Soffin

Soffin

Der Finanzmarktstabilisierungsfonds (FMS, auch Sonderfonds FinanzmarktstabilisierungSoFFin) wurde am 17. Oktober 2008 in einem Eilverfahren beschlossen, bei dem am selben Tag Bundestag und Bundesrat das Finanzmarktstabilisierungsgesetz verabschiedeten, der Bundespräsident das Gesetz sogleich unterzeichnete und so den Fonds ins Leben riefen.[1] Die Rechtsverordnung zu diesem Gesetz wurde am 20. Oktober vom Bundeskabinett verabschiedet.

Inhaltsverzeichnis

Einrichtung

Siehe Hauptartikel Finanzmarktstabilisierungsgesetz.

Die durch das Finanzmarktstabilisierungsgesetz eingerichtete Finanzmarktstabilisierungsanstalt (FMSA) verwaltet den Fonds.

Der Fonds wird in der Form eines Sondervermögens des Bundes gebildet und unterliegt damit nicht den üblichen Regeln der Haushaltsplanung. 65 Prozent der Kosten werden vom Bund und 35 Prozent, maximal aber 7,7 Milliarden Euro, von den Bundesländern getragen. Der Fonds ist bei Verkündung zum 31. Dezember 2009 befristet. Der Fonds hat ein Volumen von 480 Milliarden Euro.[2] Zunächst dürfen in dem Fonds Kredite von bis zu 70 Milliarden Euro zum Erwerb von Problemaktiva und zur Rekapitalisierung (Beteiligung) an Finanzinstitutionen aufgenommen werden. Über einen weiteren Kreditrahmen in Höhe von zehn Milliarden Euro kann mit Einwilligung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages zum selben Zweck verfügt werden. Darüber hinaus wird das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, weitere 20 Milliarden Euro aufzunehmen, um damit Forderungen, die aus Garantie resultieren, zu befriedigen: Die FMSA ist ermächtigt, für bis zum 31. Dezember 2009 begebene Schuldtitel und Verbindlichkeiten der begünstigten Unternehmen Garantien bis zu einer Gesamthöhe von 400 Milliarden Euro auszusprechen. Derzeit sind die Garantien auf 36 Monate befristet.[3] Begünstigte Unternehmen sind:

  • Institute im Sinne des § 1 Abs. 1b des KWG (Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute),
  • Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 des VAG,
  • Kapitalanlagegesellschaften im Sinne des InvG,
  • Betreiber von Wertpapier- und Terminbörsen

sowie deren Mutterunternehmen. Die Hilfen gelten nur für Unternehmen mit Sitz im Inland. Der Sitz der Soffin ist in Frankfurt/Main, Taunusanlage 6. Geleitet wird der Soffin von Günther Merl (Sprecher des Leitungsausschusses), dem 23 Mitarbeiter unterstehen. Merl gibt diese Position am 31. Januar 2009 auf.[4]Nachfolger wurde der Bankier Hannes Rehm, der am 3. Februar 2009 das Amt antrat.[5]Ebenfalls wurde Christopher Pleister vom Bundestag in den Leitungsausschuss berufen. [6] Pleister trat die Nachfolge von Karlheinz Bentele an, der den Leitungsausschuss schon vor Ende 2008 verlassen hatte. Zusammen mit Gerhard Stratthaus ist damit der dreiköpfige Leitungsausschuss wieder vollständig besetzt.[7] Die Anträge der Soffin werden in Berlin von einem ernannten Lenkungsausschuss entschieden. Diesem Gremium gehören 2008/2009 Jens Weidmann vom Bundeskanzleramt, Axel Nawrath[8] als Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen, Walther Otremba als Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und einem Vertreter der Länder an.[9]

Der Finanzmarktstabilisierungsfonds wird von neun Mitglieder des Deutschen Bundestages überwacht.[10] Beschlüsse ablehnen oder ändern können die Parlamentarier jedoch nicht.[2] Die neun Mitglieder dieses Gremiums sind:

Das Kontrollgremium begann etwa ab November 2008 seine Tätigkeit und tagt einmal in der Sitzungswoche in einem abgeriegelten, abhörsicheren Raum, wo die Vertreter der Soffin und des Bundesministeriums der Finanzen den Abgeordneten Auskunft geben müssen. Die Befragung und die dort getroffenen Aussagen unterliegen der Geheimhaltung. Die Banken sind allerdings gesetzlich verpflichtet, Entscheidungen der Soffin, die eine Bedeutung für den Aktienkurs an der Börse haben könnten, zu veröffentlichen. Diese Veröffentlichung könnten Unterstützungen des Eigenkapitals oder gegebene Garantien aus dem Fonds zur Rettung der Banken betreffen.

Erwartete Funktion und Auflösung

Der Fonds kann bis zu 400 Mrd. Euro an Garantien an die Banken leisten. Diese Garantien müssen nicht tatsächlich zu staatlichen Zahlungen führen, wenn sie nicht in Anspruch genommen werden. Die Bundesregierung hat fünf Prozent, also 20 Mrd. Euro, vorsorglich als letztendlich anfallende Haushaltsbelastung eingestellt. Dazu kämen Leistungen für Rekapitalisierung der Banken und Risikoübernahmen bei problematischen Krediten von höchstens 80 Mrd. Euro. Insgesamt ergibt sich so ein Volumen des Fonds von 100 Mrd. Euro, das staatlicherseits aufzubringen wäre.[11] Die Institute müssen eine „marktübliche Vergütung“ (veräußerbare Gegenleistungen, z.B. Aktien) oder „angemessene Verzinsung“ an den Fonds als Gegenleistung entrichten. Die Commerzbank AG beispielsweise zahlt auf die Stille Einlage des Fonds eine Verzinsung von 9 % p.a., die Hypo Real Estate muss für ausgestellte Garantien des Fonds für ihre Anleihen eine jährliche Provision von 1,5%, sowie auf den noch nicht in Anspruch genommenen Teil des Garantierahmens eine Provision von 0,1% im Jahr bezahlen [12].

Laut einer Verfassungsbeschwerde gegen das Finanzmarktstabilisierungsgesetz enthält es allerdings keine Bestimmung, die die Rückzahlung der Finanzhilfen an den Staat regele[13].

„Für das Gelingen des Rettungspakets ist es erforderlich, dass der neue Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) in den nächsten Wochen und Monaten über ein überzeugendes und nachvollziehbares Konzept für ein zukunftsfähiges Finanzsystem verfügt,“ so das Gutachten der Wirtschaftssachverständigen 2008 [14]. Es komme hierbei darauf an, einerseits nicht alle Banken zu retten, sondern nur diejenigen mit einem erfolgreichen Geschäftsmodell; andererseits dürfe der Staat sich nicht in das Tagesgeschäft der Banken einmischen. Nach erfolgreicher Stabilisierung und Restrukturierung des Bankensystems solle der Staat sich wieder auf seine Kernaufgaben zurückziehen.

Leistungen und Inanspruchnahme

Die Finanzmarktstabilisierungsanstalt, die von der Deutschen Bundesbank fachlich, organisatorisch und banktechnisch unterstützt wird, veröffentlicht bisher keine Informationen über Unternehmen, welche Anträge auf Hilfen des SoFFin gestellt haben. Der Bundesfinanzminister erwähnte in einer Mitteilung[15] am 21. November 2008 eine „zweistellige Anzahl von Unternehmen“ welche sich „auf dem Wege“ zu Hilfen des SoFFin befänden. Bisher können Informationen über hilfsbedürftige Unternehmen und Details der Anträge nur der Presse entnommen werden. Diese bekannten Vorgänge sind in der nachfolgenden Tabelle zusammengestellt.

Am 11. Februar 2009 wurde der Bürgschaftsrahmen für die Hypo Real Estate um weitere 10 Milliarden Euro auf nunmehr 52 Milliarden Euro aufgestockt. [16] Zusammen mit der Finanzspritze über 50 Milliarden Euro aus Mitte November 2008 hat die Hypo Real Estate damit insgesamt 102 Milliarden Euro staatliche Beihilfen und Garantien erhalten.

Nr. Erste Antragstellung Antragsteller Garantieleistungen Rekapitalisierung Risikoübernahme Beteiligung des SoFFin Pressemitteilung des Antragstellers
1 Oktober 2008 Hypo Real Estate [17] ca. 52 Mrd. EUR[18] k/a k/a k/a 21. November 2008 [12]
11. Februar 2009[19]
2 10. November 2008 Bayerische Landesbank[20] 15 Mrd. EUR 3 Mrd. EUR[21] k/a k/a 28. November 2008 [21]
3 November 2008 HSH Nordbank [22] 30 Mrd. EUR in Prüfung k/a k/a 21. November 2008 [23]
4 November 2008 Commerzbank AG [24] 15 Mrd. EUR 8,2 Mrd. EUR 10 Mrd. EUR 25% plus eine Aktie[25] 19. Dezember 2008 [26]
5 November 2008 Landesbank Baden-Württemberg[27] 15-20 Mrd. EUR (in Prüfung) in Prüfung k/a k/a 21. November 2008[27]
6 Dezember 2008 Volkswagen Bank[28] 2 Mrd. EUR[29] in Prüfung k/a k/a 10. Dezember 2008
7 Dezember 2008 IKB Deutsche Industriebank[30] 5 Mrd. EUR[30] nein nein k/a 22. Dezember 2008[30]
8 Februar 2009 Aareal Bank[31] 4 Mrd. EUR[32] 525 Mio. EUR[32] k/a Stille Einlage[33] 15. Februar 2009[34]

Aktuelle Entwicklungen

Am 3. November 2008 teilte die Commerzbank mit, sie werde eine stille Einlage in Höhe von 8,2 Mrd. Euro vom Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung erhalten. Die Einlage muss mit 9 Prozent verzinst werden.[35] Diese Einlage werde zu 100 % auf das Kernkapital angerechnet. Darüber hinaus räume der SoFFin der Commerzbank-Gruppe als Option eine Garantie für Schuldverschreibungen über 15 Mrd. Euro ein.[36] (Siehe hierzu auch: Commerzbank-Artikel: Dresdner Bank-Übernahme) Die Landesbank Baden-Württemberg denkt nach Pressemitteilungen ebenfalls über eine Inanspruchnahme der Leistungen aus dem Rettungsschirm der Bundesregierung nach.[37][38] Auch in den Reihen der Postbank und der Deutschen Bank wird offensichtlich über die Nutzung von Hilfeleistungen diskutiert.[39] Vertreter der Deutschen Kreditwirtschaft haben bei einem Krisentreffen im Kanzleramt im Dezember 2008 angeregt die Aktivitäten des Soffin in Richtung des Aufkaufs problematischer Risikoaktiva deutscher Banken auszuweiten.[40]. Die Bankenaufsichtsbehörde (BaFin) führt zum Zweck der Risikoeinschätzung der einzelnen Institute eine Liste, welche Ende April 2009 offenbar durch ein internes Leck an die Öffentlichkeit gelangt ist.[41]

Einzelnachweise

  1. Finanzmarkstabilisierungsfonds eingeführt
  2. a b ZEIT ONLINE, Tagesspiegel: Ein Parlament entmachtet sich selbst. 28. März 2009
  3. [ http://www.faz.net/s/Rub58241E4DF1B149538ABC24D0E82A6266/Doc~E42BB9B4DB0BE4CD6944AC9409E040492~ATpl~Ecommon~Scontent.html Faznet 18. Februar 2009, „Hypo Real Estate - Regierung billigt Banken-Verstaatlichung“
  4. http://www.focus.de/finanzen/boerse/finanzkrise/soffin-der-herr-des-rettungsfonds-tritt-zurueck_aid_364058.html
  5. http://www.sueddeutsche.de/,tt4m1/finanzen/72/456738/text/
  6. http://www.ftd.de/politik/deutschland/:Rettungsfonds-Ex-Nord-LB-Chef-leitet-Soffin/465764.html
  7. ham, Die neuen Bankretter, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 4. Februar 2009
  8. http://www.swissinfo.org/ger/news/newsticker/PRESSE_Asmussen_wird_neuer_Chef_des_SoFFin_Lenkungsausschusses.html?siteSect=146&sid=10232637&cKey=1232653213000&ty=ti&positionT=4
  9. Marc Brost, Mark Schieritz, Arne Strorn, Mit vollen Händen, in: Die Zeit, Nr. 50, 4. Dezember 2008, S. 25
  10. Faznet 27. Februar 2009 "Die geheimen Wächter über die großen Milliarden. Von Manfred Schäfers, Berlin"
  11. Auskunftsseite des Bundesfinanzministeriums
  12. a b Hypo RealEstate Pressemitteilung zu SoFFin Bürgschaften
  13. Juristen stellen sich quer, FR 23. Oktober 2008
  14. Die Finanzkrise meistern, Wachstumskräfte stärken, Sachverständigen Gutachten 2008
  15. Steinbrück: Gehen 2009 in sehr schwieriges Jahr
  16. http://www.faz.net/s/Rub58241E4DF1B149538ABC24D0E82A6266/Doc~E29C53E4729364686A68E2D68A20744B8~ATpl~Ecommon~Scontent.html
  17. Tagesschau.de: Rettungspaket für Hypo Real Estate
  18. Reuters: Hypo Real Estate erhält weitere Milliardengarantien des Bundes, Faznet 11. Februar 2009, „Staatsgarantie erweitert - HRE erhält Nachschlag von 10 Milliarden Euro“, Von Henning Peitsmeier und Manfred Schäfers
  19. „11. Februar 2009, SoFFin erweitert Garantierahmen für Hypo Real Estate Group um 10 Mrd. Euro“
  20. Welt Online: Bayerische Landesbank wird zum Milliardengrab
  21. a b Davon 7 Mrd. Euro vom Land Bayern, Bayern-LB Pressemitteilung: Eigentümer stärken BayernLB
  22. NDR Online: HSH Nordbank nimmt Staatshilfe an
  23. HSH Pressemitteilung: HSH Nordbank erhält Liquiditätsgarantien des SoFFin
  24. Spiegel Online:Die Commerzbank setzt auf Staatshilfe
  25. n-tv: n-tv:Commerzbank wird teilverstaatlicht, 8. Januar 2009
  26. Commerzbank und SoFFin vereinbaren Kreditprogramm für den Mittelstand
  27. a b LBBW beschließt Eckpunkte zur Stärkung ihrer Kapitalbasis
  28. Spiegel Online: VW-Banken fordern Garantien vom Staat
  29. VW Bank: Die Volkswagen Bank GmbH erhält einen staatlichen Garantierahmen von 2 Mrd. Euro>
  30. a b c IKB erhält Garantien des SoFFin
  31. FAZ Online: Aareal-Bank flüchtet unter Rettungsschirm
  32. a b Handelsblatt 16. Februar 2009 „Aareal Bank besorgt sich Staatshilfe“
  33. Faznet 16. Februar 2009 „Bund stützt Aareal Bank mit 4,5 Milliarden Euro“ Von Markus Frühauf
  34. Aareal Bank: Pressemitteilung vom 15. Februar 2009>
  35. http://www.manager-magazin.de/geld/artikel/0,2828,597696,00.html
  36. Commerzbank stärkt Kernkapital und Wettbewerbsfähigkeit, 3. November 2008
  37. Stuttgarter Zeitung Online: Braucht die LBBW doch Geld?
  38. Stuttgarter Nachrichten Online: LBBW doch an Rettungsschirm interessiert?
  39. n-tv: Privatbanken wollen doch
  40. Handelsblatt: Banker wollen Giftmüll auslagern
  41. Die Welt: BaFin-Liste: 816 Milliarden Euro Kreditrisiken

Weblinks


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