Roter Sand (Leuchtturm)

Roter Sand (Leuchtturm)
Der Leuchtturm Roter Sand

Der Turm Roter Sand ist ein Leuchtturm in der Nordsee. Das im Jahr 1885 fertiggestellte Bauwerk steht in der Außenweser und ist heute nicht mehr als Leuchtfeuer in Betrieb. Jedoch dient der Turm weiter als Markierung und Tagessichtmarke sowie als Sicherung vor der Untiefe „Roter Sand“. Wegen dieser Untiefe dürfen schwere Schiffe mit großem Tiefgang nur bis auf 1,5 Seemeilen an den Turm heranfahren. Der Rote Sand war das erste von Menschen auf dem Meeresgrund errichtete Bauwerk überhaupt[1] und wurde daher schnell zu einem Symbol des technischen Fortschritts.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Der hohe Erker. Die gehisste Flagge zeigt an, dass sich Übernachtungsgäste auf dem Turm befinden.

Der Leuchtturm Roter Sand besitzt eine Gesamthöhe von 52,5 Metern, die auch das Fundament unter Wasser mit einschließt. Bei Niedrigwasser beträgt seine Höhe über dem Meeresspiegel 30,7 Meter.[2] Die Feuerhöhe liegt bei 24 Metern über dem mittleren Tidehochwasser.[3]

Das Fundament ist zylinderförmig und ragt bei Niedrigwasser zirka 1,5 Meter als Plattform über die Wasseroberfläche hinaus. Darüber verjüngt sich der Turm nach oben hin konisch. Er besitzt einen rot-weißen Anstrich, der über einem etwa acht Meter hohen schwarzen Fußbereich ansetzt. Die Reihenfolge der Farben ist weiß-rot-weiß-rot-weiß, wobei die einzelnen Farbabschnitte auch gleichzeitig die fünf Stockwerke markieren. Am unteren Ende des untersten weißen Ringes befindet sich die Einstiegstür.

Der unterste Raum dient als Lagerraum. Eine Treppe führt in den darüberliegenden Schlafraum. Es folgen die Küche mit einem Kohleofen, Schränken und einer gepolsterten Sitzbank und der Aufenthalts- oder Dienstraum mit einem großen Tisch und Stühlen. Von diesem zweigen drei Erker ab. Zwei von ihnen weisen die gleiche Höhe auf wie das Stockwerk selber, während der dritte sich noch höher zieht. Die Erker beherbergten früher die Nebenfeuer und zeigen nach Nordwesten, Süden und Nordosten. Aus dem Dienstraum gelangt man über eine weitere Treppe auf den Balkon, der um das Laternenhäuschen mit der kupfernen Kuppel herumläuft. Ein Rundgang auf dem Balkon ist jedoch nicht möglich, da der hohe Erker an einer Stelle den Weg blockiert.

In den 1940er Jahren sah die Raumaufteilung noch anders aus. Zu jener Zeit war auch der Innenraum des schwarz lackierten Sektors begehbar und diente als Lagerraum. In der Etage auf Einstiegsebene (dem heutigen Lagerraum) befand sich damals die Technik zur Stromerzeugung.

Technik

Geschichte der Technik

Das erste Leuchtfeuer des Roten Sand war ein Petroleumbrenner mit zwei Dochten. Die Kennung entstand durch Otterblenden, die – erstmals in Deutschland eingesetzt – über ein Uhrwerk geöffnet und geschlossen wurden, das von einer durch den gesamten Turmschaft führenden Kette mit Gewichten betrieben wurde. Die Quermarkenfeuer im Nordwest- und im Süderker des Turmes zeigten beide ein festes Feuer. Als Leuchtquelle dienten hier eindochtige Argandsche Petroleumleuchten. Für die Einfahrt in die Außenweser war im Nordosterker eine zweidochtige Argandsche Lampe als Nebenfeuer installiert.

Doch bereits ein Jahr nach der Inbetriebnahme des Turmes im November 1885 stellte man auf eine elektrische Bogenlampe um. Weil diese Strom benötigte, wurde der Leuchtturm über ein Seekabel mit Wangerooge verbunden. Nach dem Einbau der Bogenlampe wurden die Turmkennung geändert und die Quermarkenfeuer in den Erkern, die nun nicht mehr benötigt wurden, gelöscht. Das kleine Nebenfeuer im großen Erker blieb erhalten. Die Kabelverbindung wurde jedoch häufig unterbrochen und musste ebenso häufig wieder repariert werden, so dass man acht Jahre später beschloss, wieder auf Petroleumglühlicht umzusteigen.

Anfang der 1940er Jahre wurde im Laternenhaus eine große Gürtelleuchte mit Glühlampenlicht und Wechselvorrichtung eingebaut. Das Nebenfeuer im Nordosterker blieb erhalten und bekam zusätzlich noch eine Telegrafeneinrichtung und einen Nebelschallsender. Als Leuchtfeuer diente ab 1945 ein Propangasfeuer mit einem Gasglühlichtkörper als Lichtquelle. Neuerlich elektrifiziert wurde der Rote Sand erst im Jahre 1947 mit neuen Dieselaggregaten für rund 110 Volt Gleichspannung. Die Aggregate hatten zwei Funktionen: Zum einen erzeugten sie Strom und versorgten auch den Rest des Turmes, zum anderen luden sie Nickel-Eisen-Batterien für die den Nachtbetrieb auf. Durch die nun sichere Stromversorgung konnten 1.000-Watt-Leuchtfeuer verwendet werden, die die Tragweite des Feuers erheblich steigerten.

Einige Zeit später wurde das Laternenhaus auf dem Balkon durch ein neues ersetzt.

Ab der Dienstaufnahme des Ersatzleuchtturms Alte Weser im Jahre 1964 wurde im Roten Sand ein automatisch gesteuertes kleines Propangasfeuer eingebaut.

Die heute (2008) zu Anschauungszwecken in der Hauptlaterne befindliche Optik

Letztes Leuchtfeuer

Die Gürtelleuchte wurde, wie der gesamte Leuchtapparat, in Berlin hergestellt.

Das Hauptfeuer, ein Fresnelscher Apparat IV. Ordnung mit Otterblenden, hatte einen Durchmesser von 3,3 Metern und befand sich in 27 Meter Höhe über Hochwasser. Es diente zur Einfahrt in die Neue Weser und hatte einen weißen Blitz. Die Kennung war: 1,25 Sekunden Blitz, 1,25 Sekunden Pause, 1,25 Sekunden Blitz und 4 Sekunden Pause. Das Feuer war in verschiedenen Sektoren als weißes Leitfeuer zu sehen. Von N 68' W durch Süd bis S 46' 0 besaß es eine Tragweite von zehn Seemeilen, ebenso zwischen N 75' W und N 82' W und zwischen S 36' 0 und S 40' 0. Zwischen N 82' W durch Süd bis S 36' 0 erschien es als weißes Blitzfeuer mit gleichmäßig aufeinanderfolgenden Blitzen. Die Dauer der Blitze und der Verdunklung betrug jeweils etwa 1,25 Sekunden. Von N 68' W bis N 75' W und außerdem von S 40' 0 bis S 46' 0 war das Hauptfeuer ebenfalls als weißes Blitzfeuer zu sehen, allerdings mit zwei rasch aufeinander folgenden Blitzen, denen eine Verdunkelung von ungefähr vier Sekunden folgte. Das Hauptfeuer wurde 1964 gelöscht.

Daneben existierte noch ein Nebenfeuer im nach Nordosten zeigenden Erker auf 22,9 Meter Höhe über Hochwasser. Dieses Leuchtfeuer, ein Fresnelscher Apparat V. Ordnung, diente der Einfahrt in die Alte Weser und war als festes weißes Feuer von N 25' W durch Nord bis N 41' 0 rund acht Seemeilen sichtbar. Die zugehörigen festen Sektorenfeuer waren weiß mit einer Tragweite von zehn Seemeilen, rot mit einer Tragweite von sieben Seemeilen und grün mit einer Tragweite von lediglich sechs Seemeilen. Die Nebenfeuer wurden im November 1986 gelöscht.

Zusätzlich gab es noch zwei kleine Fresnelsche Apparate V. Ordnung als Orientierungsfeuer im nordwestlichen und im südlichen Erker. Ersteres leuchtete nach N 68' W durch West bis S 77' W, letzteres nach S 28' 0 bis S 46' 0. Beide hatten ein festes weißes Licht und eine Tragweite von zwei bis zweieinhalb Seemeilen.[4]

Geschichte

Erste Ideen

Ablösung am Leuchtturm „Roter Sand“, 1931
Leuchtturm „Roter Sand“, 2005

Um 1875 verkehrten zwei Feuerschiffe mit der Aufgabe, die Fahrrinne zu markieren und so zu sichern, in der Außenweser. Im Jahre 1878 einigten sich die Weseranrainer Bremen, Oldenburg und Preußen darauf, das Seezeichenwesen gemeinsam zu regeln. Der preußische Handelsminister brachte den Vorschlag ein, ein weiteres Feuerschiff in die Außenweser zu beordern. Das wurde jedoch abgelehnt, da Untersuchungen ergaben, dass die Auslegung eines Schiffes auf die Muschelbank Roter Sand unmöglich sei. Stattdessen machte das Tonnen- und Bakenamt Bremerhaven noch im gleichen Jahr einen Gegenvorschlag, der die Errichtung eines festen Turmes am Rande der Untiefe vorsah und relativ schnell angenommen wurde, weil die Kosten für einen Leuchtturm geringer eingeschätzt wurden als die für ein Feuerschiff.

Am 23. August 1878 beauftragte man Baurat Hanckes, der damals Leiter der Hafenbaudirektion war, einen Entwurf für den geplanten Turm zu erstellen. Der von Hanckes vorgelegte Plan sah ein Bauwerk vor, dessen Unterbau auf einem Caisson ruhen sollte. Knapp zwei Jahre später, am 15. September des Jahres 1880, endete die nationale Ausschreibung um den Bau des Leuchtturmes und zwei Firmen reichten ihre Kostenvoranschläge ein. Bavier, Kunz & Weiß aus Bremen verlangten 445.000 Goldmark (nach heutiger Kaufkraft zirka 7.929.900 Euro), während sich das Angebot von Harkort aus Duisburg auf knapp 480.000 Goldmark (8.553.600 Euro)[5] belief. Aufgrund der niedrigeren Kosten fiel die Entscheidung am 2. Oktober zugunsten der Bremer.

Bau

In den Wintermonaten 1880/1881 wurde im Kaiserhafen in Bremerhaven der Caisson gebaut. Die Auslieferung fand bei guten Wetterbedingungen am 22. Mai 1881 statt, als zwei Dampfschlepper begannen, das Gebilde zur Baustelle zu ziehen. Dort kamen sie jedoch erst am 26. Mai an, da sich der Senkkasten zwischendurch losgerissen hatte und auf eine Sandbank aufgelaufen war. Man konnte ihn erst in den Morgenstunden des nächsten Tages freischleppen. Auf dem Roten Sand wurde der Caisson auf etwa 22 Meter unter Niedrigwasser abgesenkt, in den Meeresboden gespült und mit Beton gefüllt. Dazu setzte man das Innere des Behälters unter Druck, so dass es kurzzeitig als Tauchkammer fungierte. Man hatte kaum mit den Arbeiten begonnen, als der Caisson beim Absenken in Schieflage geriet. Die Arbeiten wurden abgebrochen, bis die jährlichen Pfingststürme den Kasten wieder aufrichteten. Durch diese Verzögerung gelang es nicht, den Kasten vor Einsetzen der schweren Herbststürme mit ausreichend Beton zu füllen. Am 13. Oktober 1881 wurde der Caisson in einer schweren Sturmflut zerstört und sank. Damit war der erste Gründungsversuch gescheitert.

Die Baufirma Bavier, Kunz & Weiß traf dieser Rückschlag so hart, dass sie wenige Wochen später Insolvenz anmelden musste. Daraufhin stellte Hanckes am 7. März 1882 einen Antrag, einen zweiten Gründungsversuch zu unternehmen. Dieses Mal erhielt Harkort den Auftrag zu einem Preis von etwa 853.000 Goldmark (15.200.460 Euro), was nahezu einer Verdopplung des vorherigen Kostenvoranschlages entsprach.[6] Die Auftragsvergabe erfolgte am 31. August 1882. Dass tatsächlich ein zweiter Versuch gestartet werden sollte, wurde am 21. September entschieden. Über den Winter 1882/1883 wurde im Bremerhavener Kaiserhafen ein neuer Caisson, stabiler als der vorherige, gebaut. Er hatte eine Seitenhöhe von 18,5 Metern, wurde im Frühling des Jahres 1883 fertig und wurde am 26. Mai rausgeschleppt. Zirka 1.100 Meter nördlich der alten Baustelle wurde er zwei Tage später erfolgreich abgesenkt. Danach wurden die Seitenwände erhöht und der Caisson in Handarbeit mit 316 Kubikmetern Beton gefüllt. Diesmal überstand er die Herbststürme, die nur einige kleinere Schäden verursachten, gut. Am 22. Mai 1884 war das Fundament des Leuchtturmes vollendet.

Am 10. Juni des gleichen Jahres begann man mit dem Bau und im Juli mit den Arbeiten am Turmschaft, so dass man den Turm bis Anfang November bereits bis zum dritten Stock hochgezogen hatte. Die unterste Ebene wurde mit Mauerwerk verkleidet und mit einer feuerfesten Decke versehen. Zu dieser Zeit, am 3. November, wurden 12 Arbeiter im Turm einquartiert, um das Interieur zu beenden, während die Versorgungsschiffe die Häfen anliefen. Von Anfang Dezember bis April 1885 konnte aufgrund widriger Witterungsbedingungen nicht am Turm gearbeitet werden. Im Sommer 1885, am 10. August, wurden der Wohnraum, die Erker und die Laterne fertiggestellt, woraufhin mit dem Einbau der Beleuchtung begonnen wurde.

Am 23. Oktober erfolgte die Bauabnahme durch Baurat Hanckes. Acht Tage darauf, am 1. November 1885, wurde um 00:00 Uhr das Feuer gezündet. Gerade einmal sieben Jahre nach den ersten Planungen war der Leuchtturm Roter Sand fertiggestellt. Er war das erste Offshorebauwerk der Geschichte und gilt als bauliche und technische Pionierleistung jener Zeit.

Betrieb 1885 – 1964

Nahezu 35 Jahre lang tat der Leuchtturm ohne Probleme seinen Dienst. In den 1920er Jahren verlor er jedoch durch eine Verlagerung der Sandbänke und der dadurch bedingten Änderung der Fahrrinne etwas an Bedeutung, blieb aber für die Jade und die Außenweser weiterhin sehr wichtig.

Anfang des Jahres 1933 wurde die Steinschüttung um den Turm erhöht, um eine größere Standsicherheit zu gewährleisten. In den 1940er Jahren kam es zu einigen kleineren Baumaßnahmen. So wurden zum Beispiel ein neues Laternenhaus und die Laternen in den Erkern, die nach Nordwesten und Süden zeigen, abmontiert. 1953 stellte man bei Analysen massive Durchrostungen der Stahlhaut im Niedrigwasserbereich fest. Daraufhin wurden bis 1955 sämtliche Stahlbauteile, das Mauerwerk, der Beton und die Steinschüttung untersucht. Man stieß auf schwere Schäden am Fundament, die nur durch umfangreiche und kostenaufwendige Bauarbeiten zu beheben waren. Andernfalls hätte die Standsicherheit des Turmes nicht garantiert werden können.

Nach Abschluss der Sanierungen wurden in den Jahren 1958 und 1959 Untersuchungen angestellt, ob der Turm für die Aufnahme eines Radar-Decks in Frage käme. Er sollte damit ein Teil einer langen Radarkette bilden. Es stellte sich jedoch heraus, dass der Stahlmantel Löcher aufwies. Zudem fand man Salzwasser im Beton. Somit war der Turm – weil nicht stabil genug – für eine Radaranlage ungeeignet, zumal er für die erforderlichen Betriebsräume der modernen Seezeichentechnik zu wenig Platz bot. Aus diesem Grunde wurde ab 1961 etwa drei Kilometer nördlich des Roten Sand der Ersatzbau Alte Weser errichtet. Dieser nahm am 1. September 1964 seinen Betrieb auf, wodurch der Rote Sand nahezu überflüssig wurde. Noch am selben Tag wurde seine letzte Besatzung abgezogen. Der Rote Sand diente nun nur noch als Tagessichtzeichen und des Nachts mit einem kleinen Propangasfeuer als Gegenfeuer zum Leuchtturm Hohe Weg und zwei Quermarkenfeuern nahe der Alten Weser.

Übergangsphase 1964 – 1987

Bis 1974 wurde der Turm durch das Wasser- und Schifffahrtsamt Bremerhaven finanziert. 1975 wurden die alte Nebelglocke und das Uhrwerk des Turms abgebaut und als Ausstellungsstücke ins Deutsche Schiffahrtsmuseum nach Bremerhaven transportiert. In den folgenden Jahren herrschte Uneinigkeit darüber, was mit dem Turm geschehen sollte. Einige befürworteten einen kompletten Abriss, andere ein Aufstellen an Land. In der Bevölkerung regte sich jedoch Protest gegen diese Pläne. Daraufhin beschlossen alle Fraktionen der Bremischen Bürgerschaft am 16. November 1978 die Erhaltung des Leuchtturms, der ein Jahr später von der Landesdenkmalpflege als „kulturgeschichtliches Denkmal von erheblicher Bedeutung“ eingestuft wurde. Am 22. September 1982 gründete der Magistrat Bremerhavens einen Fond zur Rettung und Erhaltung des Leuchtturmes und wenige Wochen später stellte das Niedersächsische Amt für Denkmalpflege den Roten Sand unter Denkmalschutz.

Das zuständige Bundesministerium für Verkehr als Eigentümer des Turmes plädierte dafür, diesen vollständig zurückzubauen, da er nunmehr ohne Bedeutung sei. Am 13. Januar 1983 gründete sich der Förderverein „Rettet den Leuchtturm Roter Sand e.V.“ mit dem Ziel, den Turm an Ort und Stelle zu erhalten. Dieser Verein, der sich aus Spenden finanzierte und mehrere öffentliche Diskussionsrunden zu dem Thema veranstaltete, erzielte noch im November des Gründungsjahres einen großen Erfolg, als der Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Werner Dollinger, seine mittlerweile eingenommene Position aufgab, das Oberteil des Leuchtturmes als Glied einer neuen Richtfeuerlinie nach Nordenham zu versetzen, und sich stattdessen dafür entschied, den Standort des Gebäudes nicht zu verändern.

Problematisch war jedoch, dass eine Generalsanierung des beschädigten Turmfundaments, die der Leuchtturm benötigte, sollte er an seinem Standort verbleiben, rund 8.000.000 Deutsche Mark (etwa 4.090.000 Euro) gekostet hätte. Eine solche Summe konnte und wollte niemand aufbringen, so dass eine kostengünstigere Alternativvariante gefunden werden musste. Der Diplomingenieur Rolf Seedorf vom Wasser- und Schifffahrtsamt Bremerhaven brachte die Idee ein, einen Stahlmantel als Manschette über den Turm zu stülpen, der den nahezu zerstörten Caisson bis in eine Tiefe von 10 Metern umgeben sollte. Dann sollte der Zwischenraum zwischen Mantel und Senkkasten mit Beton ausgefüllt werden. Es gelang, sich auf diese Lösung zu einigen, und man schätzte die zu erwartenden Kosten auf 1.120.000 Deutschen Mark (ca. 573.000 Euro). Zur Jahreswende 1986/1987 genehmigte der Haushaltsausschuss des Bundestages die vom Bund zu zahlenden gut 700.000 D-Mark (358.000 Euro). Das für die Denkmalpflege des Roten Sand zuständige Bundesland Niedersachsen beteiligte sich mit zirka 300.000 D-Mark (153.000 Euro) an der Restaurierung und der Förderverein mit knapp 120.000 D-Mark (61.000 Euro).[7] Zusätzlich erklärte sich der Bund bereit, weitere 500.000 D-Mark (255.000 Euro) für die Unterhaltung des Turmes nach Abschluss der Arbeiten zur Verfügung zu stellen.[8]

Im Frühjahr des Jahres 1987 begannen großangelegte Untersuchungen zur Ermittlung der Standsicherheit.

Vor Beginn dieser Sanierungen war das letzte Feuer bereits am 12. November 1986 gelöscht worden. Der Leuchtturm Roter Sand hatte insgesamt 101 Jahre und 11 Tage geleuchtet.

Restaurierung 1987 – 1990

Am 24. April 1987 wurden die Anfangsuntersuchungen wie zum Beispiel Probebaggerungen abgeschlossen, und ab Anfang Juni wurden im Kaiserhafen in Bremerhaven, in dem auch schon die beiden Caissons entstanden, 18 Stahltafeln zu einer Manschette zusammengefügt. Diese Arbeit war am 28. Juli abgeschlossen und die 110 Tonnen schwere und 15,0 Meter x 11,0 Meter x 10,0 Meter messende Manschette wurde probeweise vom Schwimmkran ENAK angehoben.

Schwimmkran ENAK in Bremerhaven

Derweil war bereits 14 Tage zuvor, am 14. Juli, ein selbstfahrender Ponton der Firma Ludwig Voss aus Cuxhaven ausgelaufen, um noch am gleichen Tag mit vorbereitenden Arbeiten am Leuchtturm zu beginnen. Dabei wurde ein 1,5 Meter breiter und zwei Meter tiefer Graben um das Fundament ausgehoben und in der Folge der Turmsockel von Tauchern mit Hilfe von Hochdruckgeräten von Algen, Rost und Muscheln gesäubert. Nach Abschluss der Arbeiten nach sechs Tagen kehrte der Ponton zurück.

Die Witterung unterbrach die Arbeiten für knapp zwei Monate. Am 23. September 1987 verließ ENAK Bremerhaven und sollte einen Tag später die Manschette über den Turm setzten, was durch starken Wind jedoch verhindert wurde. Ein zweiter Versuch wurde für den 30. September angesetzt. Der Kran verließ den Hafen um 8.00 Uhr und erreichte drei Stunden später den Leuchtturm. Gegen 13.30 wurde bei Niedrigwasser damit begonnen, den Stahlmantel langsam hochzuziehen. Dabei bewegte sich der Kran planmäßig auf den Turm zu. Anschließend begann man damit, die Manschette über dem Turm wieder herunterzulassen, wobei der Steuermann des ENAK auf der Turmspitze stand und über Funk Kommandos erteilte. Das Überstülpen funktionierte ohne Probleme und sogar ohne eine einzige Berührung, obwohl zwischen Mantel und Turm teilweise nur 50 Zentimeter Freiraum waren. Nur 50 Minuten nach dem Beginn der Aktion hatte der Mantel den Caisson vollständig umschlossen.

Anschließend wurde der 30 Zentimeter breite Zwischenraum mit Stahlschlacke und 40 Kubikmetern Beton aufgefüllt. Die Betonschicht hatte zum Schluss eine Höhe von 60 Zentimetern.

Die Restaurierung war am 8. November 1987 offiziell abgeschlossen und das Wasser- und Schifffahrtsamt Bremerhaven übergab den Leuchtturm Roter Sand einen Tag später an die Deutsche Stiftung Denkmalschutz. Tatsächlich war jedoch erst die erste Sanierungsphase beendet. Es folgten noch ein Außenanstrich und danach begann die Firma Ludwig Voss aus Cuxhaven am 13. Juni 1989 damit, alle Stahlteile zu entrosten und den Mantel zweimal und die Nieten dreimal zu grundieren. Diese Arbeiten konnten innerhalb von fünf Tagen vollendet werden.

Als letzter Akt der Restaurierung wurden bis zum 22. Juni 1990 noch drei Deckanstriche aufgetragen. Danach war die Sanierung abgeschlossen.

Besatzung

Vom 3. November 1884 bis zum 1. September 1964 befanden sich durchgehend jeweils ein Leuchtfeuerwärter und ein Gehilfe auf dem Turm. Sie bekamen alle acht Wochen per Boot eine Lieferung mit Proviant, Post und Zeitungen, konnten aber ansonsten auch per Telegraph Kontakt mit dem Festland aufnehmen. Der Besatzung standen zwei Zisternen im Fundament des Leuchtturmes sowie ein Süßwasser-Kondensierapparat zur Verfügung. Für den Notfall hing an einem Ausleger am Balkon ein Rettungsboot. Bei Nebel war es die Aufgabe der zwei Männer, im Abstand von jeweils 40 Sekunden die Nebelglocke dreimal zu läuten.

Am 9. Januar 1964 wurde die Besatzung des Roten Sand mit der Goldmedaille für verdienstvolle Leuchtturmwärter ausgezeichnet.[9]

Heutige Situation

Der Aufenthalts- oder Dienstraum

1995 erhielt der Leuchtturm zwei Anlegedalben für Schiffe und bis 1999 versuchte man, die Inneneinrichtung nach alten Fotos möglichst originalgetreu zu rekonstruieren. Im Jahre 2001 wurde der Innenanstrich erneuert.

Schutz und Pflege

Heutzutage muss der Anstrich des Turms alle fünf Jahre komplett erneuert werden, wozu die Außenhaut im Vorfeld mit Frischwasser von Salzkristallen befreit wird. Begleitend wird noch ein Rostschutzlack aufgetragen. Die Arbeiten kosten rund 65.000 Euro. Zwischen den Hauptanstrichen müssen natürlich von Zeit zu Zeit kleinere Stellen ausgebessert werden.

Die Pflege des Turmes wird heute gemeinsam vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege, dem Wasser- und Schifffahrtsamt Bremerhaven, der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und dem Förderverein „Rettet den Leuchtturm Roter Sand e.V.“ finanziert.

Der Steg vom Schlepper Goliath zum Leuchtturm

Tourismus

Seit 1990 besteht die Möglichkeit, den Leuchtturm zu besuchen. Die Überfahrt erfolgt von der Seebäderkaje in Bremerhaven aus mit dem zum Museumsschiff umfunktionierten Watten-Bergungsschlepper „Goliath“ der „Schifffahrts-Compagnie Bremerhaven e.V.“, der bei sechs Mann Besatzung maximal 42 Passagiere aufnehmen kann. Während der Überfahrt stehen den Gästen alle Schiffsräume offen. Auf den Turm gelangen sie über einen auslegbaren Steg und eine Leiter. Der Aufenthalt dauert etwa eine Stunde.

Zudem ist es seit dem 2. Juli 1999 in den Sommermonaten möglich, auf dem Roten Sand eine Nacht zu übernachten. Dafür stehen sechs Kojen zur Verfügung. Hat der Turm für eine Nacht wieder eine neue „Besatzung“, wird am Fahnenmast die Flagge Deutschlands gehisst. Bei mehr als Windstärke 4 ist ein Anlegen am Turm unmöglich. Für den Fall, dass Gäste länger auf dem Turm ausharren müssen, gibt es dort einen Notproviantvorrat.

Verwendungen

Briefmarke Roter Sand

Der Leuchtturm Roter Sand diente mit seiner rot-weißen Markierung als Vorbild für die Farbgebung bei nachfolgenden Leuchttürmen. Er ist sehr populär und gilt einem Großteil der Bevölkerung als der klassische Leuchtturm schlechthin. Aufgrund seiner Berühmtheit wurde er in die Briefmarkenserie „Leuchttürme“ der Deutschen Post AG aufgenommen. Er ziert eine 55-Cent-Marke, welche im Jahr 2004 ausgegeben wurde.

Unmittelbar nach der Fertigstellung des Leuchtturms verfasste Gerhard von Thienst folgendes Gedicht über das Bauwerk:

„Wo sich der Weser Wellen
vermählen der offenen See,
da ragt für fahrende Gesellen
ein trautes Mal in die Höh’.
Es ist gar trefflich gegründet
in Meerestiefen sein Stand.
Dem Maat sicher Fahren kündet
der Leuchtturm auf Roter Sand.“[10]

Einzelnachweise

  1. http://www.roter-sand.de/Geschichte/geschichte.htm
  2. http://www.roter-sand.de/
  3. Scheiblich, Staak (2004), Seite 146
  4. http://www.andreas-graf.ch/rotersand/befeuerung.htm
  5. Informationsbroschüre des Fördervereins „Rettet den Leuchtturm Roter Sand e.V.“ aus dem Juli 1995, Seite 16
  6. Schnall (1999), Seite 41
  7. Schnall (1999), Seite 42
  8. Scheiblich, Staak (2004), Seite 150
  9. Informationsbroschüre des Fördervereins „Rettet den Leuchtturm Roter Sand e.V.“ aus dem Juli 1995, Seite 20
  10. Schnall (1999), Seite 38

Literatur

  • Uwe Schnall: Leuchttürme an deutschen Küsten. Ellert & Richter Verlag, 1999, ISBN 3-89234-521-X
  • Reinhard Scheiblich, Hans Helge Staack: Leuchttürme-Lexikon, Ellert & Richter Verlag, 2. Auflage, 2004, ISBN 3-8319-0038-8
  • Siegfried Stölting: Leuchtturm Roter Sand. Wirtschaftsverlag NW, 2006, ISBN 978-3865093349

Siehe auch

Weblinks

53.8558.08166666666677Koordinaten: 53° 51′ 18″ N, 8° 4′ 54″ O


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