- Sexuell übertragbare Krankheit
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Sexuell übertragbare Erkrankungen, im Deutschen auch engl. STD (sexually transmitted diseases) oder STI (sexually transmitted infections) genannt, sind jene Krankheiten, die auch oder hauptsächlich durch den Geschlechtsverkehr übertragen werden können. Sie können von Bakterien, Viren, Pilzen, Protozoen und Arthropoden verursacht werden.
Geschlechtskrankheiten im engeren Sinn oder Venerea (Wortherkunft siehe Venerologie), in der Tiermedizin Deckseuchen, werden jene sexuell übertragbaren Erkrankungen genannt, für die für behandelnde Ärzte eine gesetzliche Meldepflicht an die Behörden besteht oder bestand.
Die „klassischen Geschlechtskrankheiten“ (Syphilis, Gonorrhoe, Ulcus molle und Lymphogranuloma venereum) hatten bis vor kurzem nur mehr geringe Bedeutung, da sie selten geworden waren. Neuerdings mehren sich die Erkrankungsfälle wieder (siehe unten).
Wesentlich bedeutender - und teilweise wesentlich schwerer zu behandeln - sind momentan: HIV-Infektion und AIDS, Hepatitis B, Herpes genitalis, Infektionen mit Chlamydien und Trichomonaden, Filzlausbefall, und die Infektion mit bestimmten (so genannten „high risk“) HP-Viren, welche für das Entstehen des Gebärmutterhalskrebses verantwortlich sind.
So sind heute in Deutschland mehr als 100.000 Frauen durch unbehandelte chlamydienbedingte Infektionen ungewollt kinderlos und es versterben an Hepatitis B jährlich mehr Menschen als an den anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen zusammengenommen - eine Tatsache, der heute mit der Impfung gegen Hepatitis B im Säuglings- bzw. Kindesalter entgegen getreten wird. Seit 2006 gibt es auch eine Impfung gegen die „high risk“-HP-Viren, von der man sich ein dramatisches Absinken der Häufigkeit des Gebärmutterhalskrebs erhofft.
Inhaltsverzeichnis
Übersicht
Sexuell übertragbare Krankheit: Erreger: Viren: HIV-Infektion und AIDS HIV-1 und HIV-2 Condylomata acuminata (Feigwarzen, Viruswarzen der Schleimhaut) und Buschke-Löwenstein-Tumor HPV Typ 6 und 11 („low risk“) Condylomata plana (werden je nach Lokalisation als CIN, VIN, VAIN, AIN und PIN bezeichnet) HPV Typ 6 und 11 („low risk“) sowie 16, 18 und 31 („high risk“) Cervikale intraepitheliale Neoplasie (CIN): kann zu Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom) führen HPV Typ 16, 18 und 31 („high risk“) Bowenoide Papulose, meistens bei Männern als Penile intraepitheliale Neoplasie (PIN, Viruswarzen des Penis): kann zu Erythroplasie und Peniskarzinom führen HPV, fast ausschließlich Typ 16 („high risk“) Vulväre intraepitheliale Neoplasie (VIN, Viruswarzen der Vulva) HPV Typ 16, 18 und 31 („high risk“) Vaginale intraepitheliale Neoplasie (VAIN, Viruswarzen der Scheidenschleimhaut) HPV Typ 16, 18 und 31 („high risk“) Anale intraepitheliale Neoplasie (AIN, Viruswarzen des Anus) HPV Typ 16, 18 und 31 („high risk“) Morbus Heck (Viruswarzen der Mundschleimhaut) HPV Typ 13 und 32 („low risk“) Molluscum contagiosum MCV Hepatitis A (durch oro-analen Kontakt) HAV Hepatitis B HBV Hepatitis C HCV Hepatitis D
Herpes genitalis HSV Zytomegalie CMV Bakterien: Syphilis (Lues venerea) Treponema pallidum Gonorrhö (Tripper) Neisseria gonorrhoeae Ulcus molle (weicher Schanker) Haemophilus ducreyi Granuloma inguinale Donovania granulomatosis Lymphogranuloma venereum Chlamydia trachomatis, Serotypen L1 bis L3 Aszendierende Okulogenitale Chlamydieninfektion Chlamydia trachomatis, Serotypen D bis K Urogenitale Mykoplasmeninfektion siehe: Ureaplasma urealyticum genitale Mycoplasmen Bakterielle Vaginose aerobe Bakterien Durchfall (durch oro-analen Kontakt) Darmbakterien: Shigella-, Salmonella-, Campylobacter- Arten Pilze: Candidiasis Candida- Arten und andere Sproßpilze Urtierchen (Protozoen): Trichomoniasis Trichomonas vaginalis Durchfall (durch oro-analen Kontakt) Protozoen des Darmes: Giardia Lamblia, Entamoeba histiolytica, Cryptosporidium- Arten Gliedertiere (Arthropoden): Filzlausbefall (Schamlausbefall, Pediculosis pubis) Filzlaus (Schamlaus, Phtirus pubis) Krätze (Scabies) Krätzmilbe (Sarcoptes scabei) - teilweise aus: [1]
Meldepflicht
- In Deutschland besteht etwa momentan eine Meldepflicht nach dem §7 Infektionsschutzgesetz [2] für HIV (nichtnamentlich) an das Robert Koch-Institut [3] und Hepatitis B (namentlich) an das Gesundheitsamt. Für Syphilis besteht eine Meldepflicht für die anonymisierten Daten der Erkrankungsfälle an das Robert Koch-Institut [1].
- In Österreich besteht (nach: Absonderungsverordnung von 1915, Epidemiegesetz von 1950, Geschlechtskrankheitengesetz, AIDS-Gesetz, BGBl 345/1993) eine Meldepflicht für AIDS (nicht für die alleinige HIV-Infektion), Syphilis, Gonorrhoe, Ulcus molle und Lymphogranuloma venereum [4][5].
Experten
Das Teilgebiet der Medizin, welches sich mit den klassischen sexuell übertragbaren Krankheiten beschäftigt, ist die Venerologie.
Der eigentliche Facharzt für die meisten sexuell übertragbaren Krankheiten ist der Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten. Aber auch Urologen und Gynäkologen werden in vermehrtem Maß auch aufgrund der neuen Erkenntnissen über die durch Chlamydien verursachten Probleme von Patienten aufgesucht und haben diese in entsprechendem Maße aufzuklären. Seit dem Auftreten von AIDS sind auch viele Lungenfachärzte mit sexuell übertragbaren Krankheiten zumindest im weiteren Sinn konfrontiert.
Häufigkeit
Experten und Gesundheitsbehörden in ganz Europa stellen eine drastische Zunahme der „klassischen Geschlechtskrankheiten“ fest, da in der Bevölkerung der Glaube vorherrscht, dass diese praktisch verschwunden seien.
Da die Bevölkerung die HIV-Infektion immer noch als Problem von Randgruppen sieht, betrachten viele Menschen AIDS als kalkulierbares Risiko und geschützter Geschlechtsverkehr mit Kondom wird wieder mehr als Mittel zur Empfängnisverhütung und weniger zur Verhütung von Geschlechtskrankheiten angesehen.
Daher stieg nach jüngsten Erhebungen z. B. in England die Zahl der Syphilis-Erkrankungen binnen weniger als sechs Jahren um das 13-fache[6], die Fälle von Gonorrhoe nahmen um 86 Prozent zu, die Zahl der Chlamydia-Infektionen verdoppelte sich. In den Niederlanden verzeichneten die Gesundheitsbehörden binnen zwölf Monaten eine Syphilis-Zunahme um 80 Prozent. In Deutschland verdoppelte sich die Zahl der Syphilis-Erkrankungen zwischen 2000 und 2002 auf rund 2.300 Fälle. Alle Bundesländer verzeichnen dabei einen Anstieg, wobei die Ballungsgebiete und Großstädte wie Berlin, Hamburg, München, Frankfurt und Köln besonders betroffen sind. Mehr als 85 Prozent der Neuinfizierten sind Männer, vor allem in der Altersgruppe von 25 bis 39 Jahren. Am höchsten ist die Zunahme der Neuinfektionen bei homosexuellen Männern.
Nach dem Ende des Kommunismus in Osteuropa wurden die „klassischen Geschlechtskrankheiten“ in den ehemaligen Ostblockstaaten wieder sehr häufig, was sich auch mit mehr Erkrankungsfällen in deren Nachbarländern auswirkt.
Bei den in Untersuchungen vernachlässigten höheren Altersgruppen stieg die Infektionsrate ebenfalls. [7]
WHO-Zahlen aus dem Jahre 1990 weltweit [8] Anzahl der Neuerkrankungen Inzidenz Trichomonadiasis 120 Mio Chlamydien 50 Mio HIV 40 Mio(2000) Humanes Papillomvirus 30 Mio Gonorrhoe 25 Mio Herpes genitalis 20 Mio Syphilis 4 Mio Hepatitis B 2 Mio Ulcus molle ? Prävention und Therapie
Auch unter größtmöglichen Sicherheitsmaßnahmen kann eine Ansteckung nie ausgeschlossen werden und stellt ein zu akzeptierendes Grundrisiko des sexuell aktiven Menschen dar. Die Verbreitung sexuell übertragbarer Krankheiten kann jedoch selbst unter minimalem Aufwand durch den ständigen Gebrauch von Kondomen signifikant eingeschränkt werden. Die Hepatitis-B-Impfung verringert das Risiko einer Infektion mit Hepatitis B und senkt gleichzeitig bei einer Infektion den Schweregrad der Erkrankung. Die Ständige Impfkommission (STIKO) hat deshalb die Hepatitis-B-Impfung in ihre Empfehlungen für den regelmäßigen Impfschutz von Kindern und Jugendlichen aufgenommen.
Auch ist die Behandlung vieler dieser Erkrankungen durch die Einführung von Antibiotika stark verbessert worden. Allerdings müssen diese konsequent auch von beiden Partnern angewendet werden.
Prävention durch Information
Durch frühzeitige Information an Schulen und öffentliche Werbekampagnen ("Kondome schützen"), wird ein verantwortungsvoller Umgang mit den Gefahren sexuell übertragbarer Krankheiten gefördert.
STD oder STI?
Insbesondere im englischsprachigen Raum wird der Begriff STI (sexually transmitted infection) vermehrt an Stelle des Begriffs STD (sexually transmitted disease) verwendet. Die Befürworter dieser Wortverwendung argumentieren, dass bereits infizierte Personen weitere Personen infizieren können ohne, dass bei den Infizierten bereits irgendwelche Krankheitssymptome aufgetreten sind und dies somit eine weitfassendere Definition darstellt. Die Gegner der Umbenennung behaupten dagegen, dass der Begriff Krankheit auf nicht-infizierte Personen bedrohlicher als der Begriff Infektion klingt und daher vorgezogen werden sollte.
Siehe auch
- Postexpositionelle Prophylaxe - Vorbeugende Behandlung, bis zu 48 h nach möglicher Infektion mit Hepatitis B, C und HIV
- Sexualhygiene
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ a b Peter Fritsch: „Dermatologie und Venerologie“, Springer Verlag, 2. Auflage 2004, ISBN 3-540-00332-0
- ↑ Bundesministerium für Gesundheit der BRD: Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG)
- ↑ "Umsetzung der Meldung gemäß § 7 Abs. 3 des Infektionsschutzgesetzes" [1]
- ↑ Skript zum Dermatologiepraktikum der Medizinuniversität Wien
- ↑ Bundesministerium für Gesundheit und Frauen der Republik Österreich: Meldepflichtige Krankheiten
- ↑ Brant LJ, Bukasa A, Davison KL, Newham J, Barbara JA: Increase in recently acquired syphilis infections in English, Welsh and Northern Irish blood donors, In: Vox Sanguinis, 2007 Jul;93(1):19-26., doi:10.1111/j.1423-0410.2007.00923.x
- ↑ A T Bodley-Tickell, B Olowokure, S Bhaduri, D J White, D Ward, J D C Ross, G Smith, H V Duggal, P Gool: Trends in sexually transmitted infections (other than HIV) in older people: analysis of data from an enhanced surveillance system, In: Sexually Transmitted Infections 2008;84:312-317, doi:10.1136/sti.2007.027847
- ↑ J. Mati: Family planning, sexually transmitted diseases and AIDS, In: Family planning, health and family well-being, New York, Population Division, United Nations, 1996, 213-23, abstract
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