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Mit dem Begriff Geschlechtsverkehr (Geschlechtsakt, Koitus, Kopulation, Kohabitation, Beischlaf) bezeichnete man ursprünglich die gemischtgeschlechtliche sexuelle Vereinigung, bei der die Frau den erigierten Penis des Mannes in ihrer Scheide aufnimmt (Vaginalverkehr). Seit Mitte des 20. Jahrhunderts wird der Begriff auch für die Penetration oder intensive Stimulation der Geschlechtsorgane bei gleichgeschlechtlichen sexuellen Kontakten verwendet. Vorher wurden gleichgeschlechtliche Kontakte – auch in der medizinisch-naturwissenschaftlichen Terminologie – als „Unzucht“ bezeichnet.
Inhaltsverzeichnis
Allgemeines
Der Geschlechtsverkehr ist ein natürlicher Bestandteil des menschlichen Zusammenlebens.
Ausgeführt wird der Geschlechtsverkehr mittels der Geschlechtsorgane. Beim heterosexuellen Geschlechtsverkehr wird darunter in der Regel ein Vor- und Zurückbewegen des Penis in der Vagina verstanden. Durch diese Gleitbewegung werden Frau und Mann sexuell stimuliert. Es kann zum Orgasmus (Erregungshöhepunkt) kommen, welcher beim Mann in der Regel mit einem Samenerguss einhergeht, der ab einem bestimmten Moment (dem so genannten point of no return) nicht mehr willentlich gesteuert (und somit eventuell verhindert) werden kann. Bei Frauen können körperliche Reaktionen wie rhythmische Kontraktionen des Beckenbodens den Orgasmus kennzeichnen. Unwillkürliche Bewegungen, Stöhnen oder Schreie (beider Geschlechter) sind nicht ungewöhnlich.
Bei Mann und Frau kann der Orgasmus auch durch direkte oder indirekte Stimulation der Klitoris oder der Vagina bzw. des Penis erreicht werden. Einige Autoren der Fachliteratur unterschieden zwischen vaginalen und klitoralen Orgasmen, in der modernen Sexualforschung wird diese Unterscheidung allerdings nicht mehr gemacht.
Der übliche (vaginale) Geschlechtsverkehr zwischen Mann und Frau mit Samenerguss des Mannes ist die Voraussetzung für eine natürliche Zeugung von Nachkommen. Er wird deshalb in allen Gesellschaften als normativer Akt des Sexuallebens zwischen Mann und Frau angesehen. Je nach moralischen Vorstellungen oder religiösem Glauben kann eventuell eine Ehe als Vorbedingung für den Geschlechtsverkehr angesehen werden. Neben der unterschiedlichen gesellschaftlichen Einordnung wird der Koitus sowohl vom Mann als auch von der Frau in der Regel als Teil des umfassenderen Sexuallebens verstanden, das daneben auch andere Formen körperlicher Zärtlichkeiten umfasst.
Sexuelle Handlungen ohne ein Eindringen des Penis sind Petting.
Geschlechtsverkehr wird oft Sex genannt, wobei dieser Begriff aber noch viele andere Bedeutungen hat und sich im weiteren Sinne auf alle zwischenmenschlichen Handlungen bezieht, die der sexuellen Befriedigung dienen. Der Umgang mit sexuell relevanten Begriffen und den mit ihnen verbundenen Praktiken und Ideen ist dank besserer Aufklärung in den letzten Jahrzehnten liberaler geworden. Auch aufgrund neuer Verhütungsmethoden und gewandelter Moralvorstellungen hat sich die Sexualität weit von einem bloßen Akt der Reproduktion entfernt und gleicht sie heute in einigen Kulturen eher einem Vergnügen mit starker sozialer Funktion.
Das biologische Ziel des Geschlechtsverkehrs ist die Fortpflanzung. Sie wird durch die Befruchtung erreicht, bei der sich im weiblichen Körper beim Menschen meist nur je eine männliche und weibliche Keimzelle (Spermium und Eizelle) vereinen und eine Zygote formen, aus der später ein Embryo entsteht. Diese eigentliche Befruchtung findet einige Zeit (bis einige Tage) nach dem Geschlechtsverkehr statt, Voraussetzung ist das Vorhandensein einer befruchtungsfähigen Eizelle und die erfolgreiche Wanderung der Spermien im Körper der Frau.
Der Geschlechtsverkehr bewirkt biologisch weiterhin Auslese, Vermischung, Fehlerkorrektur, Empfang und Weitergabe der Geninformation. Der Mensch ist die einzige Art, die ihn ihrer bewussten Willensentscheidung zu unterwerfen vermag.[1] Deshalb werden bei ihm triebgesteuerte Verhaltensweisen und Neigungen zum Teil als unethisch betrachtet. Die Vergewaltigung (gegen den Willen des Partners herbeigeführter Geschlechtsverkehr) ist in Deutschland und den meisten Ländern strafbar, in Schweden können Freier (Kunden von Prostituierten) bestraft werden.
Häufigkeit und Dauer
Die Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs (Koitushäufigkeit) beim Menschen hängt stark von der Stärke des individuellen Sexualtriebs und der Verfügbarkeit bzw. dem Sexualtrieb des Partners ab. Der Mensch verfügt über stimulierende Hormone, die, wie zum Beispiel das Testosteron, zu verstärktem Verlangen und Risikobereitschaft führen können. Selbstdisziplin erfordernde Aktivitäten wie zum Beispiel Sport und intensiv betriebene Hobbys können zu verringertem Sexualtrieb führen. Auch das Stresshormon Adrenalin kann den Abbau von Sexualhormonen bis hin zur Impotenz bewirken.
Die Toleranzbreite liegt zwischen mehrmals pro Tag und niemals (s. Zölibat). In der gesamten Breite kann sowohl Zufriedenheit als auch Unzufriedenheit vorliegen – es gibt somit keine Norm oder eine „gesunde“ Frequenz. Verschiedene Studien[2] sprechen von einer durchschnittlichen Häufigkeit von zwei- bis dreimal pro Woche in den meisten Liebesbeziehungen. Alle derartige Studien sind jedoch mit einer großen Unsicherheit behaftet, da sie nicht objektiv erhoben werden können.
Der erste Geschlechtsverkehr geschieht oft während der Pubertät. Eine Studie unter fünfzehnjährigen Jugendlichen aus 24 Ländern ergab, dass zwischen 14,1 % (Kroatien) und 37,6 % (England) der Befragten bereits Koitus praktiziert hatten.[3] Im Alter nimmt mit sinkendem Geschlechtstrieb auch die Koitushäufigkeit ab. Zwischen Männern und Frauen lässt sich ein Unterschied des Koituswunsches mit dem Alter feststellen: Der männliche Sexualtrieb ist im Jahrzehnt nach der Pubertät am höchsten, der weibliche oft im dritten und vierten Lebensjahrzehnt. Neuere Studien legen jedoch nahe, dass regelmäßiger und befriedigender Vollzug des Geschlechtsverkehrs bis ins hohe Alter möglich ist und ältere Studien zur Koitusfrequenz im hohen Alter hinterfragt werden müssen.
Die Dauer des Geschlechtsverkehrs kann von wenigen Sekunden (häufig bei unerfahrenen Paaren durch frühe Ejakulation) bis zu vielen Stunden reichen. Zwischen Penetration und Ejakulation vergehen durchschnittlich nur 5 bis 6 Minuten. Die (erste) Ejakulation muss aber nicht zwingend den Endpunkt des Geschlechtsverkehrs bedeuten.
In einer Studie der Universität Koblenz-Landau wurde im Jahr 2000 bekannt, dass 82 Prozent aller Katholiken und 81 aller Protestanten den Geschlechtsverkehr als wichtig ansehen.[4]
Störungen und Probleme
Störungen der männlichen und weiblichen Potenz haben vor allem psychologische Ursachen.[5] Grund, den Geschlechtsverkehr auszuüben, ist neben Lust und Freude oft auch ein Kinderwunsch; in diesem Falle wird manchmal ein eventuell fehlendes Verlangen – speziell zur Zeit des Eisprungs der Frau – bewusst überwunden.
Die Koituspartner empfinden dann den Geschlechtsakt zuweilen eher als Last denn als Lust. Liegt bei Kinderwunsch eine Unfruchtbarkeit vor, kann das Sexualverhalten durch die damit verbundenen Behandlungsmaßnahmen oder daraus resultierenden psychischen Probleme störend beeinflusst werden. Geschickte Einbettung des Geschlechtsverkehrs z. B. durch längeres Liegenbleiben der Frau kann eine Behandlung überflüssig machen.[6]
Organische Fehlbildungen (Abweichung des Penis von der geraden Linie) können den Geschlechtsakt verunmöglichen bzw. nur mit bestimmten Partnerinnen zulassen, sind aber, u.U. durch einen operativen Eingriff, korrigierbar.
Terminologie
Fachsprachliche Begriffe
Der Geschlechtsverkehr im engeren Sinne wird fachsprachlich auch als Beischlaf, Beiwohnung, Koitus (Coitus, Kohabitation) und Begattung bezeichnet. Die Bibel spricht oft vom Erkennen („Adam erkannte Eva, seine Frau; sie wurde schwanger (Gen 4,1 EU)“)
Juristische Terminologie
Im rechtlichen Rahmen ist in der Regel von Beischlaf oder Beiwohnung die Rede. Der Begriff Beischlaf wird vom deutschen Strafgesetzbuch im Tatbestand folgender Straftaten verwendet:
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- Beischlaf zwischen Verwandten
- schwerer sexueller Missbrauch von Kindern
- sexuelle Nötigung, Vergewaltigung
- sexueller Missbrauch widerstandsunfähiger Personen
Der Bundesgerichtshof definiert Beischlaf in ständiger Rechtsprechung als Eindringen des männlichen Gliedes in den Scheidenvorhof. Der Begriff ist im juristischen Sinne daher nicht identisch mit dem Geschlechtsverkehr.
Im Bürgerlichen Gesetzbuch ist von der Beiwohnung die Rede. Das deutsche bürgerliche Recht vermutet denjenigen als Vater eines Kindes, der der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt hat. Dazu ist es nach herkömmlicher Definition ausreichend, dass es zu einer Berührung der Geschlechtsorgane in einer Weise gekommen ist, die nach den Erfahrungen der Wissenschaft eine Zeugung möglich macht. Der Begriff ist daher ebenfalls nicht identisch mit Geschlechtsverkehr. Laut deutschem Gesetz ist Geschlechtsverkehr bzw. Beiwohnung unter bestimmten Voraussetzungen ab einem Alter von 14 Jahren erlaubt (näheres siehe Schutzalter).
In der deutschen Sprache
Hochdeutsch sagt man „sich vereinigen“ oder „vereinen“, umschreibend „geschlechtlichen Verkehr haben“. In der Umgangssprache heißt es „ficken“, das Wort ist aber durch abwertende andere Verwendungen belastet und gilt noch immer als sehr anstößig.
Der Begriff „vögeln“ stammt vom mittelhochdeutschen Wort vogelen ab, was „Vögel fangen“ beziehungsweise „Begatten von Vögeln“ bedeutet. Im Mittelalter war es für Frauen eines höheren sozialen Ranges Mode, einen Vogel als Haustier zu halten. Sie stellten ihn im Vogelkäfig ans Fenster, um einem Liebhaber zu zeigen, dass die Luft rein war – zum Vögeln. Seit Ende der 1990er-Jahre erlebt der aus dem Kölner Dialekt stammende Begriff „poppen“ einen Aufschwung. Er hat vielfach den seit den 1960er-Jahren gebräuchlichen Begriff „bumsen“ abgelöst, der wiederum an die Stelle des „rumsen“ der 1930er-Jahre getreten war. Die letztgenannten Begriffe werden nicht als so abwertend wie „ficken“ angesehen.
Bei Begriffen mit Umschreibung haben sich seit Beginn des 20. Jahrhunderts die als nicht anstößig geltenden umgangssprachlichen Phrasen „miteinander ins Bett gehen“, „miteinander schlafen“ usw. eingebürgert. Weniger gebräuchlich ist der aus dem Englischen („to make love“) beziehungsweise Französischen („faire l'amour“) übersetzte Ausdruck „Liebe machen“. Im Englischen ist „to make love“ die am häufigsten verwendete nicht anstößige umgangssprachliche Phrase, um den Geschlechtsakt zu umschreiben.
Siehe auch
- Sex
- Sexueller Reaktionszyklus
- Sexualhygiene
- Sexualpraktik
- Coitus interruptus
- Hypogonadismus
- Theodoor Hendrik van de Velde
- Alfred Charles Kinsey
Literatur
- Wilhelm Reich: Triebbegriffe von Forel bis Jung, Der Koitus und die Geschlechter. Zeitschrift für Sexualwissenschaft, 1921.
- K. Herold: Trotz Kinderwunsch seltener Verkehr. Sexualmedizin 19, 1990, S. 680–684
- Desmond Morris: Der nackte Affe. 1968, Kapitel 2
- Eric Berne: Spielarten und Spielregeln der Liebe. 22. Auflage. Reinbek (Rowohlt), 2005
Einzelnachweise
- ↑ Hans Giese (Hrsg.): Die Sexualität des Menschen. Handbuch der medizinischen Sexualforschung. 2 Bde., Stuttgart (Enke), 2. Auflage 1968-1971
- ↑ z. B. die Durex-Studie
- ↑ Godeau et al: Contraceptive Use by 15-Year-Old Students at Their Last Sexual Intercourse: Results From 24 Countries. Januar 2008, Zugriff am 5. Februar 2008
- ↑ Konfessionslose haben mehr Lust auf Sex, gefunden am 10. November 2008
- ↑ Max Marcuse (Hrsg.): Handwörterbuch der Sexualwissenschaft. Enzyklopädie der natur- und kulturwissenschaftlichen Sexualkunde des Menschen. Verlag Walter de Gruyter, Berlin u. New York 2001, ISBN/EAN 3110170388 (um eine Einleitung von Robert Jütte ergänzter Nachdruck der 1926 im A. Marcus & E. Webers Verlag, Bonn, erschienenen 2., stark vermehrten Auflage)
- ↑ Giese a.a.O.
Weblinks
- The International Encyclopedia of Sexuality (ed. R.T.Francoeur)
- Strafrechtliche Definition des Begriffes Beischlaf in BGH-Urteil vom 25. Oktober 2000
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