Sinneszelle

Sinneszelle

Als Rezeptor wird in der Biologie auf zellulärer Ebene eine spezialisierte Zelle bezeichnet, die bestimmte äußere und innere chemische oder physikalische Reize in eine für das Nervensystem verständliche Form bringt, oder auf molekularer Ebene ein Protein oder einen Proteinkomplex, das bzw. der entweder aus der Oberfläche einer Biomembran herausragt und für die Bindung verschiedener Partikel sorgt, welche in die Zelle importiert werden, im Inneren der Zelle biochemische Signalprozesse auslösen oder sich dort selbst befindet und vor Ort solche Signalprozesse auslöst. Der Rezeptor besitzt eine spezifische Bindungstelle für einen physiologischen Agonisten.

Inhaltsverzeichnis

In der Biologie:

Sinneszellen

Sinneszellen als Rezeptoren kann man grob mit einem biologischen Sensor vergleichen. Der Rezeptor ist das erste Glied unserer Sinne. Jeder Rezeptor ist auf einen speziellen Reiz ausgelegt - und zwar nur auf diesen, also einen adäquaten Reiz - und wandelt diesen Reiz proportional zu der Reizstärke in ein Rezeptorpotenzial um, das ab einer gewissen Reizschwelle als Aktionspotenzial an das Zentralnervensystem (ZNS) weiter geleitet wird. So wandelt die Netzhaut des Auges Lichtsignale um, reagiert aber auch auf Druck, allerdings so, dass auch hier visuelle Eindrücke an das ZNS vermittelt werden. Der Grund hierfür ist die sog. Reiz- oder Empfindungsspezifität. Der Rezeptor gibt lediglich elektrische Signale in Form von Aktionspotenzialen variabler Frequenz an das ZNS weiter. Dort werden sie gemäß der Gehirnregion, in welcher sie ankommen, interpretiert. Kommt eine Folge von Aktionspotenzialen im visuellen Cortex an, wird sie als Seheindruck interpretiert, unabhängig davon, ob sie durch Licht oder durch Druck ausgelöst wurde.

Hinsichtlich des Auftretens von Aktionspotenzialen unterscheidet man nach physiologischer Definition zwei Arten von Sinneszellen:

  1. primäre Sinneszellen: Sie sind Neurone, die selbst Aktionspotenziale ausbilden. Dazu gehören z. B. Nozizeptoren als freie Nervenendigungen, die u. a. Hitzereize, starke mechanische Reize oder „Schärfe“ über den allgemeinen chemischen Sinn vermitteln. Auch Mechanorezeptoren sind primäre Sinneszellen. Das sind spezialisierte Rezeptorenden von Nervenfasern, die durch mechanische Reize wie Dehnung und Druck erregt werden. Dazu gehören die Berührungsrezeptoren der Haut (vgl. Tastsinn), aber auch die Propriozeptoren von Muskeln, Bändern und Sehnen. Die Riechzellen in der Nasenschleimhaut sind auch primäre Sinneszellen. Primäre Rezeptorzellen stammen vom Neuroepithel ab. Ihr Axon leitet direkt zum Zentralnervensystem. Beispiele sind die Sinneszellen des Auges und des Geruchsorgans (anatomische Definition).
  2. sekundäre Sinneszellen: Sie generieren nicht selbst Aktionspotenziale, sondern haben mit dem ersten afferenten Neuron, das die Aktionspotenziale weiterleitet, eine Synapse. Zu den sekundären Sinneszellen gehören die Geschmacksrezeptoren, die in sogenannten Geschmacksknospen zusammenliegen. Auch die Haarzellen im Innenohr, die Typ-I-Glomuszellen der Glomusorgane, Fotorezeptoren in der Retina und Sinneszellen im Gleichgewichtsorgan sind sekundäre Sinneszellen. Sekundäre Sinneszellen kommen fast nur bei Wirbeltieren vor.

Alle Rezeptoren mit Ausnahme der Fotorezeptoren der Vertebraten werden bei Erregung depolarisiert. Die Fotorezeptoren der Vertebraten werden hyperpolarisiert. Rezeptoren sind spezifisch für eine Sinnesempfindung.

Physiologen und Anatomen benutzen jedoch unterschiedliche Begriffdefinitionen: demnach sind die Fotorezeptoren der Retina im physiologischen Sinn sekundäre Sinneszellen, da sie selbst kein Aktionspotenzial generieren können. Anatomisch gesehen sind sie primäre Sinneszellen, da sie als Bestandteil der Retina zum Gehirn gehören und Sinnesreize wahrnehmen können.

Die hier verwendeten Definitionen sind also Teil der physiologischen Wissenschaft.

In der Biochemie:

Membranrezeptoren

Membranrezeptoren befinden sich an der Oberfläche von Biomembranen und bestehen aus Proteinen, die häufig mit zusätzlichen Modifikationen versehen sind (z. B. Kohlenhydratketten). Sie besitzen eine bestimmte Passform für kleine Moleküle, die sogenannten Liganden, oder Teile größerer Moleküle, die nach dem fit-in-Prinzip (Schlüssel-Schloss-Prinzip) an die Rezeptorstruktur andocken. Sie dienen der Zelladhäsion oder der Signalübertragung (z. B. von Zelle zu Zelle, siehe auch Signaltransduktion) oder dem Import von Substanzen in die Zelle, können aber auch von Viren genutzt werden, um in eine Wirtszelle einzudringen. Zu den bekanntesten Membranrezeptoren gehört die Familie der Integrine, von denen einige durch Chemokine physiologisch aktiviert werden können und dadurch der Ligand des Integrins noch besser gebunden werden kann[1].

Membranrezeptoren kommen sowohl auf der Plasmamembran als auch auf den Membranen der Organellen im Zellinneren vor. Erstere sind daran beteiligt, den Kontakt der Zelle zum Außenraum zu gewährleisten, während letztere unabdingbar sind für die Funktionsweise der einzelnen Organellen, ihren Kontakt untereinander sowie zum Cytoplasma.

Nach ihrer grundsätzlichen Wirkungsweise werden Rezeptoren in der Zellmembran in ionotrope und metabotrope Rezeptoren unterteilt.

  1. Ionotrope Rezeptoren sind Ionenkanäle, die sich bei Bindung des Liganden öffnen und dadurch die Leitfähigkeit der Membran ändern.
  2. Metabotrope Rezeptoren haben keine Poren, sondern aktivieren bei Bindung ihres Liganden ein nachgeschaltetes G-Protein oder eine Proteinkinase und modulieren damit intrazelluläre Signalkaskaden durch Konzentrationsänderungen von sekundären Botenstoffen.

Intrazelluläre Rezeptoren

Ferner existieren Liganden-bindende Rezeptoren, zum Beispiel Steroidrezeptoren, die nicht in der Membran, sondern im Cytoplasma oder Zellkern einer Zelle lokalisiert werden. Sie binden zum Beispiel hydrophobe Hormone wie den Cholesterinabkömmling Cortisol oder das hydrophile Schilddrüsenhormon Thyroxin, worauf sich assoziierte Proteine (Hitzeschockproteine) vom Rezeptor lösen. Dabei entsteht ein aktiver Transkriptionsfaktor, welcher die Expression der Gene im Zellkern steuert.

Quellen

  1. *Eibl RH: First measurement of physiologic VLA-4 activation by SDF-1 at the single-molecule level on a living cell, In: Advances in Single Molecule Research for Biology and Nanoscience. Hinterdorfer P, Schuetz G, Pohl P (Editors),Trauner, pp. 40-43, ISBN (2007).

Siehe auch

Weblinks


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