- Saint-Michel-de-Cuxa
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Die Abtei Saint-Michel-de-Cuxa (katalan.: Sant Miquel de Cuixà) ist eines der ältesten Benediktinerklöster in den französischen Pyrenäen Sie liegt in 430 m Höhe am Fuße des Canigou, etwa 45 km westlich von Perpignan in der Gemeinde Codalet im Tal der Têt (Département Pyrénées-Orientales). Die Kirche gilt als eines der bedeutendsten vorromanischen Bauwerke. Die Abtei ist auch für ihren romanischen Kreuzgang mit kunstvollen Kapitellen bekannt.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte der Abtei
Das Kloster von Cuxa ist eine Tochtergründung der Abtei Saint-André d’Eixalada, die um 840 weiter oberhalb von Cuxa im Tal der Têt errichtet worden war. Im Herbst 878 wurde diese Abtei, die sehr nahe am Fluss lag, bei einer Überschwemmung zerstört. Die Mönche zogen nach Cuxa, wo bereits eine kleine, St. Germain geweihte Kirche stand. Der Eigentümer des Ortes und Priester Protais d’Urgell stiftete den Boden für das neue Kloster und wurde 879 dessen erster Abt.
Die Region gehörte bis ins 17. Jahrhundert zum Territorium des Grafen von Barcelona und war ein Teil Kataloniens. Sowohl Saint-André d’Eixalada, wie die Neugründung in Cuxa profitierten von Anfang an vom Wohlwollen der Grafen von Cerdagne, Nachfahren Wilfrieds des Haarigen, des Gründers der Grafendynastie von Barcelona.
Um 940 wurden an Stelle des Vorgängerbaus zwei Gotteshäuser errichtet, die Hauptkirche wurde 953 wieder Saint Germain geweiht, die kleinere Nebenkapelle ehrte Erzengel Michael (Saint Michel). Die Kapelle wurde schon wenige Jahrzehnte später im Auftrag und auf Kosten von Seniofred, Compte de Cerdagne, zur Basilika erweitert und umgebaut. Die Kirche war nun dreischiffig, hatte mindestens fünf, möglicherweise auch bereits sieben Apsiden und prächtige Arkaden im mozarabischen Hufeisen-Stil. Am 30. September 974 erfolgte in Anwesenheit von sieben Bischöfen die Weihe des Hochaltars. Dieses Bauwerk – allerdings mit dem lombardischen Kirchturm und der romanischen Krypta aus dem 11. Jahrhundert – steht bis auf den heutigen Tag. Sie ist eines der bedeutendsten erhaltenen vorromanischen Bauwerke.
Damaliger Abt war Garin (Guarinus) (latinisiert: Warino (Warius)), ein Mönch aus Cluny, der fünf Klöstern in der Umgebung (neben Cuxa noch Lézat, Mas-Garnier, St. Hilaire und Alet) vorstand. Garin, der in die große Politik seiner Zeit verwickelt war, ermöglichte den Rückzug des venezianischen Dogen Pietro Orseolo nach Cuxa, der 978 abgedankt hatte und 987 in der Abtei starb.
Die Abtei war bald in ganz Spanien und Frankreich bekannt und entwickelte sich zusammen mit Bistum Vic und dem Kloster Ripoll zum führenden Kulturzentrum Kataloniens, von denen aus die polyphone Musik, das Astrolabium, die arabischen Ziffern und die weltliche Dichtung nach Europa verbreitet werden. Der in Ripoll ausgebildete Mönch Gerbert d’Aurillac, häufiger Gast in Cuxa, entwirft mit Trivium und Quadrivium die Grundlage zukünftiger Universitätslehrpläne, verbreitet diese Kultur im Dienst Ottos II. in Europa und wird schließlich (im Jahr 999) zum Papst Silvester II. († 1003).
1008 wurde der als geistlicher Vater Kataloniens verehrte Oliva zum Abt von Ripoll und Cuxa gewählt. Der Enkel von Seniofred und direkter Nachfahre Wilfrieds des Haarigen hatte auf Romreisen die dortige Architektur kennen- und schätzen gelernt. So nahm er einige bauliche Veränderungen vor: Er legte einen gewölbten Chorumgang mit drei Apsiden an und ließ Glockentürme im lombardischen Stil bauen. Der Innenraum wurde mit Fresken dekoriert und über dem Altar ein Ziborium aus Marmor errichtet. Außerdem wurden in Verlängerung des Längsschiffs Richtung Ost zwei Kapellen übereinander errichtet. Ebenerdig liegt eine der Dreifaltigkeit gewidmete Rundkirche, unterirdisch ist die Krypta ebenfalls kreisrund um einen massiven Mittelpfeiler von sieben Metern Umfang angelegt, in der Krippenreliquien verehrt werden. Zwei nach Nord und Süd ausgerichtete Nischen in der Krypta wurden den Erzengeln Gabriel und Raphael gewidmet. Die St. Germain geweihte Hauptkirche wurde später abgerissen. Oliva, dem auch das benachbarte Kloster Saint-Martin-du-Canigou unterstand, und der 1017 zum Bischof von Vic-Fezensac geweiht wurde, starb 1046 in Cuxa.
Um 1126 wurde das Kloster komplett im Stil der Romanik umgebaut und zum größten der Pyrenäen erweitert. Der Kreuzgang in Form eines unregelmäßigen Rechtecks wurde mit Säulen und fein bearbeiteten Kapitellen aus dem für die Gegend typischen rosa Marmor gestaltet Außerdem errichtete man in der Kirche eine Orgelbühne. In Cuxa bildeten sich dabei künstlerische Impulse heraus, die für die nähere und weitere Umgebung bestimmend blieben – nicht zuletzt auch für die nahegelegenen Kirche von Serrabone.
In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts wurden die Seitenschiffe mit Vierteltonnen überwölbt, und das Hauptschiff bekam sechs Träger in Gestalt einer Spitztonne, die die früheren Hufeisenbögen ersetzten. Im weiteren Verlauf des Mittelalters blieb die Kirche unverändert, trotz des unübersehbaren Reichtums der Abtei. Sie hatte Gerichtsbarkeiten, die fast den Rechten eines Bistums gleichkamen. Der Abtei unterstanden annähernd 50 Pfarreien.
Im Pyrenäenfrieden von 1659 wurde die Grenze zwischen Spanien und Frankreich neu festgelegt, und die Region östlich der Pyrenäen wurde ein Teil Frankreichs. Damit unterlag Cuxa fortan dem Régime de la commende, nach dem französische Äbte durch den König eingesetzt wurden, anstelle der traditionellen Investitur durch den Papst.
Etwa zeitgleich begann der Niedergang des Klosters, das im 10. Jahrhundert zu den einflussreichsten Kulturzentren Kataloniens gehört hatte. Der Tiefpunkt wurde während der Französischen Revolution erreicht: Die Abtei wurde aufgelöst, die Mönche bis 1793 vertrieben, die Gebäude verkauft und landwirtschaftlich genutzt. Im Winter 1829 stürzte der Nordturm ein, im Laufe der (später aufgegebenen) Planungen eines Hüttenwerks wurden Nebengebäude abgerissen, die restlichen Gebäude verfielen. Die berühmten Kapitelle und andere Kunstwerke wurden Ende des Jahrhunderts Stück für Stück an Sammler verkauft, so dass 1908 nur noch 12 vorhanden waren. Das Brunnenbecken steht heute im Philadelphia Museum of Art, zwei der Kapitelle im Louvre.
1913 kam der amerikanische Bildhauer George Grey Barnard nach Cuxa, der bereits einige aus dem Kloster stammende Skulpturen bei einem Pariser Händler erstanden hatte, und kaufte weitere Teile in der Umgebung. Diese Käufe waren der Grundstock des Museums The Cloisters, einem Teil des Metropolitan Museum of Art in New York. Es gelang ihm aber nicht, die Reihe von Kapitellen, die die Kurbäder von Prades zierten, ebenfalls in die USA zu schaffen – sie konnten bei der Rekonstruktion des halben Kreuzgangs 1955 an ihren ursprünglichen Standort zurückversetzt werden.
1919 ließen sich in Saint-Michel-de-Cuxa Zisterzienser aus Fontfroide nieder, die 1965 durch Benediktiner aus Montserrat ersetzt wurden.
Saint-Michel-de-Cuxa heute
Ab den 1920er Jahren gab es im Rahmen des Monument historique Überlegungen, Saint-Michel-de-Cuxa wiederaufzubauen. 1936 begann der katalanische Architekt Josep Puig i Cadafalch mit vorbereitenden Arbeiten und zeichnete Pläne. Von 1953 bis 1970 wurde die Abtei restauriert und teilweise rekonstruiert; seitdem kann sie besichtigt werden. Die Anlage besteht heute aus der Kirche, der runden Krypta in Verlängerung des Schiffes, dem Südturm, der Hälfte des Kreuzgangs und einigen wenigen Nebengebäuden.
Zwölf originale Kapitelle schmücken die an die Kirche angelehnte Südseite des Kreuzgangs und Teile des Ost- und Westflügels. Sie zeigen florale Motive und eine Vielzahl von Tieren, bei denen Löwen überwiegen. Einige davon greifen mit geflochtenen Mähnen ikonografische Motive aus der ägyptischen Kunst auf, andere sind als Menschenfresser dargestellt. Daneben werden Greifvögel und Affen dargestellt. Erstaunlich ist ein Kapitell mit einer Darstellung des Gilgamesch aus der sumerischen Mythologie. Nur zwei Kapitelle zeigen christliche Motive: Ein segnender Christus und Christus in Begleitung von Engeln, dem zu Füßen Petrus sitzt. Ein Rundbogen der ehemaligen Orgeltribüne aus der Kirche schmückt heute den Zugang zum Kreuzgang, er ist mit vielfältigen Reliefs verziert.
1948 wurde Pompeu Fabra i Poch, als Linguist verantwortlich für die Normierung der Katalanische Sprache, in Cuxa begraben. Seit 1950 findet hier alljährlich im August das von Casals noch selbst begründete Musik-Festival Pau Casals statt.
Literatur
- Xavier Barral i Altet: Els mosaics medievals de Ripoll i de Cuixà. Tarragona 1971.
- Marcel Durliat: La Sculpture romane en Roussillon. Bd. 1: Les premiers essais du 11e siecle, les ateliers de Saint-Michel-de-Cuxa et de Serrabone, Perpignan 1952.
- François Font: Histoire de l’abbaye royale de Saint-Michel de Cuxa (Diocèse de Perpignan). Rennes-le-Château 1989, ISBN 2-905371-14-5 (Nachdruck der Ausg. Perpignan 1881).
- Die vorromanische Kirche (X. Jahrhundert), die Krypta und der Glockenturm (XI. Jahrhundert), der Klostergang und die Empore (XII. Jahrhundert). Selbstverlag der Abtei, Cuxa 1984 (Architekturführer).
Weblinks
- Association Culturelle de Cuxa – Geschichte und Restauration (französisch)
- Geschichte und Architektur von Saint-Michel-de-Cuxa (französisch)
42.5948279305562.416820525Koordinaten: 42° 35′ 41″ N, 2° 25′ 1″ O
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