Schwiegertochter

Schwiegertochter

Was Schwägerschaft bedeutet und beinhaltet, wird von Jurisprudenz und Allgemeinheit unterschiedlich beantwortet.

Gemäß § 1590 Abs. 1 Satz 1 BGB sind „die Verwandten eines Ehegatten ... mit dem anderen Ehegatten verschwägert“. Und die gesetzliche Fiktion des § 11 Abs. 2 Satz 1 LPartG lautet: Die Verwandten eines Lebenspartners gelten als mit dem anderen Lebenspartner verschwägert.

Der allgemeine Sprachgebrauch ist teils weiter, teils enger. Danach ist eine Person sowohl erstens mit den Geschwistern des Ehegatten bzw. Lebenspartners als auch zweitens mit den Ehegatten bzw. Lebenspartnern der Geschwister verschwägert. Diese Erklärung ist weiter, da sich die genannte zweite Sichtweise nicht im Gesetz findet (allerdings mittelbar aus der Legaldefinition folgt), und enger, da nicht alle Verwandten des Partners einbezogen werden, sondern lediglich dessen Geschwister (bezeichnend sind insoweit die englischen Begriffe brother-in-law und sister-in-law). Auch geht der allgemein tradierte Sprachgebrauch in aller Regel vom Vorhandensein einer ehelichen Beziehung, nicht von einer Lebenspartnerschaft aus, was sich aber mit den Jahren ändern mag.

Die mit einer Person Verschwägerten heißen Schwager oder Schwägerin (Pl. Schwäger, Schwägerinnen). Keine Schwägerschaft im Rechtssinne besteht zu den Schwägern des Ehegatten bzw. Lebenspartners (vgl. dazu den Begriff Schwippschwager).

Inhaltsverzeichnis

Beispiele

Unser erstes Beispiel ist eine Konstellation, in welcher sowohl die Rechtswissenschaft als auch die Allgemeinheit von einer Schwägerschaft ausgeht. Anton und Bernd sind Brüder. Anton heiratet Claudia, und Bernd ist mit Dora verheiratet. Doras Schwager ist dann Anton; Claudias Schwager ist Bernd. Folglich sind Anton und Dora sowie Bernd und Claudia verschwägert, woraus mittelbar folgt, dass (auch im Rechtssinne) Dora als Schwägerin von Anton bezeichnet wird und Claudia Schwägerin von Bernd ist. Nur Claudia und Dora sind nicht miteinander verschwägert, sie sind vielmehr Schwippschwägerinnen.

Beispiel zur Reichweite der Schwägerschaft

Das deutsche Recht erweitert die Schwägerschaft auf alle Verwandten des Partners. Ausgehend von diesem Beispiel heißt das, dass Schwäger und Schwägerinnen von Anton beispielsweise auch die Enkelinnen, Söhne, Eltern und sonstigen Ahnen von Claudia sind. Wer per Gesetz zur Verwandtschaft zählt, ergibt sich dabei aus § 1589 BGB.

Das zweite Beispiel verdeutlich darüber hinaus, wer bei gegebener Lebenspartnerschaft (dazu § 1 LPartG) zu den Schwägern zählt, denn es ist - je nach Definition -

  1. ein Schwager
  2. eine Schwägerin

Daraus folgt:

Darstellung der Schwägerschaft bei Ehe.
Das Original ist 510×372px groß.

Für Fälle einer Ehe

Heidi hat zwei Brüder, nämlich Michael und Markus, sowie eine Schwester Susi. Heidi heiratet nun Jochen, der einen Bruder namens Bastian hat.

Also gilt

  1. Schwager
    • Erster Unterfall: Der Schwager von Susi, Markus und Michael heißt Jochen.
    • Zweiter Unterfall: Heidis Schwager heißt Bastian; die beiden Schwäger von Jochen heißen Michael und Markus.
  2. Schwägerin
    • Erster Unterfall: Bastians Schwägerin heißt Heidi.
    • Zweiter Unterfall: Jochens Schwägerin heißt Susi.

Für Fälle einer Lebenspartnerschaft

Darstellung der Schwägerschaft bei eingetragenen Lebenspartnern. Originalgröße: 510×250px.

Nichts anderes gilt bei eingetragenen Lebenspartnerschaften. In unserem Bsp. geht Hella S. eine rechtsgültige Lebenspartnerschaft mit Cornelia S. ein. Cornelia hat eine Schwester S., Hella einen Bruder Harald S., welcher seinerseits mit Herbert F. in Lebenspartnerschaft lebt.

Dann gilt

  1. Schwager
    • Erster Unterfall: Hellas Schwager heißt Herbert.
    • Zweiter Unterfall: Cornelias Schwager heißt Harald.
  2. Schwägerin
    • Erster Unterfall: Die Schwägerin von Schwester S. heißt Hella, Haralds Schwägerin hingegen Cornelia S.
    • Zweiter Unterfall: Hellas Schwägerin heißt Schwester S., Herberts Schwägerin Hella.

Bezeichnungen und Grade

Die geläufigsten Bezeichnungen für bestimmte verschwägerte Personen sind:

  • Schwiegereltern: Schwiegervater, Schwiegermutter (die Eltern des Ehegatten bzw. des eingetragenen Lebenspartners), früher: Schwäher für den Schwiegervater und Schwäherin oder auch Schwieger (!) für die Schwiegermutter.
  • Schwiegerkinder: Schwiegertochter (früher: Schnur, Söhnerin), Schwiegersohn (früher: Eidam), Ehe- bzw. eingetragener Lebenspartner des eigenen Kindes
  • Schwager / Schwägerin: siehe oben
  • Stiefeltern: Stiefmutter, Stiefvater
  • Stiefkinder: Stieftochter, Stiefsohn
  • Gegenschwieger(eltern): Die Schwiegereltern des eigenen Kindes, bzw. die Eltern des Schwiegerkindes.
  • Schwippschwager/Schwippschwägerin: Wie oben (Geschwister und Gatten von Schwägern); im weiteren Sinne aber auch für Geschwister, Onkel und Tanten des Schwiegerkindes, bzw. Onkel und Tanten des Gatten. Gelegentlich auch für die Gegenschwiegereltern
  • Die Kinder der Schwäger werden als Neffe und Nichte bezeichnet.
  • Schwiegeronkel/-tanten sind Onkel und Tanten des Gatten.

Linie und der Grad der Schwägerschaft richten sich nach Linie und Grad der Verwandtschaft.[1] Eine gerade Linie liegt bei Abstammung einer Person von einer anderen vor[2], die Seitenlinie, wenn zwei Personen nur von einer gemeinsamen dritten Person abstammen[3].

Fasst man dies mit der Regel des § 1589 Satz 3 BGB zusammen, so ergibt sich, dass der Grad der Schwägerschaft nach der Zahl der sie vermittelnden Geburten bestimmt wird. Vater und Sohn sind in erstem Grade und in gerader Linie verwandt. Wenn die Ehefrau des Vaters nicht die Mutter des Sohnes ist, und diesen auch nicht adoptiert hat, dann ist der Sohn mit der Ehefrau im ersten Grade und in gerader Linie mit der Ehefrau verschwägert.

Die folgende Grafik zeigt die Schwägerschaft anhand der Familie der schwarz dargestellten Ehefrau:

Schematische Darstellung der Schwägerschaft nach Grad und Linie

Rechtslage und Rechtsfolgen

Deutschland

Legaldefinitionen der Schwägerschaft und darauf aufbauende Rechtsregeln finden sich in verschiedenen nationalen Gesetzen:

§ 1590 BGB

(1) Die Verwandten eines Ehegatten sind mit dem anderen Ehegatten verschwägert. Die Linie und der Grad der Schwägerschaft bestimmen sich nach der Linie und dem Grad der sie vermittelnden Verwandtschaft.
(2) Die Schwägerschaft dauert fort, auch wenn die Ehe, durch die sie begründet wurde, aufgelöst ist.

§ 11 LPartG

(1) Ein Lebenspartner gilt als Familienangehöriger des anderen Lebenspartners, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist.
(2) Die Verwandten eines Lebenspartners gelten als mit dem anderen Lebenspartner verschwägert. Die Linie und der Grad der Schwägerschaft bestimmen sich nach der Linie und dem Grad der sie vermittelnden Verwandtschaft. Die Schwägerschaft dauert fort, auch wenn die Lebenspartnerschaft, die sie begründet hat, aufgelöst wurde.

Hervorzuheben ist dabei, dass gemäß § 1590 Abs. 2 BGB bzw. § 11 Abs. 2 LPartG also die einmal begründete Schwägerschaft nicht durch die Auflösung oder Scheidung der sie begründenden Ehe bzw. Lebenspartnerschaft endet.

Die mit einem Angeklagten bzw. einer Prozesspartei entweder in gerader Linie oder aber in der Seitenlinie bis zum 2. Grad Verschwägerten sind gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO und § 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zur Verweigerung des Zeugnisses befugt. Aus der Schwägerschaft entstehen also gewisse Rechte; man kann bezüglich eines Schwagers vor Gericht nicht nur das Zeugnis verweigern, sondern z.B. auch "voreingenommene Person" im Sinne des § 16 Abs. 2 Vergabeverordnung (VgV) sein.

Bloß umgangssprachlich gibt es auch den derben Ausdruck "Lochschwager" dafür, dass zwei Männer Geschlechtsverkehr mit derselben Frau gehabt haben.

Schweiz

Artikel 21 ZGB

1) Wer mit einer Person verwandt ist, ist mit deren Ehegatten[, deren eingetragener Partnerin oder deren eingetragenem Partner] in der gleichen Linie und im gleichen Grad verschwägert.
2) Die Schwägerschaft wird durch die Auflösung der Ehe [oder der eingetragenen Partnerschaft], die sie begründet hat, nicht aufgehoben.
(In [] = Fassung nach dem PartG, welches am 1. Januar 2007 in Kraft trat.)

Österreich

§ 40 ABGB

Unter Familie werden die Stammeltern mit allen ihren Nachkommen verstanden. Die Verbindung zwischen diesen Personen wird Verwandtschaft; die Verbindung aber, welche zwischen einem Ehegatten und den Verwandten des andern Ehegatten entsteht, Schwägerschaft genannt.

Schwägerschaft in der Ethnologie und Soziologie

In der Ethnologie wird Verschwägerung anhand der zahlreichen, oft komplizierten Exogamie-Regelungen von Clans untersucht.

Soziologisch gesehen war „Verschwägerung“ in der Oberschicht (besonders im Adel) ein bedeutender Mechanismus zu einem wirtschaftlichen/politischen Bündnis zweier Sippen. Bei einer weit verzweigten Verwandtschaft und Schwägerschaft konnten gerade auch die Zeugnisverweigerungsrechte (siehe oben) von besonderer Relevanz sein.

Dass insbesondere die Schwiegermutter im Volksmund so oft als eine Böse Sieben beschrieben oder bewitzelt wird, wird in der Familiensoziologie untersucht. Claude Lévi-Strauss geht z. B. davon aus, dass es strukturell in allen Kernfamilien dauerhaft nur entweder intime (vertrauliche, warme) oder distanzierte (formelle, respektvoll-kühle) Beziehungen geben kann, und dass in diesem „Verwandtschaftsmolekül“ kein Akteur damit inkompatible Beziehungen aufrecht erhalten kann.[4] Nun gilt in Europa sowohl für das herkömmliche adelige Familienmodell (Ehepaare stehen zueinander distanziert, intim aber mit ihren gegengeschlechtlichen Kindern) als auch für das hergebracht bürgerliche (Eltern sind unbedingt, auch gegen ihre Kinder, intim verbündet, diese stehen zu beiden entsprechend distanziert, intim dafür mit Geschwistern und Großeltern), dass eine hinzu tretende Schwiegertochter zur Schwiegermutter nur distanziert stehen kann: Denn im Adel wäre diese die intime Verbündete ihres formal distanzierten Ehemannes, im Bürgertum die distanzierte Mutter ihres intim-nahen Gatten. Das ist für ein allgemeines Vorurteil hinreichend.

Weblinks

Literatur

  • Claude Lévi-Strauss: Die elementaren Strukturen der Verwandtschaft, 1981.
  • Ruth Gall: Problemfall Schwiegermutter - Zusammen mit dem Partner aus der Krise. Goldmann, München 1999, ISBN 3-442-15009-4.

Einzelnachweise

  1. § 1590 Abs. 1 Satz 2 BGB
  2. § 1589 Satz 1 BGB
  3. § 1589 Satz 2 BGB
  4. Claude Lévi-Strauss, Les structures élémentaires de la parenté, 1949

Siehe auch

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