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Ein Korallenriff ist eine von hermatypischen (riffbildenden) Nesseltieren gebildete Riffstruktur im Meer, die groß genug wird, um einen bedeutenden physikalischen und ökologischen Einfluss auf ihre Umgebung auszuüben. Es sind die größten von Lebewesen geschaffenen Strukturen der Erde.
Korallenriffe werden im Wesentlichen von Korallen aus der Gruppe der Steinkorallen (Scleractinia) aufgebaut, daneben tragen die Feuerkorallen (Millepora) zur Riffbildung bei. Steinkorallen besiedeln sowohl die Tiefsee als auch das Flachwasser bis zur Wasseroberfläche. Sie bauen im Laufe vieler Jahrhunderte aus ihren Kalk-Skeletten die Riffstruktur auf.
Korallenriffe sind komplexe marine Ökosysteme. Sie sind der Biotop (Lebensraum) für eine Biozönose (Lebensgemeinschaft) von Pflanzen und Tieren, beispielsweise Würmer, Weichtiere, Schwämme, Stachelhäuter und Krebstiere. Eine große Bedeutung haben Korallenriffe als Kinderstube für pelagisch lebende Fische.
Eine Koralleninsel entsteht durch langfristige Veränderungen des Wasserstandes. Da das Korallenriff bis zur Wasseroberfläche wachsen kann, bildet sich nach späterem Absenken des Meeresspiegels oder Anheben des Bodens eine Insel oder eine Reihe von Inseln, oft in Form eines Atolls.
Inhaltsverzeichnis
Typen
Nach ihrer geographischen Verbreitung kann man Korallenriffe in zwei Typen einteilen: Tiefwasserriffe und tropische Korallenriffe.
Tiefwasserriffe
Viele Steinkorallenarten können auch in kaltem Wasser bei Temperaturen unter 20 °C leben und Riffe bilden. Im Gegensatz zu ihren tropischen Verwandten nutzen sie nicht das Sonnenlicht als primäre Energiequelle, sondern Nährstoffe aus dem umgebenden Wasser. Von solchen Korallen gebildete Riffe wachsen im Vergleich mit tropischen Korallenriffen sehr langsam. Ein Gürtel dieser Korallenriffe erstreckt sich entlang des europäischen Kontinetalrandes von der iberischen Halbinsel bis zum Nordkap. Die Riffe werden vorwiegend von den azooxanthellaten Steinkorallen Lophelia pertusa und Madrepora oculata aufgebaut.
Tiefwasserriffe findet man typischerweise In Wassertiefen von 200 bis 1000 Metern. In norwegischen Fjorden werden solche ab 60 m Tiefe vorgefunden. Das tiefstgelegene gefundene Tiefwasserriff liegt in einer Tiefe von 3000 Metern. Oberhalb von 40 Metern Wassertiefe wurde noch kein lebendes von Lophelia-Arten gebildetes Riff gefunden.
Auch diese Kaltwasserriffe sind durch menschliche Einflüsse in ihrer Existenz bedroht. Neben der Verschmutzung der Meere stellen moderne Fischfangmethoden die größte Bedrohung für diesen Lebensraum dar. Ein einziges Grundschleppnetz kann in wenigen Minuten ein Riff zerstören, das mehrere tausend Jahre gewachsen ist.
Tropische Korallenriffe
Riffbildende Korallen aus tropischen Korallenriffen können nur bei Wassertemperaturen überleben, die 20 °C nur sehr selten unterschreiten. Da die allermeisten dieser Steinkorallen in Symbiose mit Zooxanthellen leben, sind sie auf eine Beleuchtung angewiesen, wie sie bis in etwa 50 Metern Wassertiefe herrscht. Aus diesen Gründen beschränkt sich die Entstehung auf einen Bereich ungefähr zwischen 30° nördlicher und 30° südlicher Breite. Die Gesamtfläche aller Korallenriffe beträgt etwa 600.000 km². Jährlich werden im Durchschnitt 640 Millionen Tonnen Korallenkalk abgelagert.
Man unterscheidet zwei Hauptkategorien tropischer Korallenriffe:
- Litorale (küstennahe) Riffe findet man in den Flachwasserzonen der Kontinentalschelfe. Durch Süßwassereinleitung sind diese Riffe nährstoffreicher als neritide Riffe, wodurch solche Riffe häufiger von Weichkorallen und Algen dominiert werden.
- Neritide Riffe finden sich fern ab der Kontinente, wenn durch vulkanische Aktivitäten Inseln über der Wasseroberfläche entstehen. Neritide Riffe findet man um Hawaii und Tahiti. Hier findet sich bedingt durch den niedrigeren Nährstoffgehalt als in litoralen Riffen eine höhere Artenvielfalt, besonders bei Steinkorallen.
Rifftypen
Korallenriffe, die sich grundsätzlich in ihrer Form und Entstehung unterscheiden.
Saumriffe
Das Saumriff erstreckt sich entlang der Küste des Festlandes oder einer Insel. Die Mehrzahl der litoralen Riffe sind Saumriffe. Saumriffe können nur dort entstehen, wo sich ausreichende Lebensbedingungen für Riffbildner finden. In Gebieten, in denen große Süßwassermengen in den Ozean gelangen, zum Beispiel an der Amazonasmündung, können keine Riffe entstehen. Die Seychellen sind ein Beispiel für neritide Saumriffe.
Atolle
Atolle entstehen in der Regel aus Saumriffen um vulkanische Inseln. Im Laufe der Zeit wird die Insel durch Erosion abgetragen und versinkt unter den Meeresspiegel. Auch ein Absinken des Meeresbodens bzw. Ansteigen des Meeresspiegels führt zur Bildung von Atollen. Übrig bleibt ein Ring von Riffen, die eine Lagune umschließen. Die Malediven bestehen aus 26 solcher Atolle.
Barriereriffe
Barriereriffe befinden sich an der Kante des Kontinentalschelfs zur Tiefsee. Das Riff bildet eine Barriere zwischen dieser und dem flachen Wasser. Barriereriffe können infolge von Landabsenkungen aus Saumriffen entstehen. Das bekannteste Barriereriff ist das australische Große Barriereriff (Great Barrier Reef).
Plattformriffe
Plattformriffe finden sich am Meeresboden eines flachen Meeres. Auf Strukturen am Boden wie zum Beispiel felsigem Untergrund oder einem Schiffswrack kann ein Plattformriff entstehen. Teile des Riffs können bis zur Oberfläche reichen, und dort Sandbänke und kleine Inseln bilden, um die sich eigene Saumriffe bilden können. In der Mitte eines Plattformriffs kann sich eine Lagune befinden. Auch innerhalb von Atollen finden sich Plattformriffe.
Zoneneinteilung
Jedes Riff lässt sich in verschiedene Zonen gliedern, in denen aufgrund der dort vorherrschenden Bedingungen unterschiedliche Pflanzen und Tiere leben. Diese Zonen sind bei den verschiedenen Rifftypen unterschiedlich stark ausgeprägt, und auch innerhalb eines Rifftyps kann der Aufbau variieren. Nachfolgend wird der typische Aufbau eines Saumriffs erläutert.
- Die Strandzone schließt sich direkt an das Festland an. Bei Ebbe fällt sie im Tagesverlauf zweimal für mehrere Stunden trocken. Die Strandzone wird hauptsächlich von Krabben und Schnecken bewohnt. Unterhalb des Wasserspiegels bei Ebbe sind Algen, kleine Muscheln und Einsiedlerkrebse anzutreffen.
- In Richtung Meer schließt sich das Riffdach, der horizontale Teil des Riffs, an.
- In den inneren Bereichen dominieren Braun- und Blaualgen, weiter seewärts gefolgt von Rotalgen. In dieser Algenzone leben nur wenige Tierarten. Am häufigsten sind einige Seeigelarten. Auch Schlangensterne und Krebse kann man antreffen. Nur wenige Fische leben in dieser Zone, hauptsächlich kleine Grundeln und Schleimfische. In den äußeren Bereichen der Algenzone wachsen verschiedene Weichkorallen, vereinzelt sind auch Steinkorallen anzutreffen.
- In der Übergangszone findet sich ein hoher Artenreichtum. Das Wasser ist hier tiefer und klarer, die Wasserbewegung stärker als weiter landwärts. Hier findet man größere Kolonien von Steinkorallen, die sogenannte Mikroatolle bilden können. Diese Bereiche können gelegentlich noch trocken fallen.
- Der äußere Bereich zwischen Innenriffhang und der Aussenriffkante fällt niemals trocken. Er ist durchschnittlich 10 Meter breit, und weist eine Wassertiefe von 40 cm bis zu einem Meter auf. Eine starke Wellenbewegung verhindert, dass sich Sand und anderes loses Material ablagert. Es bilden sich strömungsstarke Tunnel und Kanäle. Hier dominieren Stein- und Weichkorallen, Algen dagegen findet man nur noch wenige. An Fischen findet man hauptsächlich Riffbarsche, Lippfische und Doktorfische.
- Die Aussenriffkante ist starker Brandung ausgesetzt. Die Steinkorallen dominieren, unter ihnen mehrere Acropora-arten. In der starken Strömung wachsen Seeanemonen. An der Riffkante und im oberen Teil des Riffhangs leben viele schwarmbildende Fische, die aus dem Schutz der Korallenstöcke Jagd auf Plankton machen. In Unterwasserhöhlen gedeihen Filtrierer wie Schwämme, Seescheiden und Steinkorallen der Gattung Tubastraea. Auch viele Fische nutzen solche Höhlen zu ihrem Schutz, zum Beispiel Soldatenfische.
- Im Vorriff, das den Übergang vom Riffhang zur offenen See darstellt, finden sich durch Sandflächen voneinander getrennte Riffpfeiler, die dicht von Korallen bewachsen sind. Im tiefer werdenden Wasser vor den Riffpfeilern finden sich viele Gattungen von Stein- und Weichkorallen, deren Anzahl mit zunehmender Wassertiefe abnimmt. Das Vorriff ist der Lebensraum vieler Fische, wie Falterfische und Kaiserfische. Auch Raubfische wie Zackenbarsche und Muränen haben hier ihr Revier.
Künstliches Korallenriff
Seit einigen Jahren wird versucht künstliche Korallenriffe herzustellen. Ausgehend von der Beobachtung, dass im Meer versunkene große Objekte, wie Schiffe und Flugzeuge, innerhalb weniger Jahre besiedelt wurden, begann man künstliche Strukturen im Meer gezielt zu installieren. Dabei gab es große Fehlschläge, wie das Osborne-Riff aus Millionen alten Autoreifen, und Erfolge. So wurden z. B. Riffballs eingesetzt und Stahlkonstruktionen nach der Biorock-Technologie unter schwachen Gleichstrom gesetzt, um dort in kurzer Zeit Mineralien abscheiden zu können, die von Korallen-Polypen gerne besiedelt werden.
Bedeutung
In der Meerwasseraquaristik beschäftigt man sich mit der künstlichen Nachbildung von Korallenriffen. Die Zahl der Korallenriffe nimmt stark ab; bereits ein Fünftel sämtlicher Riffe sind verschwunden. Gründe dafür sind das Dynamitfischen und Zyanidfischen, die Überfischung allgemein, die industrielle Verschmutzung, Bauaktivitäten und auf Grund gelaufene Schiffe.
Korallenriffe sind für 800 Millionen Menschen in Südost- und Südasien, in Ostafrika und in der Karibik vor allem als ausgezeichnete Proteinquelle von Bedeutung. Sie haben einen großen materiellen Wert, denn sie schützen Strände vor Erosion und Sturmschäden. Von Touristen werden die Riffe ihrer Schönheit wegen geschätzt. Korallenriffe beheimaten außerdem eine Vielzahl mariner Lebewesen und sind für deren Existenz von großer Wichtigkeit.
Nach Angaben von Ozeanologen waren im April 2007 weltweit etwa 20 Prozent der Korallenriffe zerstört, weitere 50 Prozent ernsthaft gefährdet[1].
Beispiele
- Great Barrier Reef, weltgrößtes Riff und Weltnaturerbe
- Neukaledonisches Barriereriff, zweitgrößtes Barriereriff
- Benwood Schiffswrack
- Das Korallendreieck[2], das die Philippinen, Osttimor, Teile Indonesiens, Neuguinea und die Salomon-Inseln umfasst mit Raja Ampat an der Vogelkop-Halbinsel im Zentrum. 2006 wurden in Raja Ampat 20 neue Korallenarten entdeckt.[3]
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ http://www.n-tv.de/790495.html Freitag, Dreckige, überfischte Meere - Ozeanologen alarmiert. 13. April 2007
- ↑ http://www.coraltrianglecenter.org
- ↑ Richard Black: Stunning finds of fish and coral. BBC News 18.9.2006
Literatur
- Helmut Schumacher: Korallenriffe. BLV Verlagsgesellschaft, München 1988, ISBN 3-405-13614-8.
- Yossi Loya und Ramy Klein: Die Welt der Korallen. Jahr Verlag, Hamburg 1998, ISBN 3-86132-226-9.
Weblinks
- Riffe.de Seite der Riffgruppe um Prof. Reinhold Leinfelder mit zahlreichen Internetlinks
- Riffe - ein faszinierendes Thema für den Schulunterricht. Profil Bd. 13 von Leinfelder, R., Kull, U., Brümmer, F. (Hrsg.) 2. Auflage 2002. (E-Text als PDF-Datei, verschiedene Downloadversionen)
- Korallenriffe - Zentren der Artenvielfalt und Evolution. In: Hansch, W. (Hrsg.): Katastrophen in der Erdgeschichte. Wendezeiten des Lebens. - Museo, 19, 180-199, Heilbronn. Von Reinhold Leinfelder (E-Text als PDF-Datei, 788 KB; alternatives Layout 3,3 MB)
- palaeo.de/tv - Talks and Presentations on Reefs Linkverzeichnis (englisch/deutsch)
- Landsat-Aufnahmen von Korallenriffen der Erde
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