- Sennwirtschaft
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Als Milchproduktion wird üblicherweise die Tierhaltung in der Landwirtschaft bezeichnet, die den Zweck der Produktion von Milch hat. In Mitteleuropa werden zu diesem Zweck weit überwiegend Milchkühe gehalten, daneben aber auch Schafe, Ziegen, Pferde oder auch Wasserbüffel.
Im Folgenden wird mit der Milchkuh- bzw. Milchviehhaltung die vorherrschende Form der Milchproduktion in Deutschland beschrieben.
Inhaltsverzeichnis
Rassen
Die Rinderrassen (siehe auch Rasseschlüssel (Rind)) werden je nach Nutzungsrichtung (Milch, Fleisch, Arbeit) in Rassegruppen eingeteilt. Zudem findet eine Einteilung in Einnutzungsrassen (hier wird in den Zuchtbemühungen nur Wert auf die Verbesserung einer Leistungskomponente wie Milch oder Fleisch gelegt) und Zweinutzungsrassen (hier wird zwischen Milch- und Fleischleistung unterschiedlich gewichtet) statt.
Milchbetonte Rassen sind:
- Deutsche Schwarzbunte alter Zuchtrichtung bzw. Holstein-Schwarzbunt(Holstein-Friesian)
- Holstein-Rotbunt
- Jersey
Milchbetonte Zweinutzungsrassen sind:
- Braunvieh bzw. Brown-Swiss
- Rotvieh Zuchtrichtung Alter Angler bzw. Angler
Zweinutzungsrassen mit Betonung der Milch- und Fleischleistung
Fütterung, Laktation, Aufzucht und Krankheiten
Fütterung
Futtermittel
Eine Einteilung gängiger Futtermittel findet sich auf einer eigenen Seite, daher soll hier nur Grundsätzliches wiedergegeben werden:
Aufgrund der Fermentation im Pansen können Wiederkäuer auch sogenannte Struktur-Kohlenhydrate verdauen. Diese sind aufgrund der Bindungsart der Glucosemoleküle (β-glycosidische Bindung) für monogastrische Tiere im Wesentlichen unverdaulich. Die Grundfuttermittel für Wiederkäuer haben sehr überwiegend solche Bindungsformen. Daher stehen die Wiederkäuer hierbei nicht in Nahrungskonkurrenz zum Menschen wie beispielsweise Geflügel und Schweine. Zusätzlich zum Grundfutter werden auch Konzentratfutter verfüttert. Diese sind meistens Energiefuttermittel (z. B. aus Nicht-Struktur-Kohlenhydraten wie Stärke oder auch aus Fetten) oder Proteinfuttermittel. Die Ergänzung des Futters um das Konzentratfutter ist notwendig, um der Kuh ausreichend Energie und Eiweiß zuzuführen. Im Allgemeinen darf der Anteil des Konzentratfutters aber 60 % der Ration nicht übersteigen, da die Ration sonst nicht mehr wiederkäuergerecht ist und zu Stoffwechselstörungen führen kann (z. B. Pansenacidose).
Fütterungsniveau
Unter Fütterungsniveau versteht man die Menge pro Tag zugeführter Energie. Diese richtet sich im Wesentlichen nach der Milchleistung, wird aber durch einen maximalen Anteil Kraftfutters begrenzt.
Das Fütterungsniveau wird häufig als ein Vielfaches des Erhaltungsbedarfes ausgedrückt (z. B. wird bei Hochleistungskühen mehr als der 4-fache energetische Erhaltungsbedarf pro Tag gefüttert). Grundsätzlich ist eine höhere Milchleistung pro Tier anzustreben, weil die Milch dadurch günstiger produziert werden kann. Wird eine Steigerung der Produktion angestrebt, ist mit einem ungefähren Verhältnis von 1,8 kg Milch durch 1 kg Kraftfutter zu rechnen.
Laktation
Allgemeines
Die Milchabgabe, auch Laktation genannt, beginnt nach der Geburt des ersten Kalbes der Kuh. Üblicherweise kalben Kühe erstmals in einem Alter von 24–32 Monaten. Kalb und Kuh werden direkt nach der Geburt getrennt. Es erhält jedoch die erste Milch der Mutter, auch Biestmilch oder Kolostrum genannt. Die Biestmilch enthält Immunglobuline, die dem Kalb helfen, sich gegen Krankheiten zu immunisieren. Diese Milch ist sehr wichtig für das neugeborene Kalb, da es bis dato für Krankheiten, insbesondere Durchfall, sehr anfällig ist. Das Kalb kommt mit anderen Kälbern in die Aufzucht. Die Kuh schließt sich dann den anderen milchgebenden Kühen an und wird in der Regel 2–3 mal täglich gemolken.
Laktationszyklus
Die tägliche Milchmenge (Leistung) steigt nach der Geburt des Kalbes zunächst an, erreicht nach 4–6 Wochen ihr Maximum und fällt dann ab (Laktationskurve). Sobald der Östrus der Kuh wieder beginnt und es zur ersten Ovulation kommt, wird die Kuh wieder belegt, d. h. sie wird entweder künstlich besamt (Künstliche Besamung oder KB) oder von einem Bullen gedeckt (Natursprung). Die durchschnittliche Dauer der Trächtigkeit bei Rindern ist ca. 9 Monate, Unterschiede zwischen den Rassen liegen im Bereich von Tagen. Einige Zeit vor der nächsten Kalbung wird die Kuh „trockengestellt“, d. h. der Milchentzug durch das Melken wird entweder abrupt oder sukzessive gestoppt (meistens abrupt, weil das wahrscheinlich mit weniger Stress für die Kuh verbunden ist). Während der Zeit des Trockenstehens (in der Regel wird ein Zeitraum von 8 Wochen angestrebt) kann sich das Alveolargewebe des Euters regenerieren. Zum Zwecke der Vergleichbarkeit wird die jährliche Milchleistung meistens als 305-Tage-Leistung ausgedrückt.
Milchleistung
siehe auch: Milchleistungsprüfung
Bei Rindern vom Doppelnutzungstyp (Fleisch- u. Milch-; z. B. Fleckvieh) sind Milchspitzenleistungen bis zu 10.000 kg und darüber pro Kuh und Jahr keine Seltenheit. Reine Milchrassen (wie z. B. HF-Kühe) können bis zu 15.000 kg pro Kuh und Jahr erreichen.
Aufzucht
Direkt nach der Geburt werden die Kälber von ihren Müttern getrennt. Meistens werden sie kurze Zeit (bis ca. 8 Wochen) in Einzelboxen gehalten – gerne in Kälberiglus, da diese besonders gut für die Gesundheit der Kälber sind. Üblicherweise kommen die Kälber danach in Gruppenhaltung und werden bald nach Geschlechtern getrennt.
männliche Kälber
Bullenkälber, die nicht zur Zucht verwendet werden, werden gemästet, um je nach System nach ca. 12-18 Monaten geschlachtet zu werden; junge Bullenkälber heißen Fresser.
weibliche Kälber
Weibliche Kälber werden „normal“ aufgezogen – sie sollten nicht zu dünn und nicht zu fett sein. Mit ca. 18 Monaten werden die Färsen (=Kalbinnen oder Starke oder Stärken oder Queenen) „belegt“, d. h. durch Natursprung oder Künstliche Besamung besamt, so dass sie etwa mit 27 Monaten erstmals kalben.
Zucht
siehe Rinderzucht
Krankheiten
Die verschiedenen Krankheiten sind bereits in einzelnen Artikeln beschrieben. Grundsätzlich lässt sich nach fütterungs- und haltungsbedingten Krankheiten (u. a. Ketose, Milchfieber, Weidetetanie) und nach durch Viren und Bakterien ausgelöste Krankheiten (z. B. IBR (=BHV-1, bovines Herpesvirus), Mastitis, BSE, Maul- und Klauenseuche u. a.) unterscheiden.
Stallformen und Technik
Das angewendete Fütterungssystem steht in engen Zusammenhang mit der angewendeten Haltungsform; auch auf die Melktechnik hat die Haltungsform Einfluss.
Haltungsform
Grundsätzlich lässt sich die Anbindehaltung von der Laufstallhaltung unterscheiden.
Laufstallhaltung
Im Unterschied zur Anbindehaltung werden die Kühe im Laufstall nicht angebunden. Vielmehr gibt es verschiedene nach Funktionen unterteilbare Bereiche: Im Liegebereich finden sich Liegeboxen und im Fressbereich Fressstände. Es müssen mindestens so viele Liegeboxen wie Kühe vorhanden sein, während sich aber in Abhängigkeit vom Fütterungssystem mehrere Kühe einen Fressstand teilen können. Weitere Funktionsbereiche sind der Laufbereich, d. h. alle Gänge und der Melkbereich. Zum Melken werden die Tiere in den Melkstand gebracht (siehe Melktechnik). Je nach Entmistungssystem unterscheidet man vier Laufstalltypen: Laufstall mit Spaltenboden oder planbefestigt, Tretmiststall und Tiefstreustall.
Fütterungsregime
Fütterung im Stall
Im Anbindestall befindet sich meistens zwischen den Tieren ein Futtergang. Vor allem in älteren Ställen ist der Futtergang recht schmal und kann nicht mit dem Traktor befahren werden. In neueren Anbindeställen ist der Gang breiter (Futtertisch), so dass hier nicht mit Hilfe der Karre gefüttert werden muss, sondern der Traktor eingesetzt werden kann. Laufställe sind meistens mit einem ebenfalls breiten Futtertisch ausgestattet, so dass auch hier die Fütterung mit dem am Traktor angehängten Futterwagen erfolgen kann.
Aufgrund des schmalen Futterganges werden in der Anbindehaltung meistens Grundfutter (v.a. Silage) und Kraftfutter nacheinander bzw. abwechselnd angeboten. Demgegenüber wird bei Laufstallhaltung meistens an dem Fressstand hauptsächlich das Grundfutter (v.a. Silage) angeboten, während das Konzentratfutter an Stationen zugeteilt wird. Dazu hat jede Kuh einen Transponder, mittels dessen sie von der Station erkannt wird und ihre Menge Futter zugeteilt bekommt. Soweit in der Grundfutter andere Komponenten (z. B. das Kraftfutter) beigemischt (Futtermischwagen) sind, spricht man hier von einer TMR (=Totale Mischration). Auch eine Kombination (=aufgewertet Grundration) ist derart denkbar, dass die Inhaltsstoffe der TMR für eine bestimmte Milchleistung (meistens 25–30 Liter/Tag) ausreichend sind und solche Kühe, die eine höhere Leistung haben, gezielt mittels Transponder zusätzliches Kraftfutter erhalten.
Weidegang oder Sommerstallfütterung
Grundsätzlich lässt sich in beiden Systemen (Anbinde- vs. Laufstallhaltung) danach unterscheiden, ob die Kühe im Sommer auf der Weide grasen (Weidegang) oder nicht (Sommerstallfütterung).
Prinzipiell ist Weidegang nur möglich, wenn der Niederschlag ausreichend für Weidewirtschaft ist (siehe auch Weide) und wenn die Anzahl der Kühe nicht zu hoch ist, da die von den Tieren verursachten Trittschäden die Grasnarbe dann nachhaltig schädigen können. Häufig wird ab ca. 80–100 Kühen auf Weidegang verzichtet (in dem Fall lässt man sie aber gegebenenfalls trotzdem auf eine Koppel – dann aber immer dieselbe – um den Kühen Auslauf zu geben). Ein weiterer Nachteil der Weide ist, dass die Milchleistung der Kühe meist niedriger ist, weil man beispielsweise nur zur Melkzeit Kraftfutter zufüttern kann. Außerdem können Kühe deutlich weniger Trockenmasse auf der Weide aufnehmen, weil das Weidefutter sehr wasserreich und damit volumig ist. Demgegenüber ist die Weide aber arbeitswirtschaftlicher und aus Sicht der Tiergerechtheit deutlich vorzuziehen.
Melktechnik
Da die Kühe bei einem Anbindestall immer auf demselben Platz stehen, wird in diesem Fall das Melkgeschirr (=Melkzeug) zu den Kühen getragen: Durch den gesamten Stall zieht sich ein Rohrleitungssystem (siehe Melkmaschine). An die Leitungen werden dann die Schläuche der Melkgeschirre angeschlossen. Dieses System ist auch aus Sicht des Landwirts nachteilig, da die Euter der Tiere auf Kniehöhe sind, was beim Melken ständiges Bücken erfordert.
Demgegenüber werden die Kühe bei Laufställen in einem Melkstand gemolken. Der Melker steht dabei tiefer, so dass die Euter der Kühe ca. auf Schulterhöhe sind. Die Kühe werden dann in den Melkstand getrieben. Je nach Aufbau des Melkbereiches lassen sich verschiedene Bauformen unterscheiden. Üblich sind vor allem der Fischgrätenmelkstand (die Kühe stehen in Grätenform mit dem Kopf nach außen), der Side-by-Side-Melkstand (hier stehen die Kühe längsseitig parallel zueinander) und der Auto-Tandem, in dem die Kühe in einzelnen Boxen stehen. Die Kühe stehen in 2 parallelen Reihen und zwischen den Reihen ist die Grube, in der der Melker die Kühe anstellt und abnimmt. Weniger gebräuchliche Melktechniken sind das Melkkarussell und das automatische Melksystem (=AMS, auch Melkroboter genannt). Das Melkkarussell ist tatsächlich ein Karussell: Die Kühe nehmen auf diesem Karussell einen Platz ein und werden umgehend mit dem Melkgeschirr angestellt. Während des Melkens dreht sich das Karussell langsam weiter – die nächste Kuh nimmt den nächsten freien Platz ein usw. Nachdem die Kühe eine Runde „mitgefahren“ sind, ist das Melken beendet und die Tiere verlassen das Karussell wieder einzeln. Karusselle gibt es sowohl als Fischgräten (innenmelker), als auch als SbS (Außenmelker). Der AMS ist ein automatisiertes Melksystem, das für das eigentliche Melken keinen manuellen Eingriff erfordert.
Siehe auch
Literatur
- Die Landwirtschaft/Wirtschaftslehre. 12. Auflage. BLV, München 2005, ISBN 3-405-16439-7
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