Soziales Jahr

Soziales Jahr

Das freiwillige soziale Jahr (FSJ) ist ein sozialer Freiwilligendienst für Jugendliche und junge Erwachsene, die die Vollzeitschulpflicht erfüllt und noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet haben. Im Bereich der Evangelischen Kirche wird es auch als Diakonisches Jahr bezeichnet. Gesetzlich geregelt sind die Rahmenbedingungen für das FSJ im Gesetz zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres.

Inhaltsverzeichnis

Dauer

Das Freiwillige Soziale Jahr dauert mindestens sechs und höchstens 18 Monate. Um den Zivildienst vollständig zu ersetzen, muss es mindestens 11 zusammenhängende Monate dauern[1]. Der Zivildienst dauert neun Monate, die ersten beiden FSJ-Monate werden bei einem vorzeitigen Abbruch des FSJ nicht angerechnet. In § 14c Zivildienstgesetz heißt es dazu: „Wird der Dienst vorzeitig beendet, so ist die im Dienst zurückgelegte Zeit, soweit sie zwei Monate übersteigt, auf den Zivildienst anzurechnen.“ Ist ein freiwilliges soziales Jahr zunächst auf weniger als 18 Monate abgeschlossen, kann (bei einem Einsatz im Inland) eine Verlängerung auf 15 Monate im Einverständnis mit dem Träger des freiwilligen sozialen Jahres erfolgen. Das Freiwillige Soziale Jahr kann auch im Ausland abgeleistet werden.

Träger, Einsatzstelle und FSJler

Für das Freiwillige Soziale Jahr gibt es viele, meist überregionale, Träger. Diese arbeiten mit vielfältigen Einsatzstellen zusammen. Die Einsatzstelle ist die konkrete Stelle, bei der der FSJ-Teilnehmer („FSJler“) dann seinen Freiwilligendienst ableistet. Beispiele siehe unter Bereiche und Einrichtungen. Unter dem Dach des Trägers werden viele Einsatzstellen koordiniert und er ist neben der Einsatzstelle auch in pädagogischer, organisatorischer und insbesondere rechtlicher Hinsicht eingebunden.

Gertrud Rückert initiierte 1962 den „Philadelphischen Dienst“. Damit wollte sie Abiturientinnen vor dem Studium mit einem Freiwilligen Sozialen Jahr die Möglichkeit zur persönlichen und beruflichen Orientierung bieten. Damals ein völlig neues Konzept und ein Vorläufermodell des später bundesweit gesetzlich verankerten „Freiwilligen Sozialen Jahres“. Für ihr soziales Engagement wurde Frau Rückert 2003 mit dem Bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet.[2]

Die Vereinbarung im Freiwilligen Sozialen Jahr umfasst somit die Partner Träger und Einsatzstelle.

Arbeitszeit und Vergütung

Die Arbeitszeit während des Dienstes richtet sich nach den Gegebenheiten der Einsatzstelle, ist allerdings durch die in öffentlichen Tarifen vereinbarten Wochenstundenregelungen begrenzt. In der Regel sind es etwa 39 Wochenstunden.

Die finanzielle Vergütung („Taschengeld“, Verpflegung, Unterkunft, Fahrtkostenerstattung) variiert stark von Träger zu Träger und selten auch zwischen den Einsatzstellen beim selben Träger. Unterkunft und Verpflegung werden wenn nicht gestellt, dann finanziell vergütet (Einsatzstellen wie Kindergärten müssen keine Unterkunft oder Ersatzleistung bieten). Darüber hinaus wird für die Dauer des Freiwilligendienstes bis zum Erreichen der gesetzlich festgelegten Altersgrenze Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz gezahlt.

Pädagogische Begleitung

Das Gesetz zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres sieht eine pädagogische Begleitung der FSJler vor, welche durch den Träger geleistet wird. Neben der individuellen Betreuung der Teilnehmer gehört hierzu insbesondere die Seminararbeit. Es werden ein Einführungs-, ein Zwischen- und ein Abschlussseminar durchgeführt, deren Mindestdauer je fünf Tage beträgt. Die Gesamtdauer der Seminare beträgt bezogen auf ein zwölfmonatiges FSJ mindestens 25 Tage. Die Seminarzeit gilt als Dienstzeit und die Teilnahme an den Seminaren ist Pflicht. Die FSJler wirken an der inhaltlichen Gestaltung und der Durchführung der Seminare mit.

Je nach Einsatzgebiet und Träger erhält man eine gegebenenfalls notwendige Ausbildung oder Fortbildung. Im Sportbereich ist dies üblicherweise eine volle Übungsleiterausbildung und für einen Einsatz im Rettungsdienst die Ausbildung zum Rettungshelfer oder Rettungssanitäter. Diese Ausbildungen werden, je nach Träger, Einsatzstelle und Länge des FSJes anteilig oder meist voll bezahlt.

Bereiche und Einrichtungen

Mögliche Einsatzbereiche sind vielfältig und alle sozial-karitativ oder gemeinnützig. Mit der Novellierung des FSJ-Gesetzes im Jahr 2002 wurden neue Einsatzbereiche geschaffen. Nunmehr ist es möglich, ein FSJ auch in den Bereichen Kultur, Sport und der Denkmalpflege zu absolvieren.

Konkret kann das Soziale Jahr beispielsweise in folgenden Einrichtungen abgeleistet werden. Dabei ist man nicht an nur eine dieser Möglichkeiten gebunden, sondern kann je nach Einsatzstelle auch mehrere miteinander verbinden.

  • Krankenhaus,
  • Alten- und Pflegeheim,
  • ambulanter Sozialdienst,
  • Denkmalpflegebehörde oder -verein,
  • Sportverein, Sportverband,
  • Kindergarten/Kindertagesstätte (speziell zum Beispiel Bewegungskindergarten),
  • Einrichtung für behinderte Menschen (zum Beispiel Behindertenwerkstatt),
  • Sanitäts- und Rettungsdienst,
  • Kirchengemeinde,
  • Gedenkstätte,
  • Theater,
  • Museum,
  • Radio/Fernsehen,
  • Kulturvereine,
  • Archiv,
  • Jugendclub,
  • Förderschule

und viele mehr.

Versicherung, Rechtliches

Wer ein freiwilliges soziales Jahr absolviert, erhält Versicherungsschutz für den Krankheits- und Pflegefall, ebenso wie Kindergeld und Kinderfreibeträge (sofern das Gesamteinkommen die geltenden Beträge nicht übersteigt). Der Träger (oder die Einsatzstelle) übernimmt zudem die vollständigen Kosten für die Sozialversicherung (Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil). Die Zeit des freiwilligen sozialen Jahres wird für die Altersvorsorge angerechnet. Die Freiwilligen sind rechtlich ähnlich gestellt wie Auszubildende.

Laut § 14c des Bundeszivildienstgesetzes der Bundesrepublik Deutschland ist das freiwillige soziale Jahr seit August 2002 auch als Wehrersatzdienst anerkannt.

§ 14c Zivildienstgesetz
„Anerkannte Kriegsdienstverweigerer (KDV) werden nicht zum Zivildienst herangezogen, wenn sie sich nach ihrer Anerkennung als KDV zu einem freiwilligen Dienst nach dem Gesetz zur Förderung des FSJ verpflichtet haben. Der Dienst ist spätestens ein Jahr nach der Verpflichtung sowie vor Vollendung des 23. Lebensjahres anzutreten und hat eine ganztägige, auslastende Hilfstätigkeit über mindestens 12 Monate einschließlich einer pädagogischen Begleitung mit einer Dauer von 25 Tagen sowie 26 Tagen Urlaub zu umfassen.“

Seit dem 1. Juni 2008 finden sich die Regelungen gemeinsam mit denen des Freiwilligen Ökologischen Jahres im Jugendfreiwilligendienstegesetz (JFDG). Soweit nicht einvernehmlich die Anwendung des neuen Rechts für bestehende Dienstverhältnisse vereinbart wird, gilt für diese das alte Gesetz zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres weiter.

Freiwilliges Soziales Jahr in Österreich

Das freiwillige soziale Jahr (FSJ) in Österreich ist dem in Deutschland in vielen Bereichen sehr ähnlich. Es wird seit 1968 vom „Verein zur Förderung freiwilliger sozialer Dienste“ angeboten. Der Verein hat seinen Sitz in Wien und sein Sekretariat in Linz. Regionalstellen befinden sich jeweils in Graz und Wien, in Innsbruck existiert eine Informationsstelle.

Während eines FSJ-Einsatzes arbeiten Jugendliche zehn beziehungsweise elf Monate lang in einer sozialen Einrichtung in Österreich mit. Die Einsatzbereiche liegen hierbei in der Arbeit mit Menschen mit Behinderungen, alten Menschen, Kindern oder Jugendlichen beziehungsweise in einem anderen Bereich, wie zum Beispiel Arbeit mit obdachlosen Menschen.

Die wöchentliche Arbeitszeit der Jugendlichen beträgt 37,5 Stunden. Für ihren Einsatz erhalten die FSJ-Teilnehmer ein monatliches Taschengeld von 168,00 Euro netto, anteiliges Urlaubs- und Weihnachtsgeld, sowie einen monatlichen Fahrtkostenzuschuss von 7,30 Euro. Zusätzlich besteht die Möglichkeit auf Bezug einer Sonderförderung im Ausmaß von monatlich 150,00 Euro für all jene, die die dafür notwendigen Kriterien erfüllen. Unterkunft und Verpflegung wird den Jugendlichen kostenfrei von der Einsatzstelle zur Verfügung gestellt und auch ein gesetzlicher Versicherungsschutz (Unfall-, Kranken-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung) und Urlaub, sowie pädagogische Betreuung und Begleitung während des gesamten Einsatzes, sind gewährleistet. Auch kostenlose, begleitende Seminare zur Reflexion des Einsatzes und zur Weiterbildung zählen zu den Leistungen, die das FSJ seinen Teilnehmern bietet.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. § 14c Abs. 1 Satz 2 Zivildienstgesetz
  2. Freiwilliges Soziales Jahr im Augustinum - Philadelphischer Ring e. V.
  3. offizielle Seite zum FSJ-Kultur
  4. offizielle Seite zum FSJ-Sport
  5. Seite des bisher einzigen Trägers für das FSJ-Politik 20. Mai 2008
Bitte beachte den Hinweis zu Rechtsthemen!

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