Sidda

Sidda

Siddhi bezeichnen im Buddhismus und Hinduismus besondere Kräfte, die man gemäß der Überlieferung durch spirituelle Praxis (in Hinduismus und Raja Yoga durch Samyama) erlangt. Meister, die Siddhi gezeigt haben sollen, werden in vielen spirituellen Strömungen verehrt. Im tantrischen Buddhismus (Vajrayana) wird zwischen gewöhnlichen Siddhi und höchsten Siddhi unterschieden. Ebenso unterscheidet Buddha in den Lehrreden des Suttapitaka zwischen „weltlichen“ (Pali: lokiya) höheren Geisteskräften und der „überweltlichen“ (Pali: lokuttara) höheren Geisteskraft (Pali: abhiññā).
Der Begriff Siddhi existiert nur in der Pluralform, die umgangssprachlich verbreitete Form Siddhis ist formal inkorrekt.

Als Grundlage um Siddhi systematisch zu entwickeln ist nach den von Buddha überlieferten Lehrreden die Meisterung sehr starker Geistessammlung/Herzenseinigung (Jhana) Voraussetzung[1]. Die Kultivierung der Eigenschaften die Buddha als „die 4 Grundlagen der Geistesmacht“ (Pali: Iddhipada) bezeichnet, die zu den 37 zur Erleuchtung führenden Dingen (Bodhipakkhiyadhamma) gehören, werden von Buddha als besonders gut geeignet angesehen, um diese Fähigkeiten zu entwickeln.[2]

Inhaltsverzeichnis

Gewöhnliche Siddhi

Unter „Gewöhnliche Siddhi“ werden in den Lebensgeschichten verschiedener buddhistischer Meister Kräfte wie Gedankenlesen, das Wetter beeinflussen, über Wasser gehen können, sich durch die Lüfte oder auch durch Felsen hindurch bewegen, Krankheiten spontan heilen zu können oder auch Tote zum Leben zu erwecken, erwähnt. Die Arten gewöhnlicher Siddhi erscheinen demnach nahezu unbegrenzt, sie sollen im tantrischen Buddhismus als Resultat tantrischer Praxis auftreten und sollen auch mit Eintritt in die verschiedenen Bodhisattva-Stufen einhergehen. In der Literatur des sutrischen (hier Mahayana) und insbesondere des tantrischen Buddhismus finden sich zahlreiche Beispiele für Meister, die die genannten oder auch andere Siddhi erlangt haben sollen.

In vielen Lehrreden[3] unterscheidet Buddha 5 verschiedene Arten gewöhnlicher Siddhi/weltlicher höherer Geisteskräfte:

# Name Pali/Sanskrit Beschreibung
1. Die verschiedenen magischen Kräfte Iddhi/Siddhi Die Siddhi im engeren Sinn wie z. B. vielfach zu werden und vielfach geworden wieder einer zu werden, zu erscheinen und zu verschwinden, ungehindert durch Mauern, Wälle und Berge hindurch zu gehen, wie durch die Luft; in der Erde auf- und unterzutauchen, wie im Wasser; auf dem Wasser zu gehen, wie auf der Erde, sich durch die Lüfte fortzubewegen oder auch in andere Daseinsbereiche innerhalb von Samsara, wie z. B. himmlische Daseinsbereiche, direkt hinüberwechseln und von dort zurückkehren zu können.
2. Das himmlische Ohr Dibba-sota/- Die Fähigkeit Töne aus anderen Daseinsbereichen zu hören und auch Töne die zu weit Entfernt sind um sie mit dem normalen Gehör hören zu können.
3. Das Durchschauen der Herzen anderer Parassa ceto-pariya-ñāna/- Die Fähigkeit die Gedanken, Geistes- und Gemütszustände anderer Wesen direkt zu erkennen.
4. Erinnerung an frühere Daseinsformen Pubbe nivāsānussati/- Die Fähigkeit sich an Hunderte, Tausende, Hunderttausende oder mehr Daseinsformen (Reinkarnation) während mehrerer Expansionen und Kontraktionen des Universums zu erinnern.
5. Das himmlische Auge Dibbha-cakkhu/- Die Fähigkeit in andere Daseinsbereiche zu blicken, für das fleischliche Auge unsichtbare Dinge zu sehen und auch zu erkennen wie die Wesen ihrem Wirken (Karma) gemäß in Samsara weiterwandern, d. h. z. B. zu erkennen wo bzw. in welchem Daseinsbereich innerhalb Samsaras ein verstorbenes Wesen wiedergeboren wurde.

In Majjhima Nikaya 36 gibt Buddha an in der Nacht seiner Erleuchtung unter dem Bodhi-Baum während der ersten Nachtwache (18:00–22:00 Uhr) die Erinnerung an frühere Daseinsformen verwirklicht zu haben und in der zweiten Nachtwache (22:00–02:00 Uhr) das himmlische Auge. In der letzten Nachtwache (02:00–06:00) verwirklichte er schließlich die höchste Siddhi/die überweltliche höhere Geisteskraft.

Höchste Siddhi

Die Höchste Siddhi bzw. die überweltliche höhere Geisteskraft ist die Verwirklichung der vollständigen Triebversiegung und das Wissen darum (Pali: āsavakkhaya) die ein Mensch erreicht wenn er Arhat, Pratyeka-Buddha (Einzelerwachter) oder Samyaka-Sambuddha (Vollkommen Erwachter) wird. Er/sie realisiert direkt die Vier edlen Wahrheiten und erlangt damit volle Erleuchtung. Oft, aber nicht immer, zeigen Wesen, die Erleuchtung erlangt haben, auch verschiedene gewöhnliche Siddhi. Buddha zum Beispiel setzte seine gewöhnlichen Siddhi nach Überlieferung manchmal ein[4] wies aber darauf hin dass sie bestenfalls relativen Heilswert hätten[5] und auch darauf dass jemand der gewöhnlichen Siddhi besitzt deshalb nicht unbedingt erleuchtet sein müsse.[6]

Siddha

Siddha bezeichnet jemanden, der Siddhi erlangt hat. Im tantrischen Buddhismus ist es darüber hinaus auch Bezeichnung für jemanden, der höhere Verwirklichungsstufen erreicht hat – bis hin zur vollen Erleuchtung. Ein Meister der die höchsten Siddhi (Erleuchtung) erlangt hat, wird auch Mahasiddha genannt (Sanskrit für „Großer Beherrscher vollkommener Fähigkeiten“).

Siehe auch

Literatur

  • Abhayadatta: Die Meister des Mahamudra: Leben, Legenden und Lieder der vierundachtzig Erleuchteten. Diederichs, München 1991, ISBN 3-424-01076-6
  • Keith Dowman: Masters of Meditation and Miracle. Shambala Books, Boston, Mass. 1994, ISBN 1-57062-113-6
  • Nyanatiloka Mahathera: Buddhistisches Wörterbuch – Stichwort: Abhiññā, Verlag Beyerlein & Steinschulte, 5. Aufl., 1999. ISBN 3-931095-09-6 (Online)
  • Hellmuth Hecker: Die Furt zum anderen Ufer im System buddhistischer Praxis, Seiten 280–286, 297–319 und 413–422. Verlag Beyerlein & Steinschulte, 1. Aufl. 1999. ISBN 3-931095-18-5.
  • Yeshe Tsogyal: Der Lotosgeborene im Land des Schnees. Wie Padmsambhava den Buddhismus nach Tibet brachte. Fischer, Frankfurt/M. 1996, ISBN 3-596-12975-3


Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vgl. z. B. Digha Nikaya 2
  2. Vgl. z. B. Samyutta Nikaya 51:5 und 6
  3. Vgl. z. B. Digha Nikaya 2, Majjhima Nikaya 6 und 77, Anguttara-Nikaya III, 102
  4. Vgl. z. B. Majjhima Nikaya 49 oder Mahavagga 1:7–20 (Vinayapitaka)
  5. Vgl. z. B. Digha Nikaya 11
  6. Vgl. z. B. Culla-Vagga VII 2–5 (Vinayapitaka)

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