Roland (Rakete)

Roland (Rakete)
Roland-Waffensystem (US-Version)

Das Waffensystem Roland ist ein in den 1970er-Jahren in deutsch-französischer Kooperation entwickeltes, allwetterfähiges, autonomes und ECM-resistentes Flugabwehrraketensystem zur Bekämpfung tief- und tiefstfliegender Luftfahrzeuge. Die letzten Systeme wurden in Deutschland im Herbst 2005 außer Dienst gestellt.

Inhaltsverzeichnis

Einsatz

Zusammen mit den Waffensystemen Patriot und HAWK bildete Roland bis 2005 den Hauptanteil der Flugabwehr der deutschen Luftwaffe. Seine Hauptaufgabe war der Schutz wichtiger Einrichtungen, wie Fliegerhorste oder Marinestützpunkte.

Auf Grund der veränderten Bedrohungslage wurde das Waffensystem den Ansprüchen nicht mehr gerecht. Alle Roland-Waffensysteme bei Luftwaffe und Marine wurden 2003 zugunsten des sich noch in der Entwicklung befindlichen Medium Extended Air Defense System (MEADS) außer Dienst gestellt, obwohl Prototypen einer modernisierten Roland-Version existierten. Die Flugabwehrraketengruppe 15 in Leipheim kam den vertraglichen Verpflichtungen gegenüber den Vereinigten Staaten von Amerika im Rahmen des Roland-Patriot-Abkommens noch bis Ende 2005 nach. Beim Heer in der Heeresflugabwehrtruppe wurde der Flugabwehrraketenpanzer ROLAND ebenfalls bis Ende 2005 genutzt.

Laut Einsatzbeschreibung der Luftwaffe sollte das Waffensystem Roland folgenden Zweck erfüllen:

Das WaSys Roland hat als taktische Feuereinheit der FlaRakGrp Roland den Auftrag, die ihr zugewiesenen Objekte vor Luftangriffen oder Luftaufklärung aus sehr tiefen, tiefen und mittleren Höhen zu jeder Tages- und Nachtzeit und unter allen Wetterbedingungen zu schützen.
Roland Rad auf Basis des MAN gl

Es existierten zwei Ausführungen des Systems:

  1. Beim Heer befand sich das auf einem Schützenpanzer Marder aufgesetzte Modell Flugabwehrraketensystem Roland Kette (FRK) im Einsatz.
  2. Luftwaffe und Marine benutzten das auf einem geländegängigen LKW 15 t mil gl KAT I A1 (8x8) basierende Flugabwehrraketensystem Roland Rad (FRR) mit Sonderaufbau Roland (SARO). Ab 1999 verfügte die Luftwaffe auch über zehn luftverladbare (LVB) FRR auf LKW 7 t.

Technik

Lenkflugkörper

Roland-Rakete im White Sands Missile Range Museum.

Das Waffensystem verschießt den von dem deutsch-französischen Konsortium Euromissile hergestellten Lenkflugkörper (LFK) Roland-2 oder die kampfwertgesteigerte Version Roland-3. Der Gefechtskopf wird wahlweise durch einen Annäherungs- oder Aufschlagzünder gezündet.

Roland-2 Roland-3
Länge 2,70 m
Durchmesser Ø 0,27 m
Startmasse 62,5 kg 77 kg
vmax 500 m/s 570 m/s
Reichweite 6300 m 8000 m
Höhenreichweite: 3000 m 5000 m

Waffensystem

Das System besteht im wesentlichen aus dem um 360° drehbaren Turm und den seitlichen, parallel zur Fahrzeugachse liegenden Magazinen. Am Turm befestigt sind das Suchradar zur Überwachung des Luftraumes mit einer Aufklärungsreichweite von 16.000 m und einer Aufklärungshöhe von 3.000 m, das Folgeradar für die Erfassung und Verfolgung des Flugziels bis 16.000 m Reichweite sowie die Werfer, an denen die Flugkörper in Startrohren aufgehängt sind und von denen aus der Abschuss erfolgt.

Ist ein oder beide LFK verschossen, wird der Turm auf Betätigen des Drucktasters „Laden“ automatisch wieder in Ladeposition gefahren und verriegelt. Daraufhin öffnen sich die Magazindeckel, damit die sich absenkenden Ladearme jeweils einen neuen LFK aus dem Trommelmagazin entnehmen können. Durch „Munitionsfühler“ (Magnetfühler) an den Werfern kann die Waffenanlage feststellen, ob und welches Startrohr vor dem Ladevorgang abgeworfen werden muss. Aus der technisch ungünstigsten Position dauert das Nachladen maximal 12 s. Während dieses Vorganges ist das Waffensystem nicht kampffähig.

Die Stromversorgung erfolgt durch eine EVA (EnergieVersorgungsAnlage) in Form eines Vierzylinder-Dieselmotors. Der angeflanschte Drehstromgenerator liefert die benötigte Grundspannung, die von einem Gleich- und einem Wechselrichter in die Bordnetzspannung umgewandelt wird. Im „Verteiler-Turm“ sowie in der „Verteiler-Wanne“ werden die Endverbraucher angesteuert. Da der Turm um 360 Grad drehbar ist, werden Signale und Strom über im Boden der Bühne liegende Schleifringe übertragen.

Das System kennt vier aufeinander aufbauende Betriebszustände:

Betriebszustand Beschreibung Zeit
1. Grundzustand Turm, Richteinheit und Antennen in Ruhestellung verriegelt.
Stromversorgung aus
3 min
2. Überwachung Stromversorgung ein, Suchradar aufgeklappt und in Betrieb. 15 s
3. Bereitschaft Ladearme in 90°-Position, FR-Antenne aufgeklappt und verriegelt,
Hydraulikdruck Wanne aufgebaut
16 s
4. Bekämpfung wie 3, zusätzlich Visierklappe des optischen Visiers
geöffnet, Turm und Richtanlage sind entriegelt.
2 s

Die angegebenen Zeiten geben an, wie lange es dauert, um aus dem angegebenen Zustand den nächsten Betriebszustand zu erreichen.

Betriebsarten und Zielbekämpfung

Roland kennt drei Betriebsarten:

  • Optisch
Der gesamte Bekämpfungsablauf liegt in der Hand des Richtkanoniers. Er erfasst das Ziel optisch, führt die Waffenrichtanlage nach, löst den Abschuss nach Feuerfreigabe durch den Kommandanten aus und leitet den LFK auf Sicht ins Ziel.
  • Radar
Identifizierung der abgefragten Freundkennung durch Sekundärradar. Ziele werden durch das Folgeradar erfasst und automatisch nachgerichtet. Abschuss erfolgt durch Kommandant. Zielführung durch das Folgeradar.
  • Mischbetrieb
Eine Kombination der obigen beiden Methoden.

Der Richtkanonier kann den Bekämpfungsablauf bei zugeschaltetem Folgeradar und erfasstem Ziel jederzeit durch den sogenannten Visier-Radar-Knopf an das Folgeradar übergeben. Ein Wechsel zwischen den beiden Betriebsarten „Optisch“ und „Radar“ (Mischbetrieb) ist auch während der Flugphase des LFK möglich und je nach Situation sogar gewollt. Dem Kommandanten obliegt dann mit seinem Pedal (treten = Feuerfreigabe; entlasten = scharfmachen des Gefechtskopfes) das "Scharfmachen" des Lenkflugkörpers in allen drei Betriebsarten.

Besonders die Möglichkeit der rein optischen Kampfführung macht das System unter Luftfahrzeugbesatzungen gefürchtet, da vom System keinerlei Abstrahlung erfolgt und so keine Möglichkeit besteht, das System bereits vor Abschuss des LFK zu orten. Weiterhin macht die rein manuelle Steuerung des LFK durch den Richtkanonier das System weniger anfällig gegen ECM-Maßnahmen.

Erwähnenswert ist die Möglichkeit der „Neutralisation“ des LFK während der gesamten Flugphase (beispielsweise, um eine Gefährdung eigener LFZ zu verhindern). Durch Drücken des Neutralisationsknopfes detonieren kleine Sprengladungen an den Flügeln des LFK und reißen dessen Außenhülle auf. Durch den daraus resultierenden unkontrollierten Treibstoffabbrand und entstehenden Druckverlust im Staurohr des LFK sichert sich der Gefechtskopf wieder, und der LFK stürzt ab.

Ein Führungsgefechtsstand Roland (FGR) kann für einen Verbund von Waffensystemen die Luftraumüberwachung übernehmen. Die Reichweite seines Radars liegt bei 60.000 m. Der sich daraus ergebende Vorteil ist, dass lediglich eine einzige ortbare Radarquelle aktiv ist. Die Übermittlung des Luftbildes an die einzelnen Systeme erfolgt für gewöhnlich über Funk. Bei Ausfall des FGR kämpfen die einzelnen Einheiten autonom weiter.

Technische Daten

Heer Luftwaffe
Marine
Bezeichnung FRK FRR
Masse [kg] 35.000 27.500
Länge [m] 6,92 9,80
Breite [m] 3,24 2,90
Höhe¹ [m] 2,92 3,96
Panzerung ja nein²
Besatzung 3 3
Anzahl LFK³ 2+8 2+8
Motorleistung [ kW ] 441 236
Höchstgeschwindigkeit [km/h] 60 90
Tankinhalt [Liter] 650 330
Operationsreichweite (Straße) [km] 500 800
Wattiefe [m] 1,5 1,2
Bewaffnung 1 x MG3
Nebelwerfer
¹ mit eingeklappter Radarantenne
² nachrüstbar
³ bei vier Ladearmen: 4+8

Die Energieversorgung wird beim FRK durch ein in der Wanne des Panzers eingebautes Aggregat sichergestellt. Das FRR führt hierzu hinter dem SARO die 1.400 kg schwere Energieversorgungsanlage EVA mit.

SARO

Als Sonderaufbau Roland bezeichnet man den Kofferaufbau, in dem in der Ausführung FRR das eigentliche Waffensystem untergebracht ist. Der vollklimatisierte SARO besitzt einen ABC-Vollschutz und eine Schalldämmung von 79 dbA.

Das Auf- oder Absetzen des SaRo auf den LKW wird manuell mittels zweier mitgeführter, seitlich anzubringender Absetzvorrichtungen bewerkstelligt.

Länge 4,7 m
Breite 2,84 m
Höhe 1,7 m
Höhe mit WaSys
Masse 2.100 kg
Masse mit WaSys 10.500 kg

Verwendung in anderen Armeen

Französischer AMX-30 ROLAND Flugabwehrpanzer

Das Flugabwehrsystem Roland war und ist bei vielen Streitkräften im Einsatz. Die französische Armee setzt das System auf dem Fahrgestell des AMX-30 ein. Für die US Army wurde eine Version auf Basis der Panzerhaubitze M109 entwickelt.

Weblinks


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