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Senkrechtstart und -landung bezeichnet die Fähigkeit eines Flugzeugs, senkrecht und ohne Start- und Landebahn starten und landen zu können. Ebenso gebräuchlich ist die englische Abkürzung VTOL, was für vertical take off and landing steht.
Auch Hubschrauber sind streng genommen VTOL-Fahrzeuge, in der Regel wird aber der Begriff auf Starrflügelflugzeuge (Luftfahrzeuge mit Tragflächen) bezogen.
Abgesehen von den Heckstartern können die VTOL-Flugzeuge zumindest theoretisch sowohl senkrecht starten wie auch landen. Aus Gründen einer Erhöhung des Startgewichts kann der vertikale Start auch mit einem kurzen „Anlauf“ durchgeführt werden, während die Landung senkrecht erfolgt. Hierzu besitzen britische Flugzeugträger, wie z. B. die Invincible-Klasse ski-jumps genannte Sprungschanzen.
In übertragenem Sinn wird der Begriff Senkrechtstarter für eine Person mit sich schnell entwickelnder Karriere verwendet.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Das erste zuverlässig fliegende VTOL-Luftfahrzeug dürfte das Oehmichen No.2 von Étienne Oehmichen aus dem Jahre 1922 gewesen sein. Zu einem Entwicklungsschub kam es jedoch erst in den 1950er und den frühen 1960er Jahren, als man glaubte, Flugplätze würden im Falle eines Krieges zu den ersten Zielen gehören.
Eine Lösung versprachen VTOL-Kampfflugzeuge, die auch außerhalb von Flugplätzen von befestigten Flächen aus starten und leicht verlegt werden konnten. Es wurden zahlreiche Prototypen entwickelt und erprobt, in Deutschland auch von Focke-Wulf, Heinkel und Messerschmitt bzw. EWR, wovon die EWR VJ 101 (Erstflug 1963) und die VFW-Fokker VAK 191 B (1970) den Entwicklungsstand erreichten. In Frankreich experimentierte man 1962 mit der Dassault Mirage Balzac V. Es wurde jedoch überall sehr schnell festgestellt, dass die Kosten für solche Flugzeuge und der logistische Aufwand zur Verlegung der benötigten Unterstützungseinrichtungen wie z. B. der Treibstoffversorgung zu hoch waren.
Im militärischen Bereich ist der Hawker Siddeley Harrier das derzeit einzige praktisch eingesetzte senkrechtstartende Düsenflugzeug. Der Erstflug war 1966 und das Modell steht bis heute im Dienst. Der Harrier wird auf Flugzeugträgern eingesetzt, wo die Fähigkeit, senkrecht zu landen, wegen des knappen Platzes zum Tragen kommt. Weiterhin beherrscht der Harrier einige Flugmanöver, die in einer Kampfsituation von großem Vorteil sind. Ein mit dem Harrier vergleichbares sowjetisches Modelle war die Jak-38, das Mitte der Neunziger außer Dienst gestellt wurde. Der Nachfolger Jak-141 wurde nicht eingeführt.
Aktuell wird die Bell-Boeing V-22 bei der US-Luftwaffe eingeführt, 2008 ist mit der F-35 die Indienststellung eines weiteren senkrechtstartenden Flugzeugs geplant.
Auch im zivilen Bereich gab es eine Vielzahl von VTOL- oder V / STOL-Ansätzen, in Deutschland neben der weit entwickelten Dornier Do 31 etwa Entwürfe der Do 231 “V-Jet”, MBB Bo 140, HFB 600 “Vertibus”, VFW VC 180, VC 400 und VC 500. Mitte der 60er Jahre, spätestens mit der Ölkrise 1973 wurden die meisten zivilen VTOL-Projekte jedoch eingestellt.
Aktuell sind weltweit in Planung oder im Dienst:
- Bell/Boeing V-22 Osprey und Bell/Agusta BA609 (zivile Variante)
- Hawker Siddeley Harrier und AV-8B Harrier II
- Jakowlew Jak-38
- Boeing X-32 (Prototypen)
- Lockheed F-35 Lightning II (X-35)
Siehe auch: STOL
Technik
Es werden zwei Antriebsarten unterschieden, mit jeweils einer Anzahl von Umsetzungsvarianten (Beispiele in Klammern):
- Kombinierte Hub-/Schubantriebe
- Kipprotor(-propeller) (engl. tilt rotor) (Bell XV-3, Bell-Boeing V-22)
- Kippmanteltriebwerke - Tilt duct - (Bell X-22)
- Strahltriebwerk mit Schwenkdüsen (engl. tilt jet) - (EWR VJ 101)
- Kippflügel (engl. tilt wing) - (Hiller X-18)
- Heckstarter (engl. tail sitter) - (Lockheed XFV-1)
- Strömungsumlenkung (engl. deflected slipstream) - (Ryan 92 VZ-3 Vertiplane)
- Schubumlenkung (engl. vectored thrust) - (Bell X-14, Hawker Siddeley Harrier)
- Schubvektorsteuerung (engl. vectored thrust) - (F-35)
- Zusatzauftrieb via gekuppeltem Rotor im Tragflügel (engl. Fan) - (Ryan XV-5A/B Vertifan)
- Zusatzauftrieb via Impeller oder Düse im Rumpf (X-35B)
- Getrennte Hub- und Schubantriebe
- Strahltriebwerke (engl. lift and cruise) - (Mirage III V)
- Kombination (engl. lift and lift / cruise) - (Dornier Do 31, VFW-Fokker VAK 191 B)
- Flugschrauber (Kamow Ka-22, Boeing X-50)
VTOL-ähnliche Varianten
Luftfahrzeuge, die nicht oder nicht immer senkrecht starten und landen können, aber durch besondere Konstruktionsweisen kurze Start- und Landebahnen erreichen, werden durch ähnliche Akronyme klassifiziert:
STOL
STOL (short take off and landing) bezeichnet die Fähigkeit eines Flugzeugs, auf besonders kurzen Strecken starten und landen zu können.
STOVL
STOVL (short take off and vertical landing) bezeichnet die Fähigkeit, auf kurzen Strecken starten, aber senkrecht landen zu können. Diese Variante wird i.a. im militärischen Bereich eingesetzt und hat die Eigenschaft, beim Start mehr Waffen und Treibstoff mitführen zu können. Nach deren Benutzung sinkt das Gewicht und die senkrechte Landung wird somit ermöglicht.
VSTOL
VSTOL oder V / STOL - vertical / short take off and landing ist ein Oberbegriff, der VTOL und STOL Flugzeuge zusammenfasst.
Siehe auch
- Kategorie:VTOL-Flugzeug
Literatur
- James A. Franklin: Dynamics, control, and flying qualities of V/STOL aircraft. American Inst. of Aeronautics and Astronautics, Reston, Va. 2002, ISBN 1-56347-575-8
- Otto E. Pabst: Kurzstarter und Senkrechtstarter. Bernard & Graefe, Koblenz 1984, ISBN 3-7637-5277-3
- W.Z. Stepniewski, P.C. Prager: VTOL - new frontier of flight. New York Acad. of Sciences, New York 1966
- Christopher Chant: Flugzeug-Prototypen - vom Senkrechtstarter zum Stealth-Bomber. Motorbuch-Verlag, Stuttgart 1992, ISBN 3-613-01487-4
Weblinks
- International V/STOL Historical Society Übersicht der bisher gebauten VTOL-Flugzeuge (englisch)
- Übersicht der nicht gebauten V/STOL-Flugzeuge (englisch)
- Liste von VTOL-Flugzeugen in der englischen Wikipedia
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