Rotationswärmeüberträger

Rotationswärmeüberträger
Rotationswärmeübertrager, schematisch. Blaue und rote Pfeile symbolisieren kalte und warme Luftströme.

Ein Rotationswärmeübertrager oder Rotationswärmetauscher, auch Wärmerad genannt, ist ein Wärmeübertrager, welcher in zwei Luftströmen eine Wärmerückgewinnung ermöglicht. Wärme wird von einem Luftstrom auf einen anderen übertragen, indem eine rotierende Speichermasse abwechselnd durch den einen Luftstrom aufgewärmt und durch den anderen abgekühlt wird.

Inhaltsverzeichnis

Funktion

Der Rotor besteht aus zahlreichen zur Achse parallelen Kanälen; es wird die Fähigkeit der Wände dieser Kanäle, die Wärme zu speichern, ausgenutzt. Durch eine Hälfte des Rotors wird die warme Abluft geblasen, die Wände werden dadurch aufgewärmt. Dreht sich der Rotor weiter, erreichen die aufgewärmten Kanäle den Bereich, wo ihn kalte Außenluft durchströmt; an den warmen Wänden der Kanäle wird diese Luft erwärmt und die Wände werden abgekühlt. Die beiden Luftströme sind in Gegenrichtung angeordnet, sodass der Rotor eine kalte und eine warme Seite hat (Gegenstrom-Wärmeübertrager).

Bei der einfachsten Anordnung, die im Bild dargestellt ist, sind die Kanäle noch mit warmer Abluft gefüllt, wenn sich der Rotor weiterdreht und den Bereich der entgegengesetzten Luftströmung erreicht. Durch Mitrotation wird immer ein Umluftanteil generiert, da sich die Abluft aus den Kanälen mit der Zuluft vermischt. Dieser ungewünschte Umluftanteil erhöht die Ventilatorleistung der Zu- und Abluft.

Dies kann verhindert werden, indem in einem kleinen Bereich (Sektor) die Zuluft von außen nicht ins Gebäudeinnere weitergeleitet wird, sondern in einer sogenannten Spülkammer umgelenkt wird und in Gegenrichtung durch den Rotor in den Fortluftkanal geblasen wird. Damit kommt es allerdings zu einer verstärkten Verringerung der Effizienz, da der Zuluftventilator nun mindestens 5-10% mehr Leistung erbringen muss. Zudem ist zusätzlich zwingend ein Druckgefälle zwischen Außen- und Fortluft zu gewährleisten.

Aufbau

Der Rotor wird meistens aus dünnen Folien gefertigt. Der Aufbau ist ähnlich einer Wellpappe. Je eine glatte und eine gewellte Lage der Folie wird im Wechsel so weit aufgewickelt, bis der gewünschte Außendurchmesser erreicht ist. Zwischen den "Wellen" oder Dreiecken der Folie befinden sich die benötigten Luftkanäle. Typische Foliendicken liegen im Bereich von 0,05 bis zu 0,12 mm, die Kanäle sind in der Regel zwischen 1,4 mm und 2,5 mm groß und so lang wie der Rotor dick ist, meist 200 mm. Das Material für den Rotor muss korrosionsbeständig sein, weil es zur Kondensation von Wasser im Wärmeübertrager kommen kann. Meist wird Aluminiumfolie verwendet, es kann jedoch auch je nach Anwendung Edelstahlfolie verwendet werden.

Asbest, Kunststofffolie oder Glasfasergestützes Vlies ist zwar noch in Rotoren zu finden, diese Stoffe sind aber nicht empfehlenswert, da sie gesundheitliche Risiken mit sich bringen.

Rotationswärmeübertrager werden mit Rotordurchmessern von ca. 40 cm bis über 6 m gefertigt und laufen je nach Größe mit Umdrehungsgeschwindigkeiten von etwa 3 bis zu 25 Umdrehungen pro Minute.

Der Antrieb erfolgt meist mit einem Drehstrommotor, der den Rotor über ein Riemengetriebe dreht. Die Motorleistung des Antriebes liegt etwa bei 30W pro m³/s Luft.

Förderenergien

Für die Funktion des Rotationswärmeübertragers ist zusätzliche Energie aufzuwenden. Dies ist einmal die Förderenergie der Luftströme und zum anderen die Antriebsenergie des Rotormotors. Der Bedarf von Förderenergie ist sehr vielfältig und kann wie folgt aufgeschlüsselt werden:

  • Überwindung der Druckverluste am Rotorrad
  • Mehr Luftfördermengen und erhöhte Gegendrücke in Zu-und Abluftkanal durch Mitrotation auf der Warmseite.
  • Mehr Luftfördermengen und erhöhte Gegendrücke in Außen-und Fortluftkanal durch Mitrotation auf der Kaltseite.
  • Mehr Luftfördermengen und erhöhte Gegendrücke im Rotorrad bei der Spülung.
  • Mehr Luftfördermengen und erhöhte Gegendrücke in Außen-und Fortluftkanal bei der Spülung.
  • Mehr Luftfördermengen und erhöhte Gegendrücke durch Leckagen.
  • Überwindung des Druckverlustes der Drosselklappe bei der Überdruckgewährleistung
  • Überwindung der Druckverluste bei der Zusammenführung der Abluft- und Außenluftkanäle.

Die Vielschichtigkeit der Situation wird dadurch verstärkt, dass der variierende Druckunterschied zwischen Außenluft- und Fortluftkanal, sowie die Schleifringdichtungen sehr komplexe Strömungsverhältnisse bedingen.

Zur ersten Abschätzung können für die Förderenergien und den Antrieb folgende Zuschläge auf den Druckverlust des Rotorrads gemacht werden:

Zuschläge:

  • Rotationswärmeübertrager mit Mitrotation : 120-180%
  • Rotationswärmeübertrager mit Spülung  : 200-280%

Beispiel: Druckverlust eines Rotationswärmeübertrager mit Mitrotation = 140Pa, Zuschlag = ~210Pa. Summe Druckverlust = 140Pa + 140Pa + 210Pa = 490Pa.

Leckagen

Generell wird bei Wärmeübertragern zwischen Außen- und Innenleckage unterschieden. Unter Außenleckage versteht man einen ungewollten Luftaustausch über die äußere Gehäusewand. Im Gegensatz dazu treten Innenleckagen nur innerhalb des Gehäuses zwischen beiden Luftströmen auf und lassen sich wie folgt aufschlüsseln:

  • Mitrotation
  • Spülluft
  • Leckage

Mitrotation tritt an zwei Stellen - einmal auf der Warmseite und einmal auf der Kaltseite - ungeachtet dem vorherrschenden Druckgefälle auf und bedingt zwangsläufig einen ungewollten Umluftanteil. Mitrotation erfordert erhöhte Luftvolumenströme auf der Kalt- und Warmseite.

Spülluft ist eine Zusatzmaßnahme und verhindert die Mitrotation auf der Warmseite (Die Mitrotation auf der Kaltseite wird dadurch nicht unterbunden). Spülluft benötigt erhöhte Luftströme durch beide Seiten des Rotorrades.

Leckagen treten in Abhängigkeit des örtlichen Druckgefälles auf. Diese Druckgefälle sind auf der Warm- und Kaltseite unterschiedlich und unterscheiden sich um das Doppelte des Rotorraddruckverlustes (~300Pa). Die Herstellerangabe zur Leckage (Abluft zur Zuluft) ist nur bei 0-20Pa Druckgefälle (Zuluft zur Abluft) auf der Warmseite angegeben und beträgt gemäß DIN maximal 3% des Zuluftvolumenstroms. Dass die Leckage von der Abluft zur Zuluft trotz entgegengesetztem Druckgefälle auftritt, liegt an der mitgemessenen Mitrotation. Anders bei der Leckage auf der Kaltseite. Sie kann wegen des dortigen erhöhten Druckgefälles mit dem ~5-fachen der Leckage auf der Warmseite abgeschätzt werden. Maßgeblich für die Höhe der Leckage ist das tatsächliche Druckgefälle. Dies unterscheidet sich in der Regel erheblich von der obigen Prüfbedingung 0-20Pa. Leckagen benötigen erhöhte Luftvolumenströme auf der Warm- und Kaltseite.

Anwendungen

Rotationswärmeübertrager werden in der Lüftungs- und Klimatechnik in ventilierten Gebäuden sowie im Offshore-Bereich (z. B. Kreuzfahrtschiffe) eingesetzt. Auch in der Prozesslufttechnik, sowohl im Heißluftbereich bis 650°C als auch in Trockenöfen von Lackierereien finden sie in steigendem Maße Anwendung.

In den gemäßigten Breiten steht vor allem die Erwärmung der Zuluft in der kalten Jahreszeit im Vordergrund; bei hohen Außentemperaturen kann der Wärmeübertrager aber auch dazu verwendet werden, um mit der kühlen Abluft die angesaugte Außenluft abzukühlen. Allerdings kann die im Winter gewünschte Feuchteübertragung im Sommer unerwünscht sein.

Vorteile:

  • Bei Kondensation einseitige Wirkungsgrade bis 80% durch Gegenstromverfahren, somit hohe Energieeinsparpotentiale und Reduktion des CO2-Ausstoßes durch geringere Leistungserfordernis am Lufterhitzer oder Luftkühler.
  • Niedrige Amortisationszeiten (zwischen 1-5 Jahren)
  • je nach Baugröße Eignung für sehr hohe Luftmengen bis zu 180.000 m³/h Luft.
  • Selbstreinigungseffekt gegenüber grober (z. B. Fliegen, Blätter) oder trockener Verschmutzung (z.B. Stäube) durch den ständigen Wechsel der Luftrichtung zwischen Zuluft und Abluft. D.h. Schmutz der Außenluft wird in die Fortluft übertragen und dort ausgeblasen bzw. Schmutz der Abluft wird in die Zuluft übertragen und dort wieder ausgeblasen.
  • Geringe Bautiefe (100-250 mm)
  • Zulufttemperatur ist regelbar (wenn nur geringe Wärmerückgewinnung benötigt wird, kann die Drehzahl vermindert werden).
  • Möglichkeit, neben Wärme auch Luftfeuchtigkeit zurückzugewinnen (mit wasserabsorbierender Beschichtung des Wärmeübertragers) und so auch den Energiebedarf für die Luftbefeuchtung im Winter zu reduzieren.
  • Meist keine Abfuhr des Kondenswassers nötig, da auch ohne wasserabsorbierende Beschichtung des Wärmeübertragers eventuell auftretendes Kondenswasser von der Zuluft aufgenommen wird. Nur bei extrem feuchter Abluft, wie sie bei einem Schwimmbad auftritt, oder bei bereits weitgehend gesättigter Zuluft kann Kondenswasser anfallen.

Nachteile:

  • Mechanisch bewegte Teile, daher störanfälliger als z.B. Plattenwärmeübertrager.
  • Zusammenführung von Außen- und Fortluftkanälen führt zu erhöhtem Investionsaufwand und Energiemehrverbrauch der Ventilatoren.
  • Kein präventiver Schutz vor Rauch und Brandüberschlag.
  • Umluftanteile durch Mitrotation
  • Leckage durch Schleifdichtungen
  • Umluftanteile und ggf. Leckage schönen die Rückwärmzahl bzw. Wirkungsgrad
  • Keine vollständige Trennung von Zuluft und Abluft. Reste der Luftverschmutzung in der Abluft können durch den Wärmeübertrager in verdünnter Form wieder in die Zuluft gelangen. Das ist besonders bei gesundheitsschädlichen Abgasen oder starken Gerüchen problematisch. Mit einer Spülkammer kann bei richtiger Ventilatoranordnung die Vermischung der Luftströme stark reduziert werden.
  • Hygienische Probleme, da durch die rotierende Speichermasse Pilze, Bakterien oder Viren aus der Abluft regelmäßig mit der Zuluft in Kontakt gebracht werden. Für Krankenhäuser sind für bestimmte Bereiche einige Sonderbauformen zugelassen, jedoch sollte hier der Einsatz von Rotationswärmeübertrager im Einzelfall geprüft werden. Zwar kommen auch keimhemmende Oberflächenbeschichtungen zum Einsatz, die dann allerdings die Gefahr der Bildung von multiresistenten Keimen in sich bergen.
  • Vereisung der (Quer)Dichtungen bei Kondensation im Winter
  • Druckgefälle zwischen Außen- und Fortluft bei Einsatz von Spülkammern erforderlich. Bei zu großem Druckgefälle sind sehr große Spül- und Leckluftmengen bis hin zu Gehäuseverformungen mit Beeinträchtigung des Betriebes möglich.
  • Strommehrverbrauch durch erhöhte Luftmenge für Mitrotation, Spülung und Leckagen.
  • Baugröße (Raddurchmesser) ist wesentlich größer als der Leitungsquerschnitt.
  • Lebensdauer nur 10-15 Jahre.

Literatur

  • VDI-Gesellschaft Technische Gebäudeausrüstung: VDI-Richtlinie VDI 2071, Wärmerückgewinnung in Raumlufttechnischen Anlagen. Beuth-Verlag, 1997

Weblinks


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