Spitzenrefinanzierung

Spitzenrefinanzierung

Eine Spitzenrefinanzierungsfazilität (SRF) ist eine Möglichkeit für Geschäftsbanken im Euroraum, sich kurzfristig (über Nacht) Geld bei der Europäischen Zentralbank (EZB) zu beschaffen. Als Preis für die Inanspruchnahme der SRF zahlen sie den von der Zentralbank vorgegebenen Spitzenrefinanzierungssatz (SRS). Die SRF stellt somit ein wichtiges geldpolitisches Instrument der EZB dar. Sie ersetzte in ihrer Funktion die Lombardpolitik der Deutschen Bundesbank.

Inhaltsverzeichnis

Durchführung

Die Initiative zu Spitzenrefinanzierungsgeschäften geht von den Geschäftsbanken aus. Sind diese für Transaktionen mit der EZB zugelassen, so können sie sich bei der Zentralbank kurzfristig benötigtes Geld durch Verpfändung von notenbankfähigen Sicherheiten (Wertpapieren) beschaffen. Aufgrund der kurzen Fristigkeit solcher Geschäfte bezeichnet man diese Form der Finanzierung auch als Übernachtkredit oder Overnight-Money.

Hat die Bank am Tagesende offene Sollsalden auf den ESZB-Konten, werden diese automatisch zu Spitzenrefinanzierungsfazilitäten. Als Preis für die Inanspruchnahme der SRF zahlen sie den Spitzenrefinanzierungssatz (teilweise auch Spitzenrefinanzierungsfazilitätssatz).

Spitzenrefinanzierungsfazilitäten werden dauerhaft und in unbegrenztem Volumen angeboten; daher bezeichnet man sie auch als ständige Fazilität.

Das Wort Fazilität (von lat. facilitas Leichtigkeit) entstammt dem Bankenglisch (facility) und bezeichnet die Möglichkeit, innerhalb festgelegter Grenzen kurzfristig Kredite in Anspruch zu nehmen oder Guthaben anzulegen.

Einordnung

Wichtige Leitzinsen
Zinssatz Höhe
EZB (letzte Änderung per: 08. April 2009)
Einlagesatz 0,25 %
Hauptrefinanzierungssatz 1,25 %
Spitzenrefinanzierungssatz 2,25 %
SNB (letzte Änderung per: 12. März 2009)
3-Monats-Libor-Zielband 0,00–0,75 %
US Fed (letzte Änderung per: 16. Dezember 2008)
Federal-Funds-Rate-Zielband 0,00–0,25 %
Diskontsatz 0,5 %
Bank of Japan (letzte Änderung per: 19. Dezember 2008)
Overnight Call Rate 0,10 %
Diskontsatz 0,30 %
Bank of England (letzte Änderung per: 5. März 2009)
Repo Rate 0,50 %
Chinesische Volksbank (letzte Änderung per: 22. Dezember 2008)
Diskontsatz 5,31 %
Wichtige Leitzinssätze der EZB und Fed seit Bestehen der EZB

Der Spitzenrefinanzierungssatz wird üblicherweise als einer der drei Leitzinsen der EZB bezeichnet. Der Zinssatz wird vom EZB-Rat festgelegt und bildet die Obergrenze des Zinskorridors. In der Regel liegt er dabei immer einen Prozentpunkt über dem Hauptrefinanzierungssatz. Davon wich die EZB jedoch kurz nach der Euroeinführung und während der Finanzkrise ab 2007 ab. Die Spitzenrefinanzierung ist das Gegenstück der Einlagefazilität. Längerfristige Liquidität wird den Banken vor allem über das Hauptrefinanzierungsinstrument zur Verfügung gestellt.

Mit dem Übergang der Zuständigkeit für die Geldpolitik auf die EZB hat die Spitzenrefinanzierungsfazilität den früheren Lombardkredit abgelöst.

Bedeutung für den Geldmarkt

Die SRF erfüllt vor allem zwei Funktionen:

Die erste Bedeutung dieses Finanzierungsinstrumentes liegt im Gegensatz zum Hauptrefinanzierungsgeschäft vor allem darin, dass die Geschäftsbanken von sich aus jederzeit Liquidität beschaffen und damit Liquiditätsengpässe vermeiden können. Sinn und Zweck dieses Instrumentes ist also vornehmlich die Liquiditätssicherung der Geschäftsbanken und die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zur Mindestreserve.

Zweitens hat die SRF eine geldpolitische Bedeutung: Grundsätzlich können sich Geschäftsbanken auch über den Geldmarkt (Interbankenmarkt) mit Übernachtkrediten versorgen. Allerdings müssen dort angebotene Übernachtkredite zwangsläufig billiger (d. h. niedriger verzinst) sein als die SRF, da ansonsten auf dem Interbankenmarkt keine Geschäfte zustandekommen. Daher bildet die SRF die obere Grenze der für Übernachtkredite erhobenen Zinsen. Erhöht (Senkt) die EZB den SRS, so erhöhen (senken) auch die Geschäftsbanken ihren Zins für Übernachtkredite - folglich dient der SRS auch zur Durchsetzung der Zinspolitik am Markt.

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