Schlacht von Pichincha

Schlacht von Pichincha
Schlacht von Pichincha
Teil von: Ecuadorianischer Unabhängigkeitskrieg
Datum 24. Mai 1822
Ort Pichincha-Vulkane bei Quito, Ecuador
Ausgang entscheidender Sieg der Patrioten
Friedensschluss Kapitulation der Kolonialstreitkräfte in Ecuador am 25. Mai 1822
Konfliktparteien
Patrioten Royalisten
Befehlshaber
Antonio José de Sucre Melchior Aymerich
Truppenstärke
2971 1894
Verluste
etwa 200 gefallen, 140 Verwundete über vierhundert gefallen

Mit der Schlacht von Pichincha wird ein entscheidender Kampf zur Nationenwerdung in der Geschichte Ecuadors zwischen Spaniens Truppen unter Melchior Aymerich und den Separatisten Quitos/Guayaquils, Großkolumbiens, Perus und Argentiniens unter Antonio José de Sucre bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Die Schlacht von Pichincha am 24. Mai 1822

Vorgeschichte

Nach dem Ende der ersten Republik in Quito 1812 bedurfte es des Sieges von Simón Bolívar in der Schlacht von Boyacá 1819, und der Präsenz des chilenisch-argentinischen Expeditionsheeres unter José de San Martín, das Nordperu mit der Hilfe peruanischer Patrioten 1820 unter seine Kontrolle brachte, um die spanische Kolonialmacht im heutigen Ecuador zu isolieren. Vor allem die Präsenz San Martíns war es, die die Patrioten in Guayaquil, der wichtigsten Hafenstadt im Süden der Provinz Quito, am 9. Oktober 1820, zum Aufstand bewegte, der zum Sturz der Spanier führte. Erste eigene Versuche, die Unabhängigkeit ins Hochland der Anden zu tragen, scheiterten an der spanischen Militärmacht.

Die Separatisten Guayaquils wandten sich daher an San Martín und Bolívar, um Unterstützung für die Befreiung des Königlichen Gerichtsbezirks (Real Audiencia) Quito zu erhalten. Die erste sichtbare Reaktion kam von San Martín, der Truppen und Offiziere schickte, aber deren Unternehmungen scheiterten, auch an der Unterstützung, die aus der südkolumbianischen Monarchistenhochburg Pasto nach Ecuador kam. Bolívar, der Ecuador von vorneherein seinem Großkolumbien anzuschließen gedachte, hatte schon vorher seinen fähigsten Offizier, den ausgebildeten Pionier José Antonio Sucre, der nach der Schlacht von Boyacá zum Brigadegeneral befördert worden war, Anfang 1820 auf die Antillen geschickt, um Waffen für den Ecuadorfeldzug zu beschaffen. Sucre hatte auch die Planung der Kampagne übernommen, aber, auch wegen des royalistischen Widerstands in Südkolumbien, traf er erst Anfang Mai 1821 mit rund 650 Soldaten und umfangreicher Kriegsausrüstung in Guayaquil ein.

Trotz anfänglicher Erfolge gegen die angreifende Kolonialmacht, musste auch er im September bei einem Vorstoß ins Hochland eine vernichtende Niederlage hinnehmen. Diese warf seinen Zeitplanung um, und er war gezwungen, mit vielen Briefen um weiter Unterstützung aus Großkolumbien und Peru bitten. Die Zeit dafür verschaffte er sich mit einem geschickt ausgehandelten Waffenstillstand, der bis Anfang 1821 dauerte. Mit der Unterstützung, die Bolívar und San Martín, gelang es ihm erneut eine Streitmacht aufzubauen, mit der er Quito zu erobern gedachte.

Der Pichincha-Feldzug

Peruanische Ansprüche auf Guayaquil, deren Grundstein während der Kolonialzeit gelegt worden waren, führten, auch in Verbindung mit San Martíns persönlichem Ehrgeiz, zu Spannungen zwischen den nur halb befreiten Peru und Großkolumbien, die zu einer weiteren Verzögerung führten, da San Martín seine Truppen wieder abziehen wollte. Zu diesem Zeitpunkt, Februar 1822, hatte das vereinigte Heer, das aus einer peruanisch-argentinischen und einer großkolumbischen Division bestand, bereits kampflos Cuenca auf der südlichen Kordillere eingenommen, weil die Spanier vor der Übermacht der Separatisten den Rückzug angetreten hatten. Die gut einen Monat dauernden Verhandlungen brachten Sucre und Bolívar insofern zu einem günstigen Abschluss, als der Rückzugsbefehl für die peruanische Division zurückgenommen wurde.

Mitte April 1822 konnte der Feldzug schließlich beginnen, und Sucres Truppen marschierten im Hochland nach Norden auf die Hauptstadt Quito zu. In der Schlacht von Riobamaba am 21. April besiegte ein Teil der Reiter Sucres die spanische Kavallerie. Der in den eigenen Reihen politisch ausgeschlachtete Sieg, hatte aber auch eine moralische Wirkung auf die Spanier, die sich nun auf die Verteidigung von Quito konzentrierten. Melchior Aymerich, der letzte Präsident des Königlichen Gerichtshofs, besetzte zunächst die zentralen Pässe südlich von Quito mit Truppen.

Am 2. Mai 1822 sammelten sich Sucres Truppen in Latacunga, 90 km südlich von Quito. Hier wurden sie vom Kommandanten neu organisiert und mit weiteren Freiwilligen aus der Umgebung verstärkt. Man wartete auf Verstärkung durch das Bataillon Alto Magdalena aus Nordkolumbien und Informationen über die Stellungen des königstreuen Heeres.

Sucre war klar, dass ein Angriff auf die Pässe südlich der Hauptstadt, wenn überhaupt, nur mit großen Verlusten erfolgreich sein konnte, und beschloss daher, ab dem 13. Mai, nach Nordosten abzubiegen, um an den Flanken des Vulkans Cotopaxi entlang ins Valle de los Chillos südlich von Quito zu gelangen und damit hinter die feindlichen Vorposten. Die königstreuen Truppen schienen dies geahnt zu haben und zogen sich nach Quito zurück, wo sie am 16. Mai ankamen. Aymerich ließ die Zugangswege zur Stadt, die zu jener Zeit noch hauptsächlich aus dem alten Stadtkern bestand, mit Geschützen besetzen, um den anrückenden Patrioten, einen Durchbruch unmöglich zu machen. Am 18. Mai nahmen Sucres Truppen Sangolquí ein.

Ab dem 21. präsentierte Sucre sein Heer östlich des Cerro Panecillo, der sich etwa zweihundert Meter aus dem heutigen Stadtgebiet erhebt, um die die Spanier zu einem Angriff zu bewegen. Weil Sucre nicht nur gut erkundet und spioniert hatte, sondern auch einen Agenten zur Abwerbung der Monarchisten im Kolonialheer eingesetzt hatte, schrumpfte dieses, bis Aymerich den Saboteur einsperren ließ. Zu einem Angriff auf Sucres Divisionen ließ er sich aber auch an den nächsten beiden Tagen nicht hinreißen.

Sucre entschloss sich nun zu einer erneuten Umgehung, um doch noch eine Schlacht außerhalb der Stadt zu provozieren. Dazu ließ er in der Nacht vom 23. auf den 24. Mai um 21 Uhr abmarschieren. Er umging die Stellungen der Spanier südlich, um dann nach Nordwesten umzubiegen, um die Flanke des Doppelvulkans Pichincha im strömenden Regen zu erklimmen. Der steile Weg verbot die Mitnahme der Kavallerie, die am Fuß des Aufstiegs zurückblieb. Die erfahrenste Bataillon Alto Magdalena übernahm die Marschspitze, danach folgte das Groß der beiden Divisionen und das Albion-Bataillon, Europäer, die Sucre aus Kolumbien mitgebracht hatte, deckten den Versorgungstross am Ende des sich auf den schmalen, überfluteten Pfaden auf eine Höhe von 3500 Metern hocharbeitenden Heeres.

Schlachtverlauf

Geführt von Indianern erreichte das Befreiungsheer am frühen Morgen die Wahlstatt an der heutigen Cima de la Libertad, wo Sucre rasten ließ. Aymerich schickte nach anfänglichem Zögern die beiden Offiziere Carlos Tolrá und Nicolás López, die bereits in Kolumbien und später auch bei den ersten Versuchen der Separatisten in den vergangenen zwei Jahre in Ecuador für die Spanier erfolgreich gewesen waren, mit den drei Infanteriebataillonen der spanischen Division den Patrioten entgegen.

Sucre, dessen Streitkräfte die Königstreuen auf einem relativ kleinen, von Schluchten und Steilhängen begrenzten Schlachtfeld erwarteten, entsandte eine Erkundungskompanie, die gegen zehn Uhr von den Spaniern erreicht und sofort beschossen wurden. Die Patrioten mussten sich zurückziehen, erhielten dann aber Verstärkungen von Kolumbianern und Peruanern. Das Feuergefecht erwies sich als munitionsintensiver als vorgesehen und Sucre war gezwungen seine Bataillone rotieren zu lassen, damit diese wieder mit Pulver, Kugeln und Zündsteinen ausgerüstet werden konnten. Die Kleinräumigkeit des Schlachtfeldes war der Stellung der spanischen Truppen förderlich, da sie gegenüber den meisten Truppenteilen der Patrioten bessere Ausbildung und vor allen größere Kampferfahrung besaßen. So konnten sie beiden peruanischen Bataillone vom Schlachtfeld verdrängen. Der Einsatz des großkolumbischen Divisionsbefehlshabers José Mires verhinderte in diesem Moment mit hundert Mann den Zusammenbruch der Kampflinie der Separatisten, die nun von frisch versorgten Bataillonen wieder stabilisiert werden konnte.

Als die Munition der Patrioten wieder knapp zu werden drohte, ordnete Sucre an, dass die kampferfahrenen Großkolumbier von Alto Magdalena einen Bajonettangriff ins Zentrum der spanischen Kolonialtruppen führen sollten. Lopéz sah, dass er ins Hintertreffen geraten würde und sandte sein bestes Bataillon, Aragón, zur Umgehung der linken Flanke Sucres aus, um den Patrioten in den Rücken zu fallen. Dazu mussten sie einen Höhenrücken überwinden, auf dem urplötzlich Albion Stellung bezog, das sich offenbar nun nicht mehr um die Tross kümmerte. Ob dabei wirklich ein Befehl Sucres vorlag, ist nicht zu klären. Die Europäer auf Seiten Sucres, obwohl numerisch weit unterlegen, hielten das Aragón-Bataillon nachhaltig auf und vereitelten so den Plan zur Umgehung. Das war das Startsignal für alle anderen Bataillone Sucres, mit dem Bajonett in die Reihen der Spanier zu stoßen und deren Schlachtordnung endgültig aufzubrechen. Um Mittag flohen die Kolonialtruppen in völliger Auflösung bergab ins siebenhundert Meter tiefer gelegene Quito, vierhundert Tote an den Hängen des Pichincha zurücklassend. Sucre berichtet von zweihundert Toten und hundertvierzig Verwundeten in den eigenen Reihen.

Nachgang

Die Kavallerie der Royalisten löste sich angesichts der Niederlage auf und leistete keinen Widerstand mehr, die der Patrioten stieß ihnen am Fuß der Berge entlang nach und verfolgte auch die geschlagene Infanterie. Die Besiegten flohen in die Straßen der Stadt, aber Sucre brach hier wohl die Verfolgung ab. Am folgenden Tag unterzeichneten die Spanier die Kapitulationsurkunde, Sucre nahm 1260 Soldaten gefangen; Aymerich ließ man ausreisen.

Ecuador war damit befreit und es gab nur im Norden des Landes, nahe dem neugranadischen Unruheherd Pasto, später noch Aufstände. Für den Großteil des Landes war der Krieg vorbei und Bolívar, der nahe Pasto von den Königstreuen aufgehalten worden war, erklärte nach seiner Ankunft in Quito den ehemaligen Königlichen Gerichtsbezirk Quito am 13. Juli zum neuen Departement seines Großkolumbiens, das damit vollständig war, wie er dies bereits fünf Jahre vorher geplant hatte.

Quellen

Weblinks

Im Rahmen des Kapitels 8.3. Ecuador befindet sich der Pichincha-Feldzug und die Schlacht von Pichincha.


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