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Ostjerusalem ist aus israelischer Sicht der östliche Stadtteil des vereinigten Jerusalem einschließlich der Teile des Westjordanlandes, die von Israel zum Jerusalemer Stadtgebiet erklärt wurden. Aus palästinensischer Sicht ist Ostjersusalem nur der östliche Stadtteil Jerusalems, der 1967 von Israel erobert wurde. Die 1980 durch das Jerusalemgesetz erfolgte Annexion des im Sechs-Tage-Kriegs 1967 okkupierten Gebiet wird von der internationalen Staatengemeinschaft nicht anerkannt. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verurteilte in der Resolution 478 einmütig die Annexion (die USA enthielten sich der Stimme), erklärte das Gesetz für null und nichtig und als völkerrechtswidrig. Aus palästinensischer Sicht unter dem traditionellen arabischen Namen für Jerusalem al-Quds (القدس al-Quds bzw. القدس الشريف al-Quds asch-scharīf; wörtlich „die heilige [Stadt]“ oder „die ehrenwerte [Stadt]“) gilt es als die Hauptstadt der Palästinensergebiete. Oft wird es von Palästinensern auch einfach nur als al-Quds al-muhtalla („besetztes Jerusalem“) bezeichnet.
Inhaltsverzeichnis
Geographie
Als Ostjerusalem wird der Teil von Jerusalem bezeichnet, der seit dem Palästinakrieg 1948 von Jordanien besetzt war, bis er im Sechstagekrieg nach einem Angriff Jordaniens auf Westjerusalem 1967 von Israel erobert wurde. Ostjerusalem umfasst die Altstadt von Jerusalem und die östlich anschließenden Bezirke einschließlich des durch die Bibel zu Berühmtheit gekommenen Ölbergs. In Ostjerusalem liegen einige der heiligsten Stätten von Judentum, Christentum und Islam, darunter die Klagemauer (die Westmauer des Tempels), der Tempelberg mit dem Felsendom und der al-Aqsa-Moschee, und die Grabeskirche.
Politik
Der Status Ostjerusalems ist weiterhin kontrovers. Israel beansprucht ganz Jerusalem einschließlich der östlichen Stadtteile als seine Hauptstadt (offiziell annektiert durch Knesset-Beschluss) und unterstreicht diesen Anspruch durch den fortwährenden Siedlungsbau für Israelis in der vor 1967 vorwiegend arabisch bewohnten Stadt. Arabischen Palästinensern wird der Wohnungsbau in der Stadt praktisch unmöglich gemacht. Zudem schneidet die von Israel erbaute acht Meter hohe Israelische Sperranlage, die in Jerusalem auch die Form einer Mauer hat, das Westjordanland zunehmend vom arabischen Teil Jerusalems ab.
Die Palästinenserbehörde beansprucht in Verhandlungen meist nur den Ostteil der von ihr al-Quds genannten Stadt als Hauptstadt. In den Chartas von Hamas[1] und Fatah findet sich diese Differenzierung jedoch nicht. Auch die als gemäßigt geltende Fatah fordert dort die „Ausrottung jeder ökonomischen und politischen zionistischen Existenz“ und „einen souveränen Staat auf dem Boden ganz Palästinas, mit Jerusalem als Hauptstadt.“ (Artikel 12 und 13).[2] Ausgedrückt wird dieser Anspruch durch die Existenz eines eigenen Ministers für Jerusalem-Fragen. Jahrelang war Faisal Husseini in seinem Orienthaus der Vertreter der PLO und quasi heimlicher Bürgermeister Ostjerusalems. Nach dessen Tod 2001 wurde das Orienthaus von den Israelis geschlossen und Sari Nusseibeh übernahm für einige Jahre diesen Posten.
In großen Teilen der arabisch-muslimischen Welt gilt der derzeitige Status Jerusalems - auch auf die bewegte Geschichte der Stadt bezogen - als Prestigeverlust. Besonders Syrien und der Iran nutzen die Belange Jerusalems für ihre kontroverse Außenpolitik. So werden in regelmäßigen Abständen Kundgebungen und Gedenktage abgehalten, die an „das Ziel erinnern, Jerusalem zu befreien“.[3] Der Anführer der schiitischen Hisbollah, Hassan Nasrallah, bezeichnete Jerusalem als „das große Ziel und die große Schlacht unserer Zeit.“
Die arabisch-palästinensischen Einwohner haben den Status von „Ständigen Einwohnern“, der es ihnen erlaubt, sich innerhalb Israels zu bewegen. Sie sind damit auch sozialversichert. Dieser Status kann ihnen entzogen werden, wenn sie sich mehrere Jahre außerhalb von Jerusalem aufhalten. Ein Besuch in drei Jahren reicht aus, um den Status behalten zu dürfen.[4] Viele haben ihr Wohnrecht allerdings verwirkt, weil sie diese Frist z.B. während eines Auslandsstudiums versäumt haben. Sie sind berechtigt, die israelische Staatsangehörigkeit zu beantragen. Dennoch bevorzugen es viele (arabische) Palästinenser, jordanische Pässe zu besitzen. Israelische Staatsbürger zu werden, käme für die meisten dieser Palästinenser einer Aufgabe Ostjerusalems gleich.
Diese Bewohner ohne Staatsbürgerschaft dürfen nicht an israelischen Wahlen teilnehmen, nur an der Wahl zum Jerusalemer Gemeinderat. Sehr viele boykottieren aber auch diese. Gemäß Oslo-Abkommen dürfen sie sich jedoch an palästinensischen Wahlen beteiligen, müssen ihre Stimme aber in Postämtern abgeben, damit Israel dies als Briefwahl von „im Ausland lebenden Palästinensern“ bezeichnen kann. Bei den letzten Parlamentswahlen im Januar 2006 verbot Israel die Kandidaten der Hamas und behinderte den Wahlkampf der anderen.
Eine Familienzusammenführung existiert nicht für (nicht-israelische) Palästinenser in Ostjerusalem und in den restlichen palästinensischen Gebieten. Besucher und Ehegatten aus diesen Gebieten müssen beim israelischen Innenministerium um Erlaubnis ersuchen. Seit der Zweiten Intifada werden solche Genehmigungen kaum mehr ausgestellt, vor allem seitdem auch Einwohner von Ostjerusalem Attentate verübt haben. Diese Palästinenser beklagen sich häufig über Ablehnungen dieser Gesuche, während israelische Palästinenser ihr Verhalten gegenüber den nicht-israelischen Palästinensern als fair bezeichnen. Diese Verfahren wurden bereits oft von Menschenrechtsorganisationen kritisiert. Um den Status als Ostjerusalemer nicht zu verlieren, bleiben viele in der Stadt gemeldet, obwohl sie nach der Heirat mit einem palästinensischem Partner in dessen Heimatstadt leben, auch die Kinder werden, wenn möglich, in einem Jerusalemer Spital zur Welt gebracht und in Jerusalem angemeldet.
Vielfach existiert der Vorschlag, ganz Jerusalem zu einer internationalen Stadt zu machen (wird auch vom Papst befürwortet) bzw. eine gemeinsame Verwaltung einzurichten. Die (nicht-israelischen) Palästinenser haben in diesem Zusammenhang eine „offene Stadt“ vorgeschlagen. Andere Vorschläge gehen dahin, dass Westjerusalem inklusive der Klagemauer israelisch bleibt, während Ostjerusalem inklusive des Felsendomes und der al-Aqsa-Moschee palästinensisch wird. Israel lehnt jedoch jede Teilung Jerusalems ab.
Siehe auch
Weblinks
- Dominique Vidal, Philippe Rekacewicz: Die demografische Bereinigung Jerusalems. In: http://www.monde-diplomatique.de. Le Monde diplomatique, 9. Februar 2007, S. 1. Abgerufen am 15. März 2009. (Deutsch)
- Wortlaut der Resolution der UN-Generalversammlung zu „illegalen israelische Maßnahmen im besetzten Ost-Jerusalem und in dem übrigen besetzten palästinensischen Gebiet[en]“
Quellen
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