S.Fischer Verlag

S.Fischer Verlag
Logo des Fischer Taschenbuch Verlages

Der S. Fischer Verlag wurde 1886 von Samuel Fischer in Berlin gegründet und stieg bald zum führenden Verlag des Naturalismus und der klassischen Moderne auf. Heute hat das Unternehmen seinen Sitz in Frankfurt am Main und ist eines der bedeutendsten deutschen Häuser für Belletristik.

Seit 1962 gehört S. Fischer zur Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck.

Heute unterstehen ihm die Verlage: Fischer Taschenbuch, Krüger Verlag, Scherz Verlag, O. W. Barth, und Schatzinsel.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Gründung

Am 1. September 1886 gründete Samuel Fischer seinen gleichnamigen Verlag in der Steglitzer Strasse 49 in Berlin. Drei Jahre später zog das Unternehmen in die Bülowstrasse 90 um. In den ersten Jahren konnte der Verleger sofort erfolgreiche deutsche und europäische Autoren wie Émile Zola, Fjodor Dostojewski, Tolstoi, Karl Bleibtreu und Max Kretzer für sein Programm gewinnen. Zu den wichtigsten Schriftstellern der Gründerzeit gehörten jedoch Gerhart Hauptmann und Henrik Ibsen. Bald machte sich S. Fischer einen Namen als führendes Verlagshaus des Naturalismus und neben Ibsens Frau vom Meer erschien 1889 das Stück Vor Sonnenaufgang von Gerhart Hauptmann. Zusammen mit dem zeitgleich veröffentlichten Werk Gespenster von Ibsen hatte das Drama auf der „Freien Bühne“ Premiere. Der Theaterverein „Freie Bühne“ wurde 1889 u. a. von Otto Brahm und Maximilian Harden gegründet, dessen Bestreben es war, das konventionelle bürgerliche Theater zu revolutionieren. Mit den Dramen von Ibsen und Hauptmann gelangen dem Verein zwei Aufsehen erregende Uraufführungen, die den Weg für die zukünftige Arbeit ebneten.

Neben Ibsen zählte der Verlag die Skandinavier Jacobsen, Brandes und Kjelland zu seinen Autoren und die Buchreihe Nordische Bibliothek – Sammlung moderner Erzählungen und Schauspiele aus dem Dänischen, Norwegischen und Schwedischen übersetzt (hg. von Prof. Dr. Julius Hofforn) sollte das Publikum der skandinavische Literatur näher bringen.

Die Neue Rundschau

Vier Jahre nach Verlagsbeginn gründete Fischer die Wochenschrift Frei Bühne für Modernes Leben, die bereits in den ersten Jahrgängen Texte von Hermann Bahr, Thomas Mann, Julius Meier-Graefe und Arthur Schnitzler enthielt. Einer der wichtigsten Beiträger wurde Hugo von Hofmannsthal, der 1899 mit seiner dramatischen Studie Gestern zum ersten Mal bei S. Fischer publiziert wurde.
Obwohl die Zeitschrift zunächst als Forum für die neue Strömung des Naturalismus konzipiert war, hielt sie sich nach allen Seiten offen und nahm auch bald andere Literaturrichtungen in das Programm mit auf. 1894 wurde das Blatt in Neue Deutsche Rundschau umbenannt, ab 1904 hieß es Die Neue Rundschau und erschien nun monatlich bis September 1944, danach nur noch vierteljährlich. Nachdem Oskar Bie die Zeitschrift bis 1920 leitete, übernahm erst Rudolf Kayser und ab 1932 Peter Suhrkamp den Vorsitz.

Verlagsprogramm

Von Anfang an veröffentlichte der Verleger zeitgenössische Autoren sowie Werke der Weltliteratur. 1898 erschien Thomas Manns Erstlingswerk Der kleine Herr Friedmann in der Collection Fischer, 1901 folgte sein erster Roman Buddenbrooks. Fischer hatte zunächst Bedenken, das Werk auf Grund seines Umfangs zu veröffentlichen, es wurde jedoch wider seinen Erwartungen ein großer Erfolg auf dem Buchmarkt. Weitere Autoren jener Jahre waren Otto Erich Hartleben, Felix Hollaender und Gabriele D'Annunzio. Kurz vor der Jahrhundertwende publizierte das Haus Ellen Keys Werk Das Jahrhundert des Kindes.

Ein Anliegen des Verlegers war es, preisgünstige Ausgaben seiner Bücher einer breiten Leserschaft anzubieten und das Volk so mit anspruchsvollen Schriften vertraut zu machen. 1901 rief er die Taschenbuchreihe Pantheon – eine Sammlung klassischer Werke – ins Leben, die zwischen 1960 und 1964 als Exemplar Classica fortgeführt wurde und Ausgaben von Brentano bis Shakespeare enthielt.

Im Oktober 1908 begann der Verlag die Sammlung Fischers Bibliothek zeitgenössischer Romane, deren Titel in einer Startauflage von 15.000 Exemplaren herausgegeben wurden. Monatlich erschien ein Band der anspruchsvollen Romane, wobei zwölf Titel eine „Reihe“ ergaben. Die Jahresfolgen waren so zusammengestellt, dass immer einige erfolgsversprechende Titel das wirtschaftliche Risiko der übrigen Bände ausglichen. 1929 wurde das letzte Buch der Bibliothek herausgegeben, die beim Publikum große Beliebtheit erlangte.

Neben belletristischen Sammlungen erschienen auch wissenschaftliche Reihen wie Fischers technologische Bibliothek (1894-1913).


Ein wichtige Rolle für den Erfolg des Hauses spielte der Lektor Moritz Heimann, der Fischer über drei Jahrzehnte begleitete und neue Talente wie Thomas Mann, Reinhard Johannes Sorge, Wilhelm Lehmann und Oskar Loerke aufspürte. Zu Beginn des Jahrhunderts widmete sich Fischer mehr und mehr der englischen Literatur und veröffentlichte Werke von Oscar Wilde, George Meredith und George Bernard Shaw. Themen jener Zeit waren Technisierung, Industrialisierung und Amerika. Die skandinavischen Autoren erhielten weiterhin durch Gustaf af Geijerstam und Bjørnstjerne Bjørnson Einzug in das Programm, und zu seinem 25-jährigen Jubiläum konnte der Verlag bereits 150 Autoren mit insgesamt über 1000 Titeln verzeichnen. Gesamtausgaben erschienen u. a. von Hauptmann, Hofmannsthal, Dehmel und Ibsen. Hermann Hesse war von 1904 bis 1950 Hausautor bei S. Fischer.

Neben der Strömung des Naturalismus förderte Fischer seit den 1910er Jahren besonders expressionistische Literatur. 1912 verlegte er mit Der Bettler von Reinhard Johannes Sorge das erste Drama dieser Art in Deutschland, dem Werke von Reinhard Goering und Hermann Boetticher folgten. Während seiner gesamten verlegerischen Tätigkeit stand Samuel Fischer neuen Richtungen offen gegenüber und konnte sich so trotz schnelllebiger Avantgarde als feste Größe auf dem Literaturmarkt behaupten.

Der Verlag im Dritten Reich

Für die Nationalsozialisten waren der jüdische Verleger Fischer ebenso wie viele seiner Verlagspublikationen „unerwünscht“. Allein 15 der 135 Titel der Schwarzen Liste zur Indizierung der Belletristik gehörten zu Fischer, und während des "Dritten Reiches" wurden insgesamt 123 Titel aus dem Programm gestrichen. Nach Samuel Fischers Tod im Jahr 1934 übernahm sein Schwiegersohn und langjähriger Mitarbeiter Gottfried Bermann Fischer die Verlagsleitung. Als die Eigentümerfamilie 1936 aus Deutschland fliehen musste, übernahm Peter Suhrkamp die Geschäftsführung. Aus der AG wurde 1942 eine KG unter Umbenennung des Unternehmens in Suhrkamp Verlag KG.

Bermann Fischer gründete in der Folge der Auswanderung mehrere Exilverlage, zunächst in Wien, 1938 in Stockholm und 1940 in New York (zusammen mit F. H. Landshoff). 1948 vereinigte er sich mit dem Querido-Verlag in Amsterdam, der jedoch kurz nach Erwerb des Verlegers 1952 stillgelegt wurde. Durch die Verlage hatten vor allem jüdische und emigrierte deutsche Schriftsteller die Möglichkeit, ihre Bücher weiterhin zu veröffentlichen.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kam es zwischen Suhrkamp und Fischer zu Streitigkeiten über den künftigen Weg des Unternehmens. Dies führte nach einer außergerichtlichen Einigung zu einer Quasi-Aufteilung des S. Fischer Verlags. Bermann-Fischer erhielt den Verlag zurück, Peter Suhrkamp schied aus dem Fischer Verlag aus und gründete den Suhrkamp Verlag. Den Autoren des Fischer Verlages war freigestellt worden, in welchem Verlag sie zukünftig verlegt werden wollen. Schließlich entschieden sich 33 der 48 Autoren – unter ihnen Bertolt Brecht und Hermann Hesse – für einen Verlagswechsel zu Suhrkamp.

Der Verlag nach dem Krieg

Als erstes Werk nach dem Krieg erschien Der Prozeß von Franz Kafka. Seit 1952 wurde das Verlagsprofil immer mehr von der Fischer Bücherei geprägt, die mitunter das Fischer Lexikon, Fischer Weltgeschichte und das Nachschlagewerk Der Fischer Weltalmanach beinhaltete. In den fünfziger Jahren begann das Haus, die Werke von Sigmund Freud einem breiten Publikum bereitzustellen. Die angelsächsischen Autoren erhielten mehr und mehr Bedeutung für den Verlag und Stücke von Tennessee Williams und Arthur Miller sowie die Einzelausgaben der Werke Virginia Woolfs wurden publiziert.

Mit der deutschsprachigen Ausgabe von Doktor Schiwago gelang S. Fischer 1958 der größte Bucherfolg überhaupt. Der Autor Boris Pasternak erhielt noch im gleichen Jahr den Literaturnobelpreis, den er jedoch auf Befehl der sowjetischen Regierung ablehnen musste.

1963 trat Gottfried Bermann Fischer und seine Frau Brigitte aus dem Verlag zurück, in Folge dessen das Geschäft allmählich an die Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck überging. In den nächsten Jahrzehnten konnte die Linie von Samuel Fischer und seinem Schwiegersohn beibehalten und Autoren der klassischen Moderne sowie zeitgenössische Schriftsteller herausgegeben werden.

Heutige Situation

Drei Jahre nach dem Rücktritt Bermann Fischers kam es zur Gründung des hauseigenen Taschenbuchverlags, dem das vorherige Taschenbuchprogramm einverleibt wurde. 1974 übernahm Monika Schoeller, die Tochter von Georg von Holtzbrinck, die Verlagsleitung. Im Oktober 2002 zog sie sich aus der operativen Leitung zurück, blieb aber ohne Ressort Vorsitzende der Geschäftsleitung.

Der Fischer Verlag ist heute eine Unternehmensgruppe, unter dessen Dach sich die Firmen Fischer Taschenbuch, Krüger Verlag, Scherz Verlag, O. W. Barth, Schatzinsel sowie Theater und Medien versammeln.

Das heutige Programm knüpft an die Tradition des Hauses an und beinhaltet neben deutschsprachigen und internationalen Gegenwartsautoren einen Sachbuchbereich (Schwerpunkte: Geschichte, Politik, Psychologie, Natur- und Gesellschaftswissenschaften) und eine Sparte für Moderne Klassiker.

Zu deutschsprachigen Gegenwartsautoren des Verlages gehören Judith Hermann, Josef Haslinger, Christoph Ransmayr, Marlene Streeruwitz und Gregor Hens.

Siehe auch

Literatur

  • Peter de Mendelssohn: S. Fischer und sein Verlag. Frankfurt a. M.: S. Fischer 1970, ISBN 3-10-049401-6.
  • Friedrich Pfäfflin u. Ingrid Kussmaul: S. Fischer, Verlag: von d. Gründung bis zur Rückkehr aus d. Exil. Ausstellung des Deutschen Literaturarchivs im Schiller-Nationalmuseum. Marbach am Neckar: Dt. Literaturarchiv 1985.
  • Knut Beck: 100 Jahre S. Fischer Verlag: 1886 - 1986. Eine Bibliographie. Frankfurt a. M.: S. Fischer 1986, ISBN 3-10-021502-8.
  • Reiner Stach: 100 Jahre S. Fischer Verlag: 1886 - 1986. Kleine Verlagsgeschichte. 2. Aufl. Frankfurt a. M.: S. Fischer 1986, ISBN 3-10-021502-8.
  • Friedrich Pfäfflin: 100 Jahre S. Fischer Verlag: 1886 - 1986. Buchumschläge: über Bücher und ihre äußere Gestalt. Frankfurt a. M.: S. Fischer 1986, ISBN 3-10-061202-7.
  • Samuel Fischer u. Hedwig Fischer: Briefwechsel mit Autoren. Frankfurt a. M.: S. Fischer 1989, ISBN 3-10-021503-6.
  • Hugo von Hofmannsthal (u.a.): Hugo von Hofmannsthal: Briefwechsel mit Max Rychner, mit Samuel u. Hedwig Fischer, Oscar Bie u. Moritz Heimann. Frankfurt a. M.: S. Fischer 1973, ISBN 3-10-000023-4.
  • Barbara Heß: Herrmann Hesse und seine Verleger: die Beziehungen des Autors zu den Verlagen E. Diederichs, S. Fischer, A. Langen und Suhrkamp. Wiesbaden: Harrassowitz 2000, ISBN 3-447-04267-2.
  • Gerhard F. Hering: Ein Brunnen des Lebens: S. Fischer und sein Verlag. In: Almanach: Das 64. Jahr. Frankfurt a. M.: S. Fischer 1950.
  • In Memoriam S. Fischer: 24. Dezember 1859-1959. Frankfurt a. M.: S. Fischer 1960, ISBN 3-10-050303-1.
  • Richard Faller (Mitverf.): Ein grosser Verleger: Samuel Fischer. Mainz: Carl-Zuckmayer-Ges. 1984.
  • Gottfried Bermann Fischer u. Brigitte Bermann Fischer: Briefwechsel mit Autoren. Frankfurt a. M.: S. Fischer 1990, ISBN 3-10-021602-4.

Weblinks


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