Ringknebel

Ringknebel
Mittelalterliche Mundbirne

Der Knebel wird einer Person in den Mund eingeführt, um sie am Reden oder Schreien zu hindern. Auch andere Vorrichtungen zur Kompression von Körperteilen werden oft als Knebel bezeichnet. Beispiele sind Stoff- Ball-, Ring-, Penis- und Ballonknebel. Daneben finden auch Klebeband und andere Materialien als Knebelersatz oder Knebelbefestigung Verwendung.

Inhaltsverzeichnis

Etymologie

Der Begriff stammt vermutlich aus dem Mittelhochdeutschen und ist seit etwa dem 11. Jahrhundert bekannt. Offensichtlich scheint die Verwandtschaft des Begriffs „Knebel“ zum Wort „Knabe“. Beide besitzen den Ursprung in der germanischen Grundform knab, was soviel wie Stock, Knüppel, Klotz bedeutete und ein kurzes Holzstück oder eine Querstange beschrieb. In einem Bedeutungsübergang ist auch die Beschreibung eines ungestümen, ungelenken Halbwüchsigen beschrieb (vgl. Bengel) und später dann den Jüngling oder den Knappen.Im Mittelniederdeutschen findet sich eine Entsprechung zu dem Wort „knevel“. Die Herkunft des Begriffes gilt aber nicht als gesichert.[1][2]

Zeitgenössische Verwendung durch die Polizei

Laut amnesty international sollen weiterhin auch Polizeibeamte sowohl in Deutschland [3] als auch in Österreich [4] besonders bei Abschiebungen Knebel aus Klebeband benutzen, um die Abgeschobenen im Flugzeug ruhig zu halten, was in mehreren Fällen bereits zu Todesfällen geführt haben soll. Auch in Vietnam sollen noch im Jahr 2000 bei Erschießungen Zitronen als Knebel verwendet worden sein [5].

Sicherheit

Jemandem einen Knebel anzulegen, kann sehr riskant sein, da dies ein beträchtliches Risiko einer Asphyxie innehält, falls die Nase der Person verstopft, während sie den Knebel trägt. Jemandem, der krank ist, an einer Erkältung, Grippe, Katarrh, bzw. an verbreiteten Allergien (oder solchen gegen ein spezielles Rasierwasser bzw. Parfum) leidet, einen Knebel anzulegen, ist ebenfalls gefährlich, da die meisten Knebel es erschweren oder gar unmöglich machen, durch den Mund zu atmen. Erbrechen oder Würgen stellen ebenso Gefahren dar, die zur Blockade der Atemwege führen. Eine geknebelte Person sollte daher unter keinen Umständen alleine gelassen werden.

In der Praxis ist kein Knebel effektiv genug, um jemanden komplett zum Schweigen zu bringen, ohne die Luftzufuhr komplett zu unterbrechen. Die meisten Knebel hindern eine Person zwar daran, sich über Sprache zu verständigen, erlauben aber trotzdem laute, inartikulierte Geräusche, um nach Hilfe zu rufen. Daher sollte ein Lautmuster, zum Beispiel drei schnell aufeinander folgende Grunzer, als Safeword bei BDSM verwendet werden. Auch verbreitet sind hier non-verbale Mittel, zum Beispiel ein solider Gegenstand, den der Geknebelte in der Hand hält und von der geknebelten Person als Notfallsignal fallen gelassen werden kann.

Erotische Verwendung

Ballknebel
Trensenknebel
Aufblasbarer Knebel
Penisknebel
Muzzle Gag
Tape Gag
Kieferspreizer

Bei einigen Sexualpraktiken aus dem Bereich des BDSM werden Knebel verwendet, üblicherweise auf Basis einer einvernehmlichen, vernünftigen und sicheren Basis, dem innerhalb der Subkultur so bezeichneten Prinzips Safe, Sane, Consensual. Häufig wird anstelle des deutschen Begriffs auch der englische Ausdruck Gag verwendet.

Die Motivation für die Verwendung kann zweckmäßig sein, beispielsweise um den passiven Partner (Bottom) am Reden und Schreien zu hindern, kann aber auch auf Wunsch des Bottoms angelegt werden, da dieser das Gefühl als angenehm empfindet oder es ihm hilft, sich in eine Rolle im Machtgefüge eines erotischen Rollenspiels einzufühlen. Einige Menschen empfinden auch die Demütigung, unter anderem auch wegen der Unkontrollierbarkeit des Speichelflusses, als erotisch und stimulierend. Ein weiterer Anreiz für die Verwendung von Knebeln liegt in der dadurch symbolisierten Wehrlosigkeit des Bottoms. Die Augen geknebelter Menschen erscheinen größer, das Tragen führt in der Regel zu einem angespannten Gesichtsausdruck des Betroffenen; zusammen mit den stark eingeschränkten Möglichkeiten zur verbalen Kommunikation verstärkt dies zumeist die Intensität des Spiels zwischen aktivem Partner (Top) und Bottom. Diese subtile erotisch geprägte Metaebene kommt auch regelmäßig in vielen Spielfilmen zum Tragen, in denen Darstellerinnen (meist nur symbolisch) geknebelt sind, ohne dass dies wesentlich zur Handlung beitrüge.

Spiele mit Knebeln sind nicht ungefährlich und erfordern aufgrund der eingeschränkten Kommunikationsmöglichkeiten und der teilweisen Einschränkung der Atemwege ein besonderes Maß an Aufmerksamkeit zwischen den Beteiligten. Aus Sicherheitsgründen sollte als alle Aktionen beendendes Safeword ein Geräuschmuster wie z. B. dreimaliges Grunzen, ein Fingerschnipsen oder auch ein fallengelassenes Glöckchen vereinbart werden. Relativ sicher sind Knebelspiele, solange eine konstante Nasenatmung gewährleistet wird. So kann z.B. eine Person mit gut gestopftem und luftdicht versiegeltem Mund über mehrere Stunden lang geknebelt bleiben, wenn sie währenddessen ruhig, regelmäßig und ohne Panik durch ihre freie Nase atmet. Dies ist auch der Grund dafür, dass Knebel einen Menschen nie vollständig ruhig stellen können: durch die Nase können immer noch (sehr laute) Töne erzeugt werden.

Häufig verwendete Ausprägungen im BDSM sind:

Ballknebel

Der Ballknebel (Ball-Gag) besteht meist aus einem Gummiball, der hinter die Zähne geschoben wird. Um Ausspucken oder Herausdrücken mit der Zunge zu verhindern, wird der Ball mittels eines durch eine Bohrung entlang der Mittelachse der Balls geführten Riemens hinter dem Kopf des Trägers fixiert. Manche Anfänger und Asthmatiker verwenden statt eines festen Riemens ein straffes elastisches Band, das den Knebel an Ort und Stelle hält, es dem Geknebelten aber erlaubt mit starken Druck der Zunge den Knebel im Notfall zu entfernen. Wie bei fast allen Knebeln kann der Geknebelte weiter Laute von sich geben, ist jedoch in der Artikulation stark eingeschränkt.

Ringknebel

Der Ringknebel erfüllt eine ähnliche Funktion wie der Ballknebel. Anstatt eines Balls wird jedoch ein Metallring hinter die Zähne geschoben und durch einen Riemen hinter dem Kopf fixiert. Um eine Beschädigung der Zähne zu vermeiden, ist der Ring häufig mit weicheren Materialien wie Leder oder Gummi überzogen. Die Mundatmung ist im Gegensatz zu den meisten anderen Knebeln möglich und erlaubt den Zugang zum Mund des Bottoms. Unkontrollierbarer Speichelfluss verstärkt den Eindruck der Erniedrigung.

Trensenknebel

Der Trensenknebel (Bit Gag) ist an eine Trense angelehnt und wird insbesondere im Ponyplay eingesetzt und ist häufig auch Bestandteil eines an Zaumzeug erinnernden Kopfharness. Er besteht aus einer Querstange aus Holz oder Hartgummi, durch deren Enden jeweils ein Ring befestigt ist. Der Trensenknebel wird durch einen an den Ringen befestigten Riemen hinter dem Kopf fixiert. Die Ringe können auch zur Befestigung von Zügeln genutzt werden. Sprache und andere Laute werden quasi nicht beeinträchtigt.

Ballonknebel

Der Ballonknebel besteht aus einem Latex-Ballon, der mit Hilfe eines manchmal abnehmbaren Blasebalges im Mund des Bottom aufgeblasen wird. Dabei füllt der Ballon große Teile des Mundraumes aus. Ein Ventil verhindert, dass sich der Ballon wieder entleert. Da der Ballon ohne zusätzliche Fixierung nicht im Mund bleiben würde, ist der Ballonknebel oft Teil eines Kopfharness oder einer Maske. Der Ballonknebel ist bauartbedingt einer der effektivsten Knebeltypen.

Penisknebel

Der Penisknebel verschießt den Mund mit einem breiten Leder- oder Latexband, welches im Nacken geschlossen wird. Auf der Innenseite steht eine Nachbildung eines männlichen Gliedes hervor, die in den Mund hereinragt. Der Penisknebel ist nicht besonders effektiv. Manchmal ist an der Außenseite des Knebels ein weiterer Dildo befestigt, mit dem der Geknebelte einen Spielpartner befriedigen kann.

Maulkorb

Der Maulkorb (Muzzle Gag) verschließt lediglich den Mund mit einer Platte als Teil eines Kopfharness und ist alleine wenig effektiv, hat aber innerhalb des Petplay oft einen symbolischen Charakter. Häufig wird der Maulkorb daher mit Ballonknebeln oder anderen innen angebrachten Knebeln wie Penisknebel kombiniert.

Klebeband

Für einen Knebel aus Klebeband (Tape Gag) wird meist Isolierband verwendet. Während das Anbringen einfach und die Kosten niedrig sind, kann Klebeband bei der Abnahme schmerzhaft sein und Hautirritationen bis hin zu Verletzungen hervorrufen. Ein professionelles und nicht auf der Haut klebendes Produkt für diesen Zweck ist das adhäsive Bondage-Tape.

Tücher

Bei dieser Knebeltechnik wird dem Bottom ein Tuch oder auch ein Wäschestück in den Mund gesteckt. Um das Ausspucken zu verhindern, wird der Mund meistens durch Klebeband oder ein weiteres Tuch zusätzlich geknebelt.

Kieferspreizer

Der Mund- bzw. Kieferspreizer stammt aus der Medizintechnik und dient dazu, den Mund eines Patienten geöffnet zu halten. Da er eine Artikulation und das Schließen des Mundes verhindert, hat er über die Klinikerotik Einzug als Sonderform des BDSM-Knebels gehalten. Ein ähnliches Prinzip verfolgt der ebenfalls aus Metall gefertigte Spinnenknebel, der den Mund geöffnet hält.

Schlauchknebel

Für einige spezielle Praktiken werden Schlauchknebel verwendet, anstelle eines verschließenden Knebels wie einem Ball ragt ein Schlauch in den Mund hinein und wird über Riemen befestigt. Sie werden dann eingesetzt, wenn die Atmung kontrolliert oder beispielsweise unter Wasser sichergestellt werden soll.

Sonstige Knebel

Trichterknebel werden eingesetzt, um den Bottom zur Aufnahme von Flüssigkeiten zu zwingen. Aus dem asiatischen Bondage stammt der Zungenpranger, bei dem die Zunge zwischen zwei dünnen Stäbchen eingeklemmt wird und dadurch nicht in den Mundraum zurückgezogen werden kann. Die Maulbirne oder Mundpflaume ist ein historisches Foltergerät in Birnenform, zunächst wird die Maulbirne geschlossen in den Mund geschoben und dann wird über einen Schraubmechanismus die Birne von der Basis her im Mund aufgespreizt.

Einzelnachweise

  1. Friedrich Kluge, Elmar Seebold: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 24. Auflage. Walter de Gruyter, 2002, ISBN 3110174731, S. 502. 
  2. Dudenredaktion (Bibliographisches Institut) (Hrsg.): Duden Herkunftswörterbuch: Etymologie der deutschen Sprache. Dudenverlag, 2001, ISBN 3411040734, S. 416/417. 
  3. Open amnesty international Länderbericht 1997: Bundesrepublik Deutschland
  4. amnesty international-Journal April 2000: Österreich
  5. amnesty international Jahresbericht 2000: Vietnam

Weblinks

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