B Chromosomen

B Chromosomen

B-Chromosomen sind Chromosomen, die in manchen Arten zusätzlich zum normalen Karyotyp auftreten. Sie kommen in diesen Arten per Definition nur bei einigen Individuen vor, oft begrenzt auf bestimmte Populationen und in unterschiedlicher Anzahl. In manchen Fällen kommen sie nicht in allen Geweben vor.

Durch irreguläres Verhalten während der Mitose und der Meiose gelingt es Ihnen, sich eigennützig in der Keimbahn anzureichern, so dass eine nicht-mendelnde Vererbung stattfindet, bei der die für Chromosomen sonst übliche Weitergaberate von 50% überschritten wird. Welche Mechanismen hierfür verantwortlich sind ist erst in wenigen Fällen geklärt (siehe [1] für eine Übersicht über derartige Mechanismen). Im Gegensatz zu Markerchromosomen, die keine Anreicherungsmechanismen haben, kommen B-Chromosomen beim Menschen nicht vor.

B-Chromosomen werden den parasitären oder auch egoistischen genetischen Elementen zugeordnet, zu denen auch Transposons gehören. Zur einfachen Unterscheidung werden die normalen Chromosomen im direkten Vergleich als A-Chromosomen bezeichnet. B-Chromosomen entstanden in vielen Fällen vermutlich aus A-Chromosomen bzw. Teilen davon. Sie wurden erstmals 1907 von E.B. Wilson in Hemipteren beschrieben, ohne dass zunächst ihre parasitären Eigenschaften deutlich wurden.

Die Evolution der B-Chromosomen hängt vermutlich weitgehend ab vom Wechselspiel des Selektionsdrucks auf das Wirtsgenom zugunsten ihrer Eliminierung oder Stilllegung einerseits und ihrer Fähigkeit, diesem Druck auszuweichen, andererseits. Da B-Chromosomen mit den A-Chromosomen wechselwirken, spielen sie dort, wo sie vorkommen, vermutlich eine wichtige Rolle in der Genomevolution insgesamt. Nicht alle B-Chromosomen sind schädlich für den Wirt. Manche sind in Ihrer Wirkung neutral, für einige werden sogar positive Wirkungen diskutiert, z. B. beim Schnittlauch.

Verbreitung

B-Chromosomen sind bisher in über 1300 Pflanzenarten, 500 Tierarten und einigen Pilzen beschrieben worden. Alle größeren Tier- und Pflanzengruppen sind dabei vertreten. Wenig überraschend wurden sie besonders häufig in gut untersuchten Gruppen gefunden. In Arten mit großen Genomen sind Bs häufiger als in solchen mit kleinen Genomen (z. B. einkeimblättrige versus zweikeimblättrige Blütenpflanzen, Grashüpfer (Orthoptera) versus Zweiflügler (Diptera) bei den Insekten). Bei Vögeln, die vergleichsweise kleine Genome haben, wurden B-Chromosomen nur bei einer einzigen Art entdeckt. Die folgende Liste gibt nur wenige Beispiele an.

Tiere: Bei den gut untersuchten Grashüpfern sind B-Chromosomen weit verbreitet (z. B. Eyprepocnemis plorans, selten mehr als drei). Andere Insekten mit Bs sind die Wespe Nasonia und die Fliege Drosophila subsilvestris. Weitere Beispiele: Der Plattwurm P. nigra (selten mehr als drei); der Neuseeländische Frosch Leiopelma hochstetteri mit bis zu 15 mitotisch stabilen Bs; der Fisch Poecilia formosa. In 55 (von 4629) Säugetierarten sind bisher Bs gefunden worden[2] z. B. bei Waldmäusen[3]. Beim Menschen und Menschenaffen wurden sie nicht beobachtet.

Pflanzen: In Maispflanzen wurden bis zu 34 B-Chromosomen beschrieben, in Schnittlauch (Allium schoenoprasum) bis zu 20. In Wildpflanzen lag die gefundene Höchstzahl jedoch bei drei (Lolium perenne, B. dichromosomatica), vermutlich weil diese einem höheren Selektionsdruck unterliegen. In Lilien und verwandten Pflanzen (Lilianae) sowie Gräsern (Poaceae), zwei Gruppen, die gut untersucht sind, sind B-Chromosomen weit verbreitet.

Quellen

  • Juan Pedro M. Camacho, Timothy F. Sharbel, Leo W. Beukeboom. B-chromosome evolution. 2000. Phil. Trans. R. Soc Lond. B 355:163–178. doi:10.1098/rstb.2000.0556
  • B.G. Palestis, R. Trivers, A. Burt, R.N. Jones. The distribution of B chromosomes across species. 2004. Cytogenet. Genome Res. 106:151–158. doi:10.1159/000079281

Einzelnachweise:

  1. Klaus Frisch, Nicht-zufällige Segregation von Chromosomen – Eine Übersicht über die Literatur von 1908 bis 1995. 2001. Online erhältlich hier
  2. M. Vujoševic and J. Blagojevic: B chromosomes in populations of mammals. 2004. Cytogenetic and Genome Research 2004;106:247–256. doi:10.1159/000079295)
  3. J.M. Wójcik, A.M. Wójcik, M. Macholán, J. Piálek, J. Zima. The mammalian model for population studies of B chromosomes: the wood mouse (Apodemus). 2004. Cytogenetic and Genome Research 106:264–270. doi:10.1159/000079297

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