Sphingidae

Sphingidae
Schwärmer
Taubenschwänzchen (Macroglossum stellatarum)

Taubenschwänzchen (Macroglossum stellatarum)

Systematik
Klasse: Insekten (Insecta)
Ordnung: Schmetterlinge (Lepidoptera)
Unterordnung: Glossata
Überfamilie: Bombycoidea
Familie: Schwärmer
Wissenschaftlicher Name
Sphingidae
Latreille, 1802
Kiefernschwärmer (Sphinx pinastri)
Kleiner Weinschwärmer (Deilephila porcellus)

Die Schwärmer (Sphingidae) sind eine Familie der Schmetterlinge. Sie kommen weltweit mit ca. 1.200 Arten vor, davon sind 40 aus Europa bekannt,[1] in Mitteleuropa leben davon 21 Arten.[2] Ihr Hauptverbreitungsgebiet sind die Tropen.

Inhaltsverzeichnis

Namensherkunft

Die wissenschaftliche Bezeichnung für diese Schmetterlingsfamilie geht auf René Réaumur zurück, der die Bezeichnung Sphingidae prägte. Er nannte diese Familie so, weil die Raupen des Ligusterschwärmers (Sphinx ligustri) wie auch andere Schwärmerraupen in ihrer Abwehrstellung mit aufgerichtetem Oberkörper der Sphinx von Gizeh ähneln. Carl von Linné übernahm dann diesen Namen auch für die Gattung Sphinx.[3]

Merkmale

Die Falter sind klein bis sehr groß und erreichen Flügelspannweiten von 10 bis 200 Millimetern. In Europa vorkommende Arten weisen eine Spannweite von 36 bis 135 Millimetern auf. Ihr Körper ist sehr robust und breit. Ihre Vorderflügel sind etwa zwei bis drei mal länger als breit und haben eine charakteristische, fast dreieckige, langgestreckte Form und sind sehr schnittig gebaut. Die Hinterflügel sind in etwa gleich breit wie die Vorderflügel, aber deutlich kürzer. Sie sind meist doppelt so lang wie breit und in der Regel heller gefärbt als die Vorderflügel oder weisen eine bunte Färbung auf. Es gibt einige Arten, bei denen auf den Hinterflügeln Augenflecken gezeichnet sind. Einige Arten weisen eine nur sehr lose Flügelbeschuppung auf, weswegen sie an manchen Stellen schon bald nach dem Schlupf transparente Bereiche aufweisen. Die Vorderflügel haben 11 Flügeladern mit einer Analader (1b). Die Hinterflügel haben 9 Adern mit zwei Analadern (1a und 1b).[4][5]

Der Hinterleib (Abdomen) ist spitz zulaufend und bei vielen Arten seitlich auf jedem Segment auffällig gestreift. Ihre überwiegend fadenförmigen, nur selten gefiederten Fühler sind kurz bis mittellang und erreichen etwa ein bis zwei Drittel der Vorderflügellänge. Bei manchen Arten sind sie am Ende oder ab der Hälfte verdickt. Ihre eingliedrigen Maxillarpalpen sind stark reduziert und sehr klein, die Labialpalpen bestehen aus drei Gliedern. Der Saugrüssel ist voll ausgebildet und bei vielen Arten sehr lang. Bei dem in den Subtropen lebenden Amphimoea walkeri beträgt die Rüssellänge 280 Millimeter; bis jetzt wurde noch keine andere Schmetterlingsart entdeckt, die diese Länge übertrifft. Der Rüssel des Totenkopfschwärmers (Acherontia atropos) ist nur etwa einen Zentimeter lang, dafür aber sehr kräftig gebaut. Mit ihm können die Falter Bienenwaben durchstechen, um den darin enthaltenen Honig zu saugen. Einige Arten haben aber auch zurückgebildete Saugrüssel. Die Tiere haben keine Punktaugen (Ocelli) und Tympanalorgane.[4][5]

Schwärmer haben große, nackte Superpositionsaugen als Facettenaugen. Windenschwärmer z. B. haben die enorme Anzahl von bis zu 20.000 Ommatidien in jedem Auge. Diese ermöglichen ihnen ein sehr gutes Sehen bei Dunkelheit. Darüber hinaus besitzen die Augen ein Retinatracheen-Tapetum, dass das Licht im Auge nochmal reflektiert und die Lichtstärke erneut erhöht. Dadurch wird beim Anflug auf eine Lichtquelle das Licht in den Augen so reflektiert, dass man es als "Glühen" erkennen kann.[3]

Die Raupen können entsprechend der Größe der jeweiligen Arten sehr groß werden. Sie sind unbehaart und haben neben den Thorakalbeinen alle vier Bauchbeinpaare und den Nachschieber ausgebildet. Das eindeutige Bestimmungsmerkmal ist ein Analhorn am elften Körpersegment, dieses kann aber auch nur ansatzweise vorhanden sein. Die Raupen mancher Arten haben Augenflecken, die sie kombiniert mit dem Aufrichten des Oberkörpers bei Störung präsentieren. Arten, wie z. B. Eumorpha labruscae imitieren mit diesem Abwehrverhalten das Aussehen von kleinen Schlangen. Die meisten Raupen sind aber in Tarnfarben gefärbt und versuchen so wenig wie möglich aufzufallen.[5]

Lebensweise

Windenschwärmer beim Nektarsaugen
Raupe des Liguster-Schwärmers (Sphinx ligustri), gut sichtbar das Analhorn
Hummelschwärmer (Hemaris fuciformis)
Raupe des Wolfsmilchschwärmers (Hyles euphorbiae)
Raupen des Tabakschwärmers (Manduca sexta) in Schreckstellung

Die meisten Arten der Schwärmer sind nacht- oder dämmerungsaktiv. Einige wenige, wie z. B. das Taubenschwänzchen (Macroglossum stellatarum), sind tagaktiv. Die Arten, die entwickelte Saugrüssel haben, saugen Nektar von Blüten. Dazu landen sie etwa auf den Blüten oder fliegen dabei im charakteristischen Schwirrflug schnell von Blüte zu Blüte und verharren beim Saugen im Flug, ähnlich wie Kolibris. Manche Arten können sogar rückwärts fliegen. Meldungen von Kolibris in Mitteleuropa sind in der Regel auf diese Schmetterlingsfamilie zurückzuführen, deren Arten von ihrer Größe und ihrer Art zu fliegen, an diese Vögel erinnern. Sie sind nicht nur ausgezeichnete Flieger, sondern sie zählen innerhalb der Insekten zu den schnellsten Fliegern. Windenschwärmer (Agrius convolvuli) z. B. können eine Geschwindigkeit von bis zu 100 km/h erreichen, ihre Durchschnittsgeschwindigkeit beträgt aber immerhin noch 50 km/h, die sie über lange Distanzen halten können.[6] Die Schlagfrequenz der Flügel des Taubenschwänzchens beträgt z. B. ca. 70 bis 90 Schläge in der Sekunde, was zu einem hohen Energieverbrauch führt;[7] sie benötigen am Tag etwa 0,5 Milliliter Nektar (bei einem Eigengewicht von ca. 0,3 Gramm). Dies muss durch eine entsprechend hohe Nektaraufnahme ausgeglichen werden. Ein Taubenschwänzchen kann deshalb bis zu 100 Blüten in der Minute aussaugen, an einem Tag können es mehrere Tausend sein.[3]

Der Totenkopfschwärmer kann pfeifende und schrillende Geräusche von sich geben, indem er aus einer sehr großen Saugblase im Vorderteil des Hinterleibs Luft durch eine Rüsselspalte ausstößt. Da sie Honig aus Bienenstöcken fressen, wird vermutet, dass diese Geräusche die von Bienenköniginnen imitieren und die Bienen beruhigen. Kombiniert mit dem für Bienen vertrauten Geruch des Falters, ist es diesem möglich ungestört die Waben leer zu saugen.

In Europa fliegen einige Schwärmerarten aus den südlichen, warmen Gebieten als Wanderfalter ein. Durch die hohe Fluggeschwindigkeit können sie in nur wenigen Tagen weit bis nach Nordeuropa vordringen. Eine Überwinterung überstehen sie aber nicht.

Die Verpuppung erfolgt in oder an der Erde, nur selten in Kokons.

Ökologische Bedeutung

Entsprechend der Länge des Saugrüssels mancher Arten gibt es eine Reihe von Pflanzen, die mit ihren langen Blütenröhren an die Bestäubung durch diese Nachtfalter besonders adaptiert sind. Dazu gehören beispielsweise Nachtkerzenarten wie die Gemeine Nachtkerze (Oenothera biennis), einige Orchideen und Arten der Gattungen Natternkopf (Echium spec.), Petunien (Petunia spec.) und Flammenblumen (Phlox spec.). Für die Bestäubung mancher Pflanzen sind die Schwärmer unersetzbar. Ein prominentes Beispiel hierfür liefert Xanthopan morganii praedicta. Als Charles Darwin 1862 die Blüte der Orchidee Angraecum sesquipedale aus Madagaskar mit ihren dünnen, bis zu 28 Zentimeter langen Kelchen sah, sagte er voraus, dass es ein Insekt geben müsse, das diese Blüte bestäubt. Diese Vorhersage (Prädiktion) Darwins, der den Falter nie sah, bestätigte sich im Jahre 1903, als der besagte Schwärmer mit seinem bis zu 25 Zentimeter langen Rüssel entdeckt wurde. Deshalb nannte man ihn praedicta, also "den Vorhergesagten".[3]

Systematik

Die Familie der Schwärmer wird in die drei Unterfamilien Smerinthinae, Sphinginae und Macroglossinae unterteilt. In Mitteleuropa kommen folgende Arten vor:

Unterfamilie Smerinthinae

Unterfamilie Sphinginae

Unterfamilie Macroglossinae

Quellen

Einzelnachweise

  1. Sphingidae. Fauna Europaea. Abgerufen am 31.01.2008.
  2. Sphingidae. Lepiforum e.V.. Abgerufen am 30.03.2008.
  3. a b c d Rolf Reinhardt, Kurt Harz: Wandernde Schwärmerarten (Totenkopf-, Winden-, Oleander und Linienschwärmer), Spektrum Akademischer Verlag 2. Auflage, Heidelberg 1996, ISBN 3-89432-859-2
  4. a b N. P. Kristensen: Lepidoptera, Moths and Butterflies, 1: Evolution, Systematics, and Biogeography. Handbuch der Zoologie 4 (35) S. 344ff, Walter de Gruyter. Berlin, New York 2003, ISBN 3-11-015704-7
  5. a b c Malcolm J. Scoble:The Lepidoptera: Form, Function and Diversity. S. 325ff Oxford University Press 1995, ISBN 978-0-198-54952-9
  6. Heiko Bellmann: Der Neue Kosmos Schmetterlingsführer, Schmetterlinge, Raupen und Futterpflanzen, S. 94f, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co, Stuttgart 2003, ISBN 3-440-09330-1
  7. Das Taubenschwänzchen. Arbeitsgemeinschaft Ornithologie und Naturschutz - AGON Schwerte. Abgerufen am 10.10.2006.

Literatur

  • Josef J. de Freina, Thomas J. Witt: Die Bombyces und Sphinges der Westpaläarktis, vier Bände, München 1987 - 2001
  • P.C. Rougeot, P. Viette: Die Nachtfalter Europas und Nordafrikas, Teil I, Schwärmer und Spinner, dt. Keltern 1983,
  • Bernard d'Abrera: Sphingidae Mundi - Hawk Moths of the World, Melbourne 1986 ISBN 0-86096-022-6.

Weblinks


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