Salon der Refüsierten

Salon der Refüsierten

Der Salon des Refusés, auch als Salon der Refüsierten oder als Salon der Zurückgewiesenen bekannt, war eine Parallelausstellung zur offiziellen französischen Kunstausstellung, in der diejenigen Gemälde und Plastiken gezeigt wurden, welche in den 1860er und 1870er Jahren von der Jury des Pariser Salons zurückgewiesen worden waren. Die kunstgeschichtlich bedeutsamste Ausstellung ist die von 1863, die auf Initiative von Napoléon III. zustande kam, nachdem die Jury aufgrund ihrer Auswahlmethoden in die Kritik geraten war.

Inhaltsverzeichnis

Der Pariser Salon

Der Pariser Salon war die bedeutendste französische Kunstausstellung. Die Jury, die bestimmte, welche Bilder dort ausgestellt wurden, war jedoch dem traditionellen Geschmack der Kunstakademien verpflichtet, wie er beispielsweise an der École des Beaux-Arts gelehrt wurde. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war die Jury jedoch zunehmend in die Kritik geraten. Innerhalb der Jury spielten sich zahllose Intrigen ab, um die Aufnahme bestimmter Künstler sicherzustellen, denn im Pariser Salon ausgestellt, in der Presse gute Besprechungen zu erhalten und gegebenenfalls sogar mit einer Auszeichnung bedacht zu werden, war für einen Maler ein sicherer Weg, auch finanziell Erfolg zu haben. Abgelehnte Bilder waren selten verkäuflich. Von dem Maler Jongkind ist überliefert, dass er den Kaufpreis für ein von der Jury nicht angenommenes Gemälde wieder zurückzahlen musste. Eine Zeit lang wurde auf die Keilrahmen der für die Ausstellung eingereichten und abgewiesenen Bilder sogar ein „R“ für „Refusé“ gestempelt.

Künstler wie Monet, Manet, Renoir, Bazille oder Sisley hatten mit ihrer abweichenden Kunstauffassung wenig Chancen, im offiziellen Pariser Salon ausgestellt zu werden. Selbst Gemälde von Courbet, der zu diesem Zeitpunkt bereits zu den anerkannten Künstlern zählte, lehnte die Jury regelmäßig ab.

Die Hintergründe des ersten Salon des Refusés

Die Jury-Entscheidungen im Frühjahr 1863

1863 war die Zahl der Gemälde, die ein Künstler der Jury für den Pariser Salon einreichen durfte, auf drei Bilder beschränkt worden. Bereits diese Entscheidung war in den französischen Künstlerkreisen auf große Kritik gestoßen.

Die Beratung der Jury, welche Gemälde in die Ausstellung des Pariser Salon aufgenommen werden sollten, begannen am 2. April 1863. Schon am 5. April verbreitete sich in den Pariser Künstlerkreisen das Gerücht, dass die Jury diesmal besonders wählerisch wäre. Am 12. April wurden die Entscheidungen der Jury bekanntgegeben. Es zeigte sich, dass das Komitee drei Fünftel der 5.000 Gemälde, die von 3.000 Künstlern eingereicht worden waren, zurückgewiesen hatte.

Der Galerist Louis Martine hatte sich bereits in den Vorjahren durch die Ausstellung von Werken verdient gemacht, die von der traditionellen Kunstauffassung abwichen. Martine teilte der Pariser Presse am 15. April mit, dass er willens sei, die abgelehnten Bilder in seinen Verkaufsräumen zu zeigen. Allerdings hätten seine Räume nicht ausgereicht, die mehr als 3.000 Gemälde und Plastiken aufzunehmen.

Die Entscheidung Napoleon III.

Die überbordende Kritik, in die die Jury des Pariser Salons aufgrund ihrer rigiden Auswahl geraten war, wurde auch vom französischen Kaiser zur Kenntnis genommen. Napoleon III. ließ sich am 22. April einen Teil der zurückgewiesenen Gemälde zeigen. Graf Nieuwerkerke, der zugleich Generaldirektor der Museen, Superintendent der Schönen Künste und Präsident der Jury war, erhielt daraufhin die Weisung, alle abgelehnten Gemälde in einem separaten Teil der Ausstellung zu zeigen. Ausstellungsort sollte der Palais de l'Industrie werden, der auch den Pariser Salon beherbergte. Der Palais de l'Industrie war für die Weltausstellung 1855 errichtet worden und war so großzügig angelegt, dass er tatsächlich in der Lage war, beide Ausstellungen zu beherbergen.

Napoleon III. - Die Hintergründe, die zum Salon des Refusés führten, sind umstritten

Die Entscheidung des französischen Kaisers wurde zur damaligen Zeitpunkt in der Presse überwiegend als weise, großzügig und liberal gewertet. Aus heutiger Sicht kann sie auch anders beurteilt werden. Napoleon III. selbst empfand einen großen Teil der abgelehnten Bilder wie beispielsweise Manets „Frühstück im Grünen“ als hässlich oder als unanständig. Da ein Teil der Bilder weit vom gängigen Kunstgeschmack abwich, war davon auszugehen, dass das Publikum wenig Gefallen an den abgelehnten Bildern finden würde. Die Entscheidung, nun alle Bilder im Salon des Refusés auszustellen, könnte daher auch mit der Absicht gefallen sein, das Ansehen und die Autorität der Jury des Pariser Salons wiederherzustellen.

Manets Biograph kommt zu einer ganz anderen Einschätzung. Er sieht darin einen einzelnen Zug in einem variantenreichen und ununterbrochenen Spiel von Intrigen zwischen dem Hof und der Opposition. Die École des Beaux-Arts war bis 1863 eine Institution der Stadt Paris und gebärdete sich nach Meinung Napoleon III. zu unabhängig. Der Protest der abgewiesenen Maler sei für ihn willkommene Gelegenheit gewesen, aus dieser Institution eine Staatsschule zu machen.

Nicht ausstellen oder ausstellen?

Den Künstlern wurde freigestellt, entweder ihre Bilder bis zum 7. Mai 1863 zurückzuziehen, oder es hinzunehmen, dass sie ausgestellt würden. Für die abgelehnten Künstler war diese Entscheidung nicht leicht zu fällen. Wer seine Bilder ausstellte, lief Gefahr, den Zorn der Jury auf sich zu ziehen und damit langfristig seine künstlerische Karriere zu gefährden. Wenn ein Künstler seine Gemälde dagegen zurückzog, setzte er sich dem Verdacht aus, kein Vertrauen in seine eigenen Fähigkeiten zu haben. - Gustave Courbet begrüßte die Möglichkeit, seine von der Jury abgelehnten Gemälde einer breiten Öffentlichkeit zu zeigen. Édouard Manet dagegen war der Überzeugung, dass der offizielle Pariser Salon der richtige Ort war, um Anerkennung als Künstler zu finden.

Die Kunst der Bildaufhängung

Neben den Intrigen, die sich bei der Gemäldeauswahl innerhalb der Jury des Pariser Salons abspielten, stand der Pariser Salon auch in dem Ruf, dass bei der Gemäldeaufhängung Beziehungen und gegebenenfalls sogar Bestechungsgelder eine Rolle spielten. Bilder konnten an den mit Gemälden dicht behangenen Wänden so platziert werden, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit von den Besuchern beachtet wurden. Maler ohne Einfluss fanden ihre Bilder dagegen häufig in einer schlecht zugänglichen Ecke wieder oder so weit oben an den Wänden platziert, dass sie von den Besuchern übersehen wurden. - Die Jury des Pariser Salons besorgte nun aber auch die Aufhängung der Gemälde im Salon des Refusés. Dies wurde sogar von den Kritikern kritisch gesehen, die der akademischen Kunstauffassung nahe standen:

Es ist gefährlich, der Jury oder einigen ihrer Mitglieder Einfluß auf das Aufhängen von Bildern zuzugestehen, die von dieser Jury abgelehnt worden waren. Ihr vordringliches Anliegen ist natürlich, sich vor der Öffentlichkeit zu rechtfertigen, und zu diesem Zweck haben sie diesmal, entgegen der gewohnten Übung, die schlechtesten Bilder mit großer Sorgfalt an die besten Plätze gehängt. (zit. n. Rewald, S. 58)

schrieb der englische Kunstkritiker Hamerton in einer Londoner Zeitschrift.

So erhielt das Gemälde Mädchen in Weiß von James McNeill Whistler, das von der Jury als besonders schlecht beurteilt worden war, einen Platz nahe beim Eingang zum Salon, so dass jeder Besucher dieses für die damalige Zeit ungewöhnliche Gemälde beim Betreten der Ausstellung sehen musste.

Die Reaktion des Publikums

Von den heute als bedeutende Maler des 19. Jahrhunderts eingeordneten Künstler waren auf der ersten Ausstellung neben Manet, Courbet und Whistler auch Johan Barthold Jongkind, Camille Pissarro, Paul Cézanne, Armand Guillaumin, Felix Bracquemond sowie die Maler Henri Fantin-Latour, Amand Gautier und Alphonse Legros vertreten. Von den letzten drei Malern waren Gemälde auch für die offizielle Ausstellung angenommen worden. Der Katalog des Salons der Refüsierten führt jedoch nicht alle diese Maler auf. Er war unvollständig geblieben, da er ohne die Hilfe der Verwaltung zusammengestellt werden musste und die Zeit für eine Komplettierung nicht ausreichte.

Die Ausstellung der Refüsierten begann am 15. Mai, während der offizielle Salon bereits am 1. Mai eröffnet worden war. Von Beginn an zog diese Ausstellung eine große Menge von Besuchern an. An Sonntagen zählte man bis zu viertausend Besuchern. Damit erwies sich diese Ausstellung als größerer Anziehungspunkt als der offizielle Salon. Die Presse widmete den im Salon des Refusés ausgestellten Künstlern mehr und längere Artikel, so dass in der Presse der Witz grassierte, die Künstler des Pariser Salons hofften im nächsten Jahr gleichfalls abgelehnt zu werden, um so größere Aufmerksamkeit zu erregen. Die überwiegende Anzahl der Artikel waren jedoch ablehnend gegenüber der hier ausgestellten Kunst und auch die Reaktion des Publikums war ablehnend. Man erheiterte sich über die abgelehnten Bilder.

Mädchen in Weiß und Frühstück im Grünen - die Skandale des Salons

Die Strategie der Jury, Whistlers Mädchen in Weiß so aufzuhängen, dass es keinem Besucher entgehen konnte, zeigte den gewünschten Erfolg. Émile Zola berichtet davon, dass dieses Bild besonders häufig von den Besuchern verspottet wurde. Das Bild, das heute aufgrund seiner Harmonie von unterschiedlichen Weißtönen als ein Meisterwerk betrachtet wird, erregte wegen seiner unkonventionellen Mal- und Darstellungsweise beim Publikum und bei den Kritikern besonders heftige Ablehnung. Whistler hatte auf dem Bild seine Geliebte Jo gemalt, die von einem amerikanischen Kritiker beschrieben wurde als

ein kräftiges, rothaariges Weib mit leerem Blick aus seelenlosen Augen, die aus einem unerklärlichen Grund auf einem Wolfsfell steht. (zit. n. Rewald, S. 62)

Auf ähnliche Ablehnung stieß Manets Frühstück im Grünen, das im Katalog als Les Bains bezeichnet war. Nachdem über die Presse bekannt geworden war, dass der Kaiser Napoléon III. daran besonderen Anstoß genommen hatte, war diesem Bild die Aufmerksamkeit sämtlicher Besucher sicher. Die Darstellung zweier unbekleideter Frauen in Begleitung zweier bekleideter Männer war ungewöhnlich, aber in der Kunstgeschichte nicht unbekannt. Manet hatte sich für dieses Gemälde durch einen Stich von Raffael inspirieren lassen. Die Ablehnung, die das Bild durch die Kritiker erfuhr, war daher weniger auf die Dargestellten als vielmehr auf die Malweise zurückzuführen.

Das „Bad“ ist von sehr gewagtem Geschmack: eine nackte Frau sitzt ruhend auf dem Rasen, in Gesellschaft von zwei bekleideten Männern; weiter zurück eine Badende in einem kleinen Teich, und ein hügeliger Hintergrund. Über der Szene wölbt sich das Laubdach großer Bäume. Die nackte Frau ist leider nicht von schöner Gestalt, und man könnte sich nichts Häßlicheres vorstellen, als den Herrn, der sich neben ihr ausgestreckt hat und nicht einmal auf die Idee gekommen ist, unter freiem Himmel seinen scheußlich weichen Hut abzunehmen. Just dieser Gegensatz zwischen einem Tölpel, der so gar nicht zu dem Charakter einer ländlichen Szene paßt, und der hüllenlosen Badenden ist so verletzend. Ich habe keine Ahnung, was einen intelligenten und vornehmen Künstler veranlassen konnte, eine so ungereimte Komposition zu wählen... (zit. n. Jedlicka, S. 51)

schrieb der Kulturkritiker Bürger-Thoré in einem Bericht über den Salon des Refusés. Abweichend von dem konventionellen Stil war der Hintergrund nur skizzenhaft angedeutet; Konturen waren nur durch flüchtige Pinselstriche angedeutet, Gestalt erlangten die Formen durch den Gegensatz der Farben.

Literatur

  • John Rewald: Die Geschichte des Impressionismus, DuMont Verlag Köln, 2001, ISBN 3-7701-5561-0
  • Gotthard Jedlicka: Edouard Manet, Eugen Rentsch Verlag, Erlenbach-Zürich, 1941
  • Michael Lüthy: Bild und Blick in Manets Malerei, Gebr. Mann Verlag, Berlin, 2003, ISBN 3-7861-1897-3

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