- Avena sativa
-
Saat-Hafer Systematik Unterklasse: Commelinaähnliche (Commelinidae) Ordnung: Süßgrasartige (Poales) Familie: Süßgräser (Poaceae) Unterfamilie: Pooideae Gattung: Hafer (Avena) Art: Saat-Hafer Wissenschaftlicher Name Avena sativa L. Saat-Hafer (auch: Echter Hafer, lat.: Avena sativa) ist ein Getreide aus der Gattung Hafer (Avena) innerhalb der Familie der Süßgräser (Poaceae).
Inhaltsverzeichnis
Pflanzenbeschreibung
Es ist eine einjährige krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 0,6 bis 1,5 Meter erreicht. Dieses Rispengras hat eine 15 bis 30 cm lange, allseits wendige Rispe (Blütenstand), die zum Teil wiederum verzweigte Rispen trägt, die sich sanft nach unten neigen. An der Spitze tragen die Rispen Ährchen mit zwei bis drei Blüten, von denen meist nur zwei fruchtbar sind. Hafer ist ein Selbstbestäuber. Die spindelförmigen Körner sind bei der Reife mit der kurzbegrannten Deckspelze und der Vorspelze fest verwachsen. Die Spelzen umgeben das eigentliche Korn.
Geschichte
Der früheste Nachweis für den Haferanbau ist durch die bronzezeitlichen Pfahlbausiedlungen in der Schweiz belegt. Bereits Germanen schätzten den Hafer. Die Römer bezeichneten die Germanen verächtlich als Haferfresser. Die Bedeutung des Hafers wird auch darin deutlich, dass er in deutschen Familiennamen vorkommt, zum Beispiel Haferkamp (= Hafer-Feld).
In den altertümlichen Getreidefunden taucht Hafer nie in Reinform, sondern immer als Beimengung auf. Dies lässt den Schluss zu, dass Hafer zunächst als Beigras auf Gersten- und Weizenfeldern wuchs. Er wird somit zu den sekundären Kulturpflanzen gezählt. Um ca. 5000 v. Chr. sind die ältesten Nutzungsnachweise von Hafer in Polen und der nördlichen Schwarzmeerregion zu finden. Die ersten Nutzungsbelege in Mitteleuropa lassen sich auf 2400 v. Chr. datieren. Bis in das Mittelalter war der Haferanbau auf das Gebiet nördlich des Mains beschränkt. Erst später fand dann auch weiter südlich der Anbau statt. Ab dem Hochmittelalter ist Hafer in Mittelgebirgslagen eine bedeutende Feldfrucht, die erst durch die Einführung der Kartoffel ihre Stellung verlor. Noch 1939 rangierte Hafer in der weltweiten Bedeutung nach Weizen und Mais an dritter Stelle der Getreidearten. In Deutschland war Hafer bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts nach Roggen die wichtigste Getreideart. Heute ist der Haferanbau in Deutschland gegenüber den anderen Getreidearten von untergeordneter Bedeutung.
Bis in die Neuzeit war in klimatisch wenig günstigen Gegenden Deutschlands der Anbau von Hafer häufig anzutreffen, da der Hafer auch bei ungünstigen Witterungsbedingungen (Staunässe, Trockenheit, mangelnde Bodenqualität) und schlechter Nährstoffversorgung stabilere Erträge liefert als zum Beispiel Sommergerste. Nach dem Zweiten Weltkrieg ist der Anbau zurückgegangen, zum Teil wegen der Motorisierung, die Zugpferde (als Haferkonsumenten) mehr und mehr überflüssig machte und damit die Nachfrage senkte. In den letzten Jahrzehnten nahm die Produktion wieder zu, da der Reitsport an Popularität gewonnen hat.
Anbau
Hafer bevorzugt ein gemäßigtes Klima mit hohen Niederschlägen. Sein Anbau findet in den Mittelgebirgen, im Alpenvorland und in den Küstenregionen statt. Seine Ansprüche an den Boden sind gering. Hafer wird als Sommergetreide angebaut und im Frühjahr ausgesät. Die Ernte findet ab Mitte August statt. Unter den Getreidearten gilt Hafer als „Gesundungsfrucht“, da sich viele Getreideschädlinge in ihm nicht vermehren. Die Durchschnittserträge stagnieren bei ca. 50 dt/ha, da Hafer züchterisch kaum bearbeitet wird. Aus diesem Grund ist der Anbau von Hafer für Landwirte ökonomisch wenig interessant.
Ein Großteil der Ernte in Deutschland wird heute zur Tierfutterherstellung verwendet. Hafer wird auch für Getreidezubereitungen wie Haferflocken, Müsli, Salat, Backwaren und Breie genutzt.
Nutzung
Produkte des Hafers sind Stroh, Haferflocken, Hafermilch, Hafermehl, verschiedene Extrakte für die Medizin und Furfural, eine Chemikalie, die aus den Spelzen gewonnen wird.
Ernährungsphysiologisch ist Hafer die hochwertigste Getreideart, die in Mitteleuropa angebaut wird. Indem die Körner entspelzt und nicht geschält werden, bleiben die Vitamine der äußeren Kornschicht erhalten. Allerdings wäre Hafermehl infolge des geringen Kleberanteils zur Herstellung von Brot nicht geeignet. Nach dem Entspelzen, Schälen und Darren dienen die Körner in gewalzter Form als Haferflocken für die menschliche Ernährung. Haferflocken können roh oder gekocht verzehrt werden und sind leicht verdaulich. Weiterhin lassen sich aus ihnen Hafergrütze und Hafermehl herstellen. In der Schon- und Diätkost werden mit Hafer verschiedene Beschwerden behandelt. Dazu zählen z. B. Magen-Darm-Leiden, Gallen- und Nierenerkrankungen sowie Rheuma- und Kreislaufbeschwerden. In einigen Regionen wird aus Hafer Whiskey hergestellt. Der überwiegende Anteil der Haferproduktion wird jedoch an Pferde, Rinder oder Geflügel verfüttert. Der hohe Rohfaseranteil macht die Körner für die Verfütterung an Schweine ungeeignet.
Im Mittelalter war Haferbier ein beliebtes Getränk.
Die größten Haferproduzenten
Folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die 15 größten Haferproduzenten der Welt, die 2007 zusammen etwa 85 % der Welterntemenge erzeugten.
Die größten Haferproduzenten weltweit (2007) Rang Land Menge
(in Tsd. t)Rang Land Menge
(in Tsd. t)1 Russland 5.407 9 Deutschland 800 2 Kanada 5.009 10 China 800 3 Polen 1.487 11 Vereinigtes Königreich 740 4 Vereinigte Staaten 1.330 12 Ukraine 600 5 Spanien 1.274 13 Weißrussland 580 6 Finnland 1.266 14 Chile 524 7 Schweden 892 15 Frankreich 443 8 Australien 843 Welternte 25.994 Quelle: FAO, Faostat, 2009[1]
Der durchschnittliche Hektar-Ertrag lag weltweit bei 22,8 dt/ha, in Deutschland bei 49,2 dt/ha.
Siehe auch: Die größten Getreideproduzenten, Die größten Weizenproduzenten, Die größten Roggenproduzenten, Die größten Gersteproduzenten, Die größten Reisproduzenten, Die größten Maisproduzenten
Inhaltsstoffe
Die Bestandteile von Avena sativa sind:
- 12 % Proteine
- 5 % Fett
- 12–14 % Ballaststoffe
- 63 % Kohlenhydrate
und sonst noch Phytosterine, Alkaloide, Provitamin A, Vitamine B1, B2, B6, Pantothensäure, Niacin, Biotin, Folsäure, Kieselsäure, Linolsäure, diverse Mineralstoffe und Spurenelemente. Von allen gängigen Getreidearten enthält er den höchsten Mineralstoffgehalt. Der hohe Eisengehalt ist vergleichbar mit vielen Fleischsorten.
Verarbeitung
Die Haferkörner sind fest mit den Spelzen umschlossen. Durch den Drusch lassen sie sich nicht voneinander trennen. Soll Hafer zur menschlichen Ernährung verwendet werden, so werden zunächst die Spelzen mit einem Prallschäler entfernt und mit einem Steigsichter abgetrennt. Anschließend werden die Körner gedämpft und wieder gedarrt (getrocknet), um ein Ranzigwerden aufgrund des hohen Fettgehaltes von etwa 5 % zu verhindern. Dann werden die Körner entweder zu Grütze geschnitten und/oder in einem Flockierwalzwerk/Flockenstuhl zu Flocken gequetscht.
Bei der Verwendung als Futtergetreide können die Spelzen am Korn bleiben. Neben den bespelzten Hafersorten gibt es auch „Nackthafer“, er verliert beim Dreschen seine Spelzen. Seine Erträge sind jedoch geringer.
Gesundheitliche Bedeutung
Hafer fördert Wachstum, den allgemeinen organischen Aufbau, die Festigkeit der Knochen sowie die Blutbildung. Er wird auch als Kindernährmittel und nach Magen- und Darmoperationen eingesetzt. Die besondere Bekömmlichkeit und leichte Verdaubarkeit von Hafereiweiß und -fett spielen hierbei eine große Rolle.
Bei Nierenerkrankungen, Kreislauferkrankungen und Zwölffingerdarmerkrankungen. Hafer beruhigt das Herz. Die Pflanze ist auch gut gegen Müdigkeit. Der regelmäßige Genuss von Hafer bzw. Haferkleie, z. B. in Form von Haferflocken, kann den Cholesterinspiegel des Blutes senken. Haferstrohbäder helfen gegen Hautverletzungen und gegen Hexenschuss; Haferstroh wird auch als Streu für Tiere genutzt. Haferextrakte oder Hafersaft wird auch in der Raucherentwöhnung verwendet.
Herz- und Gefäßerkrankungen, Senkung des Cholesterinspiegels bei Hypercholesterinämie (bei gleichzeitig kalorienarmer Ernährung), Regulation von hohem Blutdruck (bei gleichzeitig kalorienarmer Ernährung), Senkung des glykämischen Indexes (Diabetes mellitus), (Insulintherapie).
Für viele Allergiker und Betroffene von Sprue, Zöliakie sowie chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, Reizdarmsyndrom, Kurzdarmsyndrom) ist nur Gliadin, nicht aber zugleich auch jedes andere Gluten unverträglich. Die in dieser Weise Betroffenen müssen deshalb zwar die klassischen Getreide (Weizen, Triticale, Roggen und ihre botanischen Vorläufer) meiden, können aber Hafer und Haferprodukte essen. Es muss hier aber sichergestellt sein, dass der Hafer beim lebensmitteltechnologischen Behandlungsprozess nicht mit Weizenmehl usw. verunreinigt wurde.
2004 wurden Ergebnisse einer klinischen Studie an Kindern, die an Zöliakie litten, veröffentlicht. Diese hatten, über ein Jahr entweder eine glutenfreie Diät oder eine glutenfreie Diät mit täglich 25-50 g Hafer erhalten. Hierbei wurde festgestellt, dass kleine Mengen Hafer in der glutenfreien Diät weder die Heilung der Dünndarmschleimhaut noch die Regulation des Abwehrsystems verhindert. Zur genauen Bestätigung der Unschädlichkeit von Hafer sind weitere langfristige Studien notwendig.
Die therapeutische Wirkung des Hafers beruht vermutlich auf der im Haferstroh enthaltenen Kieselsäure und den Mineralstoffen. Die Ballaststoffe sind wahrscheinlich dafür verantwortlich, dass Hafer cholesterinsenkend und gegen Arterienverkalkung wirkt. Der beruhigende Effekt des Hafers beruht möglicherweise auf dem im Hafer enthaltenen Gramin.
Trivia
In der Österreichisch-Ungarischen Monarchie entsprach Hafer dem heutigen Benzin, da das Militär und auch die Wirtschaft ihn für die Zugpferde der Warentransporte benötigte. In Budapest existierte eine Warenterminbörse, in der die Haferspekulation zu den häufigsten Spekulationen gehörte.
Weiterführendes
Literatur
- Wilfried Seibel (Hrsg.): Warenkunde Getreide - Inhaltsstoffe, Analytik, Reinigung, Trocknung, Lagerung, Vermarktung, Verarbeitung. Agrimedia, 2005, ISBN 3-86037-257-2.
Einzelreferenzen
Weblinks
Wikimedia Foundation.