- Sozialistischer Hochschulbund
-
Der Sozialdemokratische Hochschulbund (SHB), ab 1972 Sozialistischer Hochschulbund, war ein der SPD nahestehender bundesweiter Studentenverband, der am 9. Mai 1960 in Bonn gegründet wurde und bis 1992 bestand. Der Bundesvorstand des SHB gab von 1961 bis 1989 die Zeitschrift Frontal. Zeitschrift für demokratische Studenten (später mit dem Untertitel: Magazin für Hochschule, Politik und Kultur) heraus.
Inhaltsverzeichnis
Anfänge
Der SHB entstand auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzungen zwischen der SPD und ihrem damaligen Studentenverband SDS, in deren Verlauf sich mehrere „parteiloyale“ Hochschulgruppen aus dem SDS abspalteten und sich schließlich – mit Unterstützung der Parteiführung – zu einem eigenen Bundesverband zusammenschlossen. Im Gegensatz zum SDS bekannte sich der SHB zum Godesberger Programm der SPD, geriet aber dennoch schon in den folgenden Jahren in Konflikte mit der Mutterpartei, insbesondere wegen seiner Forderung nach Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze.
Diese Spannungen nahmen zu, als sich der SHB nach seiner anfänglichen strikten Abgrenzungshaltung Mitte der 60er Jahre wieder an den SDS anzunähern begann und schließlich sogar der „Höchster Koalition“ aus SDS, LSD, HSU und weiteren linken Verbänden beitrat. Im Zuge der Studentenbewegung entwickelte sich der SHB kontinuierlich nach links und wurde ab 1968 zunehmend von Fraktionskämpfen erschüttert. Zu Beginn der 70er Jahre setzten sich immer mehr marxistische Positionen und die Theorie des Staatsmonopolistischen Kapitalismus im Verband durch, der fortan eine „prinzipielle Aktionseinheit“ mit dem DKP-nahen Marxistischen Studentenbund Spartakus einging, dem er auch durch die Politik der „gewerkschaftlichen Orientierung“ verbunden war. Kritiker bezeichneten MSB und SHB daher auch als „siamesische Zwillinge“.
Eine Stamokap-kritische und aktionistische Minderheit konstituierte sich 1971 als „Sozialistische Fraktion“ und verließ bald darauf den SHB; der Versuch, sich als SHB/SF überregional zu organisieren, scheiterte jedoch, auch wenn einzelne Gruppen etwa in Göttingen und Frankfurt einige Jahre fortbestanden und örtlich in den Allgemeinen Studentenausschüssen vertreten waren.
Die SPD löste sich 1971 ebenfalls vom SHB und untersagte ihm ein Jahr später per Gerichtsurteil auch das Wort „sozialdemokratisch“ in seinem Namen. Seitdem nannte er sich Sozialistischer Hochschulbund. Für die SPD traten fortan an die Stelle des SHB die Juso-Hochschulgruppen, die sich an einigen Hochschulen in Abgrenzung zum SHB formiert hatten.
Die politischen Schwerpunkte des SHB lagen in den 1970er und 1980er Jahren in der Hochschulpolitik und in der Friedensbewegung. Mitglieder des Verbandes arbeiteten in vielen Studierendenvertretungen und in deren Dachverband VDS. Viele von ihnen waren zugleich bei den Jusos und in der SPD aktiv. Dank dieser breiten Verankerung konnte der Verband bis etwa 1987 Mitgliederzahlen und Wahlergebnisse kontinuierlich steigern.
Niedergang
Die Veränderungen des politischen Klimas an den Hochschulen (Entpolitisierung, Rechtsentwicklung, Elitenbildung) und der Zusammenbruch des Realsozialismus in Osteuropa führten Ende der 1980er Jahre jedoch zu einem umso rascheren Niedergang: Die Mitgliederzahlen gingen zurück, die Altersstruktur des Verbandes entwickelte sich ungünstig, wie in vielen anderen politischen Organisationen fehlte es an Nachwuchs. Hinzu kamen Meinungsverschiedenheiten über das Grundsatzprogramm, die politische Orientierung auf die SPD, die innerbandliche Demokratie und unterschiedliche Einschätzungen über die politische Lage in Osteuropa vor und nach dem Zusammenbruch des Realsozialismus.
Bereits Ende 1988 entstand innerhalb des Verbandes ein „Offener Kreis im SHB“, der im Februar 1989 auf einer Tagung in Bensberg eigene Positionen vor allem im Bereich der innerverbandlichen Demokratie entwickelte. Kernthese war, dass sozialistische Demokratie nicht eine reine Negation der bürgerlichen Demokratie darstelle, sondern diese, auf ihren Idealen aufbauend, weiterentwickeln, ihren Anspruch, „Freiheit, Gleichheit und Solidarität“, für alle Menschen verwirklichen müsse. Im SHB wurde diese Diskussion jedoch nicht aufgegriffen.
Im Sommer 1989 kam es zu heftigen Auseinandersetzungen um die Studentenproteste in Peking. Nach Ansicht einiger Kritiker hat der SHB die brutale Niederschlagung der chinesischen Studentenbewegung auf dem Pekinger Platz des Himmlischen Friedens damals nur halbherzig verurteilt. In der Folge häuften sich Austritte einzelner Mitglieder wie auch ganzer Gruppen. So verließ am 26. Juni 1989 die SHB-Gruppe an der Universität Köln den Bundesverband und firmierte kurzzeitig als „Unabhängiger SHB“ (USHB). Die Mitglieder schlossen sich später mehrheitlich der Juso-Hochschulgruppe Köln an. Im gleichen Jahr musste der SHB seine Bundeszeitschrift Frontal einstellen, weil der Trägerverein des Magazins in Konkurs gegangen war.
Aufgrund seines schwindenden Einflusses verlor der SHB zudem an politischem Rückhalt innerhalb der Jusos, die bis dahin den SHB und die Juso-Hochschulgruppen gleichermaßen unterstützt hatten. In der Folge traten daher zunehmend Einzelmitglieder zu den Juso-Hochschulgruppen über; einzelne SHB-Gruppen wurden arbeitsunfähig und lösten sich auf. Daraufhin schlug der SHB 1990 den Juso-Hochschulgruppen einen gemeinsamen sozialdemokratischen Hochschulverband vor. Als diese Pläne scheiterten, löste sich der SHB-Bundesverband 1992 schließlich ganz auf und empfahl seinen Mitgliedern die Mitarbeit in den Juso-Hochschulgruppen und der SPD.
Vereinzelt bestanden lokale SHB-Gruppen danach noch einige Zeit weiter; einige von ihnen arbeiteten später zeitweilig im – inzwischen wieder aufgelösten – Bündnis linker und radikaldemokratischer Hochschulgruppen (LiRa) mit.
Bekannte SHB-Mitglieder
Detlev Albers • Helga Bauer • Marieluise Beck • Gert Börnsen • Anke Brunn • Jürgen Büssow • Christoph Butterwegge • Friedel Drautzburg • Wolf-Dieter Hasenclever • Hartmut Häußermann • Axel Horstmann Mechtild Jansen• Ludwig Jörder • Niels Kadritzke • Wolfgang Lieb • Erdmann Linde • Jens Litten • Matthias Machnig • Susi Möbbeck • Gesine Multhaupt • Knut Nevermann • Wolfgang Niedecken • Uwe Ostendorff • Wolfgang Roth Fiete Sass Harald Weinberg• Hermann Scheer • Rainer Wend • Christoph Zöpel
Anmerkungen
Literatur
- Willy Albrecht: Der Sozialistische Deutsche Studentenbund, Bonn 1994 (darin zum SHB S. 373ff und 446ff.)
- Peter Darmstadt und Torsten Haupts: Die studentische Linke an westdeutschen Hochschulen 1982-1992, St. Augustin 1992
- Torsten Bo Jørgensen: Das Amerikabild des Sozialdemokratischen Hochschulbundes SHB 1960- 1969, Oer-Erkenschwick 2001 (Schriftenreihe des Archivs der Arbeiterjugendbewegung, Bd. 19) ISBN 3-926734-56-6
- Andreas Keller: Hochschulreform und Hochschulrevolte, Marburg 2000 (darin S. 241ff.)
- Christoph Meyer: Kontinuität durch Wandel. Anmerkungen zur Geschichte von SDS, SHB und Juso-Hochschulgruppe in Köln (1946 bis 1990), in: „...die treiben es ja auch zu weit.“ 75 Jahre Kölner Jusos - ein Sammelband. hrsg. von den Jungsozialistinnen und Jungsozialisten in der SPD, Unterbezirk Köln, Dortmund 1996, S. 135-149 (auch zu finden im Internet: [1] )
- Christoph Meyer: Aktionseinheit, Klatschmärsche und Grundlagenfetischismus. Ein Rückblick auf den SHB, in spw 98 (1997), S. 31-36
Wikimedia Foundation.