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Volker Schlöndorff (* 31. März 1939 in Wiesbaden) ist einer der erfolgreichsten deutschen Filmregisseure, Drehbuchautoren und Filmproduzenten.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Volker Schlöndorff ist der zweite von drei Söhnen eines Facharztes für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Seine Mutter kam 1944 bei einem Küchenbrand ums Leben. Er wuchs in Schlangenbad im Taunus auf und besuchte später das Gymnasium in seinem Geburtsort. Im Anschluss an einen Schüleraustausch setzte er ab 1955 seine schulische Ausbildung in Frankreich fort. Schlöndorff ging zunächst auf ein liberales jesuitisches Internat im bretonischen Finistère und schloss dann die Schule in Paris auf der Eliteschule „Lycée Henri IV“ im Quartier Latin mit dem Baccalauréat ab. Sein Mitschüler und Sitznachbar war der spätere Regisseur Bertrand Tavernier. Während seine Brüder beruflich dem Vater folgten und Ärzte wurden, studierte er in Paris zwecks Stipendiengewährung Jura bis zum Staatsexamen.[1] Nebenbei ging er bis zu drei Mal täglich in die Cinémathèque française in der nahegelegenen Rue d'Ulm. Dort lernte er die Regisseure der Nouvelle Vague kennen. Nach einer einjährigen Vorbereitungszeit für das Studium an der Filmhochschule Institut des hautes études cinématographiques (IDHEC) wurde er als einer von elf aus dreihundert Bewerbern ausgewählt, doch nahm er nicht mehr am Studium teil, da er mit Louis Malle als dessen Regieassistent bei Zazie dans le Métro (1960) arbeiten konnte.
Nach dem Oscar-Erfolg seiner Blechtrommel-Verfilmung arbeitete er in den USA, mit der Absicht, auch den Rest seines Lebens dort zu verbringen. Mit dem Fall der Mauer änderte er seine Lebensplanung und er zog von New York nach Berlin bzw. Potsdam. Im Alter von 60 Jahren begann er mit dem regelmässigen Lauftraining für ein bis zwei Marathon-Läufe im Jahr.
Privatleben
Von 1971 bis 1991 war Volker Schlöndorff mit der Schauspielerin und Regisseurin Margarethe von Trotta verheiratet. Zu Beginn der Ehe arbeitete sie mit ihm als Schauspielerin, Regie-Assistentin, Co-Regisseurin und Co-Autorin. Bei der Katharina Blum-Verfilmung führten sie gemeinsam Regie. Schlöndorff ist seit 1992 in zweiter Ehe mit der Filmschnittmeisterin Angelika Gruber verheiratet, mit der er die Tochter Elena (* 1993)[2] hat.
Politisches Engagement
Von der CDU/CSU sowie Printmedien des Axel Springer Verlags wurde Schlöndorff 1977 wegen seiner Unterstützung des „Rechtshilfefonds für die Verteidigung politischer Gefangener“ sowie aufgrund der politischen und gesellschaftlichen Aussagen seines 1975 veröffentlichten Films Die verlorene Ehre der Katharina Blum heftig kritisiert. Die Kritik zog seinen Ausstieg aus dem Verwaltungsrat der Filmförderungsanstalt nach sich, in dem er als Vertreter der SPD-Bundestagsfraktion von 1974 bis 1978 tätig war.[3] Der SPD stand Schlöndorff über Jahrzehnte nahe, eine Mitgliedschaft wurde von ihm jedoch verneint.[4] Trotz dieser Nähe und der Kritik der CDU an seiner Person im Rahmen des deutschen Herbstes, unterstützte Schlöndorff 2005 öffentlich die CDU-Kanzlerkandidatin Angela Merkel in ihrem Wahlkampf.[5] Ende Januar 2007 sprach sich Schlöndorff wiederum für die Haftentlassung des ehemaligen RAF-Angehörigen Christian Klar aus, der seit 1982 inhaftiert war und zu jenem Zeitpunkt ein Gnadengesuch beim Bundespräsidenten eingereicht hatte.[6]
Werk
1960 drehte Schlöndorff unter dem Pseudonym Volker Loki den Kurzfilm Wen kümmert's über Algerier in Frankfurt, der wegen seiner „Parteinahme gegen eine befreundete Nation“ keine Freigabe der FSK erhielt. Er arbeitete als Assistent von Ludwig Berger, Louis Malle, Jean-Pierre Melville (Eva und der Priester, 1961) und Alain Resnais. 1963/64 schrieb er nach dem Roman Die Verwirrungen des Zöglings Törleß von Robert Musil sein erstes Drehbuch. Unter dem Namen Der junge Törless konnte das Projekt ab 1965 gedreht werden, nachdem Schlöndorff eine Prämie für das Drehbuch erhielt. Der Film wurde mehrfach ausgezeichnet und gilt als der erste internationale Erfolg des jungen deutschen Films.
Im Jahr 1969 gründet Schlöndorff mit Peter Fleischmann die Produktionsfirma Hallelujah-Film GmbH und 1974 mit Reinhard Hauff die Bioskop-Film GmbH, mit der er seither unter Leitung von Eberhard Junkersdorf seine Produktionen realisiert. Mit seinem Film Die verlorene Ehre der Katharina Blum produzierte Schlöndorff 1975 erstmals gemeinsam mit seiner damaligen Frau Margarethe von Trotta einen großen Publikumserfolg.
Zu einer der interessantesten Literaturverfilmungen Schlöndorffs wird Die Fälschung (1981) nach dem Roman von Nicolas Born gezählt. Die Filmarbeiten mit Bruno Ganz und Hanna Schygulla fanden während des libanesischen Bürgerkriegs in Beirut statt.
Für Schlöndorffs internationalen Durchbruch steht seine Verfilmung des Romans Die Blechtrommel von Günter Grass (siehe Die Blechtrommel (Film)). Ausgezeichnet mit der Goldenen Palme in Cannes 1979 und mit einem Oscar für den besten nicht englischsprachigen Film markiert die Blechtrommel einen ersten Höhepunkt der internationalen Anerkennung des deutschen Films nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Blechtrommel hatte er 1979 in Danzig gedreht. In die polnische Werftstadt kehrte er 2005 zurück, um die Geschichte von Anna Walentynowicz zu verfilmen. Der Film kam 2007 unter dem Titel Strajk – Die Heldin von Danzig in die Kinos.
Schlöndorffs nächste internationale Regiearbeit sollte 2007 die Verfilmung des Romans Die Päpstin sein. Das Projekt hatte er seit sieben Jahren zum Teil privat, zum Teil zusammen mit der Produktionsfirma Constantin Film erarbeitet.[7] Schlöndorff kritisierte jedoch im Juli 2007 in der Süddeutschen Zeitung eine „unheilige Allianz“ von Film- und Fernsehproduzenten, die zwecks Kostensenkung die unterschiedlichen Dramaturgien eines Kinofilms und Fernsehfilms immer öfter zu einem sogenannten „Amphibien-Film“ [8] vermischten.[9] Daraufhin wurde ihm von Constantin Film mit der arbeitsrechtlichen Begründung gekündigt, er habe das Vertrauensverhältnis verletzt. Seine (generelle) Kritik habe außerdem der geplanten Produktion von Die Päpstin geschadet.[10] Schlöndorff nutzte die Zeit nach dem persönlich zunächst als katastrophal erlebten Ende für die Niederschrift seiner Memoiren („Licht, Schatten und Bewegung“), die er mit Hilfe seiner Tagebücher und Notizzettel verfasste.[11] [12]
2008 bereitete Schlöndorff den Spielfilm Gigola über die Glitzerwelt der Pariser Revuetheater vor. Für 2009 ist eine Inszenierung von Leo Tolstois letztem Theaterstück „Und ein Licht leuchtet in der Finsternis“ auf dem brandenburgischen Schloss Neuhardenberg mit Angela Winkler und Hans-Michael Rehberg geplant.[11]
Der Medienwissenschaftler Thomas Koebner hob in seiner Laudatio auf Schlöndorff anläßlich der Verleihung der Carl-Zuckmayer-Medaille 2009 hervor, dass seine Filme von einem großen Gerechtigkeitsempfinden getragen seien. Er setze sich dabei stets für die Benachteiligten ein, doch in dezenter, unaufdringlicher Weise. Seine Figuren wüssten sich immer selbst zu helfen und stünden dabei „immer kurz vor ihrer Verwandlung“.[13]
Volker Schlöndorff produzierte außerdem viele Dokumentarfilme und war von 1992 bis 1997 Geschäftsführer des Filmstudios Babelsberg. Seit 2001 lehrt er als Professor für Film und Literatur an der European Graduate School in Saas-Fee. Für die Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin ist Schlöndorff als Dozent tätig.
Werkliste
Regie
- 1966 – Der junge Törless – nach dem Roman Die Verwirrungen des Zöglings Törleß von Robert Musil. Musik: Hans Werner Henze
- 1967 – Mord und Totschlag
- 1969 – Michael Kohlhaas – der Rebell – nach der gleichnamigen Novelle von Heinrich von Kleist
- 1970 – Baal
- 1971 – Der plötzliche Reichtum der armen Leute von Kombach
- 1972 – Die Moral der Ruth Halbfass
- 1972 – Strohfeuer
- 1974 – Übernachtung in Tirol
- 1975 – Die verlorene Ehre der Katharina Blum – nach der gleichnamigen Erzählung von Heinrich Böll
- 1976 – Der Fangschuß
- 1977 – Nur zum Spaß – Nur zum Spiel (Dokumentarfilm)
- 1978 – Deutschland im Herbst
- 1979 – Die Blechtrommel – nach dem gleichnamigen Roman von Günter Grass
- 1980 – Der Kandidat (Dokumentarfilm)
- 1981 – Die Fälschung - nach dem gleichnamigen Roman von Nicolas Born
- 1982 – Krieg und Frieden (Dokumentarfilm)
- 1983 – Eine Liebe von Swann – nach dem gleichnamigen Kapitel aus Auf der Suche nach der verlorenen Zeit von Marcel Proust
- 1985 – Tod eines Handlungsreisenden – nach dem gleichnamigen Drama von Arthur Miller
- 1987 – Ein Aufstand alter Männer
- 1990 – Die Geschichte der Dienerin – nach dem Roman Der Report der Magd von Margaret Atwood
- 1991 – Homo Faber – nach dem gleichnamigen Roman von Max Frisch
- 1996 – Der Unhold
- 1998 – Palmetto – Dumme sterben nicht aus
- 1999 – Die Stille nach dem Schuss
- 2002 – Ten Minutes Older
- 2004 – Der neunte Tag
- 2005 – Enigma – Eine uneingestandene Liebe
- 2007 – Strajk – Die Heldin von Danzig
- 2007 – Ulzhan – Das vergessene Licht
Drehbuch
- 1966 - Der junge Törless
- 1979 – Die Blechtrommel
- 1996 – Der Unhold
- 1999 – Die Stille nach dem Schuß
- 2005 – Enigma – eine uneingestandene Liebe
Auszeichnungen
- 1966 – 3 mal Filmband in Gold (Bester Film, Beste Regie, Bestes Drehbuch) für Der junge Törless
- 1967 – Filmband in Silber für Mord und Totschlag
- 1971 – Filmband in Gold (Regie) für Der plötzliche Reichtum der armen Leute von Kombach
- 1977 – Filmband in Gold (Regie) für Fangschuß
- 1978 – Filmband in Gold (Filmkonzeption) für Deutschland im Herbst
- 1979 – Goldene Schale für Die Blechtrommel
- 1979 – "Oscar" für die Blechtrommel als bester ausländischer Film
- 1979 – Goldene Palme für Die Blechtrommel
- 1987 – Hessischer Kulturpreis
- 2000 – Fernsehpreis Goldene Kamera
- 1993 und 2000 DIVA-Award
- 17. Juli 2003 – Verleihung des Bayerischen Verdienstordens
- 2004 – Bernhard-Wicki-Filmpreis für der Der neunte Tag
- 14. Januar 2005 – Ehrenpreis des Bayerischen Filmpreises
- 2005 – Ehrenpreis für sein Lebenswerk auf dem 20. Festival Internacional de Cine de Mar del Plata. Sein Film Der neunte Tag war als deutscher Beitrag im Hauptwettbewerb vertreten.
- 2008 – Verdienstorden des Landes Brandenburg
- 2009 – Carl-Zuckmayer-Medaille (Video: [14])
- 2009 – Ehren-Jupiter für sein Lebenswerk
Einzelnachweise
- ↑ Regisseure von A bis Z (Auszüge), Dieter Krusche: Reclams Filmführer, 1996, S. 717-792 (Auszüge)
- ↑ „Volker Schlöndorff 70“, epd / Mainpost, 30. März 2009
- ↑ vgl. Chronik des deutschen Films 1977
- ↑ vgl. „Ich war ein Kofferträger“, Süddeutsche Zeitung, 8./9. September 2007, Interview mit Schlöndorff
- ↑ „Früherer SPD-Anhänger Schlöndorff unterstützt Merkel“, Der Spiegel, 3. September 2005, Nr. 36
- ↑ Martin Wolf: „Begnadigt wird nicht die Tat, sondern der Mensch“, Spiegel Online, 31. Januar 2007
- ↑ „Wer kritisiert, fliegt“, Spiegel Online, 23. Juli 2007
- ↑ Klaus Raab: „Debatte um Filmqualität. Kann Fernsehen Kino sein?“ die tageszeitung, 22. Dezember 2008, zum Streit über „Amphibenfilme“
- ↑ Volker Schlöndorff: „Vorhang auf, Vorhang runter. Die Artenvielfalt ist groß, aber es droht eine immer stärkere Vermischung: Für die Trennung von Film und TV.“ SZ, 12. Juli 2007
- ↑ „Es geht um Geld, viel Geld“, Süddeutsche Zeitung, 23. Juli 2007, Interview mit Schlöndorff
- ↑ a b „Es floss mir aus der Feder“, dpa / Potsdamer Neueste Nachrichten, 21. August 2008
- ↑ vgl. „Ich hatte zuviel Material“, Interview bei artechock.de, 8. Oktober 2008
- ↑ „Volker Schlöndorff mit der Carl-Zuckmayer-Medaille ausgezeichnet“, StaatsZeitung, 26. Januar 2009
- ↑ Video: Verleihung der Carl-Zuckmayer-Medaille an Volker Schlöndorff, Landesregierung von Rheinland-Pfalz, 21. Januar 2009, 3:15 Min.
Literatur
- Volker Schlöndorff: Licht, Schatten und Bewegung. Mein Leben und meine Filme. Hanser, München 2008, 472 S., zahlreiche Abbildungen, ISBN 978-3-446-23082-8, Autobiographie
- Thilo Wydra: Volker Schlöndorff und seine Filme. Heyne, München 1998, 320 S., ISBN 3-453-13228-9
Film-Dokumentationen
- Mein Leben - Volker Schlöndorff. Dokumentation, Deutschland 2007, 43 Min., Regie: Frank Eggers, Produktion: FTS Media, ZDF, arte, Erstsendung: 11. Mai 2008, Inhaltsangabe
- Gero von Boehm begegnet Volker Schlöndorff. Gespräch, Deutschland, 2008, 45 Min., Produktion: Interscience, 3sat, Erstsendung: 2. Februar 2009, Inhaltsangabe von 3sat
Weblinks
- Literatur von und über Volker Schlöndorff im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Volker Schlöndorff in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database
- Schlöndorff bei filmportal.de mit ausführlicher Biographie
- Filmographie, European Graduate School (englisch)
- Sammlung Volker Schlöndorff im Deutschen Filmmuseum
- „Wenders kam mit dem Reisebus“, Tagesspiegel, 11. Mai 2007, Schlöndorff über Cannes
- „Der Marathon-Mann“, Neue Zürcher Zeitung, 31. März 2009
- Interviews, Gespräche
- Volker Schlöndorff im Gespräch mit Peter W. Jansen
- „Ich war ein Kofferträger“, Süddeutsche Zeitung, 10. September 2007
- „Vom Temperament her will ich immer eingreifen“, planet-interview.de, 11. Dezember 2007 (mit Video)
- „Ich halte mich selbst nach wie vor nicht für einen der Großen“, ZDF-aspekte, 15. August 2008, (mit Videos)
- Interview auf cine-fils.com (mit Video)
- Volker Schlöndorff. Regisseur, Bayern 2, 6. Oktober 2008, mp3-Datei
- „Volker Schlöndorff, Regisseur, zum 70.“, WDR 5, 29. März 2009, mit Audio-Datei, 25 Min.
Personendaten NAME Schlöndorff, Volker KURZBESCHREIBUNG deutscher Filmregisseur und Produzent GEBURTSDATUM 31. März 1939 GEBURTSORT Wiesbaden, Deutschland
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