Schulwald-Tunnel

Schulwald-Tunnel
ICE 3 bei der Einfahrt in das Nordportal des Tunnels bei Wiesbaden-Auringen

Der Schulwaldtunnel ist einer von 30 Eisenbahn-Tunneln der Schnellfahrstrecke Köln–Rhein/Main. Mit einer Länge von 4500 Metern der längste Tunnel der Strecke und gleichzeitig deren größtes Einzelbauwerk. Die Röhre nimmt zwei Gleise in Fester Fahrbahn auf, die planmäßig mit 300 km/h befahren werden können.

Inhaltsverzeichnis

Verlauf

Der Tunnel verläuft östlich von Medenbach, einem Ortsteil der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden. In Nord-Süd-Richtung steigt er stark an. Das Nordportal (50° 7′ 54″ N, 8° 20′ 9″ O50.1316666666678.33583333333337Koordinaten: 50° 7′ 54″ N, 8° 20′ 9″ O) liegt bei Wiesbaden-Auringen (Streckenkilometer 145,4), das Südportal (50° 5´ 38" N, 8° 21´ 24" ENN) beim Streckenkilometer 150,0. Die Gradiente der Röhre steigt durchweg Richtung Norden hin an: Im südlichen Bereich mit 4, im mittleren mit 8,8 sowie im nördlichen mit 38,5 Promille.[1]

Im Bereich des Nordportals unterfährt die Röhre die Landesstraße 3028, etwa 500 m südlich des Nordportals die Bundesautobahn 3. Im südlichen Bereich wird die Landesstraße 3018 unterfahren.[1]

Die größte Überdeckung liegt bei 61 Metern, die Nettoquerschnittsfläche bei 92 m², die Ausbruchsquerschnittsfläche zwischen 143 und 160 m². Insgesamt fielen rund 0,7 Mio. m³ Ausbruchsmassen an.

Fünf Notausgänge führen aus der Röhre[2] und münden in drei, bis Mai 2000 errichtete, Notausgangsschächte von Tiefen zwischen 30 und 45 Metern.[1]

Der Tunnel liegt zwischen den Bau-Km 146,110 und 150,610 der Strecke.[3]

Geologie

Die Röhre liegt am südöstlichen Rand des Rheinischen Schiefergebirges, unter dem Südabhang des Taunus, in einer tektonischen Übergangszone mit heterogenen Gesteinsstrukturen von wenig festen bis sehr harten Tonschiefern, die zumeist als graphitische Phyllite vorliegen. Der Phyllit galt, mit äußerst glatten und wasserempfindlichen Trennflächen, im Vergleich zu den übrigen Schiefergesteinen der Strecke, als wesentlich schwieriger beherrschbar.[1][3]

Geschichte

Planung

Der Tunnel war in der ursprünglichen Planung nicht vorgesehen und geht auf örtliche Forderungen zurück.[4]

Bau

Im September 1997 wurde mit dem Vortrieb begonnen. Der Durchschlag im Norden fand im Juli, im Süden am 17. Dezember 1999 statt. Die letzte Schiene der Strecke wurde am 10. Juli 2001 im Schulwaldtunnel verlegt.[5][6] Die späte Fertigstellung des Tunnels gilt als ein Grund für die verspätete Fertigstellung des Neubaustrecken-Projekts.[7] Die Baukosten lagen bei rund 194 Mio. Euro bzw. rund 43.000 Euro pro Meter.[8]

Der Tunnel wurde auf einer Länge von 4320 m in bergmännischer Bauweise erstellt. Der Vortrieb begann Ende 1997 von Norden unter einem auf Großbohrpfählen aufliegenden, 80 m langen Deckel. Für diesen Vortrieb wurde die Landesstraße 3028 verlegt. Im Bereich des Südportals wurde eine offene Baugrube angelegt. Von dort wurden 100 m in offener Bauweise erstellt und anschließend ebenfalls ein bergmännischer Vortrieb gefahren. Zusätzlich wurde der Tunnel ab Anfang 1998 von einem Zwischenangriff im Bereich der Pfingstwiese[9], etwa von der Mitte des zukünftigen Tunnels (Bau-Km 148,250), in beide Richtungen bergmännisch vorgetrieben. Die über die Anschlussstelle Wiesbaden/Niedernhausen an der Pfingstwiese liegende Baustelle dient heute als Notausstieg 3; die Versorgungsrampe der ehemaligen Baustelle wird dabei als Zugang zum Notausstieg genutzt.[1] Der Zwischenangriff war aufgrund der in diesem Bereich herrschenden Überdeckung von nur 18 m verhältnismäßig einfach zu realisieren. Die nördlichen rund 80 Tunnelmeter wurden aufgrund geringer Überdeckung mit einer Deckelbauweise errichtet.[9]

Aufgrund der sehr heterogenen geologischen Verhältnisse und des bis zu 60 Meter über der Tunnelsohle stehenden Grundwassers wurde ein modifiziertes Firststollenverfahren angewendet. Dabei wurde in einem ersten Schritt ein Stollen mit einem Ausbruchsquerschnitt von rund 30 m² erstellt, stellenweise mit weiterer Unterteilung, Vorerkundung oder Entwässerung. Dieser erste Stollen konnte von Tunnelgroßgeräten befahren werden. Angesichts der sehr ungünstigen Gebirgsverhältnisse wurde die Spritzbetondecke und die Bewehrung der Außenschale verstärkt und weitere Maßnahmen ergriffen.[1]

Um die Phyllitschichten zu beherrschen, wurden bis zu 30 m lange Drainagebohrungen von der Ortsbrunst aus zur Grundwasserabsenkung gebohrt.[3] Nachdem diese Maßnahmen nicht zum Erfolg führten, wurde während der Bauphase eine geschlossene Wasserhaltung aus insgesamt 94 Bohrbrunnen von bis zu 80 Metern Tiefe errichtet und betrieben. Neben weiteren Maßnahmen wurde das gesamte Tunnelgewölbe mit 40 bis 80 mm starken Folienabdichtungen versehen und die Innenschale in WU-Beton ausgeführt.[1]

Betrieb

In der Nacht vom 6. auf 7. Oktober 2006 fand im Schulwaldtunnel die Rettungsübung statt, die alle drei Jahre an der Neubaustrecke durchgeführt werden muss.[10]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g Ludwig Martin: Das längste Einzelbauwerk der Neubaustrecke. In: DB ProjektBau GmbH, Frankfurt (Hrsg.): Neubaustrecke Köln–Rhein/Main. Brücken und Tunnel. Ohne ISBN, S. 92–97
  2. Im Tunnel darf die Notbremse nicht funktionieren in Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 5. März 2001
  3. a b c Tunnelbauwerke - Ausschreibung, Vergabe und Technik. In: ICE Neubaustrecke Köln–Rhein/Main. Hestra-Verlag, Darmstadt 2002, ISBN 3-7771-0303-9, S. 48–57
  4. Ohne Autor: Das Planungsstadium. In: Eisenbahn JOURNAL: Tempo 300 − Die Neubaustrecke Köln–Frankfurt. In: Eisenbahn Journal, Sonderausgabe 3/2002, ISBN 3-89610-095-5, S. 12–17
  5. Ein Jahrzehnt für 58 Minuten in Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 12. Juli 2001
  6. Ohne Autor: Zeittafel − Chronologie einer Strecke. In: Eisenbahn Journal, Sonderausgabe 3/2002, ISBN 3-89610-095-5, S. 86 f.
  7. Meldung Neubaustrecke Köln−Rhein/Main geht 2002 in Betrieb. In: Eisenbahntechnische Rundschau. 48, Nr. 3, 1999, S. 97
  8. http://www.intergeo.at/data/referenzen.php?id=9&&language= und http://www.bahnhof-starnberg.de/Projekt_2008/Finanzierung/ubliche_Tunnelbaukosten/ubliche_tunnelbaukosten.html
  9. a b DBProjekt GmbH Köln–Rhein/Main, Projektleitung (Hrsg.): Neubaustrecke Köln–Rhein/Main: Bauabschnitt Mitte Los C: Hünfelden–Eddersheim/Nordenstadt, Broschüre (16 Seiten), Frankfurt am Main, September 1998, S. 4
  10. "Es ist das gerade noch Beherrschbare". In: Wiesbadener Kurier, 9. Oktober 2006

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