B!

B!
„Kleiner Burschenschafterzirkel“. Die ineinander verschlungenen Buchstaben E, F und V stehen für den Wahlspruch der Urburschenschaft Ehre, Freiheit, Vaterland.

Burschenschaften (abgekürzt „B!“) sind eine tradierte Form einer Studentenverbindung. Sie finden sich heute an Hochschulorten in Deutschland, Österreich und Chile. Fast alle Burschenschaften bekennen sich zur Herkunft aus der Urburschenschaft von 1815. Dabei ist der inhaltliche Bezug eher verschwommen, die Bezeichnung „Burschenschaft“ wird heute von teilweise sehr unterschiedlichen Studentenverbindungen verwendet.

Obwohl sich nur circa 300 der insgesamt 1500 bis 2200 studentischen Verbindungen im deutschen Sprachraum „Burschenschaft“ nennen, wird der Begriff in der Öffentlichkeit fälschlicherweise oft als Überbegriff für alle Studentenverbindungen verwendet. Die meisten studentischen Korporationen jenseits der Burschenschaften haben historisch allerdings keine Verbindung zu deren Ursprung und besitzen auch heutzutage eine andere Ausrichtung. Da insbesondere die Mitgliedsbünde des größten burschenschaftlichen Dachverbandes Deutsche Burschenschaft aus ihrem historischen Verständnis heraus politisch tätig sind, gelten traditionsorientierte Studentenverbindungen in der öffentlichen Wahrnehmung heute oft als politisch rechtsgerichtet oder gar rechtsradikal.[1]

Inhaltsverzeichnis

Etymologie

Das Wort „Burschenschaft“ bedeutet so viel wie „Gesamtheit der Burschen“. Das Wort Bursche leitet sich wiederum aus dem neulateinischen Bursarius, dem Bewohner einer Burse, ab und war im 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts eine allgemeine Bezeichnung für Studenten. So gibt es aus dieser Zeit Belege, in denen das Wort „Burschenschaft“ gleichbedeutend mit dem Wort Studentenschaft verwendet wird. Dies war noch auf dem Wartburgfest 1817, zwei Jahre nach der Gründung der Urburschenschaft in Jena, der Fall. Diese Urburschenschaft betrachtete sich als ein Zusammenschluss aller Studenten unter Aufhebung der damals üblichen landsmannschaftlichen Zusammenschlüsse. Erst später, als klar wurde, dass sich dieser allgemeine Anspruch nicht durchsetzen ließ, wurde „Burschenschaft“ zu einer Bezeichnung für einen bestimmten Typus von Studentenverbindungen, der neben verschiedenen anderen existierte.

Die Mitglieder einer Burschenschaft heißen Burschenschafter. Die häufig benutzte Fremdbezeichung „Burschenschaftler“ mit einem „l“ ist falsch. Von der Burschenschaft gegenüber negativ eingestellten Studenten werden sie oft abwertend als „Burschis“ bezeichnet, von anderen Korporierten salopp auch als Buxen.

Geschichte

Ausschnitt aus dem „Stamm-Buch“ der Urburschenschaft in Jena, hier mit dem Eintrag von Heinrich von Gagern, dem späteren Präsidenten der Frankfurter Nationalversammlung

Siehe auch: Geschichte der Studentenverbindungen

Die Urburschenschaft

Hauptartikel: Urburschenschaft

Auszug der Jenenser Studenten in den Freiheitskrieg 1813

Die Burschenschaften entstanden nach den Befreiungskriegen gegen Napoleon, die die studentische Kultur Deutschlands entscheidend prägten. Historiker schätzen, dass etwa 20 bis 50 Prozent der Studenten an diesen Kriegen teilnahmen.[2] Zwar konnten nur etwa fünf Prozent der Gesamtzahl der Kriegsfreiwilligen als Studenten gelten, aber keine gesellschaftliche Gruppe hatte einen so hohen Anteil an Freiwilligen. Viele Studenten hatten unter anderem im Lützowschen Freikorps mitgekämpft, das sich nicht nur aus preußischen Untertanen sondern aus Freiwilligen aus ganz Deutschland rekrutierte. Aus den Befreiungskriegen an die Universitäten zurückgekehrt, setzten sie sich danach in der Zeit der Restauration und des Wiener Kongresses für die Abschaffung der deutschen Kleinstaaterei und die Schaffung eines gesamtdeutschen Reiches unter einer konstitutionellen Monarchie ein. (→ Siehe auch: Vormärz)

Die am 12. Juni 1815 in Jena gegründete Urburschenschaft bestand aus Gruppen mit nationalen, christlichen und freiheitlichen Ideen. Zu ihren geistigen Wegbereitern gehörten u.a. Ernst Moritz Arndt, „Turnvater“ Friedrich Ludwig Jahn und Philosophen wie Johann Gottlieb Fichte. Sie forderte mit den Werten Ehre, Freiheit, Vaterland staatsbürgerliche Verantwortung, ethnische Solidarität und individuelle Freiheitsrechte zugleich ein. Möglich war diese Synthese verschiedener Elemente durch den elitären Ansatz, der in erster Linie die Pflicht des Einzelnen, für das Ganze einzutreten, betonte.

„Der ritterliche Kahl“, um 1819, Jacob Carl Kahl in der Tracht der frühburschenschaftlichen Gemeinschaft der „Gießener Schwarzen

In der Verfassungsurkunde der Jenaischen Burschenschaft vom 12. Juni 1815 heißt es:

„Erhoben von dem Gedanken an ein gemeinsames Vaterland, durchdrungen von der heiligen Pflicht, die jedem Deutschen obliegt, auf Belebung deutscher Art und deutschen Sinnes hinzuwirken, hierdurch deutsche Kraft und Zucht zu erwecken, mithin die vorige Ehre und Herrlichkeit unsres Volkes wieder fest zu gründen und es für immer gegen die schrecklichste aller Gefahren, gegen fremde Unterjochung und Despotenzwang zu schützen, ist ein Teil der Studierenden in Jena zusammengetreten und hat sich beredet, eine Verbindung unter dem Namen einer Burschenschaft zu gründen.“

Das Wartburgfest

Hauptartikel: Wartburgfest

Wartburgfest: Zug der Studenten auf die Wartburg 1817

Der vaterländische Gedanke war eine Idee, für die sich sehr viele Studenten begeistern konnten. Um diese Gesinnung der ganzen Welt mitzuteilen, wurde am 17. Oktober 1817 auf der Wartburg bei Eisenach ein Burschenfest gefeiert, an dem über 500 Studenten aus ganz Deutschland teilnahmen. Das Festdatum war bewusst gewählt, um der Reformation Martin Luthers (1517) und zugleich des Sieges über Napoleon in der Völkerschlacht bei Leipzig (16. bis 19. Oktober 1813) zu gedenken.

Hier wurde vor allem das Ziel der Zusammenführung der Studentenschaft in eine einheitliche Organisation durchformuliert, um damit die Einheit Deutschlands im universitären Bereich vorwegzunehmen. So zitierte die Zeitschrift Isis oder Encyclopädische Zeitung im Jahre 1817 einige Redner auf dem Wartburgfest:

„Eben deßhalb müsst ihr euch keine Namen geben, welche dieser Universalität widersprechen. Nicht weiße, schwarze, rothe, blaue usf. müsst ihr euch nennen; denn das sind auch andere; auch nicht Teutonen müsst ihr euch nennen; denn Teutonen sind auch die andern. Euer Name sey, was ihr allein und ausschließlich seyd, nehmlich Studentenschaft oder Burschenschaft. Dazu gehört ihr alle, und niemand anders. Hütet euch aber, ein Abzeichen zu tragen, und so zur Parthey herabzusinken, das bewiese, dass ihr nicht wisst, dass der Stand der Gebildeten in sich den ganzen Staat wiederholt, und also sein Wesen zerstört durch Zersplitterung in Partheyen.“ [3]

Nach weiteren emotionalisierenden Festreden forderte Hans Ferdinand Maßmann eine Bücherverbrennung von Schriften, die als reaktionär, antinational oder undeutsch galten. Symbolisch den Flammen übergeben wurden unter anderem Werke der Schriftsteller August von Kotzebue, August Friedrich Wilhelm Crome und Karl Leberecht Immermann, der Code Napoléon sowie die Germanomanie des jüdischen Schriftstellers Saul Ascher. Letzterer hatte sich in seinem Werk über das beginnende „Deutschlandgefühl“ abfällig geäußert. Auf Grund des hohen Wertes von Büchern wurden jedoch nur mit deren Titeln beschriftete Makulaturbündel verbrannt. Dies war zu jener Zeit nichts außergewöhnliches, doch wurden auch Symbole der französischen und der Fürstenherrschaft, wie ein Schnürleib, ein Zopf und ein Korporalstock verbrannt, was nach der damaligen Auffassung die eigentliche Sensation war.

Der Burschenschafter Hoffmann von Fallersleben in altdeutscher Tracht, Gemälde von 1819

Die Versammlung auf der Wartburg 1817 formulierte und beschloss gemeinsame Grundsätze und Ziele, um allen deutschen Burschenschaften ein gemeinsames politisches Programm zu geben:

Denkmal für die Urburschenschaft in Jena

Das Programm griff also wesentliche liberale Ideen der französischen Revolution auf und bettete sie in eine „vaterländische“ und „wehrhafte“ Monarchie. Die bürgerlichen Rechte finden sich heute in allen europäischen Verfassungen, auch dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland.

Im folgenden Jahr kam es an vielen Universitäten zur Gründung von Burschenschaften, die diese Grundsätze vertraten. Diese verstanden sich anfangs nicht als Vielzahl unabhängiger Burschenschaften, sondern als Teil einer einzigen großen Burschenschaft, die die gesamte Studentenschaft umfassen und alle bisher bestehenden Studentenverbindungen ablösen sollte: der „Allgemeinen deutschen Burschenschaft“. Die Gründung derselben wurde auf dem ersten Jenaer Burschentag 1818 von den Vertretern der Burschenschaften aus 14 Universitätsstädten beschlossen. Die noch abseits stehenden Verbindungen sollten durch Überzeugung für die Burschenschaft gewonnen werden.

Das Ziel der Vereinigung aller Studenten in dieser Allgemeinen deutschen Burschenschaft wurde letztlich aber nicht erreicht, da sich die Bewegung gleichzeitig zu ihrer Ausbreitung stark diversifizierte und die überwiegende Zahl der Corps weiterhin an ihren alten Traditionen festhielt. So gab es – zumindest an den großen Universitäten – weiterhin mehrere Corps und bald auch mehrere Burschenschaften.

Heinrich Heine als kritischer Zeitzeuge

Heinrich Heine

Heinrich Heine studierte zwischen 1819 und 1825 Jura in Bonn, Göttingen und Berlin. In Bonn trat er der burschenschaftlichen Allgemeinheit bei und besuchte später in Göttingen einen burschenschaftlichen Stammtisch. Nachdem er wegen Verstoßes gegen das Keuschheitsprinzip aus der Burschenschaft ausgeschlossen wurde, wurde er Mitglied einer Studentenverbindung, die sich später zum Corps Hildeso-Guestphalia formierte. Noch während seiner Mitgliedschaft in der Burschenschaft äußerte er sich 1820 sehr kritisch über das Wartburgfest und seine Göttinger Erfahrungen:

„Auf der Wartburg hingegen herrschte jener unbeschränkte Teutomanismus, der viel von Liebe und Glaube greinte, dessen Liebe aber nichts anderes war als Hass des Fremden und dessen Glaube nur in der Unvernunft bestand, und der in seiner Unwissenheit nichts Besseres zu erfinden wußte, als Bücher zu verbrennen!
Im Bierkeller zu Göttingen musste ich einst bewundern, mit welcher Gründlichkeit meine altdeutschen Freunde die Proskriptionslisten anfertigten, für den Tag, wo sie zur Herrschaft gelangen würden. Wer nur im 7. Glied von einem Franzosen, Juden oder Slawen abstammte, ward zum Exil verurteilt. Wer nur im mindesten etwas gegen Jahn oder überhaupt gegen altdeutsche Lächerlichkeiten geschrieben hatte, konnte sich auf den Tod gefasst machen…“ (Werke Band 4, Ausgabe Insel-Verlag, S. 415f.)

Die Demagogenverfolgung

August von Kotzebues Ermordung (Zeitgenössischer kolorierter Kupferstich)
Sands Ende auf dem Schafott (Zeitgenössischer kolorierter Kupferstich)

1819 ermordete der Theologie-Student und Burschenschafter Karl Ludwig Sand den Schriftsteller und angeblichen russischen Agenten August von Kotzebue, dessen Werk Geschichte des deutschen Reichs schon beim Wartburgfest verbrannt worden war. Sand war in der Burschenschaft Anhänger des besonders radikalen Flügels der „Unbedingten“. Sein Attentat bot den zum Bundestag in Karlsbad versammelten Regierungen des Deutschen Bundes einen willkommenen Anlass, strenge Verbote jeder studentischen Organisierung zu beschließen.

Diese als Karlsbader Beschlüsse bekannt gewordenen Verbote gingen maßgeblich auf den Einfluss des reaktionären österreichischen Staatskanzlers Fürst Metternich zurück. Ihretwegen waren viele Burschenschafter in den nächsten Jahren staatlicher Beobachtung und Verfolgung ausgesetzt. In den Beschlüssen wurde festgelegt, dass für jede Universität ein „landesherrlicher Bevollmächtigter“ zu ernennen sei, der vor Ort genau kontrollierte, ob die Professoren den Studenten politisch unliebsame Ideen vermittelten. Wichtigstes Gremium wurde die Mainzer Zentraluntersuchungskommission, der jede Auffälligkeit zu melden war. Missliebige Professoren konnten von der Universität verwiesen werden und erhielten im ganzen Deutschen Bund Berufsverbot.

Die seit langer Zeit bestehenden Gesetze gegen geheime oder nicht autorisirte Verbindungen auf den Universitäten sollen in ihrer ganzen Kraft und Strenge aufrechterhalten, und insbesondere auf den seit einigen Jahren gestifteten, unter dem Namen der allgemeinen Burschenschaft bekannten Verein um so bestimmter ausgedehnt werden, als diesem Verein die schlechterdings unzulässige Voraussetzung einer fortdauernden Gemeinschaft und Correspondenz zwischen den verschiedenen Universitäten zum Grunde liegt. Den Regierungs-Bevollmächtigten soll in Ansehung dieses Punktes eine vorzügliche Wachsamkeit zur Pflicht gemacht werden.
Kneiptafel Marburger Burschenschafter 1828
Die Regierungen vereinigen sich darüber, daß Individuen, die nach Bekanntmachung des gegenwärtigen Beschlusses erweislich in geheimen oder nicht autorisirten Verbindungen geblieben oder in solche getreten sind, bei keinem öffentlichen Amte zugelassen werden sollen.
Karlsbader Beschlüsse – § 3 Universitätsgesetz vom 20. September 1819

1822 zerfiel die Allgemeine Deutsche Burschenschaft wegen der anhaltenden Verfolgung, erstand aber 1827 auf dem Burschentag von Bamberg in kleinerem Rahmen neu. Auf diesem Burschentag wurde die Abkehr vom christlichen Prinzip beschlossen, so daß nun auch erstmals Juden Mitglied werden konnten.[4] In weiterer Folge übernahm die Burschenschaft von den Corps die Mensur, nachdem die Urburschenschaft noch nichtschlagend gewesen war.

Seit 1825 teilte sich die burschenschaftliche Bewegung mehr und mehr in eine radikal-republikanische und nationale Linie („Germania“) und eine hochschulpolitische und freidenkerisch-liberale Linie („Arminia“). 1829 kam es schließlich zum Bruch: die arminischen Burschenschaften wurden aus dem Dachverband ausgeschlossen, die Existenzberechtigung wurde ihnen abgesprochen. Noch heute sind die Bezeichnungen Germania und Arminia die häufigsten Burschenschaftsnamen und an vielen Universitäten anzutreffen.

Hambacher Fest und Frankfurter Wachensturm

Hambacher Fest (Zeitgenössische Lithographie)

Nach der Julirevolution in Paris 1830 gewann die Demokratiebewegung in Deutschland wieder an Fahrt. Nach und nach wurden auch die Verbote in vielen deutschen Staaten wieder gelockert. Auf dem Hambacher Fest 1832 wurden die Farben der Burschenschaft Schwarz-Rot-Gold erstmals auch von Nicht-Studenten verwendet und wurden schließlich zum Symbol des deutschen Strebens nach Einheit und Demokratie. 1848 wurden sie darum zu Farben des Deutschen Bundes und später zur Staatsflagge der Weimarer Republik, der Bundesrepublik Deutschland und auch der DDR.

Frankfurter Wachensturm (Zeitgenössischer Kupferstich)

Es waren vor allem Burschenschafter der germanischen Richtung aus Heidelberg und Würzburg, die im Jahre 1833 den Frankfurter Wachensturm organisierten, durch den Waffen und die Kasse des Deutschen Bundes erobert werden sollten, was zur Auslösung eines bewaffneten Volksaufstandes hätte führen sollen. Das Scheitern dieser Aktion, bei der es neun Tote und 24 Verletzte unter den Aufständischen gab, stellte einen schweren Rückschlag für die burschenschaftliche Bewegung dar. Nur wenige Burschenschaften überstanden die nun wieder rigoros angewandten Verbote der immer noch gültigen Karlsbader Beschlüsse. Die Gründungsdaten der meisten heute noch existierenden Burschenschaften liegen daher nach diesem Datum.

Der Bundestag setzte eine Untersuchungskommission ein, die jahrelange, ausgedehnte Nachforschungen nach den Verschwörern und ihren Hintermännern anstellte. Bis 1838 schrieb diese mehr als 1.800 Personen − zu etwa zwei Dritteln Burschenschafter − zur Fahndung aus. Nicht wenige Burschenschafter verließen als sogenannte Dreißiger Deutschland und flohen nach Nordamerika. Wegen Hochverrats wurden schließlich 39 Personen zum Tode verurteilt, später jedoch zu − zum Teil lebenslänglichen − Haftstrafen begnadigt.

Am 10. Januar 1837 gelang es sechs der zu lebenslänglichen Haftstrafen verurteilten Burschenschafter mit Hilfe von außen, dem Gefängnis zu entfliehen. Die Sympathie der Bevölkerung war auf ihrer Seite. Gegen die Suchmaßnahmen der Behörden wurde Spottverse gedichtet, die noch heute in studentischen Liederbüchern stehen und regelmäßig gesungen werden.

Die freie Republik (um 1837, Verfasser unbekannt)
In dem Kerker saßen zu Frankfurt an dem Main
schon seit vielen Jahren sechs Studenten ein,
die für die Freiheit fochten und für das Bürgerglück
und für die Menschenrechte der freien Republik
Und der Bürgermeister sprach es täglich aus
Sie, Herr Kerkermeister, es reißt mir keiner aus.
Aber doch sind sie verschwunden abends aus dem Turm,
um die zwölfte Stunde, bei dem großen Sturm.
Und am nächsten Morgen hört man den Alarm
oh es war entsetzlich der Soldatenschwarm.
Sie suchten auf und nieder sie suchten hin und her
sie suchten sechs Studenten und fanden sie nicht mehr.
Doch sie kamen wieder mit Schwertern in der Hand
Auf, ihr deutschen Brüder, jetzt geht's fürs Vaterland.
Jetzt geht's für Menschenrechte und für das Bürgerglück.
Wir sind doch keine Knechte der freien Republik.
Wenn euch die Leute fragen wo ist Absalom
so dürft ihr wohl sagen hohe hängt er schon.
Er hängt an keinem Galgen er hängt an keinem Strick
sondern an dem Glauben an die freie Republik.

Das Lied Die freie Republik wurde unter anderem auch von Hannes Wader interpretiert und auf Tonträgern veröffentlicht (siehe: Hannes Wader: Volkssänger).

Nach dem Scheitern des Frankfurter Wachensturms gewann die Progress-Bewegung auch innerhalb der Burschenschaft an Anhängern. Ziele dieser liberalen Fortschrittsbewegung in der Studentenschaft waren die Gleichheit aller Studenten durch Aufhebung der Privilegien der Studentenverbindungen und die Aufhebung der akademischen Privilegien gegenüber der Bürgerschaft. Mitte der 1840er Jahre radikalisierte sich diese Bewegung und forderte die Abschaffung der überlieferten studentischen Traditionen und Sonderstellungen. Letztendlich wurden diese Ziele nicht erreicht. Für die burschenschaftliche Bewegung bedeutete der Progress aber eine weitere Diversifizierung durch zahlreiche Spaltungen und Neugründungen.

Von der Märzrevolution zur Reichseinigung (1848−1870)

Die Nationalversammlung in der Paulskirche

Die Burschenschaften waren eine treibende Kraft der Revolution von 1848. Infolge der Einrichtung der Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche, deren erster Präsident Heinrich von Gagern Burschenschafter war, wurden die Karlsbader Verbote endgültig aufgehoben. Die ehemals verfolgten und in den Untergrund getriebenden Organisationen verwandelten sich nun in Vereine der akademischen Elite. Burschenschaften und alle Arten von Studentenverbindungen schossen in den folgenden Jahren wie Pilze aus dem Boden.

Nach dem Scheitern der Revolution mussten erneut zahlreiche Burschenschafter Deutschland verlassen und emigrierten als Teil der sogenannten Forty-Eighters vor allem in die USA (unter anderem der spätere US-Innenminister Carl Schurz) aber auch nach Australien und Südamerika.

Nach der Aufhebung der Karlsbader Beschlüsse wurde immer wieder der Versuch gestartet, einen burschenschaftlichen Dachverband zu gründen. Kurzfristig bestehende Dachverbände waren die Allgemeine Burschenschaft (gegründet 1850), der Eisenacher Burschenbund (1864), die Eisenacher Konvention (1870) und der Eisenacher Deputierten-Convent (1874), die aber nie eine Mehrheit der Burschenschaften in sich vereinigen konnten und sich jeweils nach wenigen Jahren wieder auflösten.

Anlässlich des 100. Geburtstag von Friedrich Schiller kam es 1859 zu den ersten offiziellen Gründungen von Burschenschaften in Österreich. Zuvor hatte Metternich dort ein Koalitionsverbot mit effizienten Unterdrückungsmethoden durchsetzen können. Erst nach der verlorenen Schlacht von Solferino musste Kaiser Franz Joseph II. Zugeständnisse an die Bürger unter anderem in Form von liberaleren Vereinsgesetzen machen. Bis 1849 hatten in Österreich-Ungarn noch die mittelalterlichen Nationes existiert, nach der Revolution hatte nach deren Verbot ein zehnjähriges Vakuum geherrscht. Dies wurde nun durch eine Gründungswelle studentischer Korporationen kompensiert. In Österreich entstanden also Burschenschaften, Corps, neue Landsmannschaften und katholische Verbindungen nicht nacheinander und aus unterschiedlichen Beweggründen, sondern gleichzeitig und parallel in den Jahren 1859−64. Die Burschenschaft hatte im Vielvölkerstaat jedoch mit nationalen Identitätsproblemen zu kämpfen und begann sich in Österreich-Ungarn verstärkt in Richtung Deutschnationalismus zu entwickeln.

Die katholische Kirche sah in den Burschenschaften und anderen Korporationen zunehmend eine Gefahr für die Sittlichkeit und den Glauben und ahndete die Mensur mit der Exkommunikation. Daraufhin kam es – vor allem im preußisch-protestantisch dominierten Deutschland – zur Unterdrückung katholischer Studenten durch andere Korporationen, weswegen auf Initiative der Kirche und einzelner Pfarrer nach und nach katholische Studentenverbindungen gegründet wurden, die sich, ohne die Ideologie der Burschenschaft zu teilen, fast genau deren Aussehen und Brauchtum gaben. CV und KV entstanden, teilweise wird das bis heute insbesondere in Österreich von Burschenschaftern als Affront verstanden.

Burschenschaften im Kaiserreich (1871−1918)

Prager Burschenschaft Teutonia 1895

Nach der Einigung des Reiches 1871 sahen die Burschenschaften im Deutschen Reich − ganz im Gegensatz zu denen in Österreich − ihr wichtigstes Ziel, nämlich den Zusammenschluss der deutschen Länder und Staaten, als erreicht an. In dieser Zeit glichen sich alle Studentenverbindungen nach dem Vorbild der Corps untereinander an. Für die Burschenschaften hieß das vor allem, dass Duelle zur Pflicht wurden. Bisher hatten die Burschenschaften zumindest theoretisch Duelle abgelehnt. Aus der revolutionären Bewegung wurde eine staatstragende Organisation. Der Kampf für Einheit und Freiheit verflachte vielfach zu bloßem Nationalismus. Das politische Spektrum blieb aber dennoch sehr breit und reichte von radikal-demokratischen über national-konservative bis zu völkisch-antisemitisch eingestellten Gruppen.

Anders in Österreich: Deutschnationale und radikal antisemitische Politiker wie der Burschenschafter Georg von Schönerer polemisierten gegen das supranationalistisch und katholisch eingestellte Kaiserhaus der Habsburger und für einen alldeutschen Zusammenschluss. Antisemitische und antislawische Positionen übten einen großen Einfluss auch auf christlichsoziale Politiker wie Karl Lueger aus.

1881 wurde in Eisenach von zunächst ausschließlich reichsdeutschen Burschenschaften der Allgemeine Deputierten Convent gegründet, der sich ab 1902 Deutsche Burschenschaft (DB) nannte. 1883 entstand als Gegenbewegung der Allgemeine Deutsche Burschenbund (ADB), der Dachverband der sogenannten Reformburschenschaften.

1896 wurde in Santiago de Chile von den Nachfahren deutscher Einwanderer die erste von heute fünf Burschenschaften in Chile gegründet.

1907 gründeten die Burschenschaften des österreichischen Kaiserreichs einen eigenen Dachverband: die Burschenschaft der Ostmark (BdO).

Burschenschaften in der Weimarer Republik und im Dritten Reich (1919−1945)

Verbot der letzten bestehenden Korporationsverbände durch Heinrich Himmler 1938

Obgleich die Verfassung der Weimarer Republik große Teile der burschenschaftlich geprägten Paulskirchenverfassung übernommen hatte, waren viele junge Burschenschafter monarchistisch eingestellt oder standen der (Konservativen Revolution) nahe, während die meisten Alten Herren die neue Staatsform befürworteten. Der Antisemitismus nahm auch innerhalb der Deutschen Burschenschaft zu und führte zu dem Beschluss, keine Juden mehr als Mitglieder aufzunehmen. Auf der anderen Seite waren Burschenschafter in vielen wichtigen Positionen des neuen Staates tätig. Der bekannteste Burschenschafter war der Reichskanzler und Außenminister Gustav Stresemann (B! Suevia Leipzig im ADB), einer der Wegbereiter der deutsch-französischen Freundschaft und Friedensnobelpreisträger.

1920 wurde mit dem Verband Deutscher Burschen (VDB) ein weiterer reformburschenschaftlicher Korporationsverband gegründet. Die Burschenschaften des VDB lehnten im Gegensatz zu denen der DB und des ADB aber die Mensur ab.

Die Burschenschaften des ehemaligen österreichischen Kaiserreiches wurden 1919 in die DB aufgenommen, woraufhin die BdO zu bestehen aufhörte. 1933 wurde sie wieder ins Leben gerufen, nachdem die Burschenschaften mit Sitz außerhalb des Deutschen Reichs die DB aus politischen Gründen verlassen mussten.

Zu Adolf Hitlers Machtergreifung verhielten sich Burschenschafter nicht einheitlich. So wurde sie, wie von großen Teilen der Bevölkerung, auch von einem großen Teil der Burschenschafter, welche mitunter führende Ämter einnahmen, begeistert begrüßt, während andere vereinzelt sogar im Widerstand aktiv waren (z. B. Hermann Kaiser).

Die Deutsche Burschenschaft als Dachverband hatte sogar noch vor Hitlers Machtergreifungden Nationalsozialismus als wesentlichen Teil der völkischen Freiheitsbewegung“ per Beschluss auf dem Burschentag von 1932 „bejaht“, in demselben Beschluss aber dem Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund (NSDStB) das Vertrauen versagt. [5]

Noch im selben Jahr wurde unter Federführung der DB die in Opposition zum NSDStB stehende „Hochschulpolitische Arbeitsgemeinschaft studentischer Verbände“ (Hopoag) gegründet, die aber schon im April 1933 von den neuen Machthabern aufgelöst wurde.

Nach der Machtergreifung fanden in Deutschland Bücherverbrennungen statt, bei welchen sich die nationalsozialistischen Veranstalter auf die Bücherverbrennung auf dem Wartburgfest beriefen. [6]

Ab 1934 wurden alle Studentenverbindungen und -verbände im Rahmen der Gleichschaltung immer stärker unter Druck gesetzt, um sie dem NSDStB, der als einzige Großorganisation etabliert werden sollte, einzugliedern. Dazu wurden zahlreiche Korporationsverbände zunächst zwangsfusioniert. So ging 1934 der ADB in der DB auf. Gegen diese der Burschenschaft von außen aufgezwungenen Veränderungen regte sich Widerstand: Noch im selben Jahr gründeten aus der DB ausgetretene und ausgeschlossene Burschenschaften die Alte Burschenschaft, die sich allerdings schon 1935 wieder auflösen musste.

Nach dem Anschluss Österreichs wurden auch die dortigen Burschenschaften und die BdO aufgelöst, sodass ab diesem Zeitpunkt nur noch die vier Burschenschaften in Chile existierten.

Viele Burschenschaften entzogen sich der Umwandlung in eine NS-Kameradschaft, indem sie sich vorher selbst auflösten. Andere führten ihre Traditionen verdeckt innerhalb der Kameradschaften fort.

Burschenschaften seit 1945

Nachdem die Nationalsozialisten alle offen agierenden Studentenverbindungen verboten hatten und ihre Mitglieder in Kameradschaften innerhalb des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes eingegliedert hatten, wurde das klassische Verbindungsleben nach 1945 nur in den westlichen Besatzungszonen, der späteren Bundesrepublik, und in Österreich, nicht aber auf dem Boden der DDR wiederbelebt. Da die sowjetische Verwaltung signalisierte, dass sie kein Verbindungsleben auf dem Territorium der sowjetischen Besatzungszone dulden würde, versuchten dort ansässige Verbindungsstrukturen, möglichst viel an Material und historischen Erinnerungsstücken in den Westen zu schaffen und an einer Universität in der entstehenden Bundesrepublik eine neue Existenz aufzubauen. Berliner Verbindungen verlegten ihren Sitz an die neugegründete Freie Universität Berlin oder an die Technische Universität Berlin im Westteil der Stadt. Die im Westen wiedergegründeten Verbindungen hielten mit den „Alten Herren“ in der DDR aus Sicherheitsgründen nur auf sehr diskrete Weise Kontakt. Die kommunistische Führung der DDR wertete die Burschenschaften negativ als konservativ-reaktionäre Vereinigungen. So verschwand die verbindungsstudentische Kultur auf dem Gebiet der DDR aus dem Bewusstsein der Bevölkerung. Eine Ersatzfunktion übernahmen später DDR-Studentenverbindungen. Erst nach der politischen Wende von 1990 konnten sich Burschenschaften auch wieder in den neuen Bundesländern betätigen.

Dachverbände

Das Wappen der Deutschen Burschenschaft
Burschenschaftsdenkmal in Eisenach von 1902

Der größte Teil der Burschenschaften ist heute in den Korporationsverbänden Deutsche Burschenschaft (DB) und Neue Deutsche Burschenschaft (NeueDB) organisiert. Viele Burschenschaften in Österreich gehören − zum Teil zusätzlich zur Mitgliedschaft in der DB − den Dachverbänden Deutsche Burschenschaft in Österreich (DBÖ) oder Conservativer Delegierten Convent der fachstudentischen Burschenschaften in Österreich (CDC) an. Daneben gibt es noch verschiedene andere Dachverbände, die vollständig oder teilweise aus Burschenschaften bestehen.

Deutsche Burschenschaft

Die Deutsche Burschenschaft sieht sich in der patriotischen Traditionslinie der Urburschenschaft und vereint Verbindungen aus der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich.

Die DB stellt ihren Mitgliedsbünden seit dem Historischen Kompromiss von 1971 die Pflichtmensur frei und nimmt seitdem im Gegenzug dafür auch wieder Burschenschaften aus Österreich auf. Nach wie vor gilt der volkstumsbezogene Vaterlandsbegriff, der den deutschen Sprach- und Kulturraum und damit die „deutsche Kulturnation“ bzw. das „deutsche Volkstum“ umfasst.

Dachverbände in Österreich

In Österreich bestehen die Deutsche Burschenschaft in Österreich (DBÖ), deren Mitgliedsbünde überwiegend zugleich auch der DB angehören, und der Conservative Delegierten Convent der fachstudentischen Burschenschaften in Österreich (CDC). Beide Verbände sind pflichtschlagend und vertreten ähnliche Programme wie die DB.

Burschenschaftliche Gemeinschaft

Der Burschenschaftlichen Gemeinschaft (BG) gehören heute 46 Burschenschaften aus der DB, der DBÖ und dem CDC an. Sie ist damit der größte burschenschaftliche Interessenverband unterhalb der Verbandsebene. Ursprüngliches Ziel der BG war es, Burschenschaften aus Österreich den Beitritt in die DB zu ermöglichen. Die BG wurde 1961 auf dem Haus der Münchener Burschenschaft Cimbria gegründet, nachdem ein Antrag auf eine Fusion der DB mit der DBÖ auf dem Burschentag nicht die nötige Mehrheit der bundesdeutschen Burschenschaften gefunden hatte. Dieses Ziel wurde 1971 schließlich durch den historischen Kompromiss erreicht.

Die BG kann über die drei wesentlichen führenden Organe der DB Einfluss auf die gesamte Organisation nehmen. Da zum Beispiel für Neuaufnahmen Zwei-Drittel-Mehrheiten benötigt werden, hat sie eine Art Vetofunktion und somit großen Einfluss. Die BG tritt dafür ein, in der DB das Prinzip der Pflichtmensur wieder einzuführen. Da sie sich auch der Historie verschrieben hat, beziehen sich viele kritische politische Diskussionen auf vergangene Ereignisse, wie die Vertreibungen aus den ehemaligen Ostgebieten des vormaligen Deutschen Reiches und auf die Anerkennung/ Nichtanerkennung von Gebietsabtretungen, zumal die Heimatvertriebenen darüber nicht abstimmen durften. Eine Sperrminorität unter den DB-Burschenschaften lehnte in diesem Zusammenhang allerdings bislang eine Verschärfung der Mensurverpflichtungen und politisch des Volkstumsbegriffes ab.

Im selben Kontext sind die „weißen” Burschenschaften zu nennen, die politisch als bürgerlich-konservativ gelten. Einige von ihnen bilden, ähnlich der BG, eine kartellähnliche Interessengemeinschaft innerhalb der DB, den Ring Weißer Burschenschaften, und sind alle pflichtschlagend.

Andere Dachverbände

Burschenschaften, die anderen Dachverbänden angehören oder dachverbandsfrei sind, vertreten oftmals liberalere politische Programme oder sind gänzlich unpolitisch. Alle sind farbentragend, das waffenstudentische Prinzip reicht allerdings von nichtschlagend bis pflichtschlagend.

  • Die Neue Deutsche Burschenschaft (NDB) hat sich 1996 nach internen Meinungsverschiedenheiten von der Deutschen Burschenschaft abgespalten, um sich von ihr bewusst abzugrenzen und ausdrücklich jeden Revanchismus abzulehnen. Sie bekennt sich im Gegensatz zur der DB zum staatsbürgerlichen Vaterlandsbegriff und besteht aus 22 Bünden.
  • Das Süddeutsche Kartell (SK), ein Zusammenschluss von sechs pflichtschlagenden ehemaligen DB-Burschenschaften, versteht sich als ein Bund an mehreren Hochschulorten.
  • Der Schwarzburgbund (SB) besteht aus nichtschlagenden, christlichen Verbindungen, darunter überwiegend solchen, die sich Burschenschaft nennen.
  • Der Ring Katholischer Deutscher Burschenschaften (RKDB) in Deutschland und der Ring Katholisch Akademischer Burschenschaften (RKAB) in Österreich umfassen zusammen 21 nichtschlagende katholische Burschenschaften.
  • Der Bund Deutscher Ingenieur-Corporationen (BDIC) besteht aus Studentenverbindungen, die an Fachhochschulen aktiv sind, darunter auch 18 Burschenschaften unterschiedlicher Charakterisierung.
  • In Chile besteht als Dachverband der fünf chilenischen Burschenschaften der Bund Chilenischer Burschenschaften (BCB), der ein Freundschaftsabkommen mit der DB hat.

Daneben gibt es viele dachverbandsfreie Burschenschaften, die meist aus einem Dachverband ausgetreten sind. Sie sind oft weltanschaulich unabhängig und aufgrund ihrer Vielfalt schwer mit den Mitgliedsbünden der großen burschenschaftlichen Dachverbände zu vergleichen. Einige dachverbandsfreie Burschenschaften nehmen heute auch Frauen oder Nichtakademiker auf.

Vornehmlich in Österreich, aber auch zunehmend in Deutschland, gibt es so genannte pennale Burschenschaften, also Schülerverbindungen, die sich Burschenschaft nennen.

Siehe auch: Liste der Burschenschaften und Liste der Dachverbände von Studentenverbindungen

Kritik

Siehe auch: Studentenverbindung – Abschnitt Kontroversen

Vorwürfe: Elitarismus, Deutschnationalismus und Rechtsextremismus

Ein häufiger Kritikpunkt ist das elitäre Gesellschaftsverständnis der Burschenschaften. In diversen Publikationen (siehe auch: Burschi-Reader), bei Veranstaltungen und Demonstrationen werden die Traditionen der Burschenschaften und anderer Verbindungen von ihren Gegnern zudem oftmals als rechtsradikal bezeichnet.

Günther Beckstein, selbst Alter Herr einer musischen Studentenverbindung, kritisierte 2001 als bayerischer Innenminister, Rechtsextremisten versuchten, in akademischen Burschenschaften und über diese an den Hochschulen Einfluss zu gewinnen. Bayern sehe daher nicht weg, wenn Rechtsextremisten Kontakte mit Burschenschaften pflegten oder gar versuchten, akademische Verbindungen zu unterwandern.

Burschenschaften in Österreich wird allgemein ein starker Bezug zum deutschnationalen Lager und die Ablehnung der Idee einer österreichischen Nation vorgeworfen. Der Wiener Rechtsextremismusforscher Heribert Schiedel spricht von einer zentralen Bedeutung der Burschenschaften „an der Schnittstelle zwischen Rechtsextremismus, legalem Deutschnationalismus und (Neo-)Nazismus“.[7]

Die Burschenschaftliche Gemeinschaft wird politisch häufig am rechten Rand der Studentenverbindungen eingeordnet. Einzelne Burschenschaften der BG werden im Jahreslagebericht Rechtsextremismus des österreichischen Innenministeriums für die Jahre 1994, 1999 und 2000 erwähnt.[8] Die Verfassungsschutzinformationen des Bayerischen Staatsministerium des Innern erwähnen 2001 und 2002 eine Burschenschaft der BG.[9][10]

Distanzierung von Seiten der SPD

In einem offenen Brief an Egon Bahr, der einen Vortrag bei einer Burschenschaft gehalten hatte, kritisierten die Jusos 2005: „Burschenschaften behandeln Menschen ungleich, Frauen werden oft wegen ihres Geschlechts strukturell benachteiligt. Für viele Burschenschaften sind rassische Kriterien, Nationalität, sexuelle Orientierung, Religion oder die Wehrdienstverweigerung Ausschlusskriterien für eine Aufnahme. (…) Wir halten es für nicht akzeptabel, wenn Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten durch Reden vor Burschenschaften daran mitwirken, dass Burschenschaften an Einfluss gewinnen und ihr elitäres und undemokratisches Weltbild salonfähig wird.

Innerhalb der SPD wurde zunächst an einem Unvereinbarkeitsbeschluss gearbeitet, in dem Parteimitgliedern die Mitgliedschaft aufgekündigt wird, wenn sie Mitglied einer Verbindung sind, welche der Dachorganisationen Deutsche Burschenschaft, Coburger Convent, Neue Deutsche Burschenschaft oder Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen zugeordnet sind. Ausschluss drohte auch Mitgliedern aus Verbindungen, welche sich nicht „klar von geschichtsrevisionistischen Meinungen abgrenzen“, „Ungleichbehandlung von Mann und Frau“ betreiben oder „Randgruppen“ (Ausländer, Homosexuelle, Wehrdienstverweigerer usw.) diskriminieren. Nach Protesten verschiedener studentischer Verbände und dem Convent Deutscher Akademikerverbände (CDA) gegen diesen Antrag stellte die Projektgruppe Rechtsextremismus, die vom SPD-Parteivorstand mit der Vorbereitung des Beschlusses „Burschenschaften und SPD“ beauftragt worden war, im November 2005 klar, dass sich der zu fassende Beschluss ausschließlich auf Burschenschaften beziehen solle, die Mitglied des Dachverbandes Deutsche Burschenschaft seien.

Der Parteivorstand der SPD fällte schließlich am 16. Januar 2006 seine Entscheidung: Er distanzierte sich, schloss aber eine generelle Unvereinbarkeit aus. Auf einen förmlichen Unvereinbarkeitsbeschluss wurde verzichtet, weil dies keine Prüfung des jeweiligen Einzelfalls ermöglicht hätte, zudem einige der genannten Dachverbände sich gegen die aus ihrer Sicht erfolgte Verleumdung juristisch gewehrt hätten.

Ein Abgrenzungsbeschluss des Vorstandes sollte klarstellen, dass gegen die Grundsätze der Partei und gegen die Beschlüsse der Parteiorganisation handele, wer sich in einer Mitgliedsburschenschaft der DB engagiere und sich nicht ausdrücklich persönlich von rechten Umtrieben distanziere. Soweit der Partei durch dieses Parteimitglied und dessen Mitgliedschaft schwerer politischer Schaden entstünde, sollten die Schiedskommissionen als Ergebnis eines rechtsstaatlichen Parteiordnungsverfahrens auch Ausschlüsse aus der SPD verhängen können. Andere Studentenverbindungen bzw. ihre Dachverbände wären von diesem Beschluss nicht betroffen gewesen.

Am 27. März 2006 konkretisierten Präsidium und Vorstand der SPD ihre Haltung gegenüber der DB und beschlossen, dass nur die Mitgliedschaft in einer Burschenschaft der Burschenschaftlichen Gemeinschaft nicht mit einer Mitgliedschaft in der SPD vereinbar sei. Der Parteirat hat diesen Beschluss am 24. April bestätigt. Einen ersten Prozess um den Ausschluss eines Burschenschafters hat die SPD allerdings bereits rechtskräftig verloren [11].

Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte es bei der SPD bereits einen generellen Unvereinbarkeitsbeschluss gegeben, der aber nach Gesprächen mit den studentischen Verbänden in den 1960er Jahren aufgegeben wurde, da die SPD sich im Rahmen ihres Godesberger Programms mehr zur politischen Mitte hin öffnen wollte. Ein Ausschluss der Korporierten hätte damals beispielsweise auch für die Ministerpräsidenten Hinrich Wilhelm Kopf und Georg Diederichs gegolten, ebenso für den späteren Bundesminister Dieter Haack. In Nordrhein-Westfalen wäre von einem neuen generellen Unvereinbarkeitsbeschluss unter anderem der frühere Landesminister und SPD-Fraktionsvorsitzende Friedhelm Farthmann betroffen gewesen.

Namhafte Burschenschafter

Carl Graebe
Arnold Sommerfeld
Joseph Victor von Scheffel
Kai Diekmann
Raphael Pacher

Siehe auch: Kategorie: Burschenschafter

Wissenschaft und Wirtschaft

Kunst, Literatur, Musik

Politik und Gesellschaft

Literatur

Allgemeines:

  • Horst Grimm, Leo Besser-Walzel: Die Corporationen. Umschau Verlag Breidenstein, Frankfurt am Main 1986. ISBN 3-524-69059-9
  • Peter Krause: O alte Burschenherrlichkeit - Die Studenten und ihr Brauchtum. Styria, Graz/Wien/Köln 1997. ISBN 3-222-12478-7
  • Alfred Thullen: Der Burgkeller zu Jena und die Burschenschaft auf dem Burgkeller von 1933-1945. Heidenheim a.d.B. 2002. ISBN 3-933892-49-X

Zur Geschichte der Deutschen Burschenschaft:

  • Paul Wentzcke: Geschichte der Deutschen Burschenschaft. Bd 1. Vor- und Frühzeit bis zu den Karlsbader Beschlüssen. Heidelberg 1965. ISBN 3-8253-1338-7
  • Georg Heer: Geschichte der Deutschen Burschenschaft. Bd 2. Die Demagogenzeit. Von den Karlsbader Beschlüssen bis zum Frankfurter Wachensturm (1820-1833). Heidelberg 1965. ISBN 3-8253-1342-5
  • Georg Heer: Geschichte der Deutschen Burschenschaft. Bd 3. Die Zeit des Progresses. Von 1833 bis 1859. Heidelberg 1965. ISBN 3-8253-1343-3
  • Georg Heer: Geschichte der Deutschen Burschenschaft. Bd 4. Die Burschenschaft in der Zeit der Vorbereitung des zweiten Reiches, im zweiten Reich und im Weltkrieg. Von 1859 bis 1919. Heidelberg 1977. ISBN 3-533-01348-0
  • Helma Brunck: Die Deutsche Burschenschaft in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus. München 2000. ISBN 3-8004-1380-9

Kritisches:

  • Diana Auth, Alexandra Kurth: Männerbündische Burschenherrlichkeit. Forschungslage und historischer Rückblick. in: Christoph Butterwegge, Gudrun Hentges (Hrsg.): Alte und Neue Rechte an den Hochschulen. Agenda, Münster 1999. ISBN 3-89688-060-8
  • Ludwig Elm, Dietrich Heither, Gerhard Schäfer (Hrsg.): Füxe Burschen Alte, Herren - Studentische Korporationen vom Wartburgfest bis heute. Papyrossa, Köln 1993. ISBN 3-89438-050-0
  • Dietrich Heither, Gerhard Schäfer: Studentenverbindungen zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus. in: Jens Mecklenburg (Hrsg.): Handbuch Deutscher Rechtsextremismus. Berlin 1996. ISBN 3-88520-585-8
  • Dietrich Heither, Michael Gehler, Alexandra Kurth: Blut und Paukboden. Fischer, Frankfurt 2001. ISBN 3-596-13378-5
  • Dietrich Heither: Verbündete Männer. Papyrossa, Köln 2000. ISBN 3-89438-208-2

Einzelnachweise

  1. Hans-Gerd Jaschke: Politischer Extremismus. 1 Auflage. Vs Verlag, 2006, ISBN 3531147471 (Kapitel 3 - Entwicklungslinien). 
  2. Rainer Pöppinghege: Zwischen Radikalität und Anpassung. 200 Jahre studentische Geschichte. In: Jan Carstensen, Gefion Apel (Hrsg.): Schlagfertig! Studentenverbindungen im Kaiserreich. Reader und Ausstellungskatalog im Auftrage des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe zur Ausstellung im Westfälischen Freilichtmuseum Detmold vom 15. August bis 31. Oktober 2006, S. 12f. ISBN 3-926160-39-X ISSN 1862-6939
  3. Isis oder Encyclopädische Zeitung zum Wartburgfest 1817 http://www.burschenschaft.de/pdf/studentika_isis.pdf
  4. Herman Haupt: Handbuch für den Deutschen Burschenschafter, Frankfurt a. Main 1929, S. 16 u. 42.
  5. Hans-Georg Balder: Frankonia-Bonn 1845–1995. Die Geschichte einer deutschen Burschenschaft. WJK-Verlag, Hilden 2006, ISBN 3-933892-26-0, S. 599
  6. Dietrich Heither, Michael Gehler, Alexandra Kurth, G. Schäfer: Blut und Paukboden. Eine Geschichte der Burschenschaften.. Fischer (Tb.), Frankfurt, 2001, ISBN 3-596-13378-5, S. 108f.. 
  7. Interview H. Schiedel, erschienen in: Gedenkdienst 3/2003
  8. Neues von ganz rechts - Burschenschafter versuchen Imagekorrektur DöW - Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, Mai 2002
  9. Verfassungsschutzinformationen Bayern, Bayerisches Staatsministerium des Innern, München, 1. Halbjahr 2001 (PDF-Datei)
  10. Verfassungsschutzinformationen Bayern, Bayerisches Staatsministerium des Innern, München, 1. Halbjahr 2002 (PDF-Datei)
  11. Akademische Freiheit: Parteiausschluss

Weblinks

Dachverbände:

Publikationen:

Kritisches:


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