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Die Standard Oil Company war bis zu ihrer Zerschlagung das größte Erdöl-Raffinerie-Unternehmen der Welt. Sie wurde von John D. Rockefeller gemeinsam mit einigen Geschäftspartnern (u.a. Henry M. Flagler) gegründet und war die Quelle des legendären Reichtums der Rockefeller-Dynastie. Das Geschäftsgebaren des Unternehmens führte zur ersten Anti-Monopol-Gesetzgebung der USA und schließlich zur Zerschlagung des Unternehmens in heute noch bekannte Ölunternehmen.
Inhaltsverzeichnis
Gründungszeit
1863 gründet Rockefeller zusammen mit einem Partner eine kleine Erdöl-Raffinerie in Cleveland. Das Unternehmen ist erfolgreich und wächst. 1870 reorganisiert Rockefeller das Unternehmen und nennt es die Standard Oil Company.
Ein Jahr später, 1871, planen einige Raffinerie-Besitzer um Rockefeller die Gründung einer Allianz, um so für ihr Öl Transportrabatte von den Eisenbahnen erhalten zu können. Gleichzeitig will man die Eisenbahnen davon überzeugen, dass sie Mitbewerbern, die nicht Teil der Allianz sind, höhere Preise berechnen. Die Allianz wird dadurch gegründet, dass man ein existierendes unbekanntes Unternehmen mit dem nichtssagenden Namen South Improvement Company (etwa: Entwicklungsgesellschaft für den Süden) übernimmt. Rockefeller wird über seine Standard Oil Company Hauptanteilseigner der South Improvement Company und deren Geschäftsführer.
Die South Improvement Company gibt sich gegenüber den Eisenbahngesellschaften als die Vertretung der Mehrheit der amerikanischen Ölgesellschaften aus. Tatsächlich vertritt sie nur etwa 10 % der Branche. Doch gelingt es, die Eisenbahnen zu überzeugen und somit Transportrabatte für die Allianz und Preiserhöhungen für die Mitbewerber durchzusetzen.
Der Ölkrieg von 1872
Anfang 1872 sickert in der Ölbranche etwas über die „Verschwörung“ durch. Als dann versehentlich die neuen Transportpreise frühzeitig veröffentlicht werden und diese für Nichtmitglieder der Allianz doppelt so hoch sind wie die alten Preise, wehren sich die anderen Ölgesellschaften. Unter anderem boykottieren die Ölförderer die Standard Oil Company, die daraufhin ihre Raffinerien schließt. Ein Gericht untersagt das Anbieten von Rabatten seitens der Eisenbahngesellschaften. Der amerikanische Kongress verurteilt die Verschwörung.
Rockefeller indes lässt sich davon nicht beirren und fragt nun seinerseits nach Rabatten - und als einflussreicher Kunde bekommt er sie unter strenger Geheimhaltung. Auch die Ölförderer müssen ihren Lieferboykott rasch aufgeben, da sie auf die Umsätze angewiesen sind. Und so geht Rockefeller als Sieger aus der Krise hervor. Er hat seine Rabatte und erhält wieder Öllieferungen.
Die National Refiners Association
Rockefeller gründet Ende 1872 die National Refiners Association (Vereinigung der nationalen Ölraffinerien), deren Vorsitz er übernimmt. Etwa 80 % aller amerikanischen Raffinerien werden durch die Vereinigung vertreten. Als Gegenmaßnahme gründen die Ölförderer die Petroleum Producer's Agency (Petroleumhersteller-Agentur), die durch Förderbeschränkungen versucht, die Rohölpreise hochzuhalten - ein Verfahren, das noch heute andere Erdölförderer in der OPEC anwenden.
Rockefeller spielt zum Schein mit, und seine National Refiners Association stimmt der Förderbeschränkung zu, nur um wenige Monate später der Petroleum Producer's Agency mit einem Totalboykott zu drohen, da diese angeblich ihre eigene Förderbeschränkung nicht einhält. Viele kleinere Ölförderer fürchten den Boykott, da sie hoch verschuldet sind. So bricht nur zehn Monate nach ihrer Gründung die Petroleum Producer's Agency auseinander.
Der Ausbau von Standard Oil
Rockefeller erweitert seine Macht kontinuierlich. So reist er von 1875 bis 1878 durch Amerika und überzeugt die Eigentümer der 15 größten Raffinerien, ein Teil der Standard Oil zu werden. Mit kleinen Raffinerien wird wenig zimperlich umgegangen. Rockefeller setzt sie unter Druck und kauft sie zu 40 % ihres Verkehrswertes oder weniger auf. Und auch die Betriebsstätte der widerspenstigen Vacuum Oil Company wird durch eine vorsätzlich herbeigeführte Explosion zerstört. Der Täter gesteht später, für die Sabotage bestochen worden zu sein.
Rockefellers Vorgehen bleibt natürlich nicht unbemerkt. So werden er und einige seiner Direktoren nach einer juristischen Schlacht 1879 von den Geschworenen eines Gerichts der Verschwörung für schuldig befunden. Rockefeller handelt einen Deal aus, und alle entkommen der eigentlichen Verurteilung.
Teil des Deals ist, dass Rockefeller auf die Sonderpreise beim Eisenbahntransport verzichten muss. Unter anderem deshalb sind ab 1879 nach den Raffinerien die Pipelines an der Reihe. Mit den bewährten Methoden, die bereits zur Erlangung der Raffinerien eingesetzt wurden, macht sich Standard Oil praktisch alle Pipelines in den USA zu eigen.
Das ist für Rockefeller immer noch nicht genug. Er wendet sich dem Händlernetz zu. Er baut ein eigenes Händlernetz und einen Großhandel auf und drängt die existierenden Händlernetze aus dem Markt. Damit hat er praktisch die gesamte Öl-Verwertungskette unter seiner Kontrolle.
Standard Oil Trust
Bis 1881 besteht die Standard Oil aus einem Geflecht von ungefähr 40 Unternehmen. Diese werden 1882 im Standard Oil Trust vereinigt. 1888 beginnt ein New Yorker Senator, den Trust zu untersuchen. Hinzu kommen Untersuchungen anderer Stellen, so dass der Druck zu groß wird. Es besteht die reale Gefahr, dass der Trust von einem Gericht zwangsaufgelöst wird. Rockefeller kommt dem zuvor, indem er den Trust selber auflöst. Er wandelt die Trust-Anteile in Einzelanteile an den Unternehmen des Trusts um. Da die Eigentümer der Anteile die Gleichen bleiben, bleibt auch die Macht des Monopols erhalten.
Der Sherman Antitrust Act von 1890
Der amerikanische Kongress verabschiedet 1890 ein Gesetz, das unter anderem die Verschwörung zur Absicherungen von Monopolen und unzulässige Eingriffe in den Handel verbietet. Dieser Sherman Antitrust Act führt zu einer weiteren Umorganisation von Standard Oil. Es wird die Standard Oil Company (New Jersey) Holding gegründet. Diese Umorganisation reicht aus, um die Anwendung des Sherman Antitrust Act auf Standard Oil vorläufig zu verhindern.
In den 1880er und 1890er Jahren beginnt Standard Oil mit dem internationalen Ausbau. Dies erfolgt in der Regel in der Weise, dass man mit bestehenden nationalen Ölhandelsgesellschaften gemeinsame Unternehmen (Joint Ventures) gründet. So gründet beispielsweise 1890 Standard Oil zusammen mit den Kaufleuten Franz Ernst Schütte und Wilhelm Anton Riedemann die Deutsch-Amerikanische Petroleum Gesellschaft (DAPG). Die DAPG nennt sich 1950 in Deutschland in Esso (nach den Initialen von S(tandard) O(il)) um. 1891 erfolgt zusammen mit dem Unternehmen Walter & Co. zu Venedig und der von Karl Wedekind gegründeten Carlo Wedekind & Co. die Gründung der Società Italo-Americana pel Petrolio (SIAP), die später in Esso Italiana umbenannt wurde.
Zerschlagung
Es brauchte einen mächtigen Gegner, um die mächtige Standard Oil in die Knie zu zwingen. Dieser fand sich mit Präsident Theodore Roosevelt. Er hatte in seinem Wahlkampf versprochen, gegen Monopole vorzugehen, und er hielt sein Versprechen. 1906 eröffnete seine Regierung ein Verfahren gegen Standard Oil wegen des Verstoßes gegen den Sherman Antitrust Act. 1911 befand der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten, dass Standard Oil gegen den Sherman Antitrust Act verstoßen hatte, und ordnete die Zerschlagung an, woraufhin der Aktienkurs ins Bodenlose sank. Rockefeller erkannte jedoch schon vorher, dass sich dieser wieder erholen würde und kaufte die Aktien seines Unternehmens auf. Er verdiente an der nun einsetzenden Hausse nach vorsichtigen Schätzungen 200 Millionen Dollar (was 1901 etwa einem heutigen Wert von 200 Milliarden Dollar entsprach), denn die Erfindung des Automobils und der Erste Weltkrieg ließen den Bedarf an Öl in zuvor unvorstellbare Dimensionen steigen. Dieses Verfahren gilt als ein Meilenstein der amerikanischen Rechtsgeschichte.
Standard Oil wird in 34 einzelne Unternehmen zerschlagen:
Hinweis: Die Pfeile geben an, wo Teile der SO gelandet sind. Sie bedeuten nicht, dass ein heutiges Unternehmen nur aus dem entsprechenden SO-Teil besteht. Die Angaben sind größtenteils unvollständig).
- Anglo-American Oil Company
- Atlantic Refining -> ARCO -> BP
- Buckeye Pipe Line Company
- Borne-Scrymser Company
- Cheseborough Manufacturing Company
- Colonial Oil Company
- Continental Oil Company -> Conoco -> ConocoPhillips
- Crescent Pipe Line Company
- Cumberland Pipe Line Company
- Eureka Pipe Line Company
- Galena-Signal Oil Company
- Indiana Pipe Line Company
- National Transit Company
- New York Transit Company
- Northern Pipe Line Company
- Ohio Oil Company
- Prairie Oil & Gas Company
- Solar Refining Company
- Southern Pipe Line Company
- South Penn Oil Company
- Southwest Pennsylvania Pipe Lines Company
- Standard Oil Company of New York -> Socony -> Socony-Vacuum Oil -> Mobil Oil -> ExxonMobil
- Standard Oil of California -> Chevron -> ChevronTexaco -> Chevron (wieder seit 2005)
- Standard Oil of Nebraska
- Standard Oil of New Jersey -> Exxon -> ExxonMobil
- Standard Oil of Ohio -> BP
- Standard Oil of Kentucky
- Standard Oil of Indiana -> AMOCO -> BP
- Standard Oil Company of Louisiana
- Standard Oil of Kansas
- Swan & Finch Company
- Union Tank Lines
- Vacuum Oil Company -> Socony-Vacuum Oil -> Mobil Oil -> ExxonMobil
- Waters-Pierce
Durch Zukäufe, Umbenennungen, aber auch "Wiedervereinigungen" sind aus diesen Unternehmen einige der heutigen bekannten Ölunternehmen, wie zum Beispiel ExxonMobil (Esso) und Chevron hervorgegangen. Andere Teile werden im Laufe der Zeit liquidiert oder gehen in anderen Unternehmen wie BP auf.
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