Sexangst

Sexangst

Sexualangst bezeichnet im weitesten Sinne die Angst vor Intimität. Sie ist individuell unterschiedlich stark ausgeprägt und kann bis zur völligen Ablehnung körperlicher Nähe reichen.

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Schon im Vorfeld zwischenmenschlicher Kontakte macht sich Sexualangst als Schüchternheit bemerkbar. Jugendliche suchen dann gleichgeschlechtliche Gruppen auf, in denen sie ihre Unbeholfenheit im Umgang mit dem anderen Geschlecht überspielen können. In dieser Phase schwankt der Mensch zwischen Anziehung und Ängsten. Für ihn selbst oft unerklärlich werden intellektuelle Konstrukte (etwa Asexualität) vorgeschoben, um sich und den Freunden nicht eingestehen zu müssen, dass ihn eigentlich eine mehr oder weniger ausgeprägte Sexualangst zurückhält.

Sie manifestiert sich dann aber zu einem scheinbar unüberwindlichen Problem, wenn der Betroffene einer Symptomatik unterworfen wird, die für ihn nicht mehr kontrollierbar ist. Neben Panikattacken kann das ein Zittern am ganzen Körper sein oder ein Verfallen in eine Art wehrloser Erstarrung. Von dem Partner fast grundsätzlich fehlinterpretiert sind diese Anzeichen ein sicheres Indiz für das Vorhandensein von Sexualangst.

Mag es falsche Scham oder auch verletzter Stolz ob der erlittenen „Niederlage“ sein: In dieser Phase lassen sich betroffene Menschen oft zu Kurzschlussreaktionen hinreißen. Bei Männern können solche Erfahrungen u. U. zu einer kriminellen Sexualbiographie führen, indem sie sich in der Folge an nicht adäquaten Sexualpartnern vergreifen oder dazu, dass dem anderen Geschlecht nur noch mit Aggression gegenüber getreten werden kann.

Als hilfreich könnte sich ein Verständnis der Sexualangst in Beziehung auf junge magersüchtige Frauen erweisen, die sich auf diese Weise sexuell unattraktiv zu hungern versuchen. Die Mechanismen der endogenen Belohnung machen dann das Problem zunehmend unkontrollierbar.

Aber auch später im Leben während der reproduktiven Phase kann sich bei Frauen eine Frigidität wegen unbewusster Sexualangst manifestieren. Das Gleiche gilt für Männer mit dem Unterschied, dass die erektile Dysfunktion eine Penetration verhindert.

Psychoanalyse

Sigmund Freud ging davon aus, dass alle sexuellen Probleme, so auch die Sexualangst, durch Probleme in der Kindheit entstanden. So führen Verbote und Äußerungen wie: Das tut man nicht oder Das ist eine Sünde oder auch Du bist ein Verlierer im späteren Leben zu sexuellen Ängsten und Problemen. Hier spricht man auch von Angst vor Erfolg in der Liebe. In einer bestimmten kritischen Phase der Kindheit konnte der Mensch kein Urvertrauen aufbauen und kann deswegen später ebenfalls nicht vertrauen und intim werden.

Harry Stack Sullivan betont, dass bestimmte Verhaltensweisen von wichtigen Bezugspersonen die spätere Sexualität prägen. Eine ablehnende und negative Haltung der Intimität gegenüber - durch Elternteile etwa - führe so zu Konflikten und Ängsten im Sexualleben.

Wie groß die Anzahl der Fälle ist, die sich durch Sozialisation oder traumatische Erfahrungen wie z. B. sexueller Missbrauch und Vergewaltigung erklären lässt, ist noch offen, zumal viele bzw. die meisten Opfer sich später nicht bewusst an diese schwerwiegende Traumatisierung erinnern können und sie deswegen auch nicht als Ursache ihrer Probleme benennen können. Fehlende oder liberalisierte Sexualerziehung haben sich als untauglich erwiesen, derartige Ängste nicht aufkommen zu lassen. Deshalb kann davon ausgegangen werden, dass dieser Form der Angst eine natürliche Schutzfunktion zukommt, die beispielsweise vor der Verletzung der emotionalen Integrität bewahren soll.

Psychotherapie

Angst auf dem Gebiet der Sexualität muss zunächst abgegrenzt werden von normaler Ängstlichkeit, die ein allgemeinmenschliches Merkmal ist. Sie kann allerdings das Ausmaß einer psychischen Störung erreichen. Wenn eine therapeutische Hilfe aufgesucht wird, erfolgt zunächst diese Abklärung. Liegt tatsächlich eine Störung vor, stehen verschiedene Therapieformen für die Behandlung zur Verfügung (Gesprächspsychotherapie, Verhaltenstherapie oder tiefenpsychologisch fundierte Methoden).

Sexualmedizin

In der Sexualmedizin spielt die Sexualangst bei sexuellen Dysfunktionen eine Rolle.

Sexuelle Reaktion

Die sexuelle Reaktion des Menschen besteht hauptsächlich aus drei differenzierbaren, aber ineinandergreifenden Phasen, die jede für sich gestört oder blockiert sein können. Dazu zählen:

  • Phase der Erregbarkeit
  • Phase der Erregung
  • Phase des Orgasmus

Sexualangst in der Phase der Erregbarkeit

Sexuelles Verlangen motiviert den Menschen zu sexuellen Handlungen. Ist diese Phase jedoch von Angst oder Schmerz besetzt, liegt ein gestörtes sexuelles Verlangen vor. Dies kann nicht nur zu Angst, sondern auch zu Feindschaft gegenüber dem Partner führen. Häufig tritt diese Form der Sexualangst nach seelischen Krisen, Wut und Enttäuschung mit dem Partner oder aber auch nach nicht sexuell bedingtem Stress wie Arbeitslosigkeit oder einem Unfall auf.

Angst in der Phase der Erregung

Eine während des Geschlechtsverkehrs aufkommende, wie auch immer geartete Angst kann zu zeitweiliger Impotenz führen.

Angst in der Phase des Orgasmus

Hier sind es vor allem die Symptome der Orgasmushemmung und / oder der verzögerten, aber auch der vorzeitigen Ejakulation, die sich als von Angst ausgelöste Symptomatik einstellen. Jemand, der nahezu zwanghaft auf den Orgasmus wartet, ja gerade darauf lauert, wird zu ängstlich sein, ihn überhaupt wahrzunehmen.

Behandlung

Aufklärung seitens des Arztes oder des Psychologen bezüglich Ursachen und Verbreitung sind zur Überwindung der Sexualangst ebenso hilfreich wie ein Vertrauensverhältnis zum Partner. Die Sexualangst verliert für den Menschen in der Regel an Bedeutung, wenn die sexuellen Erfahrungen dergestalt sind, dass der Gewinn an Lebensfreude durch Sexualität schwerer wiegt als der Verzicht darauf.

Probate Hausmittel, die eigene Sexualangst zu manipulieren, erweisen sich als zweischneidig. So suchen junge Männer kulturübergreifend oft Prostituierte oder vergleichbare Frauen auf, um erste sexuelle Erfahrungen zu machen. Auch Frauen sind nicht selten bei in entsprechendem Ruf stehenden Männern bereit, ihre Hemmungen zu vergessen. Diesem vorausgegangen war nicht selten der Entschluss zu einer emotionalen Selbstvergewaltigung, bei der sich der Mensch zu einem Handeln gezwungen sieht, hinter dem er gefühlsmäßig eigentlich nicht steht.

Literatur

  • Masters und Johnson: Impotenz und Anorgasmie. Zur Therapie funktioneller Sexualstörungen (Human sexual inadequacy, dt.). Frankfurt/M. (Goverts) 1973. ISBN 3-7740-0434-X (Ausgabe 1993, S. 516 u.a.)

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