- Schlittknochen
-
Als Schlittschuh (auch Eislaufschuh, franz. Patin, engl. Skate) bezeichnet man an den Füßen angebrachte Vorrichtungen mit Kufen zum Gleiten auf Eisflächen. Die Fortbewegung mit Schlittschuhen wird auch als Schlittschuhlaufen, Schlittschuh fahren oder Eislaufen bezeichnet. Sportarten, die auf unterschiedlichen Schlittschuhformen durchgeführt werden, sind Eiskunstlauf (inkl. Eistanzen), Eishockey und Eisschnelllauf. Die Fortbewegung erfolgt dabei vorwiegend unter Verwendung des Schlittschuhschritts.
Inhaltsverzeichnis
Eiskunstlauf
Kunstlauf-Schlittschuhe haben bis zu den Waden hochgeschlossene Schnürstiefel mit ca. 3-4 mm dicken Stahlkufen mit Hohlschliff in Querrichtung und einer leichten Kurvung in Längsrichtung. An der vorderen Spitze befinden sich gezackte Ränder zum Abspringen der Sprünge, Drehen der Pirouetten ohne Kantenwechsel und Ausführen einiger Schritte. Die Zacken werden dazu benötigt Toeloop, Flip oder Tippsprünge abzuspringen.
Eishockey
Eishockey-Schlittschuhe haben bis über das Fußgelenk reichende angearbeitete Schnürstiefel aus meistens recht hochwertigen Kunstoffen (Kevlar, Kohlefasersohlen, Spezialkunststoffe) mit zusätzlichem Fersen- bzw. Achillessehnen-Schutz und etwa 5 mm dicke Stahlkufen mit Hohlschliff in Querrichtung und einer leichten Kurvung in Längsrichtung.
Kufen
Kufen gibt es in verschiedenen Längen. Eisschnelllaufkufen sind besonders lang, um schneller zu sein. Hockeykufen sind relativ kurz, um dynamischer fahren zu können. Entscheidend ist der Rocker (Aufstandsfläche) und der Hohlschliff der Kufen.
Rocker
Je kürzer die Aufstandsfläche, desto wendiger ist der Spieler (Stürmer), Kurven mit engerem Radius sind einfacher zu fahren – dies hängt aber auch immer vom Können des Fahrers ab – die Schlittschuhe sind dann aber nach hinten und vorn kippeliger. Verteidiger fahren eher mit einem längeren Rocker um die Standfestigkeit zu erhöhen, z. B. beim Kampf in der Ecke oder beim Wegdrücken vor dem Tor.
Radius des Hohlschliffs
Der Schliff einer Kufe ist ein Hohlschliff. Das Maß des Schliffs ist der Radius des Kreises der In den Hohlschliff passen würde. Je kleiner der Radius, desto schärfer ist die Kufe. Der Radius ist abhängig von Gewicht des Spielers, Eishärte (je weicher desto grösser der Radius) und Fahrweise.
Eisschnelllauf
Eisschnelllauf-Schlittschuhe haben bis unterhalb des Fußgelenks reichende Schnürschuhe aus Ziegenleder. Die langen Stahlkufen, auch „Brotmesser“ genannt, sind etwa 38 bis 45 Zentimeter lang und haben eine Dicke von etwa 1,3 bis 1,5 Millimetern. Die Lauffläche hat einen Planschliff mit einer schwachen Kurvung in Längsrichtung, die ein „Eingraben“ der Kufe in das Eis verhindern soll. Die Spitze ist gerundet, das hintere Ende von oben schräg nach hinten abfallend.
Im Gegensatz zum rückseitigen Abstoßen beim Kunstlauf stößt sich der Eishockeyspieler und Eisschnellläufer auf gerader Strecke mit den Beinen schräg nach hinten ab, wobei die Kufe in ganzer Länge mit der Eisfläche in Kontakt bleibt. Obwohl die langen Kufen den Geradeauslauf stabilisieren sollen, führt gerade die damit erzwungene Abstoßtechnik zu einem weit ausgeprägteren Zickzack-Kurs. Dennoch wird damit die größtmögliche Geschwindigkeit auf dem Eis erreicht.
Der letzte Entwicklungsstand ist hier der Klappschlittschuh, bei dem die Kufe beim Anheben der Ferse bei gestrecktem Stoßbein hinten abklappt und erst beim endgültigen Abheben wieder zurückgezogen wird. Spitzen-Sportler erreichen auf Schlittschuhen über mehrere Kilometer bzw. etliche Minuten eine Dauergeschwindigkeit von 45 km/h, im Sprint kurzzeitig bis über 60 km/h.
Funktionsweise
Dass lange, glatte und harte Kufen auf Eis leicht gleiten, ist eine unbestreitbare praktische Erfahrung. Dass Ski auf Schnee gleiten und dass man mit Straßenschuhen auf Eis ausrutscht ist auch bekannt. Schlittschuhlauf funktioniert zwischen –30 °C und 0 °C und bei -7 °C besonders gut. Eis besitzt bei 0°C eine 70 nm dicke Flüssigkeitsschicht an der Oberfläche, die zu tieferen Temperaturen hin dünner wird. Diese Vermutung wurde erstmals von Faraday geäußert, um das Aneinanderfrieren von zwei Eiswürfeln zu erklären. Im Hamburger Synchrotonstrahlungslabor HASYLAB gelang der experimentelle Nachweis dieser Flüssigkeitsschicht.
Durch den Druck des Schlittschuhs, durch die Reibungswärme und durch die Wärme der adiabatischen Kompression wird diese Schicht nochmals geringfügig dicker. Die ständige Fortbewegung wird erreicht durch abwechselndes Abstoßen mit dem Schlittschuh an einem Bein und Gleiten auf dem jeweils anderen Fuß. Da der Reibungswiderstand auf der Flüssigkeitsschicht sehr viel geringer ist als auf festen, trockenen Materialien, wird dabei mit relativ geringem Krafteinsatz eine hohe Geschwindigkeit erreicht.
Die dünne Wasserschicht wird von jeder Unebenheit der Gleitfläche, die größer als 70 nm ist durchbrochen. Unebenheiten der Kufe sollten daher optimalerweise kleiner als dieses Maß sein. Da 70 nm sechs mal kleiner als die Wellenlänge des sichtbaren Lichts sind, sollte bei einer optischen Prüfung die Gleitfläche ein spiegelblankes Aussehen aufweisen, also möglichst nicht matt oder rau sein.
Anfänger nutzen lange Gleitphasen zwischen dem Abstoßen, um mit beiden Füßen stehen zu können, da das Stehen auf Schlittschuhen ähnlich einfach ist wie auf dem Land zu stehen. Da sich die Schlittschuhe bei punktuellem oder verkanteten Aufsetzen tiefer in das Eis schneiden, ermöglichen sie über 45° Schräglage in Kurven und eine Verzögerung beim Bremsen, die nur durch die Standhaftigkeit des Fahrers begrenzt ist.
Zur Tragfähigkeit von Eisdecken auf Gewässern siehe: Eisdecke#Tragfähigkeit
Anwendungsgeschichte
Vor etwa 800 Jahren glitten in den Niederlanden Boten mit Eisenkufen an Holzschuhen über die zugefrorenen Kanäle und überbrachten auf diese Weise eilige Nachrichten an adelige Empfänger. In den folgenden Jahrhunderten entwickelte sich das Schlittschuhlaufen zunächst zum Vergnügen des Adels und später auch zum Volkssport. Mitte des 18. Jahrhunderts wurden in Großbritannien die ersten Schlittschuhvereine gegründet.
Während die nordischen Völker ebenso wie die Friesen und Niederländer immer gute Schlittschuhläufer blieben, war diese Kunst in Deutschland mehr auf die Jugend beschränkt, bis durch Klopstocks enthusiastische Schilderungen (z. B. in seinen Oden: „Der Eislauf“, „Braga“, „Die Kunst Thialfs“) das Schlittschuhlaufen populärer und zum bevorzugten Wintervergnügen wurde.
In die Niederlanden, Friesland, Skandinavien, in der Schweiz, in Norddeutschland und Kanada wurde das Weit- und Schnelllaufen sehr gepflegt. Das markanteste Beispiel ist die niederländische traditionelle Elf-Städte-Tour, bei der an einem Tag elf friesische Städte durchfahren und etwa 200 Kilometer zurückgelegt werden. Weitere Schlittschuhmarathons sind das „Vikingarännet“ (ca. 80 km), von Uppsala nach Stockholm und der Weißensee-Eislaufmarathon.
In Kanada und auf den dänischen Inseln wurde der Schlittschuhlauf durch ein auf dem Rücken befestigtes Segel beschleunigt, ein Friese konnte so eine Strecke von 160 niederländischen Ellen (etwa 100 Meter) in 14 Sekunden zurücklegen. In Großstädten mit kleinen Eisplätzen war dagegen das Kunstfahren mehr ausgeprägt. Den ersten Rang nahm hier New York City ein, und von dort stammende Meister wie Haynes haben in den europäischen Hauptstädten Schule gemacht.
Zwischen 1840 und 1875 wurde in Kanada aus verschiedenen Mannschaftssportarten das auf Schlittschuhen betriebene Eishockey entwickelt. Dabei spielten die stationierten britischen Truppen eine wichtige Rolle, die das schottische Spiel Shinty 1840 als Shinney auf Schnee oder Eis spielten.
Gegenwärtig frieren in Mitteleuropa die natürlichen Wasserflächen wie Seen, Flüsse und Kanäle seltener so stark zu, dass regelmäßiges Eislaufen möglich ist. Falls es doch geschieht, wird das jedoch gern auf Seen wie etwa der Hamburger Alster genutzt. In großen Städten gibt es spezielle Kunsteisbahnen im Freien oder in Hallen. Auf diesen zumeist eher kleinen Eisflächen entwickelten sich die Shorttrack-Schnelllaufwettbewerbe auf 111 Meter langen Rundkursen. Diese Hallen werden heutzutage zum Teil ganzjährig betrieben und bieten neben Trainingsmöglichkeiten für Eiskunstläufer und Eishockeyvereinen auch ein großes Angebot für Publikumsläufe. Ein spezielles Angebot, was wieder die Lust aufs Eislaufen bei den Jugendlichen wecken soll, ist die Eisdisco. So ist die Eissporthalle auch ein Treffpunkt für Jugendliche aller Altersklassen. Mit der Erfindung von synthetischen Eis gibt es auch eine Alternative zu der infrastrukturintensiven Kunsteisbahn, die dem Eissport das Potential verleiht zu einer Breitensportart zu werden.
Geschichte des Schlittschuhs
Wann und wie es dem Menschen eingefallen ist, eine schnelle und einfache Bewegung auf der gefrorenen Eisfläche auszunützen, weiß man nicht. Erwähnungen dafür gibt es nicht. Vielleicht war es bei der Jagd. Jagdbeute bedeutete nicht nur Fell und Fleisch, sondern auch Knochen, die man dann zur Anfertigung verschiedener Instrumente benutzte. Wahrscheinlich waren sie auch beim ersten Gleitversuch zur Hand.
Schlittschuhe aus Tierknochen waren in Russland, Skandinavien, Großbritannien, Deutschland, der Schweiz und woanders zu finden. Ureinwohner Sibiriens liefen auf Walrosszähnen, in China benutzte man Bambusruten.
Skandinavische Sagen wie die Edda erzählen von Eisspielen aus der Zeit des norwegischen Königs Sigurd Jorsalfari. Die Asen der germanischen Mythologie beherrschten die Eislaufkunst, und selbst die Aufnahme des Christentums zwang Nachkommen der mutigen Männer nicht dazu, mit der „göttlichen“ Bewegungsart aufzuhören.
Knochenschlittschuhe
Anfang des 20. Jahrhunderts grub man in Frankreich etwa 60 cm lange Mittelhandknochen von Rindern aus. Seitliche Teile dieser Knochen waren abgeschliffen, deshalb vermutet man, dass sie als Schlittschuhe dienten. Ihr Alter schätzte man auf etwa 20.000 Jahre.
Älteste Funde, die sich mit größerer Sicherheit als Schlittschuhe identifizieren lassen, datieren etwa aus der Zeit von 3000 v. Ch. Sie waren aus Unterschenkelknochen verschiedener Tiere gefertigt. Pferde-, Rinder- oder Rentierknochen wurden gespalten, flachgeschliffen, durchbohrt und an den Sandalen befestigt. Mit einem Speer oder mit zwei zugespitzten Stöcken stemmte man sich ins Eis und erzielte so beachtliche Geschwindigkeiten. Solche „Schlittschuhe“ wurden in wiederentdeckten Seebauten z. B. in der Schweiz gefunden, jedoch fast in allen europäischen Regionen benutzt.
Einer der ältesten Schlittschuhe der Welt ist wahrscheinlich ein Knochenschlittschuh aus Veselí u Trnavy (Slowakei). Der britische Archäologe V. G. Childe schätzte sein Alter auf 5000 Jahre. Weitere einzigartige Schlittschuhe, die etwa 4000 Jahre alt sind, wurden in der Nähe des antiken Rom gefunden. Ähnliche Unikate fand man auch in den skandinavischen Ländern und in der Schweiz. In Mitteleuropa dienten zunächst vor allem Schweinefußknochen, die mit Lederriemen an den Füßen befestigt wurden, als Gleithilfen auf dem Eis. Die dafür verwendeten Knochen des Schweins erhielten davon die Bezeichnung „Eisbein“.
Im 18. Jahrhundert wurden in London noch mit Riemen befestigte Knochenschlittschuhe verwendet, auch in Norwegen und Island waren sie bis ins 19. Jahrhundert in Gebrauch. Jene Knochenschlittschuhe, welche so groß waren wie diese kleinen Knochenschlitten, hießen altnordisch Skidi oder Öndrun. Uller, der Schlittschuh-Ase der Edda, wird als der Meister in ihrem Gebrauch geschildert.
Hölzerne Schlittschuhe mit Eisenkufen
In größerem Ausmaß begann man im 14. Jahrhundert in Nordeuropa, vor allem in den Niederlanden, hölzerne Schlittschuhe zu benutzen. Der Untersatz, in der Fußform, wurde aus Holz gefertigt und ein Eisenbeschlag zuerst flachliegend, später in Hochkantlage eingefasst. Mit dem Schuh verband man sie mit Lederriemen. Zur Bewegung (zum Anlauf) benutzte man Stöcke.
Stahlkufen zum Umschnallen
Älteste Stahlschlittschuhe, deren Alter auf 2000 Jahre geschätzt wird, wurden in einer Erzgießereiwerkstatt eines keltischen Meisters gefunden und befinden sich im Museum in Budapest. Etwa um das Jahr 1500 begannen die Niederländer Kufen mit zwei Kanten und einer Nut dazwischen zu benutzen. Der Eisläufer konnte sich nun ohne Stöcke bewegen. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Schlittschuh mittels einer Schraube im Absatz befestigt. Es bewährten sich auch die Befestigung mittels Schrauben an der Seite der Sohle und des Absatzes von A. Stotz in Stuttgart und die „Halifaxsche Verbesserung“, welche einen Spannhebel benutzte. Diese Schlittschuhe hielten so fest wie die Sohle selbst, ohne den Fuß zu drücken. Diese Kufen wurden noch bis in die 1950er Jahre benutzt.
Fest mit dem Schuh verbundene Metallkufen
Mitte des 19. Jahrhunderts wurden in Skandinavien Stahlkufen verwendet, bei denen die Sohle in Holz eingelassen war. Sie wurden mit Kreuzriemen oder als Schnürschuh befestigt. 1865 erstellte der amerikanische Eiskunstläufer Jackson Haines Ganzmetall-Schlittschuhe, die direkt mit der Schuhsohle verbunden waren. Dies kann als die weitestgehende Innovation angesehen werden. Später begann der schwedische Eiskunstläufer und 10-fache Weltmeister Ulrich Salchow Schlittschuhe mit Zähnen zu benutzen, die kräftige Abstöße zum Laufen und Springen ermöglichten. 1907 kam der russische Eiskunstläufer Panin mit einem neuen Schlittschuhmodell, das im Gegensatz zu Salchows niedriger war; auch die Zähne waren etwas untergelegt. Darüber hinaus war dieses Modell leichter als das vorherige.
Formen
Die Schutzpatronin der Schlittschuhläufer
Die Schlittschuhläufer haben eine eigene Schutzpatronin, die Heilige Lidwina. Die aus dem 15. Jahrhundert überlieferte Geschichte berichtet, dass die damals 15-jährige namens Lidwina im Jahr 1395 beim Schlittschuhlaufen so heftig mit einem anderen Läufer zusammenstieß, dass sie schwer verletzt wurde. Nach der Genesung ging sie in ein Kloster und widmete sich bis zu ihrem Tod 1443 dem religiösen Leben. Wegen des Schlittschuh-Unfalls wurde sie zur Schutzheiligen der Schlittschuhläufer.
Siehe auch
Historische Literatur
- Franz Gräffer: Das Schlittschuhfahren, eine practische Anleitung zum schnellen und richtigen Selbsterlernen dieser genußvollen, stärkenden und edlen Kunst nebst einigen Beygaben. Wien: Haas, 1827.
- G. Carl: Die Kunst des Schlittschuh-Laufens als Zweig der Turnkunst betrachtet, so wie sichere Anleitung, die künstl. Touren ohne Gefahr u. in kurzer Zeit zu erlernen. Mainz: Euler 1847.
- George Anderson: The art of skating. London 1867
- H. E. Vandervell und T. Maxwell Wetham: A system of figure-skating, being the theory and practice of the art as developed in England, with a glance at its origin and history. London: Horace Cox, 1874.
- W. Swatek: Das Schlittschuhlaufen. Theoretisch-praktische Anleitung., Wien 1874; Figuren, das. 1885)
- Demeter Diamantidi, Carl von Korper, M. Wirth: Spuren auf dem Eise. Die Entwicklung des Eislaufs auf der Bahn des Wiener Eislauf-Vereins. Wien: Hölder 1881.
- Wilhelm Brink: Schlittschuhfahrkunst. (Mit 181 Zeichnungen). Plauen 1881.
- Franz Calistus: Kunst des Schlittschuhlaufens. Wien: Hartleben , 1885.
Weblinks
Wikimedia Foundation.