Roger Brooke Taney

Roger Brooke Taney
Roger B. Taney, photographiert von Mathew Brady
Portrait Taneys von Henry Ulke (1881, nach einer Photographie)

Roger Brooke Taney (* 17. März 1777, † 12. Oktober 1864) war amerikanischer Justizminister, Finanzminister und Vorsitzender des obersten US-amerikanischen Gerichts, des Supreme Court.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Taney entstammte einer reichen sklavenhaltenden Familie aus Maryland, die ihren Reichtum dem Tabakanbau verdankte. Er studierte am Dickinson College und schloss 1795 als Bester seiner Klasse ab. Seit seiner Jugend interessierte er sich vor allem für Politik und Justiz. Im Alter von 23 Jahren wurde er für die föderalistische Partei Abgeordneter im Staatsparlament von Maryland. Da er den Krieg von 1812 befürwortete, verließ er vorübergehend seine Partei, schloss sich ihr aber gegen Ende des Jahrzehnts wieder an und wurde für 5 Jahre Mitglied des Senats seines Heimatstaates. Danach betrieb er für einige Jahre eine private Anwaltskanzlei, ohne dabei allerdings die Politik aus den Augen zu verlieren. 1831 wurde er von Präsident Andrew Jackson zum Justizminister der Vereinigten Staaten berufen. Dieses Amt behielt er bis 1833.

Am 23. September 1833 berief ihn Jackson zum Finanzminister als Nachfolger von William J. Duane, nachdem dieser und auch dessen Vorgänger Louis McLane dem Wunsch des Präsidenten nach Auflösung der Second Bank of the United States und der anschließenden Eröffnung von Regierungskonten bei Geschäftsbanken nicht nachgekommen waren. Taney dagegen, der zuvor als Justizminister bereits ein Rechtsgutachten zur Zulässigkeit dieser Schritte verfasst hatte, setzte die Maßnahmen im Sinne des Präsidenten durch. Am 25. Juni 1834 wurde er dann als Finanzminister durch Levi Woodbury abgelöst.

Nach dem Tod von John Marshall wurde er von Jackson zu dessen Nachfolger als oberster Bundesrichter der USA ernannt. Dieses Amt hielt er achtundzwanzig Jahre bis zu seinem Tode inne. Er wurde so der oberste Bundesrichter mit der bislang zweitlängsten Amtszeit.

Tätigkeit Roger B. Taneys als Bundesrichter

Im Unterschied zu seinem Vorgänger Marshall, der mehr die Zentralgewalt des Bundes gefördert hatte, plädierte Taney oft zugunsten der Einzelstaaten der USA. Einige Urteile seines Vorgängers wurden von ihm überprüft und in seinem Sinne geändert.

Auf dem Gebiet der Sklavenhaltung allerdings vertrat er nicht das Prinzip der Souveränität der Einzelstaaten. Nach Taneys Auffassung hatten Einzelstaaten wie z. B. Pennsylvania nicht das Recht, die Rechte der Sklavenhalter einzuschränken. Taney fällte mehrere Urteile in diesem Sinne und trug im Vorfeld des amerikanischen Bürgerkrieges zur Vertiefung der Gegensätze zwischen den Nord- und Südstaaten bei.

Der Fall Dred Scott

Die bekannteste seiner Entscheidungen im oben erwähnten Sinne war das Urteil im Fall des von seinem Besitzer zeitweise in den freien Norden verbrachten Sklaven Dred Scott. Taneys Urteil im Fall Scott besagte, dass dieser dadurch keineswegs ein freier Mann geworden sei, sondern nach dem Tod seines Besitzers zu dessen Erben in den Süden zurückkehren müsse. Zugleich sprach er dem Kongress und den noch nicht als Staaten organisierten Territorien das in mühsamen Kompromissen ausgehandelte Recht ab, die Sklaverei zu untersagen; dieses Recht komme nur bereits gebildeten Einzelstaaten zu und erstrecke sich überdies nicht auf Bürger anderer Staaten, die dort zeitweise lebten. Dieses Urteil wurde von den Sklavereigegnern als illegitim bezeichnet und der Richter des Amtsmissbrauchs bezichtigt. Abraham Lincoln und die Republikanische Partei beschuldigten den obersten Gerichtshof unter Taney, Handlanger der Sklaverei zu sein. Zusammen mit Präsident James Buchanan versuchte Taney Bundesgesetze wie den Kansas-Nebraska Act zu unterlaufen. Tatsächlich scheint es so gewesen zu sein, dass Buchanan hinter den Kulissen seinen Einfluss in diesem Sinne geltend gemacht hat.

Taneys juristische Haltung sollte seine Gegner weiter erzürnen. Er bekräftigte seine Meinung, dass Afro-Amerikaner, gleichgültig ob versklavt oder frei, niemals Bürger eines Staates sein können, weil dies die Verfassungsväter ausgeschlossen hätten. Als untergeordnete „Sache“ seien sie nicht berechtigt, mit der weißen Rasse auf der gleicher Ebene zu verkehren, ja sie hätten überhaupt keine schützenswerten Rechte. Dabei berief er sich auf die Verfassung der USA.

Erstaunlicherweise war Taney im privaten Bereich moderater. Er emanzipierte seine eigenen Sklaven und zahlte den arbeitsunfähigen älteren Sklaven sogar Pensionen. 1819 (vor seiner Zeit als oberster Bundesrichter) hatte er in einem Prozess die Sklaverei als nationalen Schandfleck bezeichnet.

Seine offizielle Haltung vor allem im Fall Dred Scott heizte den inneramerikanischen Konflikt weiter an. Er bezeichnete die Antisklavereibewegung als „Aggression des Nordens“. Dieser Satz wurde gern und oft von patriotischen Südstaatlern zitiert. Taney hatte gehofft, mit seinen Entscheidungen die politischen Spannungen zu entschärfen. Dies war eine fatale Fehleinschätzung des mittlerweile über 80-jährigen Richters.

Roger B. Taney während des Bürgerkrieges

Nach dem Ausbruch des Bürgerkriegs blieb Taney anders als die meisten anderen Südstaatler in der Hauptstadt zwar im Amt und erklärte seine Loyalität zur Union (wohl auch weil sein Heimatstaat Maryland sich ebenfalls gegen eine Sezession entschied), legte sich aber mit Präsident Lincoln an. Er bestritt das Recht des Präsidenten, den Habeas Corpus Act in Maryland teilweise außer Kraft zu setzen. Laut Taney hätte nur der Kongress diese Befugnis gehabt. Lincoln war über Taney erbost und beschloss, den Richter zu ignorieren.

Taney starb im Oktober 1864, ein halbes Jahr vor dem Ende des von ihm mitverschuldeten Bürgerkrieges. Sein Nachfolger wurde Lincolns bisheriger Finanzminister Salmon Chase.

Taney blieb auch nach seinem Tod eine umstrittene Person. 1865 lehnte es der Kongress ab, ihm zu Ehren eine Büste aufstellen zu lassen. Bis heute sind seine Entscheidungen in der amerikanischen Justizgeschichte umstritten.

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