- SOHC
-
Die OHC-Ventilsteuerung bezeichnet eine Bauform des Hubkolben-Viertaktmotors, bei der die Ventilsteuerung durch eine obenliegende Nockenwelle (englisch: Overhead Camshaft) erfolgt; dabei wird je Zylinderreihe (bei V-, Boxer- und prinzipiell auch bei Sternmotoren) gezählt.
Kennzeichnendes Merkmal des OHC-Motors ist die Lage der Nocken, die oberhalb der Trennlinie Zylinder - Zylinderkopf liegen müssen; bei Boxermotoren, sonstigen Motoren mit mehreren Zylinderreihen und hängend eingebauten Reihenmotoren ist mit "oberhalb" gemeint: auf der dem Verbrennungsraum zugewandten Seite der Trennlinie; obenliegende Nockenwellen liegen also bei hängend eingebauten Flugmotoren tatsächlich unterhalb der Verbrennungräume. Die Ventile können dabei von den Nocken direkt über Tassenstößel oder indirekt über Kipp- oder Schlepphebel gesteuert werden.
Inhaltsverzeichnis
Varianten und Abkürzungen
SOHC (englisch: Single Overhead Camshaft) bezeichnet eine Bauform des Viertaktmotors, bei der die Ventile von einer einzelnen obenliegende Nockenwelle je Zylinderreihe gesteuert werden. (SOHC-V- und SOHC-Boxermotoren haben also zwei Nockenwellen.)
DOHC bezeichnet eine Bauform, bei der die Ventile von zwei (englisch: Double Overhead Camshaft bzw. Twin cam) obenliegenden Nockenwellen je Zylinderreihe gesteuert werden. (DOHC-V- und DOHC-Boxermotoren haben also vier Nockenwellen.) Die Ventile von DOHC-Motoren werden fast immer direkt über Tassenstößel oder über Schlepphebel gesteuert. Aufwendige Lösungen sind bei Zylinderköpfen mit mehr als zwei Ventilen je Zylinder nötig.
OHC-Motoren (englisch: Over Head Camshaft), deren obenliegende Nockenwelle seitlich im Zylinderkopf liegt, nennt man speziell CIH-Motoren (Camshaft In Head). Diese Bauform mit herkömmlichen (Hydro-)Stößeln findet man z. B. bei Vier- und Sechszylindermotoren der Marke Opel, die von 1965 bis Anfang der 1990er hergestellt wurden, siehe auch Opel CIH. Diese Motoren sind jedoch nicht so drehzahlfest wie übliche OHC-Motoren. Sie haben Kipphebel und Stößel, aber keine Stoßstangen. Bei CIH-Motoren stehen alle Ventile parallel in einer Reihe.
Eine ganz ähnliche Lösung, jedoch mit V-förmig hängenden Einlass- und Auslassventilen - diese Anordnung ermöglicht einen halbkugelförmigen Brennraum - nennt Ford CVH-Motor (Camshaft in head, "V" valve angle, hemispharic combustion; Nockenwelle im Kopf, V-förmig angeordnete Ventile, hemisphärischer Brennraum), der in Europa von 1.1 bis 1.8 Litern Hubraum und mit ca. 50 bis 132 PS Nennleistung angeboten wird. Bei diesem OHC-Motor sitzt die Nockenwelle mittig über der Kurbelwelle in einem Leichtmetallzylinderkopf zwischen den Ventilen. Diese werden über hydraulische Ventilstößel (beim RS1600i mechanisch, beim Sierra 1.8 Rollenstößel) und Kipphebel angetrieben. Die kompaktere Bauweise - wie auch bei CIH - gegenüber den klassischen OHC-Motoren war ein Vorteil, die bauartbedingte Höchstdrehzahl von ca. 8.000/min (auch im Rennbetrieb) ein Nachteil. Ähnliche Konstruktionen gab es in den sechziger Jahren bei BMW und NSU und später bei Peugeot.
Alle diese Viertakthubkolbenmotoren sind zugleich OHV-Motoren, da ihre Ventile - unabhängig von der Lage der Nockenwelle(n) - im Zylinderkopf "hängend" angeordnet sind. Die Werbung bezeichnet OHV-Motoren mit obenliegender Nockenwelle stets als OHC, weil dies als das höherwertige Merkmal gilt.
SV-Motoren haben "stehende" Ventile und keine obenliegende Nockenwelle.
Koaxial zur Kurbelwelle ist üblicherweise die Nockenwelle eines Sternmotors angeordnet; wegen der kurzen Bauweise mit großem Durchmesser wird sie hier als Nockentrommel oder -ring oder -scheibe bezeichnet. Wegen der koaxialen Anordnung spricht man bei Sternmotoren nicht von obenliegenden Nockenwellen, allerdings können sich die Steuernocken - je nach Durchmesser der Nockentrommel - unterschiedlich nahe bei den Ventilen befinden.- Grundsätzlich können auch bei Sternmotoren Nockenwellen in den Zylinderköpfen angeordnet werden.
Grundsätzlich sind auch Ventilsteuerungen ohne Nockenwellen und sogar die ventillose Steuerung der Gaswechselvorgänge beim Viertaktmotor durch Schiebersteuerungen möglich.
Antrieb
Obenliegende Nockenwelle werden in der Regel mit einem Zahnriemen oder einer Kette angetrieben. Königswellen, Stirnradkaskaden oder Schubstangenpaare findet man nur vereinzelt bei historischen Motoren.
Im Vergleich zu Ketten sind Zahnriemen billiger, benötigen keine Schmierung (und somit keine öldichte Kapsel) und laufen leise. Als Erster Verwender des Steuerzahnriemens gilt der Dingolfinger Landmaschinen- und Automobilhersteller Hans Glas. Nachteil ist die notwendige Spannung des Riemens und die Gefahr, dass dieser, bei falscher Spannung oder auch Materialermüdung, reißt, was meist einen kapitalen Motorschaden bewirkt. Daher ist etwa BMW bei neueren Motoren wieder zum Kettenantrieb zurückgekehrt.
Geschichte
OHC- und DOHC-Motoren sind bei Hochleistungsmotoren bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts bekannt. Im Großserieneinsatz spielte diese Bauweise jedoch vor dem Zweiten Weltkrieg kaum eine Rolle. Weil sie leichter zu warten waren und als zuverlässiger galten wurden stattdessen SV-Motoren verwendet. Bei diesen verursachte ein abreißendes Ventil oder Ausfall des Nockenwellenantriebes keine teuren Folgeschäden. Zudem waren die damals üblichen Königswellen mit zwei Kegelradpaaren weit aufwändiger herzustellen als Stirnzahnradpaare oder kurze Steuerketten. Die Schwingungsdämpfer für lange Steuerketten oder die Zahnriemen heutiger Motoren waren damals noch nicht erfunden oder serienreif.
In den 1940er Jahre gab es serienmäßig den Jaguar XK-Motor mit DOHC in Sportwagen und Saloons und den Motor des Crosley CC mit einer königswellengetriebenen Nockenwelle. Erst gegen Ende der 1950er wurden OHC-Motoren bei Pkws populär. Pioniere waren Alfa Romeo (DOHC), BMW (OHC mit Kipphebeln), Lloyd bei den letzten Alexander-Modellen und NSU, die (mit Ausnahme von NSU-Motorrädern und der Zweizylinder-Motoren im PKW-Modell "NSU Prinz": Schubstangen) auf den Nockenwellenantrieb mit einer Kette setzten. Der Durchbruch im Massenmarkt gelang allerdings erst mit dem Antrieb durch einen Zahnriemen. Das erste Modell mit zahnriemengetriebener Nockenwelle war 1962 der Glas 1004, allerdings noch ohne Durchbruch am Massenmarkt.
Vor- und Nachteile
Vorteile
Die obenliegende Nockenwelle bietet aufgrund ihrer geringen für die Ventilbetätigung bewegten Massen die ideale Voraussetzung für hochdrehende Motoren und ist wesentlich verschleißfester als die OHV-Technik.
Nachteile
Der Umstieg auf obenliegende Nockenwellen erforderte von den Fahrzeugherstellern fast vollständige Motorneukonstruktionen, weshalb viele Hersteller die Umstellung scheuten und ihre OHV-Motoren noch sehr lange nach Aufkommen der OHC-Technik anboten.
Im Gegensatz zu OHV-Motoren erfordern DOHC-Motoren größeren Aufwand bei der Wartung und einen regelmäßigen Austausch von Zahnriemen (Wartungsintervalle zwischen 40.000 bis 120.000 km). Die Steuerkette wurde durch ihre größere Länge eher unpräzise. Ein gerissener Zahnriemen oder eine gerissene Steuerkette bedeutet oft einen schweren Motorschaden: Die Ventile kollidieren mit den Kolben. Ausgenommen davon sind allerdings die Freiläufer, bei denen die Kolben nicht an die Ventile schlagen können.
Lange Steuerketten erfordern Führungs- und Spannschienen; nicht selten sind es drei oder vier im Umlauf. Insbesondere V-Motoren mit extrem langen Steuerketten-Umläufen sind wartungs- bzw. kontrollbedürftig (von der Kurbelwelle herauf zum ersten Zylinderkopf, herab zum Umlenkrad, herauf zum zweiten Zylinderkopf, wieder herab zur Kurbelwelle, das sind vier Ketten-Trums in V-Form). Spannschienen sind wegen ihrer kettenseitigen Kunststoffauflage Verschleißteile, die nach ca. 150.000 bis 300.000 km gewechselt werden sollten.
Die komplizierte Führung von Steuerkette oder Zahnriemen ist ein Grund für die Verwendung der OHV-Bauweise bei Lkw und vielen amerikanischen Fahrzeugen mit V-Motor: Hier genügt eine zentrale Nockenwelle, die von einer kurzen Kette oder einem Zahnradpaar angetrieben werden kann.
Literatur
- Peter Gerigk, Detlev Bruhn, Dietmar Danner: Kraftfahrzeugtechnik. 3. Auflage, Westermann Schulbuchverlag GmbH, Braunschweig, 2000, ISBN 3-14-221500-X
- Max Bohner, Richard Fischer, Rolf Gscheidle: Fachkunde Kraftfahrzeugtechnik. 27.Auflage, Verlag Europa-Lehrmittel, Haan-Gruiten, 2001, ISBN 3-8085-2067-1
- Peter A. Wellers, Hermann Strobel, Erich Auch-Schwelk: Fachkunde Fahrzeugtechnik. 5. Auflage, Holland+Josenhans Verlag, Stuttgart, 1997, ISBN 3-7782-3520-6
- Hans Jörg Leyhausen: Die Meisterprüfung im Kfz-Handwerk Teil 1. 12 Auflage, Vogel Buchverlag, Würzburg, 1991, ISBN 3-8023-0857-3
Siehe auch
- Themenliste Fahrzeugtechnik
Wikimedia Foundation.