von der Alb über die Oberpfalz, Niederbayern und Oberösterreich bis nach Böhmen erstreckt. (Lit.: Rutte 1974 und 2003)
Die im Bereich der Altmühl und in der Oberpfalz vorkommenden Brekzien werden von Rutte als Alemonit bezeichnet und als Impaktit gedeutet (Lit.: Rutte, 1972), der beim Einschlag durch Druck, Temperaturen und kosmische Kieselsäure aus Jurakalksteinen und Grünsandsteinen hervorging. Mittlerweile werden von Rutte auch die Gneise und Granite des Bayerischen/Böhmerwaldes, der Sand-Schotter-Sedimente Südböhmens und verkieselten Sandsteine Mitteleuropas als alemonitisch bzw. alemonitisiert bezeichnet: Seiner Hypothese zufolge schmolz ein Großteil der Steinmeteoriten beim Durchqueren der Erdatmosphäre und gingen in eine aggressive Kieselsäurelösung über. Sie ergoss sich in sehr unterschiedlichen Mengen, mit entsprechend unterschiedlicher Tiefenwirkung über Mitteleuropa und verkieselte, verkittete, und imprägnierte die Gesteine der Landoberflächen. Auch die Kaolinvorkommen der nördlichen Oberpfalz wären mit Ätzung durch Säuren kosmischer Abkunft zu erklären.
Die in der Altmühlalb seit der Keltenzeit abgebauten Eisenerzvorkommen um Riedenburg-Kelheim und die in der Oberpfalz bis vor kurzem industriell genutzten Lokalitäten Auerbach, Sulzbach-Rosenberg und Amberg sind nach Rutte ebenfalls meteoritischen Ursprungs: Das Eisen aufgeschmolzener Eisenmeteorite sei von oben in die Gesteine eingedrungen und abgekühlt. Die postulierte meteoritische Abkunft des Eisens wurde durch die Analyse von Spurenelementen gestützt (Lit.: Appel und Garges, 1991).
Die lehmige Albüberdeckung ist nach Rutte der Rückstand einer aus dem in der Einschlagsdetonation hochgeschleuderten, gigantischen Wolke zerstäubten Gesteins. Darüber hinaus habe der Einschlag die kuppige Juralandschaft zwischen dem Nördlinger Ries bis in den Regensburger Wald nivelliert und die höheren Berge abgestumpft.
Kritik
Ruttes Hypothese von einer großen Anzahl von Impakten wird von der Mehrzahl der Geologen kritisch betrachtet. So ist die Deutung des Alemonit als Impaktit umstritten (Lit.: Grimm, 1977). Einerseits konnte die postulierte Schmelze von Steinmeteoriten zu einer aggressiven Kieselsäurelösung bisher nicht bestätigt werden. Andererseits sind Verkieselungen keine ungewöhnlichen Phänomene: Das Siliziumoxid kommt in solchen Fällen sekundär aus kieselsäurehaltigen Grundwässern, oder wurde schon bei der Sedimentation durch Organismen mit kieseligen Schalen eingebracht.
Die analytischen Hinweise auf eine kosmische Herkunft des Eisens sind nicht unwidersprochen (Lit.: Horn und Storzer, 1992), und auch für die Rasenerze existiert eine nicht-kosmogene Erklärung: Die Erze aus der Gegend um Sulzbach-Rosenberg und Amberg stammen demnach aus dem Eisensandstein des Jura und wurden während der Bildung der Sandsteine als Eisen-Oolith abgelagert, akkumuliert und später verfestigt. Das Vorkommen von Auerbach liegt in Sandstein aus der Kreidezeit und sei hingegen in wässriger Lösung ebenfalls aus dem Eisensandstein von Osten her antransportiert worden.
Die lehmige Albüberdeckung wird überwiegend als Residuallehm gedeutet, der bei der Verwitterung von Mergelstein, dessen Kalkanteil durch Niederschläge gelöst (Kohlensäureverwitterung) und durch Klüfte abtransportiert wurde, zurück geblieben ist. Die Kaolinlagerstätten könnten ebenfalls als Rückstand der Verwitterung von Feldspat ohne Einwirkung eines Impakts erklärt werden.
Aus Sicht der Astronomie ist der zeitlich und räumlich nahe liegende Einschlag einer großen Anzahl von Meteoriten aus Stein, Eisen und Eis problematisch. Diese unterschiedlichen Objekte müssten von verschiedenen Mutterkörpern (Asteroiden und Kometen) stammen, und es bleibt ungeklärt, wie es zu einer dichten Anhäufung derartig verschiedener Objekte kommen sollte.
Literatur
Ries-Impakt
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Weitere Krater
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Hypothese von Rutte
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- P. Horn, D. Storzer: Kritik an der Arbeit von Appel & Garges (1991): „Neue Beweise für die Theorie der meteoritischen Abkunft des Tettenwanger Eisenerzes“. in Zeitung der deutschen geologischen Gesellschaft. Wilhelm Hertz, Berlin 143. 1992, 1, S. 159–163. ISSN 0012-0189
- E. Rutte: Alemonit – der Suevit-äquivalente Impactgesteinstyp der Südlichen Frankenalb. in: Die Naturwissenschaften. J. Springer, Berlin 59. 1972, S. 214–216. ISSN 0028-1042
- E. Rutte: Neue Befunde zu Astroblemen und Alemoniten in der Schweifregion des Rieskometen. in: Oberrheinische geologische Abhandlungen. Schweizerbart, Stuttgart 23. 1974, S. 66–105. ISSN 0078-2939
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