Romovė

Romovė
Romowe

Romowe (litauisch Romuva, mittelalterl. Romehnen, Kreis Fischhausen) war ein Kultmittelpunkt der baltischen Prußen. Er befand sich im heutigen Oblast Kaliningrad im historischen Samland.

Inhaltsverzeichnis

Historische Nachweise

Der Ort wurde 1325 als "in campis ville Rummowe" erwähnt, 1331 als "inter villas ... Romaynis, Romayn, Roymanis". Die prußische Silbe "rāms" bedeutet ruhig, sittig und entspricht litauisch "romus, ramus" (ruhig, still). (Z.B. Rominter Heide, Berg Rombinus bei Tilsit-Ragnit sowie andere Ortsnamen). Daneben gibt es auch die Bezeichnung Rickoyot, Rikaioth (belegt ab 15. Jh.) für den gleichen Ort. Rickoyot wird mit altpreußisch rikis 'Herr' in Verbindung gebracht.

Beschreibung

Die ältesten Quellen nennen nur die Nachbarschaft des Dorfes zu heiligen Wäldern oder Feldern. Eine erste Beschreibung liefert erst Peter von Dusburg 1326. Er vermerkt, dass es sich um eine zentrales Heiligtum der Balten handele. Der Ort sei nach Rom benannt und der oberste Priester, genannt Kriwe, wird wie der Papst verehrt, denn ihm gehorchen nicht nur die Prußen, sondern auch die Litauer und Völker aus Livland. Dessen Botschafter wurden mit der Kriwule bevollmächtigt, einem markant gewachsenen schlangenartigen Holzstab, dem Symbol der Erdgöttin Semina (litauisch Žemyna). Bezüglich der in Romowe verehrten Gottheiten teilt erst Simon Grunau um 1529 mit, dass hier Patollos, Patrimpos, Perkūnas verehrt wurden. Statuen dieser drei Götter standen in einer 6 Ellen dicken Eiche.

Gründungslegende

Die Gründung des Heiligtums geht nach Simon Grunau auf die Kimbern zurück. Gestiftet wurde das Heiligtum von Brutenis und Widewutis 523.

Quellenkritik

Während Peter von Dusburg als seriöse Quelle gilt, werden die Erläuterungen von Grunau oft skeptisch betrachtet. So wird auf die Ähnlichkeit der Beschreibung des Heiligtums mit dem in Uppsala, wie es von Adam von Bremen in der Hamburger Kirchengeschichte beschrieben wird, verwiesen und angenommen, dass die Beschreibung einfach übernommen wurde. Die Sage von den Brüdern Bruteno und Waidewut stammt aus der Gotenzeit, während das Heiligtum weit älter ist. Kimbern siedelten im Samland nicht. Der Gleichklang mit der Stadt Rom geht allenfalls auf indogermanische Ähnlichkeit zurück. Es wurde tatsächlich diskutiert, ob der Kriwe dem Papst gleichzustellen und dem entsprechend respektvoll zu behandeln sei. Da es jedoch mehrere Heiligtümern mit je einem Kriwen gab, kann eine der katholischen Kirche analoge Hierarchie der Priesterschaft nicht angenommen werden.

Deutung

Ein Hain mit alten Eichen kann mit heiligen Hainen und Bäumen anderer heidnischer Völker (z.B. Donareiche der Germanen) verglichen werden. Die Balten bevorzugten Eichen, die mit Mispelbewuchs immergrün waren. Hier wurden ewige Feuer zu Ehren des Donnergottes Perkūnas unterhalten, dem Gott des Feuers und des Zornes, aber auch dem Reiniger und Befruchter der Erde.

Die in der Gründungslegende erscheinenden Brüder entsprechen etwa Romulus und Remus und dem indogermanischen Zwillingsmotiv. Desgleichen gibt es Parallelen der Dreigottheit (drei Götter in einer Eiche) zu den bei slawischen Stämmen bekannten Dreigottheiten (Triglaw, Swantewit u.a.).

Über die Vernichtung der Romowe-Eiche oder -Haine gibt es keine Quellen. Gemäß dem Vorbild des Bonifatius, der im 8. Jh. die hessische Donareiche fällte, könnten auch die frühen Missionare im Prußenland das Ziel gehabt haben, die Kultstätte durch Fällen des Baumes zu vernichten. Entsprechende Belege gibt es für andere Kultstätten.

Sonstiges

Nach dem Namen der Kultstätte nennt sich eine neoheidnische, staatlich anerkannte und anderen Religionen gleichgestellte Glaubensgemeinschaft in Litauen Romuva.

Siehe auch

Literatur

  • Blažiene, Grasilda: Hydronymia Europaea, Sonderband II, Die baltischen Ortsnamen, Wolfgang Schmid Hrsg., Steiner Verlag Stuttgart 2000
  • Gimbutas, Marija: Die Balten, Herbig München 1983 (1963 engl.)
  • Mannhardt, Wilhelm: Letto-Preussische Götterlehre, Lettisch-Literärische Gesellschaft, Riga 1936
  • Vilius Pėteraitis: Mažosios Lietuvos ir Tvankstos vietovardžiai. Vilnius 1997, ISBN 5-420-01376-2.
  • Norbertas Vėlius (Hrsg.): Baltų religijos ir mitologijos šaltiniai. Bd. I. Vilnius 1996, ISBN 5-420-01353-3.
  • Vytautas Mažiulis: Prūsų kalbos etimologijos žodynas. Vilnius 1997, ISBN 5-420-01406-8.

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