Simmentaler Fleckvieh

Simmentaler Fleckvieh
Fleckvieh
Simmentaler Fleckvieh
Kalb

Das Fleckvieh, auch Simmentaler oder Simmentaler Fleckvieh genannt, ist eine Rasse des Hausrindes. Die Benennung ist jedoch in der Schweiz unterschiedlich zu der in Deutschland und Österreich. In Deutschland und Österreich werden Fleckvieh und Simmentaler bzw. Simmentaler Fleckvieh synonym verwendet. In der Schweiz bezeichnet man als Simmentaler Tiere, die weniger als 12,5 % Red Holstein Vorfahren besitzen, während der Begriff Swiss Fleckvieh bis 1. Juli 2008 Tiere bezeichnet, die zwischen 12,5 und 75 % Red Holstein Vorfahren haben. Ab 1. Juli 2008 wird die sogenannte Blutgrenze zur Abgrenzung gegenüber Red Holstein auf 87 % erhöht. Zudem soll Swiss Fleckvieh zu einer eigenständigen Rasse werden[1]. Allerdings führt auch das Fleckvieh in Deutschland und in Österreich einen gewissen Anteil an Red Holstein-Blut.

Fleckvieh ist eine sogenannte Zweinutzungsrasse, bei der die Milch- und die Fleischleistung gleichermaßen eine Rolle spielen. Die Rasse geht auf Hausrinder im Simmental im Berner Oberland zurück, das bereits im Mittelalter für seine großwüchsigen und gescheckten Rinder bekannt war.

Inhaltsverzeichnis

Rassekennzeichen

Gemeinsam ist allen Tieren dieser Rasse der weiße Kopf, mit gelegentlichen Augen- oder Backenflecken und die weißen Beine. Ferner sind auch der Unterbauch und die Schwanzquaste immer weiß. Die Erbanlagen für diese Merkmale werden dominant vererbt. Das restliche Fell kann in Farbabstufungen von Hellgelb bis dunklem Rotbraun auftreten, ebenso ist der Anteil von weißen Flecken sehr variabel.

Ebenso rassetypisch ist das breite, unpigmentierte Flotzmaul und die breite Stirn der Rinder. Die Rasse weist an der Halsunterseite eine ausgeprägte Wamme auf. Die Hörner sind hell, mit leicht nach außen und oben gebogenen gelblichen Spitzen.

Die Tiere sind mittelgroß bis groß. Die Widerristhöhe liegt bei Stieren bei 150 bis 158 und die für Kühe bei 138 bis 142 Zentimeter. Die Kühe wiegen ca. 600-800 kg, Stiere ca. 1100-1300 kg. Die Tageszunahmen bei den Bullen liegen zwischen 1200 und 1500 Gramm.

Zuchtrichtungen

Simmentaler Kühe auf der Weide

Fleckvieh in der Doppelnutzung

Als eine der wichtigsten Rinderrassen in Deutschland wird das Fleckvieh als Zweinutzungsrind gehalten. Die Zuchttiere werden nach Milch und Fleischleistung selektiert. Beides befindet sich auf sehr hohem Niveau, die Fleischleistung ist wesentlich besser als beim Holstein-Rind. Zur Verbesserung der Milchleistung wird aber teilweise Red Holstein eingekreuzt.

Milchleistungsprüfung Bayern 2003:
im Schnitt 6404 kg Milch, 4,14 Fett, 3,52 Eiweiß
Zuchtziel: 7000 bis 8000 kg Milch; 4,00% Fett; 3,70% Eiweiß

Neues Zuchtziel

Ende 2006 wurde das Zuchtziel beim Deutschen Fleckvieh an die zu erwartenden ökonomischen und betrieblichen Rahmenbedingungen angepasst und von allen Zuchtorganisationen in Deutschland und Österreich gemeinsam verabschiedet. Die bislang gültige Zuchtzielformulierung für Deutsches Fleckvieh in der Doppelnutzung stammt aus dem Jahr 1993. Sie ist damals nach einer umfassenden Analyse der Neugestaltung der EG-Agrarpolitik 1992 mit Preissenkungsbeschlüssen für Milch und insbesondere für Rindfleisch sowie der strukturellen Entwicklung und der züchterischen Voraussetzungen festgelegt worden. Im Zuchtziel Wirtschaftlichkeit - Deutsches Fleckvieh nach 2000 wurde das Zweinutzungsrind mit durchschnittlich 7000 kg Milch bei 3,9 % Fett und 3,7 % Eiweiß sowie Tageszunahmen bei Jungbullen von über 1300 g und 60 % Schlachtausbeute angestrebt. Ausgewachsene Kühe wurden mit (138 ... 142) cm Widerristhöhe und 750 kg Gewicht beschrieben; gleichzeitig wurde empfohlen, die absehbare Größenentwicklung zu bremsen. Während die wachsende Bedeutung der Fundament- und Eutermerkmale bereits hergestellt wurde, sind Sekundärmerkmale wie Zuchtleistung, Gesundheit und Futteraufnahme noch als zweitrangig eingestuft worden.

Für die neue Zuchtzielformulierung wurde folgende Definition von Prof. Fewson (1993) zugrundegelegt: Züchtung von vitalen Tieren, die unter künftigen Produktionsbedingungen einen höchstmöglichen Gewinn garantieren. Es war somit auf die stärkere Bedeutung der Zucht gesunder Tiere und auf den wirtschaftlichen Hauptzweck der Nutztierzucht, die Einkommenssicherung der Tierhalter, auszurichten. Als Zeithorizont wurden mindestens 8 Jahre, also etwa das Jahr 2015 anvisiert.

Die vorgenommenen Änderungen im Zuchtziel zeigen eine klare Perspektive: Fleckvieh bleibt eine Zweinutzungsrasse mit dem Ziel, Wirtschaftlichkeit und Funktionalität auf bestem Niveau zu kombinieren. Mit der neuen Gewichtung Milch : Fleisch : Fitness von 38 : 17: 45 und der separaten Betonung des Exterieurs wird dieses Ziel erreicht: Fleckvieh – Die Rasse mit eigenem Profil und Zukunft.

Schon jetzt erreichen einzelne Fleckviehkühe Leistungen in 305 Tagen von 10.000 kg und mehr. Einzelne Betriebe in der Schweiz erreichen sogar im Schnitt schon Leistungen gegen 10.000 kg Milch pro Kuh im Jahr[2].

Präambel

Die Fleckviehzucht hat eine über 150-jährige Tradition. Fleckviehtiere sind weltweit verbreitet und sie werden sowohl zur spezialisierten Milchproduktion als auch in der Mutterkuhhaltung mit Erfolg eingesetzt. Fleckvieh passt sich an die unterschiedlichsten Voraussetzungen an und ist im Einklang mit Natur und Mensch für die Erzeugung von Milch und Fleisch hervorragend geeignet.

Durch die Verfolgung von differenzierten Zuchtzielen entwickelten sich Subpopulationen mit unterschiedlichen Eigenschaften. Die Zuchtziele werden in den meisten Subpopulationen überwiegend in Reinzucht verfolgt. Fleckvieh eignet sich deshalb unter maximaler Nutzung der Heterosiseffekte auch optimal für Kreuzungen mit Milch- und Fleischrassen.

In Europa umfasst die Rasse Fleckvieh in der Milchproduktion eine Gesamtpopulation von ca. 6 Millionen Milchkühen. In den oft Länder übergreifenden Zuchtprogrammen werden rund 1.100 Prüfstiere jährlich geprüft. Eine objektive, unabhängige Leistungsprüfung und eine den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaft entsprechende Zuchtwertschätzung bilden die Voraussetzung für eine effiziente Selektion. Das Zuchtziel ist auf eine nachhaltige Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Milchproduktion unter ausgewogener Berücksichtigung der Fleischleistungs- und vor allem der Fitnessmerkmale ausgerichtet. Die Zuchtprogramme basieren überwiegend auf einer breiten Nachkommenprüfung und modernsten Zuchtmethoden.

International hat Fleckvieh eine noch größere Verbreitung in der Mutterkuhhaltung. Sowohl in der Reinzucht als auch in Kreuzungen mit anderen Rassen ist Fleckvieh vor allem unter dem Namen „Simmental“ eine in allen Erdteilen der Welt erfolgreiche Rasse. Geschätzt werden insbesondere die guten Muttereigenschaften und die gute Milchleistung, die zu hohen Absetzgewichten führen.

Eine Besonderheit sind die genetisch hornlosen Fleckviehtiere. Die Verbreitung des Hornlosgens wird sowohl in der Mutterkuhhaltung als auch in der Milchproduktion angestrebt.

Rasseprofil

Fleckvieh ist ein fitnessstarkes und leistungsbereites Doppelnutzungsrind. Die optimale Fleckviehkuh in der Milchproduktion hat eine starke Vorhand und weist auch zur Laktationsspitze noch eine für die Stabilität und Gesundheit des Tieres erforderliche Rücken- und Keulenbemuskelung auf. Die Körperproportionen harmonieren im Stand und in der Bewegung. Fleckviehtiere zeichnen sich durch ein stabiles Fundament aus.

Ausgewachsene Fleckviehkühe weisen eine Kreuzbeinhöhe von 140 – 150 cm und einen Brustumfang von 210-240 cm bei einem Gewicht von 650 bis 850 kg auf. Das Becken ist breit und leicht abfallend. Das Euter ist fest angesetzt und hat einen ebenen Euterboden der auch nach mehreren Laktationen noch über dem Sprunggelenk ist.

Je nach Management und natürlichen Gegebenheiten werden in Abhängigkeit von der Fütterungsintensität Herdenleistungen von 7.000 kg Milch mit 4,2 % Fett und 3,7 % Eiweiß ebenso realisiert wie Leistungsniveaus über 10.000 kg Milch. Die jährliche Milchleistung steigt bis zur 5. Laktation an. Eine markante Besonderheit der Rasse ist die Spitzenstellung in der Eutergesundheit mit einer durchschnittlichen Zellzahl von weniger als 180.000 Zellen über alle Laktationen.

Die frohwüchsigen männlichen Kälber eignen sich hervorragend für eine erfolgreiche Rindermast und sind ein wichtiger Zusatzerlös für den spezialisierten Milchproduzenten. In der Intensivmast der Jungbullen werden durchschnittliche tägliche Zunahmen von über 1.300 g bei einem Schlachtalter von 16 - 18 Monaten erreicht. 85 bis 90% der Schlachtbullen werden in die vom Markt gewünschten Handelsklassen E und U bei einer Ausschlachtung von 57 – 60 % klassifiziert.

Schlachtkühe erreichen ein Schlachtgewicht von 350-450 kg. Die gefragten Schlachtkörper werden überwiegend in die Handelsklassen U und R eingestuft und weisen eine mittlere Verfettung und beste Marmorierung auf.

Zuchtziel ökonomischer Gesamtzuchtwert (GZW)

Das auf die nachhaltige Verbesserung der Wirtschaftlichkeit und Produktqualität ausgerichtete Zuchtziel wird mit Bezug auf das beschriebene Rasseprofil durch den ökonomischen Gesamtzuchtwert definiert. Die Milch-, Fleisch- und Fitnessmerkmale stehen dabei in einem ausgewogenen wirtschaftlichen Verhältnis. Die einzelnen Merkmale sind entsprechend deren ökonomischer Bedeutung auf Betriebsebene gewichtet.

Angestrebt wird vor allem eine Verbesserung der Eiweißmenge und der Fitness bzw. Gesundheit der Tiere unter Konstanthaltung der Fleischleistung sowie eine Steigerung der Lebensleistung. Ziel ist eine lange Nutzungsdauer mit einer mittleren Lebensleistung von 30.000 kg Milch. Dies wird durch eine starke Gewichtung der Fitnessmerkmale mit über 40 % im Gesamtzuchtwert und einer konsequenten Umsetzung der Zuchtprogramme gewährleistet.

Fleisch-Fleckvieh (Beef Simmentaler)

Die Verwendung dieser Hausrindrasse als Zweinutzungsrasse ist nur für Mitteleuropa typisch. Weltweit hat diese Rinderrasse vor allem in der Fleischproduktion eine große Bedeutung. Der Milchreichtum der Mütter stellt eine sehr gute Basis für die Zucht als reine Fleischrasse dar. Das Erstkalbealter der Kühe liegt bei 30 Monaten.

Mastbullen nehmen täglich ca 1.300 Gramm zu. Die Schlachtausbeute liegt bei ca 63 Prozent.

Rassekennzeichen:
  • hoher Anteil wertvoller Fleischteile
  • gute Milchleistung
  • hohe Absetzgewichte

Genetisch hornloses Fleckvieh

Derzeit hauptsächlich nur in der Fleischrinderhaltung von Bedeutung, sind erste genetisch hornlose Tiere auch im Zweinutzungstyp vorhanden. Sie eignen sich sehr gut für laufstall- und Gruppenhaltung. Die Verletzungsgefahr untereinander und für den Menschen wird minimiert.

Ursprung

Urheimat

Die Urheimat dieser Rinderasse ist vermutlich das Berner Oberland (Simmental). Das Simmentaler Fleckvieh ist aus verschiedenen lokalen Schlägen entstanden. Wichtigste Schläge waren der grosse Saanenschlag und das leichtere Frutigvieh. Sicher ist, dass das Simmentaler Fleckvieh seit mindestens 1400 Jahren in der Westschweiz gezüchtet worden ist. Das Simmentaler Fleckvieh war ähnlich eng mit der heute ausgestorbenen Freiburgerrasse verwandt, wie die Red-Holstein und Holsteinrasse. Die rotbunte Simmentaler Kuh unterschied sich von der Freiburgerkuh durch den von beiden Eltern vererbten rezessiven Rotfaktor, der dadurch zum phänotypisch rotbunten Erscheinungsbild führte.

Anfänge der Zucht in Deutschland

Ab 1835 wurde das Fleckvieh zielbewusst aus dem Simmental nach Deutschland importiert. Vier Stellen begannen etwa gleichzeitig mit der Reinzucht des Fleckviehs: Hohenheim und Meßkirch in Baden-Württemberg sowie Miesbach und Bayreuth in Bayern.

Anfänge der Zucht in Österreich

Als Beginn der Fleckviehzucht in Österreich kann das Jahr 1870 angesehen werden.

Verbreitung

Die Fleckvieh (Simmental-Rasse) ist heute auf allen Kontinenten zuhause. Mit weltweit rund 41 Millionen Tieren ist sie eine der bedeutendsten Rinderpopulationen.

Fleckvieh - Doppelnutzung

Land Anzahl
Tiere (1996)
Anteil am
Gesamtrinderbestand
Deutschland 4.400.000 28 %
Österreich 2.100.000 80 %
Schweiz 800.000 44 %
Frankreich 1.650.000 9 %
Italien 320.000 5 %
Tschechien 1.200.000 60 %
Slowakei 400.000 45 %
Slowenien 272.000 57 %
China 12.000.000 15 %
Russland und GUS 16.000.000 24 %
sonstige 125.000

Fleckvieh Fleischnutzung

Eine Haltung dieser Hausrindrasse vor allem zur Fleischproduktion findet unter anderem in Großbritannien, Dänemark, Schweden, USA, Kanada, Argentinien, Brasilien, Mexiko, Südafrika, Namibia, Zimbabwe, Australien und Neuseeland statt.

Einzelnachweise

  1. Schweizer Bauer vom 20.11.2007, Swiss Fleckvieh: Blutanteil wird auf 87% angehoben
  2. Schweizer Bauer vom 24.11.2006, Christens Simmentaler mit 15.000 Kilogramm Laktationsleistung

Literatur

  • aid infodienst Verbraucherschutz, Ernährung, Landwirtschaft e. V.: Rinderrassen, ISBN 978-3-8308-0819-0 (PDF), Heft, 68 Seiten
  • Gottfried Averdunk, Alfons Gottschalk, Maximilian Putz, Ewald Rosenberger: Fleckvieh – Entwicklung zu einer Weltrasse. Arbeitsgemeinschaft Süddeutscher Rinderzucht- und Besamungsorganisationen e.V. (Hrsg.) BLV. München 2001. ISBN 3-405-16238-6
  • Otto Kötteritzsch: Geschichte der Fleckviehzucht in Oberbaden 1887–1977. Verlag W. Hartung-Gorre, Konstanz 2001, ISBN 3-89649-706-5
  • Fritz Vogt-Steiner: Eine Weltrasse: Das Simmentaler Fleckvieh . Verlag Züchter, Adelboden 1993, ISBN 978-3-722-56160-8

Siehe auch


Weblinks

  • asr-rind.de – Arbeitsgemeinschaft Süddeutscher Rinderzucht- u. Besamungsorganisationen e.V.
  • wsff.info – World Simmental-Fleckvieh Federation (engl.)
  • evf-esf.info – Europäische Vereinigung der Fleckviehzüchter
  • fleckvieh.ch – SFZV - FSETR: Schweizerischer Fleckviehzuchtverband
  • fleckvieh.at – AGÖF: Arbeitsgemeinschaft Österreichischer Fleckviehzüchter
  • cestr.cz – Tschechischer Zuchtverband für Fleckvieh.
  • fleckvieh.de – Bavarian Fleckvieh Genetics: Prüf- und Besamungsstation München Grub e.V.
  • lfl.bayern.de – Institut f. Tierzucht d. Bay. Landesanstalt f. Landwirtschaft in Grub: Zuchtwertschätzung und Info über Hornloszucht
  • bauernhof.net – Fleckvieh (Milchtyp) auf bauernhof.net
  • agroaustria.com – Agroaustria S.A. Kolumbien - Fleckvieh in Südamerika

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