Sexine

Sexine
Pollenkörner mit unterschiedlichen Oberflächen von unterschiedlichen Pflanzen: Lilium auratum mit monocolpaten Pollenkörnern; die anderen haben tricolpate Pollenkörner: Sonnenblume (Helianthus annuus), Prunkwinde (Ipomoea purpurea), Sildalcea malviflora, Nachtkerze (Oenothera fruticosa) und Rizinus (Ricinus communis).

Der Pollen oder Blütenstaub ist die meist mehlartige Masse, die in den Antheren der Samenpflanzen gebildet wird. Er besteht aus den Pollenkörnern, den Mikrosporen. Sprachlich ist Pollen ein Sammelname; eine einzelne Mikrospore ist nicht ein Pollen, sondern ein Pollenkorn.[1] Das Pollenkorn ist das Ergebnis einer Reduktionsteilung (Meiose) und besitzt somit nur einen einfachen Chromosomensatz, ist also haploid. Es entspricht damit den Sporen der Moose und Farne. Die Pollenkörner sind von einer widerstandsfähigen Zellwand umgeben, die unter anderem aus Sporopollenin besteht. Zum Zeitpunkt der Freisetzung haben sich die Pollenkörner bereits zu den männlichen Gametophyten entwickelt. Pollenkörner dienen dazu, die männlichen Sporen beziehungsweise Gametophyten geschützt zu den weiblichen Empfangsorganen zu bringen und so die Bestäubung und in weiterer Folge die Befruchtung zu gewährleisten

Mikrosporen sind die Pollenkörner, da bei den Samenpflanzen männliche und weibliche Sporen unterschiedlich groß sind. Meiosporen sind sie, da sie das Produkt einer Meiose sind.

Inhaltsverzeichnis

Aufbau

Pollenkörner.

Pollenkörner besitzen eine widerstandsfähige Wand, die hier Sporoderm genannt wird. Das Sporoderm besteht aus zwei Schicht-Komplexen: die äußere Exine und die innere Intine.

Die Intine umgibt die Zelle vollständig, ist jedoch meist zart und nicht besonders widerstandsfähig. Häufig besteht sie aus zwei bis drei Schichten, wobei die äußerste einen hohen Pektin-Anteil hat, was ein einfaches Loslösen von der Exine ermöglicht. Die inneren Schichten bestehen hauptsächlich aus Zellulose-Fibrillen. Beim Auskeimen des Pollenkorns wächst die Intine zum Pollenschlauch aus.

Der Hauptbestandteil der Exine ist das widerstandsfähige Sporopollenin, das in rund sechs Nanometer großen Granula die zweischichtige Exine aufbaut.

  • Bei den Gymnospermen besitzt die innere Endexine eine lamelläre Struktur. Die äußere Ektexine besteht wiederum aus einer inneren Fußschicht (foot layer) und einer äußeren kompakten Schicht, die eine granuläre oder alveoläre Mittelschicht einhüllen.
  • Bei den Angiospermen ist die Endexine granulär aufgebaut. Die Endexine und die dichte Fußschicht der Ektexine wird zur Nexine zusammengefasst. Der übrige Teil der Ektexine bildet die Sexine, die meist sehr stark strukturiert ist. Besteht die Sexine aus Stäbchen, Keulen, Kegeln, Warzen und ähnlichen Strukturen, jedoch ohne einer Außenschicht, spricht man von intectaten Pollenkörnern. Bei tectaten Pollenkörnern sind die Säulchen (Columellae, Bacula) an der Außenseite zu einer Schicht, dem Tectum verbunden. Das Tectum kann wiederum sehr vielgestaltig sein: durchbrochen, mehrschichtig, selbst wiederum skulpturiert.

In den Hohlräumen des Tectum sind verschiedene Substanzen auf- beziehungsweise eingelagert:

  • Pollenkitt (oder Pollenklebstoff) ist eine ölige Substanz aus Lipiden und Carotinoiden und bewirkt, dass die Pollenkörner an den Bestäubern anhaften. Pollenkitt wird nur von Angiospermen gebildet, kann jedoch auch fehlen.
  • Inkompatibilitätsproteine: Diese dienen der Verhinderung der Selbstbefruchtung.

Die Struktur der Exine wird vom Pollenkorn gesteuert. Das Material, das Sporopollenin, wird allerdings vom Tapetum der Antherenwand gebildet und auf das Pollenkorn aufgelagert.

Pollenkörner sind nach Größe, Form und Oberflächenstruktur sehr vielgestaltig, sodass sich Pollenkörner vielfach den jeweiligen Arten oder zumindest Gattungen zuordnen lassen. Die meisten Pollenkörner sind zwischen 10 und 100 Mikrometer groß, die größten bildet Cucurbita mit 170 bis 180 Mikrometer Durchmesser.[2]

Apertur

An den Pollenkörnern befinden sich eine oder meist mehrere Keimöffnungen (Aperturen). An dieser Stelle fehlt die äußere Exine-Schicht. Durch sie hindurch kann dann die Intine als Pollenschlauch hindurch wachsen. Das Pollenkorn besitzt einen proximalen Pol, das ist der ins Zentrum der Pollentetrade weisende Pol, und einen distalen Pol. Senkrecht zu den Polen steht die Äquatorialebene.

  • Pollen ohne Apertur nennt man inaperturat, solche mit aperturat.
  • Längsgestreckte Keimfalten nennt man Sulcus, wenn sie am distalen Pol liegen. Der Pollen ist dann sulcat. Dies trifft für die meisten Nacktsamer zu.
  • Äquatoriale oder auf der ganzen Oberfläche verteilte Keimfalten nennt man Colpus, den Pollen colpat.
  • Ulcus ist eine rundliche Keimpore am distalen Pol (Adjektiv ulcerat).
  • Porus ist eine Keimpore am äquatorialen Pol oder auf der gesamten Oberfläche (Adjektiv porat).
  • Zusammengesetzte Keimöffnungen nennt man colporat.

Nach der Anzahl der Keimöffnungen unterscheidet man mono- (ein), tri- (drei), stephano- (mehr als drei in Äquatorebene) und panto-aperturate (mehr als drei über die gesamte Oberfläche verbreitet) Pollen. In der Äquator-Ebene gelegene Strukturen werden mit der Silbe zono-[3] bezeichnet.

Bei den Einkeimblättrigen und den basalen Dikotylen (Magnoliidae) herrschen mono-aperturate Pollen vor. Bei den Rosopsida sind tricolpate Pollen und deren Abwandlungen vorherrschend.

Die Apertur kann von einem Operculum bedeckt sein, einer von der übrigen Sexine vollständig getrennten Struktur.[3]

Ausbreitungseinheiten

In den meisten Fällen werden die Pollenkörner einzeln, also als Monaden, ausgebreitet. Daneben können sie aber auch in Gruppen von zwei oder vier Körnern in die Luft abgegeben werden, man spricht dann von Dyaden bzw. Tetraden. Tetraden bilden sich, wenn die Tochterzellen einer Pollenmutterzelle zusammenhaften. Dies ist etwa bei den Ericaceae der Fall. Bei den Cyperaceae sind drei der vier Tochterzellen reduziert, sodass Pseudomonaden entstehen.

Pollenkörner können zu größeren Gruppen zusammengehalten werden, und zwar durch Pollenkitt; eine weitere Möglichkeit sind Viscinfäden, klebrige Fäden aus Sporopollenin, Cellulose und/oder Proteinen. Bleiben die Pollenkörner mehrerer Pollenmutterzellen miteinander verbunden, entstehen Polyaden aus 8, 16 oder 32 Pollenkörnern, etwa bei den Mimosoideae. Größere Gruppen werden auch als Massulae bezeichnet, Beispiele sind die Akazien und viele Orchideen[4].

Bleibt der gesamte Inhalt eines oder mehrerer Pollensäcke zusammenhängend, wird er Pollinium genannt. Das Pollinium ist oft von einer gemeinsamen Sporopollenin-Hülle umgeben, und tritt bei manchen Vertretern der Apocynaceae und der Orchideen auf. Als Pollinarium bezeichnet man ein Pollinium mit den Anhangsorganen, die der Ausbreitung dienen; bei den Orchideen sind dies Stielchen und Klebscheibe.[5] Im Strasburger ist die Definition davon abweichend als Pollinium aus einem Pollensack, Pollinarium aus mehreren Pollensäcken.[6]

Es gibt einen Zusammenhang zwischen der Größe der Pollenpakete und den Bestäubern. Je spezifischer ein Bestäuber auf eine Pflanzenart angepasst ist, etwa bei Orchideen, desto größer sind die Pollenpakete, die ihm mitgegeben werden. Bei unspezifischen Bestäubern (z. B. viele Käfer) sind die einzelnen Pollenpakete klein, da die Wahrscheinlichkeit, dass der Bestäuber wieder eine Blüte der gleichen Art aufsucht, gering ist.[7]

Bildung

Pollenkörner werden in den Pollensäcken der Antheren eines Staubblatts gebildet. Sie werden von den Pollenmutterzellen (auch Mikrosporenmutterzellen genannt) durch zwei aufeinanderfolgende Zellteilungen, wovon eine meiotisch ist, gebildet. Es sind nun vier Pollenkörner entstanden. Die Ernährung der Pollenkörner und die Bildung der Exine geschieht durch das Tapetum, die innerste Schicht der Antherenwand.

Ausbreitung des Pollens

Hauptartikel Bestäubung

Hummel (Bombus terrestris) bei der Bestäubung.

Der Pollen wird vom Wind (Anemogamie), Wasser (Hydrogamie) oder von Tieren (Zoogamie) (z. B. Insekten, Vögel; siehe auch Vogelblume) verbreitet. Dabei kann der Pollen von einer auf eine andere Blüte übertragen werden (Bestäubung).

Pollenkunde

Da Pollen unter anderem durch den Wind weit verbreitet wird und oft in Seesedimenten oder Torfen erhalten bleibt, ist er in der Geologie und Klimaforschung von großem Interesse. Anhand des gefundenen Pollens lassen sich Rückschlüsse zum Beispiel auf die Geschichte des Waldes in Mitteleuropa und damit auch auf das Klima einer geologischen Periode ziehen. Die sich mit dieser Thematik beschäftigende Wissenschaft nennt man Palynologie. Aufgrund der enthaltenen Pollen kann die Herkunft des Honigs bestimmt werden. Dieses Aufgabengebiet wird als Melissopalynologie bezeichnet.

Bedeutung für den Menschen

Gesammelte Pollenklümpchen
Pollen, z. B. Phacelia (lila)

Der vom Wind verbreitete Pollen ist für viele Menschen mit Allergien problematisch. Die Pollenkörner setzen nach Kontakt mit einer wässrigen Phase eine Reihe von Proteinen, Lipiden und Zuckern frei. Auf einige Proteine und Lipide entsteht eine spezifische Immunreaktion, die beim zweiten und jedem weiteren Kontakt eine sogenannte allergische Reaktion auslöst. Diese kann unter anderem mit geröteten und tränende Augen, Niesen und Schnupfen (allergische Rhinitis) einhergehen. Auf dem Land sind morgens die Pollenkonzentrationen hoch, in der Stadt abends. Die Iatropalynologie beschäftigt sich mit der Aufklärung dieser Wirkungen.

Eine weit verbreitete Nutzung des Pollens liegt in der Ernährung. Der süßlich schmeckende Pollen ist reich an Eiweiß mit Enzymfunktion sowie 22 Aminosäuren und hat einen hohen Gehalt an Vitamin B, so dass er als Nahrungsergänzung Verwendung findet. Außer gegen Verdauungsprobleme, Nervenschwäche und Heuschnupfen soll er auch gegen Haarausfall sowie bei Potenzproblemen helfen und Sportlern zu mehr Leistung verhelfen. Mehr als 100 biologische Aktivstoffe wurden nachgewiesen.

Ernte

Sammelbiene bei Rückkehr in den Stock, mit gefüllten „Pollenhöschen“
Pollen verschiedener Pflanzen dienen der Bienenbrut als Nahrung

In der Imkerei kann eine spezielle Vorrichtung, eine sogenannte Pollenfalle, am Eingang (Flugloch) eines Bienenstockes angebracht werden. Dies ist im wesentlichen ein Gitter, durch das sich die heimkehrenden Flugbienen zwängen müssen, wobei sie ihre „Pollenhöschen“ verlieren (abstreifen). Die Pollenklümpchen fallen dabei in ein Auffanggefäß, das in der Regel zweimal am Tag geleert wird. Danach muss der so gewonnene Pollen sofort gereinigt (Fremdkörper aussortieren) und getrocknet werden. Die Pollenfalle sollte regelmäßig entfernt werden, damit die für die Aufzucht der Bienenbrut notwendige Eiweißversorgung gewährleistet ist.

Pollenflugkalender

Üblicherweise sind nach dem phänologischen Kalender aufgrund des Klimas in Mitteleuropa folgende Pollenarten abhängig von der regional vorherrschenden Witterung anzutreffen:

Siehe auch

Belege

  • P. Sitte, E. W. Weiler, J. W. Kadereit, A. Bresinsky, C. Körner: Strasburger – Lehrbuch der Botanik für Hochschulen. 35. Auflage, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2002, ISBN 3-8274-1010-X (für Abschnitt Apertur)
  • Gerhard Wagenitz: Wörterbuch der Botanik. 2. Auflage, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, Berlin 2003. ISBN 3-8274-1398-2
  • Madeline Harley, Rob Kesseler, Die geheimnisvolle Sexualität der Pflanzen: Von Blüten und Pollen, Knesebeck, 2008, ISBN 978-3896605702

Einzelnachweise

  1. Wagenitz: Wörterbuch der Botanik 2003, S. 254.
  2. Schück, Schuck, Stimm: Lexikon der Baum- und Straucharten. Nikol, Hamburg 2002, S. 390. ISBN 3-933203-53-8
  3. a b Glossary of pollen and spore terminology.
  4. Wagenitz: Wörterbuch der Botanik, 2003, S. 192.
  5. Wagenitz: Wörterbuch der Botanik, 2003, S. 256f.; Peter Leins: Blüte und Frucht. Morphologie, Entwicklungsgeschichte, Phylogenie, Funktion, Ökologie. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 2000, S. 63, S. 189. ISBN 3-510-65194-4
  6. Strasburger, 2002, S. 761.
  7. Peter Leins: Blüte und Frucht. Morphologie, Entwicklungsgeschichte, Phylogenie, Funktion, Ökologie. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 2000, S. 63, S. 154. ISBN 3-510-65194-4

Weiterführend

  • W. Punt, P.P. Hoen, S. Blackmore, S. Nilsson, A. Le Thomas: Glossary of pollen and spore terminology. In: Review of Palaeobotany and Palynology, Band 143, 2007, S. 1-81. doi:10.1016/j.revpalbo.2006.06.008

Weblinks


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